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Adventistische Identität und christliche Solidarität - Theologische ...

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... Sollte man nicht, wenn unser Glauben wirklich akzeptiert wird, unnötige<br />

Einschränkungen vermeiden, die seiner Ausübung entgegenstehen? 13<br />

Die speziellen Probleme der adventistische Bausoldaten wegen der Sabbatruhe in<br />

Prora waren in diesen Sätzen in einen größeren Rahmen aufgegangen – in Verbindung<br />

mit Aussagen zur gesamtgesellschaftlichen Situation. Der Adventist Uwe<br />

Rühle hatte sein persönliches Glaubenszeugnis in den Dienst einer Suche nach<br />

mehr Menschlichkeit gestellt.<br />

8. Fazit<br />

Kirchen <strong>und</strong> Glaubensgemeinschaften sind häufig Speicher kollektiver traumatischer<br />

Erfahrungen. In der Weltsicht <strong>und</strong> im Erwartungshorizont von Siebenten-<br />

Tags-Adventisten wirken Erinnerungen an religiös-soziale Stigmatisierungen <strong>und</strong><br />

Verfolgungen nach. Einerseits kann das zu einer paranoiden Weltflucht führen.<br />

Andererseits können Adventisten dadurch für auftretende repressive Strukturen<br />

sensibilisiert <strong>und</strong> zum Widerstand ermutigt werden. Im Vollzug des Glaubens realisiert<br />

sich religiöse Identität. Der Satz „In der Armee gibt es für sie nichts<br />

Höheres als den Befehl, kein Gott <strong>und</strong> kein Gewissen“, verb<strong>und</strong>en mit einem<br />

Befehl, der die gewissensmäßige Sabbatruhe verletzte, konstituierte in Prora 1983<br />

einen status confessionis, der auch für andere Bausoldaten eine Funktion hatte.<br />

Das Vorgehen der örtlichen Vorgesetzten in Prora entlarvte ein vorgeblich humanistisches<br />

System als im Extremfall repressiv <strong>und</strong> menschenverachtend.<br />

Konkrete Vorstellungen über das Wesen <strong>und</strong> die Absichten globaler gesellschaftlicher<br />

Akteure wie in traditionell geprägten apokalyptischen Anschauungen im<br />

Adventismus sollten bestimmte Gr<strong>und</strong>muster menschlicher Interaktionen für die<br />

anbrechende Zukunft erwarten lassen – besonders wenn von der Naherwartung<br />

der Wiederkunft Jesu ausgegangen wird. Eine Eschatologie, die schon für die<br />

Gegenwart Bedeutung hat, kann komplexe Wahrnehmungen ordnen helfen <strong>und</strong> zu<br />

sinnvollen Handlungsoptionen führen. Wer Eschatologie dagegen als rein zukünftig<br />

betrachtet, sichert so zwar die Unantastbarkeit von Glaubensüberzeugungen,<br />

gefährdet aber ihre Bedeutung für die Alltagspraxis des Glaubens <strong>und</strong> koppelt sie<br />

vom Erwartungshorizont für die im „Hier <strong>und</strong> Jetzt“ tatsächlich anbrechende<br />

Zukunft ab.<br />

Statt einer staatskirchlichen Allianz von evangelischer <strong>und</strong> katholischer Kirche<br />

standen die Adventisten in Prora in der Bekenntnissituation einem atheistischen<br />

Staat gegenüber. Evangelische Christen verbündeten sich nicht mit dem Aggressor,<br />

sondern solidarisierten sich mit den Adventisten, obwohl sie deren theologische<br />

Überzeugungen nicht teilten.<br />

13 Offener Brief von Mathias Clauß, Ralf Hirsch, Jürgen Kotzur, Bernd Kühnel, Rolf-Ingo Ohlemann,<br />

Matthias Rothe, Uwe Rühle <strong>und</strong> Gunter Schramm an den Staatsratsvorsitzenden Erich<br />

Honecker, ohne Datum, AAE SB.<br />

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