STRASSENBAHN MAGAZIN Stuttgarts 300er im Porträt (Vorschau)
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10/2014 | Oktober € 8,50<br />
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Europas größte Straßenbahn-Zeitschrift<br />
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Betriebe<br />
Fahrzeuge<br />
Geschichte<br />
<strong>Stuttgarts</strong> <strong>300er</strong> <strong>im</strong> <strong>Porträt</strong><br />
Warum kaum einer der 70 Tw dem anderen glich<br />
Bis zu 300 Fahrgäste: Trams<br />
in der Wirtschaftwunder-Ära<br />
Bewegende Geschichte(n):<br />
Magdeburgs Bw 300 wird 100<br />
300 km Straßenbahn fahren:<br />
Ein „Tramathon“ durch NRW
Alle Hersteller, alle Typen,<br />
alle Betriebe!<br />
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Einsteigen, bitte …<br />
300!<br />
Ab sofort gibt es<br />
<strong>STRASSENBAHN</strong><br />
<strong>MAGAZIN</strong> auch<br />
digital (derzeit nur<br />
auf iOS) – für<br />
Abonnenten sogar<br />
kostenlos!<br />
Es ist kein Zufall, dass Ihnen auf<br />
der Titelseite dieses Jubiläumsheftes<br />
ein Stuttgarter Zweiachser der Reihe<br />
300 entgegenfährt. Schließlich<br />
war die Schwabenmetropole „Geburtsstätte“<br />
des Magazins, von dem Sie gerade<br />
die 300. Ausgabe in Händen halten.<br />
Vor 45 Jahren hob die Franck’sche Verlagshandlung<br />
zu Stuttgart das STRASSEN-<br />
BAHN <strong>MAGAZIN</strong> aus der Taufe: Einer<br />
„Nullnummer“ <strong>im</strong> Jahre 1969 folgten zunächst<br />
acht „Halbjahreshefte“. 1973 wurde<br />
die Erscheinungsweise auf vier Ausgaben<br />
pro Jahr verdichtet und 1996 schließlich<br />
auf deren sechs. Seit der Jahrtausendwende<br />
erscheint <strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong><br />
jeden Monat. Wenn Sie mehr zur Entwicklungsgeschichte<br />
wissen wollen, schauen<br />
Sie doch einfach mal bei uns <strong>im</strong> Internet<br />
vorbei: Auf www.strassenbahn-magazin.de<br />
erfahren Sie interessante Details.<br />
Es gehört zum guten Ton, dass ein<br />
Jubilar etwas ausgibt. Mit der 300. Ausgabe<br />
feiert <strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong><br />
deshalb nun auch eine Premiere: Zum<br />
ersten Mal erhalten Sie als Käufer oder<br />
Abonnent des Heftes nicht nur gedruckte,<br />
sondern auch bewegte Bilder. Wir<br />
wünschen Ihnen viel Spaß mit der DVD<br />
„Trams <strong>im</strong> Wirtschaftswunderland“.<br />
Ein passendes DVD-Cover finden Sie<br />
auf Seite 67 zum Ausschneiden oder zum<br />
Download auf unserer Internetseite.<br />
Die magische Zahl 300 begegnet Ihnen<br />
in diesem Heft aber nicht nur in der Titelgeschichte<br />
und <strong>im</strong> DVD-Begleitbeitrag. Wir<br />
haben uns für diese Jubiläumsausgabe<br />
die auf den ersten Blick verrückte Frage<br />
gestellt, wie man heute in Deutschland an<br />
einem Tag eine Distanz von 300 km auf<br />
Straßen- und Stadtbahnschienen zurücklegen<br />
kann. Die interessanten Erkenntnisse<br />
dazu erfahren Sie ab Seite 16. Und dann ist<br />
da noch der Magdeburger Beiwagen 300,<br />
der sich natürlich geradezu aufdrängt, in<br />
diesem Heft ausführlich vorgestellt zu werden<br />
– und zufällig selbst gerade jubiliert. Er<br />
wird in diesen Tagen 100 Jahre alt und erstrahlt<br />
in restauriertem Glanz. Seine bewegende<br />
Geschichte erfahren Sie ab Seite 54.<br />
Und kurz vor Drucklegung<br />
dieser Ausgabe war dann auch<br />
unsere lange Suche nach einem<br />
Bild eines Triebwagens mit der<br />
Ordnungsnummer 300 noch<br />
von Erfolg gekrönt. Mit ihm<br />
laden wir Sie zum Einsteigen in<br />
das 300. Heft herzlich ein!<br />
Die Recherche nach<br />
einem Straßenbahn-<br />
Triebwagen mit<br />
der adäquaten Ordnungsnummer<br />
für<br />
das 300. STRASSEN-<br />
BAHN <strong>MAGAZIN</strong><br />
führte nach Schweden:<br />
Göteborgs<br />
Tw 300 am Umsteigeknoten<br />
Korsvägen.<br />
Im Hintergrund<br />
das 60 m hohe<br />
Riesenrad <strong>im</strong> Freizeitpark<br />
Liseberg<br />
MICHAEL KOCHEMS<br />
André<br />
Marks<br />
Verantwortlicher<br />
Redakteur<br />
<strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 10 | 2014<br />
3
Inhalt<br />
TITEL<br />
„Tramathon“: 300 Kilometer durch Nordrhein-Westfalen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16<br />
Betriebe<br />
„300-Kilometer-Tramathon“ . . . . . . . . . . . . . . . . 16<br />
Reisetipp für NRW – Vor Ihnen liegt das 300. <strong>STRASSENBAHN</strong> MAGA-<br />
ZIN – aber kann man heute auch 300 Kilometer mit Straßen- und Stadtbahnen<br />
fahren – ohne einen Haltepunkt doppelt anzusteuern? Das dichte<br />
Schienennetz in Nordrhein-Westfalen verspricht Chancen auf Erfolg …<br />
Das verbindende Element . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30<br />
Bremens Linie 4 fährt über die Landesgrenze – Nach 20 Jahren<br />
Projektierung führt die Bremer Straßenbahn seit 1. August 2014 bis in die<br />
niedersächsische Gemeinde Lilienthal nordöstlich der Hansestadt. Ein guter<br />
Ausgang für ein langwieriges Vorhaben voller Herausforderungen<br />
Gnadenbrot <strong>im</strong> Schülerverkehr . . . . . . . . . . . . . 34<br />
Die letzten Düwag-Wagen-Einsätze in Würzburg – Im Schülerverstärkungsverkehr<br />
nutzt die Würzburger Straßenbahn noch <strong>im</strong>mer sechs<br />
Düwag-Gelenkwagen. Ansonsten modernisiert die WSB die Infrastruktur<br />
<strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>im</strong> Modell<br />
TITEL<br />
Rückspiegel: 1.000 Seiten Minitram . . . . 74<br />
Ein Rückblick auf die schönsten <strong>im</strong> <strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> vorgestellten<br />
Tramanlagen, Modele und Fahrzeuge<br />
Kavalkade zum 150. Jubiläum . . . . . . . . . . . . . . 36<br />
150 Jahre Straßenbahn in Den Haag – Im Juni jährte sich die Inbetriebnahme<br />
der ersten niederländischen Straßenbahn zum 150. Mal. Damals<br />
pendelte eine Pferdebahn nach Scheveningen. Aber welche Entwicklung<br />
nahm der Betrieb seitdem – und wie würdigt die HTM das Jubiläum?<br />
Mit der Pferdebahn<br />
durch den Kinderzoo . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42<br />
Das Rösslitram in Rapperswil – Etwa 30 Kilometer südöstlich von<br />
Zürich dreht seit mehr als 50 Jahren eine kleine Pferdebahn ihre Runden.<br />
Und trotz nur etwa 450 Meter Länge hat diese privat betriebene<br />
Publikums attraktion eines Kinderzoos überraschend viel zu bieten!<br />
Titelmotiv<br />
Als Einsatzwagen ist<br />
der Stuttgarter Tw 381<br />
Ende der 1950er-Jahre<br />
nach Zuffenhausen unterwegs.<br />
Im Schlepp<br />
hat er vor zeitgenössischer<br />
Kulisse den<br />
Beiwagen 1022<br />
4 <strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 10| 2014
C L A S S I C E D I T I O N<br />
Historische Filme<br />
aus der Welt der Bahn<br />
DIE WELT DER EISENBAHN AUF<br />
<strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 10 | 2014<br />
Würzburg: Alte Düwags unverzichtbar 34 Wirtschaftswunderzeit: Goldenen Tram-Jahre 60<br />
Bremen: Jetzt bis nach Niedersachsen 54 Den Haag: Große Feier zum 150. Geburtstag 42<br />
Fahrzeuge<br />
Geschichte<br />
TITEL<br />
Dreierlei mit drei und vier Fenstern . . . . . . . 44<br />
<strong>Stuttgarts</strong> Triebwagen der Reihe 300 – Zwischen 1909 und 1912 beschafften<br />
die Stuttgarter Straßenbahnen insgesamt 70 Zweiachser, die sie<br />
ab 1928/29 innerhalb der Reihe 300 führten. Doch die max<strong>im</strong>al bis 1961<br />
genutzten Wagen unterschieden sich gefühlt in mindestens 300 Details …<br />
TITEL<br />
Mit bis zu 300 Fahrgästen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60<br />
Trams in der Wirtschaftswunderzeit – In den 1950er-Jahren setzte in<br />
der BRD ein unerwartet schnelles und nachhaltiges Wirtschaftswachstum<br />
ein. Die Straßenbahnen vieler westdeutscher Städte erlebten eine letzte<br />
Blüte, danach ging es rasch abwärts. Trotzdem fasziniert die Zeit – warum?<br />
Ein Hauch von Spanien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52<br />
Tramlink als Typ 6N2 <strong>im</strong> Rostocker Linienbetrieb – Am 30. Juli<br />
war es soweit: Die RSAG übergaben die Niederflurwagen vom Vossloh-<br />
Typ „Tramlink“ dem Linienverkehr. Bis Weihnachten sollen alle 13 <strong>im</strong> spanischen<br />
Valenzia montierten Wagen an der Ostseeküste <strong>im</strong> Einsatz stehen<br />
TITEL<br />
Ein Chamäleon wird 100 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54<br />
100 Jahre Magdeburgs Bw 300 – Er trug in den vergangenen<br />
Jahren ganz unterschiedliche Lackierungen und Verzierungen: der 1914<br />
in Hamburg gebaute Beiwagen 300. Ein Jubilar erzählt ...<br />
Cover für Ihre DVD<br />
Das passendes Cover für die DVD, die Sie als<br />
Extra zu dieser Jubiläumsausgabe erhalten,<br />
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Trams <strong>im</strong><br />
Wirtschaftswunderland<br />
Die letzte Blütezeit<br />
der Straßenbahn in<br />
Deutschland nach dem Krieg<br />
INFO-<br />
Programm<br />
gemäß<br />
§ 14<br />
JuSchG<br />
Mit historischen<br />
Aufnahmen<br />
Höher hinauf fuhr keine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70<br />
Die Straßenbahnen in La Paz – In<br />
Bolivien überschritt die Tram einst die<br />
4.000-Meter-Höhenmarke. Nirgends anders<br />
auf der Welt drangen Straßenbahnen<br />
weiter nach oben. Doch der Betrieb ist inzwischen<br />
seit 40 Jahren Geschichte –<br />
aber vor Ort erlebt man Überraschungen!<br />
RUBRIKEN<br />
„Einsteigen, bitte ...“ . . . . . . 3<br />
Bild des Monats . . . . . . . . . . 6<br />
Journal . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8<br />
Nächster Halt . . . . . . . . . . . . 29<br />
Einst & Jetzt . . . . . . . . . . . . . 58<br />
Fundstück des Monats . . . . . 69<br />
Forum, Impressum . . . . . . . . 78<br />
<strong>Vorschau</strong> . . . . . . . . . . . . . . . 82<br />
Das besondere Bild. . . . . . . . 83<br />
<strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 10| 2014<br />
5
Bild des Monats<br />
6<br />
<strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 10 | 2014
Bild des Monats<br />
Bild des Monats<br />
In der steirischen Landeshauptstadt Graz gehören Holzkastenwagen <strong>im</strong><br />
Linienbetrieb eigentlich schon seit 25 Jahren der Vergangenheit an. Im<br />
Sommer 2012 konnten sich Straßenbahnfreunde, aber auch zahlreiche<br />
Fahrgäste über die kurzfristige Wiedereinführung des Altwagenbetriebes<br />
freuen: Die Annenstraße war sanierungsbedingt gesperrt und auf Bestellung<br />
der Geschäftsleute pendelte eine „Shopping B<strong>im</strong>“ zum Nulltarif vom<br />
zentralen Jakominiplatz bis unmittelbar vor die Baustelle.<br />
Da ansonsten keine Zweirichtungswagen vorhanden sind, befuhr der<br />
Museums-Zweiachser 234 (SGP/ELIN 1950) als Linie „E“ <strong>im</strong> 20-Minuten-<br />
Takt die 1,1 Kilometer langen Strecke. Wolfgang Kaiser setzte das Ereignis<br />
am 2. August 2012 am Hauptplatz vor der zum UNESCO-Weltkulturerbe<br />
zählenden Altstadt in Szene.<br />
<strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 10 | 2014 7
Meldungen aus Deutschland,<br />
aus der Industrie und aus aller Welt<br />
Der Förderverein Neue Herkulesbahn fordert zur Erschließung des Weltkulturerbes Bergpark eine neue Bahnstrecke,<br />
hier die Visualisierung der möglichen Endhaltestelle am Herkules<br />
AIBOTIX/PROFORMA ARCHITEKTEN<br />
ONLINE-UMFRAGE<br />
Gera: Uneinigkeit<br />
zu Taktausdünnung<br />
Im Heft 9/2014 fragte die Redaktion<br />
die Leser des <strong>STRASSENBAHN</strong> MAGA-<br />
ZIN, ob bei der Geraer Straßenbahn der<br />
Fahrplan ausgedünnt werden sollte, um<br />
Kosten zu sparen. Sechs Prozent der an<br />
der Umfrage teilnehmenden Straßenbahnfreunde<br />
st<strong>im</strong>mten für die erste<br />
Antwort: „Ja, dafür gibt es nach meinen<br />
Beobachtungen und Erfahrungen<br />
keine Alternative.“<br />
Den beiden anderen vorgegebenen<br />
Meinungen schlossen sich jeweils exakt<br />
47 Prozent der Teilnehmer an. Die eine<br />
Hälfte st<strong>im</strong>mte gegen die Taktausdünnung<br />
und gab an, dass das genau der<br />
falsche Schritt wäre. Weniger Kurse, weniger<br />
Fahrgäste, weniger Geld, so ihr<br />
Standpunkt. Die andere Hälfte ist der<br />
Meinung, dass es ein gutes Zeichen für<br />
die Einwohner wie Gläubiger gleichermaßen<br />
wäre, wenn sich der Takt nur<br />
unmerklich reduziert.<br />
SM<br />
Neues von der Tram aus der Documenta-Stadt<br />
Bilanz, Wagenkarussell und Visionen in Kassel<br />
Hinter der Kasseler Verkehrs-Gesellschaft<br />
AG (KVG) liegt ein wirtschaftlich<br />
schwieriges Jahr 2013. Dies verdeutlichte<br />
der Vorstandsvorsitzende Andreas<br />
Helbig kürzlich bei der Vorstellung der<br />
Bilanz Anfang August. Zwar erzielte die<br />
KVG bei den Fahrgelderlösen Rekordeinnahmen,<br />
doch fiel das Ergebnis<br />
durch einen deutlich höheren Ausgleich<br />
<strong>im</strong> Rahmen der Einnahmeaufteilung für<br />
das Tarifgebiet „KasselPlus“ <strong>im</strong> Nordhessischen<br />
VerkehrsVerbund (NVV) um<br />
rund 1,7 Millionen Euro geringer aus als<br />
noch <strong>im</strong> Jahr zuvor. Weitere besondere<br />
Belastungen verursachen die ohne Landesförderung<br />
angeschafften Flexity<br />
Classic (siehe <strong>STRASSENBAHN</strong> MAGA-<br />
ZIN 9/2014). Das von der Stadt auszugleichende<br />
Defizit lag bei 16,8 Millionen<br />
Euro und reizt damit den vorab vereinbarten<br />
Kostenrahmen voll aus. Die<br />
KVG beförderte insgesamt rund 44,8<br />
Millionen Fahrgäste, etwa 1,3 Millionen<br />
mehr als <strong>im</strong> Jahr 2012. Diesen Rekordzuwachs<br />
von mehr als drei Prozent verursachte<br />
vor allem der 2013 in Kassel<br />
gefeierte Hessentag mit allein mehr als<br />
1,2 Millionen zusätzlichen Fahrgästen.<br />
Insgesamt investierte die KVG <strong>im</strong><br />
Jahr 2013 knapp 19,7 Millionen Euro<br />
in Infrastruktur, Fahrzeuge und andere<br />
Bereiche. Das waren neun Millionen<br />
weniger als Jahr zuvor.<br />
Neues vom Wagenpark<br />
Mit 3,5 Millionen Euro entfiel knapp<br />
ein Fünftel der KVG-Investitionen<br />
2013 auf den verbliebenen Kaufpreis<br />
der 22 neuen Flexity Classic der Serie<br />
Tw 651 bis 672, von denen der jüngste<br />
am 18. Juli 2013 eintraf. Im Gegenzug<br />
verlassen nun 14 der insgesamt 16<br />
noch vorhandenen N8C des Baujahres<br />
1981 (Tw 401 bis 416) Kassel in Richtung<br />
Danzig. Am 20. August 2014 verlud<br />
das Unternehmen Panas Transport<br />
als erstes die Tw 414, 412 und 401 sowie<br />
am 25. August folgend die Tw 411<br />
und 415 auf Straßentieflader. ZKM<br />
Gdańsk zahlt für diese 14 Kasseler<br />
Wagen zusammen 576.800 Euro. Anfang<br />
2015 werden die aktuell noch in<br />
Kassel verbliebenen Tw 403 und 407<br />
voraussichtlich ebenfalls nach Danzig<br />
kommen, wo seit 2007 bereits 46 von<br />
den Stadtwerken Dortmund übernommene<br />
und modernisierte N8C-Triebwagen<br />
fahren. Vor ihrem Einsatz in Polen<br />
stattet die Fa. Modertrans in Posen<br />
die Kasseler Wagen mit neuen Fahrzeugfronten,<br />
Sitzen, Kl<strong>im</strong>aanlagen und<br />
einem Niederflur-Mittelteil aus.<br />
Die KVG investierte 2013 in die<br />
grundlegende Sanierung der vorhandenen<br />
6ENGTW der ersten Niederflurgeneration<br />
1,7 Millionen Euro. Das<br />
„Retrofit“-Programm, welches 15 der<br />
25 Wagen umfasst, soll 2018/19 abgeschlossen<br />
sein. Es wird einschließlich<br />
Eigenleistungen insgesamt rund 15<br />
Millionen Euro erfordern, was etwa einer<br />
Million Euro pro Wagen entspricht.<br />
Im November 2013 traf der erste<br />
4NBWE-Beiwagen aus Rostock in Kassel<br />
ein und wird seitdem technisch<br />
umgerüstet. Inzwischen hat die KVG<br />
8<br />
<strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 10| 2014
Deutschland<br />
Kassel setzt künftig wieder auf Beiwagen, dazu werden ehemals Rostocker<br />
Fahrzeuge in eigener Werkstatt für die KVG adaptiert CHRISTIAN LÜCKER<br />
Der Förderverein Neue Herkulesbahn<br />
Kassel e.V. appellierte <strong>im</strong> Sommer an<br />
Stadt und Land, auf die Touristenströme<br />
am Welterbe Bergpark Wilhelmshöhe<br />
mit einem konsequenten Ausbau<br />
des ÖPNV zu reagieren – hierzu sei<br />
aus Sicht der Vereins die Straßenbahnverlängerung<br />
der Linie 3 bis zum Herkules<br />
der wichtigste Baustein.<br />
Die KVG habe in ihrer Vorentwurfsplanung<br />
für die Herkulesbahn inzwischen<br />
die technische Machbarkeit<br />
nachgewiesen und Vorschläge für ein<br />
Betriebskonzept zu vertretbaren Kosten<br />
unterbreitet. Mehrere Millionen<br />
Euro seien mittlerweile in den Bau<br />
neuer Parkplätze und die Umgestaltung<br />
der Tulpenallee geflossen, jetzt<br />
sei es an der Zeit, „ebenso großzügig<br />
in umweltfreundliche Mobilität und<br />
den Kl<strong>im</strong>aschutz für diesen hoch sensiblen<br />
Bereich zu investieren“, so der<br />
Förderverein. Er schlägt vor, die Wendeschleife<br />
westlich des Parkplatzes<br />
anzulegen, was keine barocken Blickachsen<br />
stören würde.<br />
In diesem Zusammenhang forderte<br />
der Verein ein Gesamtverkehrskonneun<br />
weitere Beiwagen von der Rostocker<br />
Straßenbahn AG (RSAG) erworben,<br />
von denen sich inzwischen fünf<br />
in Kassel befinden. Der Kaufpreis für<br />
die insgesamt zehn Wagen beträgt<br />
rund 300.000 Euro. Ein Beiwagen bietet<br />
für etwa 60 Fahrgäste Platz, das<br />
erste Fahrzeug soll zum Jahresende<br />
einsatzbereit sein.<br />
Neues vom Verkehr<br />
Bereits seit dem Fahrplanwechsel <strong>im</strong><br />
Dezember 2013 fährt die KVG auf der<br />
Linie 1 zwischen Bergpark Wilhelmshöhe<br />
und Vellmar-Nord mit Doppeltraktionen.<br />
Ausschlaggebend für dieses<br />
neue Betriebskonzept waren stark<br />
gestiegene Fahrgastzahlen vor allem<br />
in der Wilhelmshöher Allee und der<br />
Holländischen Straße. In Anbetracht<br />
der Ernennung des Bergparks zum<br />
Weltkulturerbe und des Ausbaus des<br />
Campus Nord der Uni Kassel sind weitere<br />
Fahrgastzuwächse absehbar. In<br />
der Konsequenz suchte die KVG nach<br />
einem Weg, auf der Linie 1 mehr Beförderungskapazitäten<br />
zu schaffen –<br />
ohne die Betriebskosten deutlich zu<br />
steigern. Eine Lösung fand das Unternehmen<br />
in den Doppeltraktionen. Für<br />
die 60 Meter langen Züge verlängerte<br />
die KVG insgesamt acht Haltestellen.<br />
Weitere Kapazitätszuwächse ermöglichten<br />
die RegioTrams in der Holländischen<br />
Straße. Seit Dezember 2013 fahren<br />
die RT3 und RT4 <strong>im</strong> überlagerten<br />
15-Minuten-Takt vom Hauptbahnhof<br />
Kassel bis zum Endpunkt Holländische<br />
Straße.<br />
Bereits 2012 verlängerte das Regierungspräsidium<br />
Kassel der KVG die<br />
Konzessionen für alle ihre innerstädtischen<br />
Straßenbahnlinien sowie nach<br />
Vellmar und Baunatal bis Dezember<br />
2024. Im vorigen Jahre erhielt nun die<br />
RTG, an der die KVG mit 50 Prozent<br />
beteiligt ist, den Zuschlag für den<br />
RegioTram-Betrieb. In diesem Jahr<br />
folgten schließlich die erneuten Konzessionen<br />
für die bisherigen innerstädtischen<br />
Buslinien ergänzt um zwei<br />
neue Linien bis November 2019. Die<br />
Gesamtzahl der KVG-Buslinien in der<br />
Stadt Kassel stieg auf 19. Damit sicherte<br />
die KVG langfristig alle Bestandsverkehre.<br />
Vision für neue Herkulesbahn<br />
zept, das umsteigefreie Verkehrsachsen<br />
aus der Stadt zu den Eingangsportalen<br />
des Bergparks definiert und untereinander<br />
vernetzt. Gleichzeitig<br />
sollte es aufzeigen, an welcher Stelle<br />
der Achse auswärtige Autofahrer ihren<br />
Pkw abstellen und auf öffentliche Verkehrsmittel<br />
umsteigen können. Hierfür<br />
bedürfe es eines Leitsystems und einer<br />
Kombiticketlösung. PM/MSP<br />
Straßenbahngeschichte<br />
abgeschoben?<br />
Gemäß einer Meldung der Kasseler Tageszeitung<br />
HNA vom 24. Juli überträgt<br />
die KVG den gesamten Bestand historischer<br />
Trams als Dauerleihgabe dem<br />
Technikmuseum Kassel. Dazu verlegten<br />
Arbeiter kürzlich in der Ihringshäuser<br />
Straße ausgebaute Gleise in eine<br />
neue Museumshalle. Zunächst stand<br />
dort nur Tw 214, nun kommen 19<br />
Fahrzeuge dazu: Dabei handelt es sich<br />
um die bisher <strong>im</strong> Betriebshof Wilhelmshöhe<br />
abgestellten sechs Fahrzeuge<br />
Tw 110 (Baujahr 1907), Tw 144<br />
(Baujahr 1909), Tw 228 und 229 (Baujahr<br />
1941) sowie um die Beiwagen<br />
521 und 655. Letzteren hatten Beschäftigte<br />
einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme<br />
kürzlich umfassend aufgearbeitet.<br />
Die Wagen aus Wilhelmshöhe standen<br />
bis Ende 2012 noch für Sonderfahrten<br />
zur Verfügung, zum Beispiel<br />
als Zubringer zum Straßenbahnmuseum.<br />
Als Grund für die dauerhafte<br />
Abstellung der Fahrzeuge nennt die<br />
KVG hohe Aufarbeitungs- bzw. Umbaukosten<br />
für die Wagen. Demnach<br />
sei <strong>im</strong> Rahmen einer Hauptuntersuchung<br />
eine Neuverkabelung notwendig,<br />
damit die Fahrzeuge unter der erhöhten<br />
Netzspannung dauerhaft<br />
sicher eingesetzt werden können. Da-<br />
Auch der letzte 1981 nach Kassel gelieferte N8C, der Tw 416, soll künftig<br />
in Danzig fahren. Michael Kochems hielt den gegenwärtig in seiner hessischen<br />
Dienststelle abgestellten Wagen 2011 noch <strong>im</strong> Einsatz fest<br />
Braunschweig<br />
Am 28. Juli erfolgte die Umfirmierung<br />
von der Verkehrs-AG<br />
auf Verkehrs-GmbH. Diesen<br />
Schritt hatte der Rat der Stadt<br />
Braunschweig bereits 2013 beschlossen.<br />
Nun ist er binnen des<br />
von der Verwaltung gesetzten<br />
Zeitplans mit der Eintragung ins<br />
Handelsregister abgeschlossen.<br />
Bis zum 31. August blieb Dirk Fischer<br />
kommissarischer Vorstand,<br />
anschließend trat der von Cottbusverkehr<br />
kommende Jörg<br />
Reincke die Nachfolge vom Vorstand<br />
Georg Hohmann an, der<br />
am 31. März vorzeitig in den Ruhestand<br />
ging.<br />
JWG<br />
Ulm<br />
Auf der künftigen Straßenbahnlinie<br />
2 möchten die Stadtwerke<br />
Ulm/Neu-Ulm GmbH<br />
(SWU) Wagen des Typs Avenio<br />
M einsetzen. Die europaweite<br />
Ausschreibung hat Siemens für<br />
sich entschieden. Das Auftragsvolumen<br />
beträgt 31 Millionen<br />
Euro für zwölf fünfteilige Fahrzeuge,<br />
die jeweils 31,5 Meter<br />
lang sind und 175 Personen<br />
Platz bieten. Die Lieferzeit beträgt<br />
24 Monate. Auf die Auslösung<br />
der Bestellung muss Siemens<br />
indes noch warten: Erst<br />
wenn der Bau der Linie 2 endgültig<br />
beschlossen ist und die Finanzierung<br />
steht, erteilt SWU<br />
den Auftrag an Siemens. MSP<br />
Weil am<br />
Rhein<br />
Die Bauarbeiten für die Verlängerung<br />
der Straßenbahnlinie<br />
8 von Basel ins badische Weil<br />
am Rhein liegen <strong>im</strong> Plan. Die offizielle<br />
Eröffnung der Strecke<br />
von Allschwil (Basel-Land) nach<br />
Weil am Rhein Bahnhof/Zentrum<br />
ist nunmehr für den<br />
12. Dezember vorgesehen. Der<br />
Planbetrieb soll zwei Tage später<br />
starten. Die Baseler Verkehrsbetriebe<br />
planen den Beginn des<br />
vorab notwendigen Probebetriebes<br />
<strong>im</strong> Oktober. Die Tramlinie 8<br />
ist die erste grenzüberschrei -<br />
tende Straßenbahnverbindung<br />
Europas seit 75 Jahren. CMU<br />
rz gemeldet kurz gemeldet kurz gemeldet kurz gemeldet kurz gemeldet kurz gemeldet kurz gemeldet<br />
<strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 10| 2014<br />
9
Aktuell<br />
nicht vollständig benötigt. Diese für<br />
öffentliche Bauprojekte ungewohnten<br />
Informationen gab der Technik-Vorstand<br />
der Hochbahn kürzlich auf einer<br />
Baustellenbesichtigung gegenüber der<br />
örtlichen Presse bekannt. Demnach<br />
könnte die 1,3 Kilometer lange Neubaustrecke<br />
– insofern keine Schwierigkeiten<br />
auftreten – bereits vor dem geplanten<br />
Zeitpunkt 2018 fertiggestellt<br />
sein. Ob dann eine vorfristige Eröffnung<br />
erfolgt, erscheint fraglich, da<br />
auch die von der Stadt und Investoren<br />
angekündigten Bauarbeiten in dem<br />
neuen Stadtteil wenigstens zum Teil<br />
abgeschlossen sein sollten. Mangels<br />
bezugsfertiger Büros und Wohnungen<br />
hatte die Hochbahn in der Vergangenheit<br />
einen bereits vorhandenen Neubauabschnitt<br />
der U4 außer Betrieb gelassen,<br />
da nicht genügend Fahrgäste<br />
in Aussicht standen.<br />
JEP<br />
Dortmund: Die Haltestelle Dorstfeld Betriebshof erhielt einen niederflurtauglichen Bahnsteig. Dabei entfiel am<br />
benachbarten Gleisdreieck der Verbindungsbogen zwischen Marten und Betriebshof. Aus Gründen der Statik ist<br />
die Oberleitung jedoch weiterhin komplett vorhanden. Auch die Haltestellen unmittelbar an der Ein- und Ausfahrt<br />
des Betriebshofs haben je einen kurzen Hochbahnsteig erhalten. Damit sind bis auf wenige Ausnahmen die<br />
Haltestellen des Dortmunder Stadtbahnnetzes barrierefrei<br />
RALF KRYN<br />
durch würden sich die Kosten für eine<br />
HU auf etwa 300.000 Euro pro Wagen<br />
summieren – Kosten, welche die KVG<br />
derzeit nicht übernehmen wolle.<br />
In die Halle an der Ihringshäuser<br />
Straße kommen außerdem die bisher<br />
in den Tunnelgleisen am Hauptbahnhof<br />
abgestellten Tw 273 („Dokumentawagen“,<br />
Baujahr 1957), Tw 355 (Einrichtungs-Sechsachser<br />
Baujahr 1967) mit<br />
Beiwagen 569 (Baujahr 1971), Tw 316<br />
(Zweirichtungs-Sechsachser), der zum<br />
Pferdebahnwagen 8 umgebaute Tw 80<br />
(Baujahr 1900) und der „Frankfurter“<br />
Beiwagen 575 sowie weitere Arbeitswagen.<br />
Da das Technikmuseum <strong>im</strong><br />
Stadtteil Rothenditmold liegt, ist ein<br />
Gleisanschluss an das KVG-Netz und<br />
damit für die Zukunft wohl auch der<br />
Fahrbetrieb der Museumswagen ausgeschlossen.<br />
AM/ROP<br />
Hamburg<br />
Verlängerung der<br />
U4 liegt <strong>im</strong> Plan<br />
Die Hamburger Hochbahn liegt mit<br />
ihrer derzeit größten Baumaßnahme,<br />
der Verlängerung der U-Bahn-Linie U4<br />
an die Elbbrücken, <strong>im</strong> Kosten- und<br />
Zeitrahmen. Die Arbeiten laufen derzeit<br />
zügiger als <strong>im</strong> Terminplan vorgesehen<br />
und die Ausgaben liegen noch<br />
unter den geschätzten Kosten. So werden<br />
die für die Gesamtbaumaßnahme<br />
eingeplanten 180 Millionen Euro wohl<br />
Frankfurt (Oder)<br />
Umbau und Sanierung<br />
Bahnhoftunnel beendet<br />
Nach knapp dreijähriger Bauzeit ist<br />
in Frankfurt an der Oder der Umbau<br />
des Bahnhofstunnels seit 11. Juli abgeschlossen.<br />
Die DB AG hat das 90-jährige<br />
Tunnelbauwerk aus Stampfbeton in<br />
den vergangenen Monaten abreißen<br />
und durch Brücken ersetzen lassen.<br />
Dadurch stellt sich der einstige Tunnel<br />
heute als Reihe von Stahlbrücken mit<br />
bis zu 30 Meter breiten Abständen dar<br />
– auf diese Weise wirkt die kürzeste<br />
Verbindung zwischen dem Frankfurter<br />
Zentrum und dem Süden der Stadt<br />
jetzt heller und freundlicher.<br />
Für Frankfurts Straßenbahner und<br />
deren Fahrgäste ging <strong>im</strong> Juli eine Zeit<br />
voller Herausforderungen zu Ende. Immerhin<br />
handelt es sich be<strong>im</strong> Abschnitt<br />
zwischen den Dreiecken Johann-Eichorn-Straße<br />
und Heilbronner Straße, in<br />
dem der Bahnhoftunnel liegt, um den<br />
neuralgischen Punkt des Tramnetzes. Eine<br />
zunächst ins Auge gefasste zweijährige<br />
Vollsperrung des Nadelöhrs hätte<br />
zum Aus des gesamten Trambetriebes<br />
geführt. So ging die Stadtverkehrsgesellschaft<br />
(SVF) das Wagnis ein, den Abschnitt<br />
ab 18. Juni 2012 eingleisig zu<br />
befahren. In der Görlitzer Straße und<br />
der Bahnhofstraße ließ die SVF Kreuzungsweichen<br />
einbauen. Dadurch war<br />
ein Schienenersatzverkehr nur an wenigen<br />
Tagen bzw. Wochen notwendig, so<br />
Frankfurt an der Oder: Am 24. Juli passierte der Tw 220 den nach drei -<br />
jähriger Bauzeit nun fertig sanierten „Bahnhofstunnel“ MICHAEL KOCHEMS<br />
Dresden: Noch gibt es das Wendedreieck an der Schlömilchstraße. Dort soll<br />
voraussichtlich 2016 eine neue Gleisschleife entstehen<br />
MICHAEL SPERL<br />
10<br />
<strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 10| 2014
Deutschland<br />
u.a. vom 29. September bis zum 16. Oktober<br />
2011, <strong>im</strong> März und August 2012<br />
sowie <strong>im</strong> März, Juni und Ende 2013. Die<br />
letzten Vollsperrungen fanden vom 22.<br />
Februar bis 9. März sowie vom 30. Juni<br />
bis zum 10. Juli dieses Jahres statt. An<br />
all diesen Tagen war das Teilnetz<br />
City/Nord/West vom Rest des Netzes<br />
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und somit auch vom Straßenbahndepot<br />
abgetrennt. Deshalb fanden <strong>im</strong> alten<br />
Depot an der Bachgasse, in dem sich<br />
heute die Museumswerkstatt für die<br />
Traditionswagen befindet, teilweise<br />
wieder Wartungsarbeiten an Regeldienstwagen<br />
statt.<br />
In der Relation Lebuser Vorstadt –<br />
Neuberesinchen (Linie 1) war während<br />
des Baus mitunter ein zwe<strong>im</strong>aliges<br />
Umsteigen notwendig. Zur Bewältigung<br />
des Schienenersatzverkehrs lieh<br />
die SVF Busse aus Cottbus aus. Pünktlich<br />
zum Stadtfest „Bunter Hering“<br />
am 12./13. Juli 2014 (siehe SM<br />
9/2014, S. 12) unterquerten die Straßenbahnwagen<br />
wieder die Bahnhofsgleise<br />
ohne Einschränkungen. ULW/AM<br />
beeinträchtigen. Auf dem Gelände des<br />
Straßenbahnhofes Tolkewitz plant die<br />
Stadtverwaltung den Bau einer neuen<br />
Schule für 1.800 Schüler, <strong>im</strong> Bereich<br />
des heutigen Gleisfeldes vor der Wagenhalle<br />
entsteht dafür eine barrierefreie<br />
Haltestelle.<br />
Daran anschließend soll vom landwärtigen<br />
Streckengleis die Schleife<br />
abzweigen, zwischen dem denkmalgeschützten<br />
Volksbad Tolkewitz und<br />
den Wagenhallen hindurchführen und<br />
in einem 180-Grad-Linksbogen in die<br />
Schlömilchstraße münden. Von dort<br />
wird in einem weiteren Linksbogen<br />
ähnlich dem heutigen Gleisverlauf<br />
das stadtwärtige Streckengleis erreicht.<br />
Eine Variante mit Gleisschleife<br />
auf dem Vorplatz des bisherigen Straßenbahnhofes<br />
untersuchten Verkehrsbetriebe<br />
und Behörden ebenfalls, verwarfen<br />
sie jedoch aufgrund von<br />
Bedenken zur Verkehrssicherheit <strong>im</strong><br />
Zusammenhang mit dem Schulneubau.<br />
Das bisherige Gleisdreieck<br />
nutzen – außerhalb der aktuellen<br />
Um leitungen durch die Baustelle<br />
Schandauer Straße – täglich abends<br />
sowie <strong>im</strong> Frühverkehr am Wochenende<br />
die Linien 10 und 12. Ebenso ist<br />
der Endpunkt für Umleitungen dauerhaft<br />
unverzichtbar.<br />
MSP<br />
Erfurt<br />
Infrastruktur- und<br />
Werkstattinvestitionen<br />
Das Thüringer Landesministerium für<br />
Bau, Landesentwicklung und Verkehr<br />
hat die Zuschüsse für ÖPNV-Investitionen<br />
auf landesweit 42 Millionen Euro<br />
Erfurt: Im Bereich Johannesstraße/Huttenplatz bestand vom 30. Juni bis<br />
22. August eingleisiger Betrieb. Das Bild zeigt den aus den Tw 629 und<br />
710 gebildeten Combinozug dort am 6. Juli RONALD GLEMBOTZKY<br />
erhöht – <strong>im</strong> Vorjahr waren dafür 35,6<br />
Millionen Euro in den Haushalt eingestellt<br />
gewesen. Von dem aktuellen Betrag<br />
erhält die Erfurter Verkehrsbetriebe<br />
AG (EVAG) 2014 insgesamt 2,83 Millionen<br />
Euro. Damit unterstützt der Freistaat<br />
die Anschaffung einer stationären<br />
Radprofilmesseinrichtung für Straßenbahnfahrzeuge<br />
am Straßenbahnbetriebshof<br />
Südost.<br />
Darüber hinaus erhält die EVAG Förderungen<br />
zum Kauf von zwei Gelenkund<br />
vier Standardbussen, für Investitionen<br />
in die Abrechnungssysteme und<br />
Fahrzeugdepots sowie zur Erneuerung<br />
von Straßenbahntrassen. Aufgrund umfangreicher<br />
Umbauarbeiten des Straßenzuges<br />
Johannesstraße/Huttenplatz<br />
richtete die EVAG in diesem Bereich mit<br />
Betriebsbeginn am 30. Juni zunächst<br />
eingleisigen Betrieb ein. Wegen der<br />
komplexen Umgestaltung der nördlichen<br />
Johannesstraße sperrten die Verkehrsbetriebe<br />
schließlich vom 22. August<br />
bis 1. September den Abschnitt<br />
vollständig für den Straßenbahnverkehr,<br />
die Linien 1 und 5 fuhren zwischen Anger<br />
und Lutherkirche/SWE <strong>im</strong> Schienenersatzverkehr.<br />
Nach Fertigstellung der<br />
noch bis Mai 2015 laufenden Arbeiten<br />
wird unter anderem die Haltestelle Boyneburgufer<br />
barrierefrei sein. MSP<br />
Düsseldorf<br />
Rheinbahn n<strong>im</strong>mt<br />
Investitionskredit auf<br />
Die Beschaffung neuer Hochflur-<br />
Stadtbahnwagen für die Düsseldorfer<br />
Rheinbahn wird konkreter: Am 11. Juli<br />
nahm das Unternehmen bei der Europäischen<br />
Investitionsbank (EIB) ein Darlehen<br />
in Höhe von 150 Millionen Euro<br />
auf, um den Kapitalbedarf der nächsten<br />
vier Jahre zu decken. Die Kreditaufnahme<br />
dient nicht nur dem beabsichtigten<br />
Kauf von 40 Hochflurfahrzeugen, die in<br />
Düsseldorf die GT8SU und die erste<br />
B-Wagen-Serie ersetzen sollen. Das EIB-<br />
Darlehen soll außerdem ein Moderni-<br />
Woltersdorf: Zum Sommerfest am 9. August verkehrten drei Sonderzüge, darunter der Gothazug bestehend<br />
aus Tw 29 und Bw 89, hier am Berliner Platz. Der Beiwagen erhielt kürzlich wieder eine zum Triebwagen passende<br />
blaue Lackierung unterhalb der „Bauchbinde“, so wie es schon bis 1997 der Fall war<br />
RONNY DAUER<br />
Dresden<br />
Neue Gleisschleife<br />
in Tolkewitz geplant<br />
Die Dresdner Verkehrsbetriebe<br />
(DVB AG) planen mit dem Ausbau der<br />
Wehlener Straße 2016 zugleich den<br />
Ersatz des Gleisdreiecks Schlömilchstraße<br />
durch eine neue Gleisschleife.<br />
Die Kosten hierfür betragen voraussichtlich<br />
rund 1,55 Millionen Euro, wovon<br />
für den ohnehin vorgesehenen<br />
Gebäudeabbruch zirka 450.000 Euro<br />
entfallen. Damit soll sich künftig die<br />
Betriebsabwicklung bei gleichzeitiger<br />
Fahrzeiteinsparung vereinfachen und<br />
Rangiervorgänge entfallen, die bisher<br />
den Verkehr auf der Wehlener Straße<br />
<strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 10| 2014<br />
11
Aktuell<br />
Freiburg <strong>im</strong> Breisgau: Wegen Gleisbauarbeiten <strong>im</strong> Bereich Bertoldsbrunnen<br />
richtete die VAG <strong>im</strong> August eine provisorische Endstelle am Holzmarkt<br />
ein, <strong>im</strong> Hintergrund das Martinstor<br />
Hamburg: Triebwagen öffentlich<br />
In der Hansestadt kann seit Ende<br />
August wieder einer der wenigen<br />
erhaltenen Wagen der Hamburger<br />
Straßenbahn von jedermann besichtigt<br />
werden. Der zuvor optisch restaurierte<br />
Tw 3642 vom Typ V6E<br />
dient <strong>im</strong> Stadtteil Lokstedt <strong>im</strong> auf<br />
dem Gelände des ehemaligen Straßenbahn-Depots<br />
neu eröffneten Bauhaus-Baumarkt<br />
als Blickfang. Es handelt<br />
sich um den einzigen derzeit<br />
öffentlich zugänglichen Straßenbahnwagen<br />
in Hamburg, die HHA stellte<br />
ihn dem Baumarkt als Dauerleihgabe<br />
zur Verfügung<br />
JENS ODE<br />
sierungsprogramm für die in Alumi -<br />
niumbauweise erstellten jüngeren B-<br />
Wagen und die erste Niederflurgeneration<br />
NF6 der Baujahre ab 1996<br />
finanziell absichern.<br />
Des Weiteren plant die Rheinbahn,<br />
mit Hilfe des Kredits den weiteren barrierefreien<br />
Ausbau der Haltestellenanlagen<br />
fortzusetzen, ein neues intermodales<br />
Verkehrssystem (ITCS) zur Bereitstellung<br />
aktueller Verkehrs- und<br />
Fahrgastinformationen aufzubauen und<br />
in Oberkassel ein neues Verwaltungsgebäude<br />
zu errichten.<br />
BEM<br />
Freiburg<br />
Bilanz 2013 und Projekt<br />
Rotteckring<br />
Alstom/New TransLohr: Bei der Verladung der in Straßburg montierten Translohr-Wagen auf ein Schiff nach<br />
Kolumbien waren die spurgeführten „Gummistraßenbahnen“ einmal von unten zu sehen ALSTOM TRANSPORT<br />
Die Freiburger Verkehrs AG zählte<br />
2013 rund 77 Millionen Fahrgäste,<br />
dies entspricht einem Plus von 1,4<br />
Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die<br />
VAG vermeldete dabei mit 54,4 Millionen<br />
Euro einen zu 2012 um 4,5 Prozent<br />
höheren Umsatz bei einem Defizit<br />
von 12,3 Millionen Euro. Zwar<br />
wendete das Unternehmen für Personal<br />
und Material mehr Gelder auf, die<br />
Kostendeckung liegt mit 83,1 Prozent<br />
nach VAG-Angaben dennoch über<br />
dem Branchendurchschnitt. Damit habe<br />
der Betrieb zum sechsten Mal hintereinander<br />
einen Höchstwert erzielt.<br />
Im Jahr 2013 gelangen die Erweiterung<br />
des Stadtbahnnetzes nach Zähringen<br />
sowie der Baustart der Strecke<br />
zur Messe. Außerdem gab die VAG<br />
erstmals Triebwagen bei der Fa. CAF in<br />
Auftrag: Ab Mitte 2015 sollen sechs<br />
der bestellten zwölf „Urbos 100“ zum<br />
Einsatz kommen. Parallel setzte das<br />
Unternehmen die Modernisierung der<br />
26 GT8-Z fort. Derzeit sind ständig<br />
drei Wagen gleichzeitig in Arbeit.<br />
Die Sanierungsarbeiten am Bestandsnetz<br />
gehen ebenfalls weiter: Aktuell<br />
werden die Gleise am Bertoldsbrunnen,<br />
wo sich alle Stadtbahnlinien<br />
begegnen, saniert. Unterdessen erhält<br />
das Projekt Rotteckring, mit dem die<br />
Freiburger Stadtbahn eine weitere Innenstadtstrecke<br />
bekommt, auf Basis<br />
des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes<br />
(GVFG) eine Förderung vom<br />
Bund. Demnach übern<strong>im</strong>mt dieser von<br />
den rund 55 Millionen Euro Baukosten<br />
etwa 23 Millionen. Der Baubeginn ist<br />
noch in diesem Jahr geplant, die ersten<br />
Wagen könnten 2018 rollen. Die<br />
neue Strecke entlastet den Knotenpunkt<br />
Bertoldsbrunnen und mündet in<br />
die ebenfalls neu entstehende Trasse<br />
zur Neuen Messe ein.<br />
FBT<br />
Industrie<br />
Alstom/New TransLohr<br />
Erster Translohr nach<br />
Kolumbien geliefert<br />
Die französische Alstom S.A. und der<br />
Fahrzeughersteller New TransLohr (NTL)<br />
brachten Mitte Juli das erste von insgesamt<br />
zwölf Translohr-Fahrzeugen auf<br />
den Weg vom elsässischen Straßburg ins<br />
kolumbianische Medellín. Dort sollen die<br />
gummibereiften Fahrzeuge ab 2015 auf<br />
der neu errichteten Ayacucho-Linie eingesetzt<br />
werden. Die 4,3 Kilometer lange<br />
Strecke der Einschienenbahn wird von<br />
Metro de Medellin betrieben und besitzt<br />
abschnittsweise eine Steigung von bis<br />
zu zwölf Prozent. An neun Haltestellen<br />
erhalten die Fahrgäste Zugang zum<br />
neuen Verkehrssystem, welches für<br />
80.000 Fahrgäste am Tag ausgelegt ist.<br />
Die neu entwickelte 39 Meter lange<br />
Fahrzeuggeneration vom Typ STE5 kann<br />
max<strong>im</strong>al 300 Personen befördern. JEP<br />
Škoda Transportation<br />
Positive Bilanz des<br />
Geschäftsjahres 2013<br />
Der geprüfte Konzernumsatz von<br />
Škoda Transportation für 2013 lag bei<br />
14,6 Milliarden Kronen, umgerechnet<br />
etwa 523 Millionen Euro. Der Nettogewinn<br />
der Gruppe betrug dabei 1,75 Milliarden<br />
Kronen, rund 63 Millionen Euro.<br />
Das Unternehmen schloss Aufträge für<br />
mehr als 21,7 Milliarden Kronen, das<br />
entspricht 776 Millionen Euro, wovon<br />
20,85 Milliarden Kronen (zirka 746 Millionen<br />
Euro) auf Exportaufträge entfallen.<br />
Diese umfassen unter anderem die<br />
Bestellung von Trams für die türkische<br />
Stadt Konya und für Bratislava, Obusse<br />
für Riga, Sofia, Bratislava und Burgas<br />
sowie sechs komplette Zuggarnituren<br />
für den München-Nürnberg-Express der<br />
Deutsche Bahn und Doppelstockeinheiten<br />
für die Slowakischen Bahnen.<br />
Mit der Höhe der Umsätze hat Škoda<br />
Transportation die Stellung als eines<br />
der bedeutendsten Verkehrsfahrzeugbau-Unternehmen<br />
in Mittel- und<br />
Osteuropa bestätigt, dabei beschäftigte<br />
die Gruppe <strong>im</strong> Bilanzjahr 3.469 Angestellte.<br />
Umfangreich fielen dabei die<br />
Investitionen in Forschung und Entwicklung<br />
aus, die bedeutendsten Projekte<br />
waren hier 2013 die Entwicklung<br />
der neuen Straßenbahntype X53, die<br />
Konzeption einer Metrogarnitur sowie<br />
12<br />
<strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 10| 2014
Deutschland · Industrie · Weltweit<br />
die Entwicklung eines Gelenkstrolleybusses<br />
mit Batterieantrieb und einer<br />
neuen Lokomotive. Škoda Transportation<br />
verfügt <strong>im</strong> Rahmen seiner umfangreichen<br />
Aktivitäten über mehrere Tochtergesellschaften<br />
und Joint-Ventures in<br />
Tschechien, China, Polen, Ungarn, Russland<br />
und Deutschland.<br />
PM/MSP<br />
Inekon<br />
Joint Ventures: Tong<br />
Hao Railway Vehicles<br />
Die tschechische Inekon-Group hat<br />
mit einem chinesischen Eisenbahn-Konsortium<br />
ein Joint Venture zum Bau und<br />
Vertrieb von Niederflur-Straßenbahnwagen<br />
gegründet. In einem Gemeinschaftsunternehmen<br />
mit dem Namen<br />
Tong Hao Railway Vehicles Corp., welches<br />
über ein Kapital von 40 Millionen<br />
Euro verfügt, sollen Inekon-Fahrzeuge<br />
vom Typ Superior Plus für den chinesischen<br />
Markt gefertigt werden. Damit<br />
möchte sich das Unternehmen aus Prag<br />
eine Tür zum wachsenden Nahverkehrsmarkt<br />
in China öffnen. Inekon entwickelte<br />
zwischen 1996 und 2001 gemeinsam<br />
mit der Škoda Transportation<br />
den Škoda-Straßenbahnwagentyp 03T.<br />
Nach der Beendigung der Zusammenarbeit<br />
mit Skoda gründete Inekon<br />
2001 mit den Verkehrsbetrieben Ostrava<br />
die DPO Inekon und entwickelte eigene<br />
Straßenbahnwagen. Nach der<br />
Übernahme aller Firmenanteile lieferte<br />
das Unternehmen als Inekon-Trams erste<br />
Fahrzeuge in die USA. Das mit Inekon<br />
kooperierende chinesische Konsortium<br />
besteht aus der China Railway<br />
Signal & Communication Corp. und der<br />
Xiangtan Electric Manufacturing Group<br />
Corp., die zusammen 83 Prozent der<br />
Anteile am Joint Venture halten. JEP<br />
Stadler/Ansaldo STS<br />
Schlüsselfertige<br />
Stadtbahn für Aarhus<br />
Ein deutsch-italienisches Konsortium,<br />
bestehend aus der Stadler Pankow<br />
GmbH und Ansaldo STS SpA, hat mit<br />
Dänemarks zweitgrößter Stadt Aarhus<br />
einen Vertrag über die Lieferung eines<br />
neuen Stadtbahn-Komplettsystems unterzeichnet.<br />
Es ist die erste in dieser<br />
Form projektierte Stadtbahn des Landes.<br />
Die Fahrzeuge stammen von Stadler,<br />
Technik und Infrastruktur stellt die<br />
italienische Ansaldo STS bereit. Stadler<br />
wird zwei Fahrzeugtypen liefern: Variobahnen,<br />
wie sie <strong>im</strong> norwegischen Bergen<br />
und dem englischen Croydon fahren,<br />
sowie Tangos analog dem <strong>im</strong><br />
französischen Lyon eingesetzten Typ.<br />
Ausgelegt sind die Fahrzeuge für Geschwindigkeiten<br />
von 80 beziehungsweise<br />
100 Kilometer pro Stunde. Neben<br />
der Lieferung wird Stadler auch die<br />
Wartung der Fahrzeuge für bis zu sechs<br />
Jahre übernehmen. Die Ansaldo STS<br />
wird Trassen, Elektrizitätsversorgung,<br />
Oberleitungs- und Signalisierungssysteme<br />
sowie eine Prüfstelle und das Instandhaltungswerk<br />
errichten. Der italienische<br />
Anbieter betreibt in Dänemark<br />
bereits seit Jahren erfolgreich die Infrastruktur<br />
für die Kopenhagener Metro<br />
und punktete damit bei der Auftragsvergabe<br />
durch die Aarhus Light Rail,<br />
die für die Realisierung des Projekts in<br />
Aarhus verantwortlich ist. Drei Bietergruppen<br />
hatten sich an der Ausschreibung<br />
beteiligt. Nach über einem Jahr<br />
Verhandlungen unterzeichneten die<br />
Konsortionalpartner aus Deutschland<br />
und Italien <strong>im</strong> August den Vertrag mit<br />
der Kommune.<br />
PM/MSP<br />
Alstom/Transmashholding<br />
(TMH)<br />
Neuer Triebwagen in<br />
Moskau in Betrieb<br />
Seit dem 20. August befindet sich<br />
der erste von TramRus, einem Gemeinschaftsunternehmen<br />
von Alstom und<br />
Transmashholding (TMH), gebaute<br />
Straßenbahntriebwagen mit 100 Prozent<br />
Niederfluranteil auf dem Moskauer<br />
Straßenbahnnetz <strong>im</strong> regulären Li -<br />
nieneinsatz. Der 25,5 Meter lange<br />
Gelenktriebwagen wird auf der Linie<br />
17 zwischen Medvedkovo und der Metrostation<br />
VDNKn eingesetzt. Von Dezember<br />
2013 bis Juni 2014 fanden mit<br />
dem Fahrzeug ausgiebige Tests <strong>im</strong> rauen<br />
Winter- bzw. Sommerbetrieb Moskaus<br />
statt, bei dem der Wagen 2.000<br />
Kilometer zurücklegte. Die auf der Citadis-Plattform<br />
beruhende Entwicklung<br />
Alstom/Transmashholding<br />
(TMH): In Moskau<br />
befindet sich<br />
der erste<br />
Gelenktriebwag<br />
en mit 100 Prozent<br />
Niederfluranteil<br />
seit dem<br />
20. August <strong>im</strong><br />
regulären Linieneinsatz.<br />
Parallel<br />
verkehren die<br />
ersten PESA-<br />
Niederflurwagen<br />
ALSTOM<br />
hat ein Fassungsvermögen von 255<br />
Personen und eine Höchstgeschwindigkeit<br />
von 75 km/h. Der Schwerpunkt bei<br />
der Konstruktion wurde auf die Min<strong>im</strong>ierung<br />
der Wartungs- und Instandhaltungskosten<br />
gelegt. Moskau besitzt neben<br />
seinem bekannten Metro-Netz ein<br />
43 Linien umfassendes Straßenbahnnetz<br />
mit 1.524 Mill<strong>im</strong>eter Spurweite.<br />
Für den Betrieb stehen derzeit ca. 720<br />
Triebwagen zur Verfügung. PM/JEP<br />
Ausland<br />
Ungarn: Miskolc<br />
Verkauf von<br />
Altwagen geplant<br />
Der Verkehrsbetrieb MVK der nordungarischen<br />
Stadt Miskolc bietet insgesamt<br />
24 gebrauchte Triebwagen<br />
zum Verkauf an. Angeboten werden je<br />
zwölf 2002 bis 2004 aus Wien übernommene<br />
Wagen der Bauarten E 1<br />
(Baujahre 1967 bis 1969) sowie aus<br />
Kosice und Most stammende KT8D5<br />
(Baujahre 1986 bis 1990). Diese befinden<br />
sich durch fabrikneue Škoda-Niederflurwagen<br />
vom Typ 26THU aktuell<br />
in Ablösung. Mitte August waren bereits<br />
14 neue Fahrzeuge vorhanden,<br />
nur fünf aber bereits für den Fahrgastbetrieb<br />
zugelassen. Bis Februar 2015<br />
sollen alle 31 bestellten 26THU (Tw<br />
600 bis 630) abgeliefert und zugelassen<br />
sein, der Planbetrieb kann dann<br />
typenrein mit Niederflurwagen abgewickelt<br />
werden.<br />
Da in den Morgenstunden ein überdurchschnittlich<br />
starkes Fahrgastaufkommen<br />
herrscht und hier kurzzeitig<br />
27 Kurse benötigt werden, möchte der<br />
Verkehrsbetrieb aber weiterhin vier<br />
KT8D5 als Reserve vorhalten, die dann<br />
bei Bedarf zum Einsatz kommen. Die<br />
KT8D5 Nr. 210 und 213 sind bereits<br />
abgestellt, wobei ersterer als historisches<br />
Fahrzeug vorgesehen ist. Der<br />
zweitgenannte Wagen dient hingegen<br />
als Ersatzteilspender. Auch ein E 1 soll –<br />
samt eines Beiwagen vom Typ c 3 – als<br />
historischer Zug erhalten bleiben.<br />
MVK betreibt die Straßenbahnlinien<br />
1V und 2V („V“ = Villamos), die sich auf<br />
dem Weg vom Bahnhof ins Stadtzentrum<br />
und weiter bis in den Außenbezirk<br />
Ujgyöri überlagern. In den Stoßzeiten<br />
fahren die Bahnen in dieser Relation al-<br />
Miskolc: Begegnungen zwischen Alt und Neu wird es nur noch wenige Monate lang geben: Am 18. August stehen<br />
die Wagen E 1 Nr. 190 und 26THU 600 in der Haltestelle Újgyöri fötér<br />
WOLFGANG KAISER<br />
<strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 10| 2014<br />
13
Aktuell<br />
Málaga: Knapp drei Kilometer der neuen Metro-Tram verlaufen an der Oberfläche,<br />
hier fährt Tw 3090 am 7. August bei der Station El Consul R. SCHREMPF<br />
le drei Minuten, morgens zwischen 7<br />
und 8 Uhr noch öfter. Die Umgestaltung<br />
der Haltestellen mit barrierefreien Zugängen<br />
ist fast abgeschlossen, nur in<br />
der Schleife be<strong>im</strong> Bahnhof dauern die<br />
Arbeiten noch bis Mitte Oktober an.<br />
Damit hat Miskolc nach Szeged und Debrecen<br />
als letzter der drei ungarischen<br />
Provinzbetriebe die Umstellung auf Niederflurwagen<br />
vollzogen, nur hier wird<br />
aber der Betrieb in Zukunft fast ausschließlich<br />
mit barrierefreien Fahrzeugen<br />
abgewickelt.<br />
WK<br />
Spanien: Málaga<br />
Metro-Tram in<br />
Málaga eröffnet<br />
Am 30. Juli nahm das Verkehrsunternehmen<br />
„metro Málaga“ mit<br />
mehrjähriger Verzögerung das neu errichtete,<br />
zwölf Kilometer lange Metro-Tram-System<br />
in Betrieb. Die Baukosten<br />
betrugen 594 Millionen Euro.<br />
Beide Linien des Y-förmigen Systems<br />
haben derzeit an der zentrumsnahen<br />
Station El Perchel, die unter dem<br />
Dallas: Die Light Rail von Dallas bietet seit 18. August auch Anschluss an<br />
den Dallas-Fort Worth Aiport<br />
SLG. JENS PERBANDT<br />
In Zürich passen die Verkehrsplaner<br />
entsprechend aktueller Stadtentwicklungs-Prognosen<br />
das Tram-Konzept für<br />
die Zukunft an und verschieben teilweise<br />
Schwerpunkte für Netzausbau<br />
und Angebotsplanung. Unter dem Titel<br />
„Züri-Linie 2030“ schreiben die Verkehrsbetriebe<br />
Zürich (VBZ) ihr bisheriges<br />
Liniennetzkonzept 2025 fort. Dade<br />
<strong>im</strong> 10-Minuten-Takt. Die Stationen<br />
sind mit einer Länge von 65 Metern<br />
für den Einsatz von Doppeltraktion<br />
ausgelegt. Verlängerungen des Netzes<br />
sind in Bau beziehungsweise in Planung,<br />
siehe auch SM 9/2014. ROS<br />
USA: Tuscon<br />
Neuer Straßenbahnbetrieb<br />
nahm Betrieb auf<br />
Seit dem 25. Juli fahren wieder Straßenbahnen<br />
durch Tucson in Arizona; an<br />
diesem Tag nahm die neue als Tucson<br />
Sun Link bezeichnete erste moderne<br />
Straßenbahnlinie mit 6,2 Kilometer<br />
Streckenlänge und 18 Haltestellen ihren<br />
Betrieb auf. Dazu sind acht von<br />
United Streetcar in tschechischer Lizenz<br />
gebaute dreiteilige Niederflurtriebwagen<br />
vorhanden. Wegen der äußerst hohen<br />
Temperaturen in den Sommermonaten<br />
erhielten sie eine besonders<br />
leistungsfähige Kl<strong>im</strong>aanlage.<br />
Die neue Linie verbindet die Innenstadt<br />
via Amtrak Station und 4th Avenue<br />
mit der University of Arizona und<br />
dem Universitätskrankenhaus. Das<br />
197-Millionen-Dollar-Projekt wurde in<br />
vergleichsweise kurzer Zeit realisiert,<br />
denn die Bauarbeiten begannen erst<br />
2012. Die Bevölkerung hatte 2006<br />
mehrheitlich dem Vorschlag der Stadtregierung<br />
zur Anlage eines modernen<br />
Straßenbahnnetzes zugest<strong>im</strong>mt.<br />
Betrieb und Wartung der Bahn erfolgen<br />
durch RATP Dev. Tagsüber fahren<br />
die Bahnen alle zehn Minuten,<br />
nach 18 Uhr alle 20 Minuten, nach 22<br />
Uhr alle 30 Minuten gefahren.<br />
Bis zum 31. Oktober 2011 fuhr in<br />
Tucson der Old Pueblo Trolley, eine<br />
Straßenbahnlinie, betrieben mit historischen<br />
Fahrzeugen, die nun in die<br />
jetzt bestehende Strecke durch deren<br />
Verlängerung und zweigleisigen Ausbau<br />
aufgegangen ist. Der Old Pueblo<br />
Trolley wiederum war 1993 eröffnet<br />
worden und befuhr teilweise noch Originalgleise<br />
der am 31. Dezember 1930<br />
eingestellten städtischen Straßenbahn<br />
von Tucson, deren Elektrifizierung<br />
1906 erfolgte. BEKUS<br />
USA: Dallas<br />
Stadtbahn zum<br />
Airport eröffnet<br />
Der Dallas-Fort Worth Aiport erhielt<br />
am 18. August Anschluss an das Liniennetz<br />
von Dallas. Mit der Eröffnung<br />
eines neu errichteten Terminals ging<br />
auch die 8,4 Kilometer lange Verlängerung<br />
der „Orange Line“ der in Betrieb.<br />
Der Airport gehört zu den vier<br />
Bahnhof „Maria Zambrano Station“<br />
und dem Regionalbusbahnhof gelegen<br />
ist, ihren Ausgangspunkt. Die<br />
Stationen befinden sich auf zwei Ebenen,<br />
die ein aufwendiges Kreuzungsbauwerk<br />
verbindet. Hier wechseln die<br />
Triebwagen auf die jeweils andere Linie,<br />
der Fahrer setzt nach dem Führerstandswechsel<br />
die Fahrt fort.<br />
Die 6,7 Kilometer lange Linie 1 erschließt<br />
die Universität und das Universitätsklinikum<br />
und erreicht nach<br />
neun Zwischenstationen die Endhaltestelle<br />
„Andalusien Tech“. Die Strecke<br />
führt noch weiter bis zum Depot durch<br />
ein noch weitgehend unbebautes Gewerbegebiet.<br />
Der erste 4,5 Kilometer<br />
lange Abschnitt von El Perchel bis zur<br />
Universität verläuft unterirdisch. Die<br />
4,6 Kilometer lange, komplett unterirdisch<br />
verlaufende Linie 2 beginnt an<br />
der Station El Perchel eine Etage tiefer<br />
und führt über fünf Zwischenstationen<br />
südwestlich zur Endstation Palacio de<br />
los Deportes (Stadion). Beide Linien<br />
verkehren werktags <strong>im</strong> 7,5-Minuten-<br />
Takt, nach 20 Uhr und am Wochenengrößten<br />
Airports Amerikas. Das Stadtbahnnetz<br />
von Dallas, welches vier Linien<br />
umfasst, vergrößert sich damit auf<br />
145 Kilometer. Weiterhin laufen derzeit<br />
die Arbeiten zum Bau einer 2,6 Kilometer<br />
langen modernen Straßenbahn<br />
von Dallas Union Station zum<br />
Oak Cliff. Daneben besitzt die Stadt<br />
seit 1989 auch eine historische Straßenbahn,<br />
die McKinney Streetcar, welche<br />
die Innenstadt erschließt. JEP<br />
Schweiz: Basel<br />
Streckennetz wächst<br />
nach Frankreich<br />
Machbarkeitsstudien gibt es schon<br />
lange, nun wird es konkret: Bis 2017<br />
soll die Strecke der Basler Linie 3 um<br />
3,1 Kilometer wachsen. Von der heutigen<br />
Endstation Burgfelden Grenze<br />
führt die Strecke dann bis zum Bahnhof<br />
Saint-Louis in Frankreich. Diese<br />
Station soll sich zu einer Verkehrs-<br />
Drehscheibe verwandeln: Neben der<br />
dann geschaffenen Umsteigemöglichkeit<br />
zwischen Zug und Tram wird ein<br />
rund 700 Parkplätze bietendes Parkhaus<br />
gebaut, welches die Autofahrer<br />
mit kurzen Wegen zum Umsteigen auf<br />
den ÖV bewegen soll. Von der Streckenverlängerung<br />
liegen 500 Meter in<br />
der Schweiz, der Rest in Frankreich.<br />
Die bisherige Wendeschleife Burgfelden<br />
Grenze wird aufgehoben und<br />
durch eine neue unmittelbar am<br />
Grenzübergang ersetzt. Jeder zweite<br />
Zug der <strong>im</strong> 7,5-Minuten-Takt verkehrenden<br />
Linie 3 könnte dann nach<br />
Saint-Louis weiter fahren.<br />
Die Arbeiten an der Streckenverlängerung<br />
sollen 2015 beginnen und gegen<br />
Ende 2017 abgeschlossen sein.<br />
Dann könnten die ersten Trams über<br />
die Grenze fahren. Bereits von 1900<br />
bis 1957 fuhren Basler Trams nach<br />
Saint-Louis, allerdings auf einer völlig<br />
anderen Strecke (über den Grenzübergang<br />
St. Johann). Eine Wiederbelebung<br />
dieser Verbindung steht nicht zur<br />
Diskussion.<br />
JÖS<br />
Schweiz: Zürich<br />
Fortschreibung des<br />
Liniennetzkonzeptes<br />
14<br />
<strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 10| 2014
Weltweit<br />
Hirosh<strong>im</strong>a: Die Bauart „Green Mover LEX“ – hier Wagen 1003 am 24. Juli auf<br />
Linie 5 – soll mittelfristig alle Altbau-Vierachser ersetzen WOLFGANG KAISER (2)<br />
Hirosh<strong>im</strong>a: Begegnung der jeweils 1957 gebauten Vierachser Nr. 1911 und<br />
913 in Hafennähe am 23. Juli. Derzeit ist die Vielfalt an Bauarten noch groß<br />
bei konzentrieren sich die Planungen<br />
weiterhin auf den Norden und Westen<br />
der Stadt, während die Fachleute <strong>im</strong><br />
Süden weniger Dynamik erwarten. Neben<br />
„alten Bekannten“, wie der Verlängerung<br />
der Linie 8 über die Hardbrücke<br />
(ab 2017) und der Linie 2 nach<br />
Schlieren (2020), ist kurz- bis mittelfristig<br />
auch der Ausbau des Trolleybusnetzes<br />
geplant. Voraussichtlich ab<br />
2023 wird die Tramlinie 15 zwischen<br />
Bucheggplatz und Auzelg die Linie 11<br />
ersetzen. Letztgenannte soll dann auf<br />
einer neu zu erstellenden Strecke vom<br />
Bucheggplatz nach Affoltern fahren.<br />
Als Nordtangente soll ab 2028 eine<br />
noch nicht benannte Linie von Affoltern<br />
über Oerlikon nach Stettbach führen<br />
und damit heutige Buslinien ganz<br />
oder teilweise ersetzen. Die Flughafenlinie<br />
10, die derzeit am Hauptbahnhof<br />
endet, soll in den Spitzenzeiten<br />
über Stauffacher zur Kalkbreite verlängert<br />
werden. Außerdem sind Verstärkungskurse<br />
vom Hauptbahnhof zur<br />
Uni und zur ETH geplant.<br />
In der Langfristplanung enthalten ist<br />
nach wie vor die Strecke durch die<br />
Rosengartenstrasse, die jedoch erst verwirklicht<br />
werden kann, wenn gleichzeitig<br />
eine Lösung für den Individualverkehr<br />
existiert. Enthalten ist außerdem<br />
eine neue Linie 1, welche vom Farbhof,<br />
heutige Endstation der Linie 2, über den<br />
Bahnhof Altstetten und den Hardplatz<br />
zum Hauptbahnhof führen könnte. Kern<br />
aller Planungen ist die Schaffung von<br />
Tangentiallinien und die noch bessere<br />
Verknüpfung mit dem S-Bahn-Netz. JÖS<br />
Tschechien: Brünn<br />
Neue Obusse bei<br />
Škoda bestellt<br />
Škoda Electric wird 30 niederflurige<br />
Gelenkfahrzeuge vom Typ Škoda 31 Tr<br />
in die mährische Stadt Brünn liefern.<br />
Das Auftragsvolumen beträgt rund<br />
395 Millionen Kronen, etwa 14,2 Millionen<br />
Euro. Die Fahrzeuge werden <strong>im</strong><br />
ersten Halbjahr 2015 an den Betreiber<br />
Dopravní podnik města Brna (DPMB)<br />
geliefert. Der Škoda 31 Tr ist ein komfortabler<br />
Niederflurwagen, der unter<br />
anderem über einen breiteren Gang<br />
zwischen den Sitzen, ein leistungsfähiges<br />
Heizungssystem und ein übersichtliches<br />
Informationssystem verfügt.<br />
Der Ein- und Ausstieg wird den<br />
Fahrgästen mit Hilfe des sogenannten<br />
„kneeling“ erleichtert, bei dem sich<br />
der Obus bis zur Gehsteigkante neigt.<br />
Mit einem Fuhrpark von mehr als 140<br />
Obussen sind die Brünner Verkehrsbetriebe<br />
der größte Obus-Betreiber in<br />
der Tschechischen Republik. Alle Fahrzeuge<br />
stammen dabei von Škoda. MSP<br />
Italien: La Spezia<br />
Neustart bei<br />
Obus-Betrieb<br />
Nach zweijähriger Unterbrechung<br />
hat die städtische Verkehrsgesellschaft<br />
ATC <strong>im</strong> italienischen La Spezia bereits<br />
am 20. März 2014 den Obusbetrieb<br />
wieder aufgenommen. Acht neu gelieferte<br />
Solaris Trollino Obusse mit elektrischer<br />
Ausrüstung von Vossloh-Kiepe<br />
kommen seither auf den beiden Linien<br />
1 und 3 an Werktagen zum Einsatz.<br />
Aufgrund von Bauarbeiten <strong>im</strong> Stadtzentrum<br />
werden die jeweils östlichen<br />
Hälften der beiden Linien nicht elektrisch<br />
befahren, sondern mittels des<br />
starken Diesel-Hilfsantriebs der Wagen.<br />
Die neuen Trollinos ersetzten 14 Breda-Obusse<br />
aus dem Jahr 1988, von denen<br />
13 gegenwärtig <strong>im</strong> neuen Depot<br />
Mazzetta in der Via Lunigiana zusammen<br />
mit den Neuwagen abgestellt sind.<br />
Einige werden möglicherweise wieder<br />
in Betrieb genommen. Das frühere Depot<br />
Canaletto hat der Verkehrsbetrieb<br />
geschlossen – es wird nun zu einem<br />
Kulturzentrum umgebaut. Dadurch sind<br />
diverse bislang hier abgestellte historische<br />
Trolleybusse aus verschiedenen italienischen<br />
Städten derzeit ausgelagert<br />
und vorerst öffentlich nicht zugänglich.<br />
Das in La Spezia vorhandene Streckennetz<br />
soll bis zum Jahresende wie-<br />
La Spezia: Einer der neuen von Solaris/Vossloh-Kiepe gefertigten Trollinos<br />
fährt hier am 16. August gerade mit Dieselantrieb unter der Fahr -<br />
leitung der norditalienischen Stadt<br />
DIRK BUDACH<br />
der vollständig elektrisch befahren werden.<br />
Mittelfristig ist die Erweiterung des<br />
Obusbetriebes auf zwei Dieselbuslinien<br />
und die Beschaffung weiterer Neuwagen<br />
vorgesehen, da die acht Wagen<br />
schon jetzt nicht für den Gesamtauslauf<br />
der beiden Linien ausreichen. BUD<br />
Japan: Hirosh<strong>im</strong>a<br />
Modernisierung<br />
des Wagenparks<br />
Die westjapanische Millionenstadt<br />
Hirosh<strong>im</strong>a besitzt den größten Straßenbahnbetrieb<br />
des Landes mit einer Streckenlänge<br />
von 35 Kilometern. Bezüglich<br />
der Typenvielfalt ist der Betrieb sogar<br />
weltweit führend, denn der 130 Triebwagen<br />
umfassende Wagenpark setzt<br />
sich aus 20 verschiedenen Bauarten der<br />
Baujahre 1926 bis 2014 zusammen.<br />
Wegen des gemeinsamen Einsatzes von<br />
Fahrzeugen aus neun Jahrzehnten wird<br />
der Betrieb auch oft als „Straßenbahnmuseum“<br />
bezeichnet, das die Entwicklung<br />
der japanischen Straßenbahnen<br />
vom Standard-Vierachser mit Holzaufbau<br />
bis zum modernen Niederflurwagen<br />
präsentiert. Traurige Berühmtheit<br />
erlangten die 1942 gebauten Wagen<br />
651 und 652, die am 6. August 1945<br />
durch den Atombombenabwurf schwer<br />
beschädigt wurden und nach dem Wiederaufbau<br />
bis heute <strong>im</strong> Einsatz stehen.<br />
Sie sind jedermann als „Atombomben-<br />
Wagen“ bekannt und gelten als Symbol<br />
für den engagierten Wiederaufbau der<br />
damals größtenteils zerstörten Stadt.<br />
Die Modernisierung des vielfältigen<br />
Wagenparks erfolgte ab Anfang der<br />
1980er-Jahre mit fabrikneuen Standard-<br />
und Gelenkwagen; seit 1999<br />
n<strong>im</strong>mt der Verkehrsbetrieb „Hiroden“<br />
Niederflurwagen in Betrieb. Auf zwölf<br />
fünfteilige Siemens-Fahrzeuge des<br />
Typs „Combino“ (Serie 5000; Baujahre<br />
1999 bis 2002) folgten zehn in Japan<br />
gefertigte, ebenfalls fünfteilige<br />
„Green Mover MAX“ (Serie 5100;<br />
Baujahre 2005 bis 2008) und 2013 erfolgte<br />
die Präsentation der dreiteiligen<br />
und nur 18,6 Meter langen Serie<br />
1000. Bis zum Jahr 2027 will der Verkehrsbetrieb<br />
40 derartige Fahrzeuge<br />
beschaffen, mit denen sämtliche Altbau-Vierachser<br />
ersetzt werden können.<br />
Die 2013 in Betrieb genommenen<br />
Prototypen 1001 und 1002 sind<br />
dunkelrot lackiert und tragen die Namen<br />
Piccolo und Piccola. Seit Februar<br />
2014 sind die nachfolgend gelieferten<br />
Wagen 1003 bis 1005 mit einer<br />
weiß/grau/grünen Lackierung und<br />
dem Markennamen „Green Mover<br />
LEX“ in Betrieb. „LEX“ steht dabei für<br />
„Light Excursion“.<br />
WK<br />
<strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 10| 2014<br />
15
Betriebe<br />
„300-Kilometer-<br />
Tramathon“<br />
Die längste Straßenbahnreise in Deutschland Vor Ihnen liegt<br />
die 300. Ausgabe von <strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> – aber kann<br />
man heute auch 300 Kilometer mit Straßen- und Stadtbahnen fahren,<br />
ohne einen Haltepunkt doppelt anzusteuern? Das dichte<br />
Schienennetz in Nordrhein-Westfalen verspricht Chancen auf Erfolg …<br />
16 <strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 10 | 2014
Nordrhein-Westfalen<br />
300 Kilometer Straßen- und Stadtbahn –<br />
und die Linie 101 in Essen ist mittendrin!<br />
Vor der Kulisse von St. Maria Rosenkranz<br />
begegnet uns der M8C 1177<br />
ALLE AUFNAHMEN: CHRISTIAN LÜCKER<br />
Kennen Sie das, wenn man von<br />
Stadt- und Straßenbahnen einfach<br />
nicht genug bekommen kann?<br />
Nichts ist schöner als in einem der<br />
Wagen zu sitzen und sich sanft von Haltestelle<br />
zu Haltestelle chauffieren zu lassen.<br />
Ständig steigen neue Fahrgäste zu, wechselt<br />
die Nachbarschaft, hört man andere<br />
interessante Gesprächesfetzen. Am schönsten<br />
ist es aber, wenn auf den Nachbargleisen<br />
weitere Wagen auftauchen oder aus<br />
dem Fenster ein Blick auf Depots zu erhaschen<br />
ist.<br />
Anlässlich des 300. <strong>STRASSENBAHN</strong><br />
<strong>MAGAZIN</strong> haben wir uns gefragt, ob es<br />
heute noch möglich ist, 300 Kilometer an<br />
einem Tag zurückzulegen? Unser Versuch<br />
startete früh am Morgen. Aber eines vorweg:Wer<br />
diese Tour abfahren möchte, der<br />
braucht nicht nur gutes Sitzfleisch, sondern<br />
anschließend wahrscheinlich auch einen<br />
Krankenschein wegen „Rücken“. Denn 300<br />
Kilometer mit Straßen- und Stadtbahnen<br />
zurücklegen, ist ein regelrechter Schienenmarathon,<br />
also ein „Tramathon“. Er geht<br />
auf die Knochen, besonders weil weite Strecken<br />
in nur spärlich oder gar nicht gepolsterten<br />
Wagen zurückgelegt werden müssen.<br />
Und: Am Ende wird die Fahrstrecke deutlich<br />
mehr als 300 Kilometer betragen. Denn<br />
ohne Zwischentransfer mit Bussen und S-<br />
Bahnen sind die 300 Kilometer nicht zu<br />
schaffen.<br />
Faustregel für unsere Tour: Wir dürfen so<br />
oft umsteigen, bis die Nerven blank liegen,<br />
aber wir dürfen keinen Haltepunkt auf derselben<br />
Ebene doppelt ansteuern. Erlaubt sind<br />
nur zwei verschiedene Ebenen, also <strong>im</strong> Tunnel<br />
und an der Oberfläche. Wo das klappen<br />
<strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 10 | 2014<br />
17
Betriebe<br />
Durch diesen Viadukt am Kölner Rheinufer müssen sich die B-Wagen auf der Linie 16 nicht mehr<br />
lange quetschen. Links liegt schon der Gleisbogen in den neuen Nord-Süd-Tunnel<br />
kann? In Nordrhein-Westfalen! Nur hier haben<br />
wir in Deutschland überhaupt die Chance,<br />
die 300-Kilometer-Marke zu knacken.<br />
Unsere Route führt uns dazu von Bad Honnef<br />
an der Grenze zu Rheinland-Pfalz mit<br />
Zickzack-Fahrten durch Köln, Düsseldorf<br />
und das Ruhrgebiet bis nach Dortmund-Wickede<br />
an den Rand Westfalens. Aber nicht<br />
lang schnacken: Kamera-Akku laden, Rucksack<br />
packen und los geht’s!<br />
Start mit der Siebengebirgsbahn<br />
Wir starten unsere Reise wenige Meter von<br />
der Landesgrenze zu Rheinland-Pfalz, in Bad<br />
Honnef am Rhein südlich von Bonn. Seit<br />
1925 fahren hier die Bahnen der sogenannten<br />
Siebengebirgsbahn. Die Herkunft des<br />
Namens liegt auf der Hand: Die Gleise führen<br />
am Rhein entlang bis nach Bonn und<br />
streifen dabei eben auch das Siebengebirge.<br />
Heute endet hier in Bad Honnef die Stadtbahnlinie<br />
66 der SWB, die über Bonn hinaus<br />
bis nach Siegburg fährt. Im Einsatz sind alle<br />
in Bonn fahrenden B-Wagen der Baujahre<br />
1974 bis 1993, wobei auch die in jüngster<br />
Vergangenheit „zweiterstellten“ Stadtbahnwagen<br />
B auf der Linie 66 unterwegs sind.<br />
Wir haben Glück: Ein B-Wagen <strong>im</strong> Original-Look<br />
nähert sich der Stumpfendstelle. Er<br />
verfügt über Zielfilm, Druckluft-Türen und dicke<br />
Sitzpolster – so kann die Reise gut starten!<br />
Die ersten Kilometer braust er auf der eingleisigen<br />
66 am Rhein entlang, eingerahmt von einer<br />
malerischen Allee mit Blick auf das Siebengebirge.<br />
In Königswinter mogeln sich die<br />
rund 56 Meter langen Doppelzüge teilweise<br />
eingleisig auf der falschen Fahrbahnseite bis<br />
zum Rand des Ortskerns. An der Haltestelle<br />
„Königswinter, Fähre“ besteht Anschluss zur<br />
Rheinfähre nach Bad Godesberg und Zugang<br />
zur legendären Drachenfelsbahn, der Zahnradbahn<br />
zum Drachenfels. Hinter der Clemens-August-Straße<br />
wird die Strecke wieder<br />
zweigleisig. Auf eigenem Gleiskörper geht es<br />
fernab vom Straßenverlauf durch Oberdollendorf<br />
und Oberkassel. Hier könnten wir in einen<br />
Niederflurwagen der Straßenbahnlinie 62<br />
umsteigen und damit weiter in die Stadt fahren,<br />
aus Längengründen bleiben wir aber in<br />
der 66 sitzen – jeder Meter zählt! Im weiteren<br />
Verlauf fädelt sich die 66 auf der anderen<br />
Rheinseite in die Bundesstraße 9 ein und trifft<br />
in Höhe der Haltestelle Olof-Palme-Allee auf<br />
die Linien 16, 63 und in der Hauptverkehrszeit<br />
auch auf die Linie 67.<br />
Richtung Köln: 16 oder 18?<br />
Der Verkehr rechts und links der Strecke ist<br />
dicht – noch. Denn ein paar hundert Meter<br />
weiter verschwindet unser B-Wagen-Paar<br />
<strong>im</strong> Tunnel und rauscht fast schnurgerade am<br />
Bundesrechnungshof vorbei zum Hauptbahnhof.<br />
Bis hierhin haben wir etwa 18 Kilometer<br />
Strecke zurückgelegt. Apropos 18:<br />
Unsere weitere Fahrt in Richtung Köln<br />
könnten wir mit der Linie 18 auf der sogenannten<br />
Vorgebirgsbahn über Brühl antre-<br />
Der Kölner Klassiker: Vor der beeindruckenden<br />
Kulisse des Kölner Doms überquert ein<br />
fast schon winzig wirkendes K4500-Paar auf<br />
der Deutzer Brücke den Rhein. Diese Route<br />
bringt uns vom Neumarkt nach Bensberg<br />
Blick vom Drachenfels bis Köln<br />
In Königswinter bietet die Drachenfelsbahn einen<br />
fantastischen Blick über die Stadt Bonn, bis weithin<br />
nach Köln. Die Bahn ist die älteste von vier<br />
noch betriebenen Zahnradbahnen in Deutschland,<br />
auf rund 1500 Metern überwindet sie über 200<br />
Meter Höhe bis zum Drachenfels. Die Berg- und<br />
Talfahrt kostet pro Person 10 Euro, die einfache<br />
Fahrt gibt es für 8 Euro.<br />
Die Drachenfelsbahn in Königswinter überwindet 200 Höhenmeter. Zu Fuß ist die Strecke<br />
wegen ihrer sehr steilen Abschnitte <strong>im</strong> Sommer eine Qual<br />
18 <strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 10 | 2014
Nordrhein-Westfalen<br />
ten. Wir bleiben aber dem Rhein treu und<br />
steigen in die Linie 16 ein, der Rheinuferbahn.<br />
Hier sind überwiegend Kölner B-Wagen<br />
der jüngeren Serien <strong>im</strong> Einsatz, aber<br />
auch einige Kurse mit den meist grünen<br />
Bonner B-Wagen oder die jüngeren K5000.<br />
Über Tannenbusch und Wesseling geht es<br />
die nächsten 20 Kilometer zwischen Feldern,<br />
Industrieanlagen und Bahngleisen bis<br />
nach Köln. Mittlerweile flucht eine ältere<br />
Dame über die harten Sitzschalen <strong>im</strong> B-Wagen.<br />
Ein kaugummikauendes Teen-Girl mit<br />
Füßen auf dem Sitz zeigt aber: Die lassen<br />
sich wenigstens gut pflegen! Während das<br />
Mädchen nervös auf ihrem Smartphone<br />
rumtippt, zieht der Zug auf der Linie 16 direkt<br />
am Rhein vorbei und bietet einen fantastischen<br />
Blick auf den Fluss.<br />
Kurz hinter der Haltestelle<br />
Schönhauser<br />
Straße zweigt ein<br />
Gleisbogen ab, durch<br />
den die Linie 16 künftig<br />
in den neuen<br />
Nord-Süd-Stadtbahntunnel<br />
unter der Altstadt<br />
gelangt, Eröffnungsdatum:<br />
ungewiss! Eigentlich<br />
Auf der Fahrt vom Sülzgürtel zur Slabystraße bringt uns die Linie 13 entlang des Kölner Gürtels<br />
auch über die aufgeständerte Hochbahntrasse. Der Fahrzeugeinsatz ist hier besonders abwechslungsreich:<br />
Es gibt sowohl K5000 als auch alle Versionen der B-Wagen<br />
sollte schon längst alles fertig sein. Mittlerweile<br />
ist <strong>im</strong>merhin der Abschnitt zwischen<br />
Hauptbahnhof und Heumarkt für die Linie<br />
5 in Betrieb. Unsere Linie 16 biegt dafür<br />
noch auf den Ubierring ab und spuckt uns<br />
an der Haltestelle Barbarossaplatz am<br />
oberirdischen Knotenpunkt Kölns aus.<br />
Wir steigen in die eben noch verschmähte<br />
18 ein – und zwar in Richtung Bonn.<br />
Über den Gürtel durch Köln<br />
Am Sülzgürtel ist aber schon wieder umsteigen<br />
angesagt – und zwar in die Linie 13.<br />
Sie bringt uns für die nächsten Kilometer di-<br />
<strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 10 | 2014<br />
19
Betriebe<br />
Vor der Kulisse des<br />
Drachenfels erreicht<br />
ein zur Modernisierung<br />
anstehendes,<br />
aber noch weitgehend<br />
originales Paar<br />
aus zwei Bonner<br />
Stadtbahnwagen B<br />
den Endpunkt in<br />
Bad Honnef<br />
UNTEN Am Jan-Wellem-Platz<br />
in Düsseldorf<br />
befinden sich<br />
Baustellen, wohin<br />
das Auge blickt: Vor<br />
dem Dreischeibenhochhaus<br />
biegt<br />
die Linie 706 in die<br />
Haltestelle ein<br />
rekt über den Gürtel durch Köln. Der Gürtel<br />
umschlingt die Stadt von einer Seite und<br />
ist eine der wichtigsten Straßen der Stadt.<br />
Deshalb ist auch fast jede Haltestelle entlang<br />
der 13 mit dem Zusatz „Gürtel“ gekennzeichnet.<br />
Da entstehen dann so herrliche<br />
Namen wie Subbelrather Straße/Gürtel.<br />
Das passt zu einer Stadt, in der Stadtteile<br />
Porz, Wahn, Nippes, Zollstock, Bilderstöckchen<br />
oder Sülz heißen.<br />
Die Chance ist relativ hoch, dass wir auf<br />
der Linie 13 mit einem K5000 und den<br />
wohl unbequemsten Plastiksitzen der Stadt<br />
unterwegs sind. Das macht sich spätestens<br />
bemerkbar, wenn die 13 auf der Hochbahntrasse<br />
den Gürtel mit Hochgeschwindigkeit<br />
entlang schunkelt. Immerhin: Von<br />
hier oben ist der Blick nicht schlecht!<br />
An der Slabystraße steigen wir noch einmal<br />
in die 18 nach Bonn um, die uns für die nächsten<br />
Kilometer zurück in die City kutschiert.<br />
Dabei passieren wir auch die frisch modernisierte<br />
Station „Breslauer Platz/Hauptbahn -<br />
hof“, der Höhe wegen sozusagen eine „Stations-Kathedrale“.<br />
Die richtige Kathedrale steht<br />
eine Station weiter: Dom/Hauptbahnhof.<br />
Ob der Fülle <strong>im</strong> Wagen kann einem schon<br />
mal ein Stoßgebet entfleuchen. Tausende<br />
Pendler strömen hier jede Stunde in den Untergrund,<br />
damit die Stadtbahnen sie <strong>im</strong><br />
dichten Takt durch die schmalen Tunnel mit<br />
ihren engen Gleisbögen befördern. Kölns<br />
Stadtbahn ist in der City eben eine echte<br />
„Unterpflaster-Straßenbahn“. Statt mit der<br />
18 bis zum Neumarkt durchzufahren,<br />
wechseln wir am Appellhofplatz für eine<br />
Station in die Linien 3, 4 oder 5, steigen am<br />
Friesenplatz für eine Station in die Niederflur-Linien<br />
12 oder 15 und klettern am Rudolfplatz<br />
an die Oberfläche. Dieser kleine<br />
Schlenker verschafft uns am Ende etwa 1,4<br />
Kilometer Umweg. Der könnte uns nützlich<br />
sein! Zum Kilometer-Zwischenstand gleich<br />
mehr, erst quetschen wir uns in einen<br />
K4000- oder K4500-Niederflurwagen der<br />
Linie 1 in Richtung Bensberg.<br />
Überfüllte Straßenbahnen nach Deutz<br />
Diese Ost-West-Achse ist trotz dichter Zugfolge<br />
und Doppeltraktionen chronisch überlastet.<br />
Die KVB und die Stadt suchen dringend<br />
nach Lösungen. Dreifachzüge sind <strong>im</strong><br />
Gespräch, aber nicht einfach umzusetzen, disku<br />
tiert werden auch ein Ausbau der Haltestelle<br />
Neumarkt, eine Verlegung der Gleistrasse für<br />
einen reibungsloseren Betriebsablauf und sogar<br />
eine streckenweise Untertunnelung. Uns<br />
nützt das jetzt nichts. Über den Neumarkt<br />
und den Heumarkt erreichen wir die Deutzer<br />
Brücke. Bei der Fahrt über den Rhein zeigt<br />
sich der mächtige Kölner Dom vor der Kulisse<br />
der Altstadt. Noch ein Stoßgebet. Gott sei<br />
Dank: Am Deutzer Bahnhof wird die 1 etwas<br />
leerer. Da wird sogar ein Sitzplatz frei. Natürlich<br />
ein Plastiksitz ...<br />
20 <strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 10 | 2014
Nordrhein-Westfalen<br />
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Die Luftlinie zwischen<br />
Wickede und Bad Honnef<br />
beträgt 102 Kilometer.<br />
Die Straßenbahnreise<br />
führt über 300 Kilometer<br />
– nur die gestrichelt<br />
dargestellten Abschnitte<br />
wurden mit anderen Verkehrsmitteln<br />
absolviert<br />
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Der „300-Kilometer-Tramathlon“<br />
Bad Honnef – Bonn Hauptbahnhof (Linie 66)<br />
Bonn Hauptbahnhof – Köln Barbarossaplatz (Linie 16)<br />
Barbarossaplatz – Sülzgürtel (Linie 18)<br />
Sülzgürtel – Slabystraße (Linie 13)<br />
Slabystraße – Appellhofplatz (Linie 18)<br />
Appellhofplatz – Friesenplatz (Linie 3, 4, 5)<br />
Fiesenplatz – Rudolfplatz (Linien 12, 15)<br />
Rudolfplatz – Bensberg (Linie 1)<br />
Thielenbruch – Wiener Platz (Linie 18)<br />
Wiener Platz – Schlebusch (Linie 4)<br />
Düsseldorf, Benrath – Graf-Adolf-Platz (Linie 701)<br />
Graf-Adolf-Platz – Neuss Hauptbahnhof (Linie 709)<br />
Neuss Hauptbahnhof – Düsseldorf Hauptbahnhof (Linie U75)<br />
Düsseldorf Hauptbahnhof – Oberbilk (Linie U74)<br />
Oberbilk – Schlesische Straße (Linie 715)<br />
Schlesische Straße – Kettwiger Straße (Linie U75)<br />
Kettwiger Straße – Lindemannstraße (Linie 706)<br />
Lindemannstraße – Uhlandstraße (Linie 703, 712, 713)<br />
Uhlandstraße – Heinrichstraße (Linie 708)<br />
Heinrichstraße – Dreieck (Linie 701)<br />
Dreieck – Jacobistraße (Linie 707)<br />
Jacobistraße – Jan-Wellem-Platz (Linie 703, 712, 713)<br />
Jan-Wellem-Platz – Nordstraße (Linie 701, 706, 715)<br />
Nordstraße – Duisburg, König-Heinrich-Platz (Linie U79)<br />
König-Heinrichplatz – Pollmann (Linie 901)<br />
Pollmann – Duisburg Hauptbahnhof (Linie 903)<br />
Duisburg Hauptbahnhof – Mülhe<strong>im</strong> Hauptbahnhof (Linie 901)<br />
Mülhe<strong>im</strong> Kaiserplatz – Oppspring (Linie 104)<br />
Oppspring – Friedrich-Ebert-Str. (Linie 110)<br />
Friedrich-Ebert-Str. – Oberhausen, Neue Mitte (Linie 112)<br />
Essen, Unterstraße – Fliegenbusch (Linie 105)<br />
Fliegenbusch – Germaniaplatz (Linie 103)<br />
Germaniaplatz – Helenenstraße (Linie 101)<br />
Helenenstraße – Altenessen Bahnhof (Linie 106)<br />
Altenessen Bahnhof – Gelsenkirchen, Buerer Straße (Linie U11)<br />
Buerer Straße – Gelsenkirchen Hauptbahnhof (Linie 301)<br />
Gelsenkirchen Hauptbahnhof – Bochum, Vereinsstraße (Linie 302)<br />
Vereinsstraße – Heven, Dorf (Linie 310)<br />
Dortmund, Marten S-Bahnhof – Ostentor (Linie U44)<br />
Ostentor – Wickede (Linie U43)<br />
<strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 10 | 2014<br />
21
Betriebe<br />
Bald gibt es ein Zechen-Motiv mehr in Essen: Im August haben die Gleisstopfarbeiten für<br />
die Neubaustrecke der Linie 109 begonnen<br />
Neue Strecken in NRW<br />
Entlang der vorgestellten Route sind einige Neubaustrecken<br />
<strong>im</strong> Bau oder in Planung. Größtes<br />
Projekt ist der Kölner Nord-Süd-Tunnel, der die<br />
Altstadt Kölns untertunnelt und eine neue Verbindung<br />
vom Hauptbahnhof zum Heumarkt und<br />
weiter ans Rheinufer schafft.<br />
Große Fortschritte macht auch die Neubaustrecke<br />
der Linie 109 über den Krupp-Boulevard in Essen.<br />
Die nächsten rund 15 Kilometer legt die 1<br />
vorbei am Betriebshof Merhe<strong>im</strong> auf eigener<br />
Trasse zurück und erreicht schließlich Bensberg<br />
in Bergisch Gladbach. Von dort aus<br />
bringt uns der Bus nach Thielenbruch. Hier<br />
<strong>im</strong> ehemaligen Betriebshof schlummern die<br />
Museumswagen der KVB. Zur Stadtbahn-<br />
Haltestelle geht es durch das Heck eines ehemaligen<br />
Achtachsers in die Wagenhalle. Und,<br />
ja ... da steht sie wieder: Die 18 nach Bonn!<br />
Sie bringt uns diesmal zum sieben Kilometer<br />
entfernten Wiener Platz in Köln-Mülhe<strong>im</strong>.<br />
Die Gleise sind verlegt, die Haltestellen werden<br />
gebaut.<br />
Angedacht ist außerdem die Verlängerung der<br />
Linie 105 über Frintrop hinaus bis nach Oberhausen.<br />
Die Stadt Oberhausen würde die Strecke<br />
gerne bauen, um auch von Essen aus einen Anschluss<br />
an die Neue Mitte zu haben, sicher ist der<br />
Bau aber noch nicht.<br />
Damit sind wir wieder fast in der City, steigen<br />
jetzt aber in die 4 und fahren nochmal sieben<br />
Kilometer bis nach Leverkusen-Schlebusch.<br />
Puhh! Durchatmen! Blick auf den Kilometerstand:<br />
Bis hierher haben wir genau 97,1 Kilometer<br />
mit Straßen- und Stadtbahnen geschafft!<br />
Ein Drittel fast geschafft!<br />
Fast ein Drittel – Zickzack-Fahrten wie hier in<br />
Köln sind also dringend nötig. Per Bus und S-<br />
Bahn arbeiten wir uns nach Düsseldorf-Benrath<br />
vor. Zum Glück! Im dichten Düsseldorfer<br />
Netz werden wir mit ein bisschen<br />
Geschick wieder ordentlich Kilometer sammeln<br />
können. Direkt vor dem Benrather<br />
Bahnhof hält die Linie 701 der Rheinbahn,<br />
meist mit den rund 40 Meter langen Combinos<br />
des Typs NF10. Ein paar hundert Meter<br />
weiter umfährt die Tram den See vor<br />
dem Schloss Benrath, ein Mix aus Barock,<br />
Rokoko und Klassizismus, getüncht in ein<br />
zartes Rosa. Wenn nicht gerade ein B-Wagen-Doppel<br />
die Sicht versperrt, die fahren<br />
hier nämlich auch seit einigen Jahren mitten<br />
<strong>im</strong> Straßenplanum auf der verlängerten<br />
U74, lässt sich das Schloss gut bewundern.<br />
Über Holthausen, Wersten und Karolingerplatz<br />
n<strong>im</strong>mt uns die 701 mit bis zur Berliner<br />
Allee und wegen einer langfristigen<br />
Baustellenumleitung zum Graf-Adolf-Platz,<br />
wo wir in die 709 nach Neuss wechseln.<br />
Wenn NRW-Ministerpräsidentin Hannelore<br />
Kraft keinen fetten Dienstwagen in der<br />
Tiefgarage stehen hätte, könnte sie mit der<br />
709 bis zur Haltestelle Landtag/Kniebrücke<br />
fahren und wäre zu Fuß in drei Minuten <strong>im</strong><br />
Landtag mit Blick auf den Rhein. Davon<br />
wird man die Dame und vor allem deren<br />
Bodyguards aber wohl schwer überzeugen<br />
können.<br />
Weiter geht es durch Bilk, wo die 719 unsere<br />
Strecke Richtung Hafen verlässt und<br />
uns die 708 kreuzt. Bis nach Neuss verläuft<br />
die 709 jetzt auf mehreren Kilometern auf<br />
eigenem Gleiskörper. Es rauscht – die Straßenbahn<br />
überquert den Rhein und eilt zur<br />
Neusser Stadthalle. Da ist es dann mit dem<br />
Eilen vorbei. Am Obertor vorbei erreicht<br />
die 709 bald die Neusser Fußgängerzone.<br />
Hier ist Kriechen angesagt, denn selbst unter<br />
der Woche ist es hier oft brechend voll.<br />
Kein Wunder, dass die Neusser Politik das<br />
„Straßenbahn-Monster“ <strong>im</strong> Jahr 2009 gerne<br />
aus der Fußgängerzone verdrängt hätte.<br />
Mit Argumenten wie: „Die Oberleitung<br />
stört den Blick in den H<strong>im</strong>mel“. Siehe da:<br />
Die Neusser Bürger können auch mit Oberleitung<br />
den H<strong>im</strong>mel sehen. Bei einem Ratsbürgerentscheid<br />
gab es ein Votum pro<br />
Tram. Seitdem fährt sie auf einem besonders<br />
engen Stück zwischen Rathaus und<br />
Krefelder Straße auf einigen Hundert Metern<br />
aber eingleisig.<br />
Im Zickzack durch<br />
Düsseldorf und Neuss<br />
Am Neusser Hauptbahnhof steigen wir<br />
schließlich von Niederflur auf Hochflur um:<br />
Die U75 wartet schon! Werktags sind hier<br />
neben ein paar B-Wagen hauptsächlich die<br />
Kurzer Blick abseits der Route: Die kultige<br />
Strecke in der Düsseldorfer Altstadt wird mit<br />
Eröffnung des Wehrhahntunnels <strong>im</strong> kommenden<br />
Jahr stillgelegt. Es lohnt sich also, die U75<br />
von Neuss kommend mal kurz zu verlassen<br />
22 <strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 10 | 2014
Nordrhein-Westfalen<br />
Nicht umsonst vermarktet die Stadt Duisburg ihre Linie 903 auch als Industrielinie – diese Perspektive dürfte allerdings so kaum jemand kennen:<br />
Vor der Kulisse des Thyssen-Werks rollt ein Wagen der Linie 903 von Marxloh kommend zurück in die City<br />
in den vergangenen Jahren modernisierten<br />
GT8SU <strong>im</strong> Einsatz. Sie rattern durch den<br />
Neusser Hafen zurück nach Düsseldorf und<br />
– mal wieder – über den Rhein und <strong>im</strong> Innenstadttunnel<br />
an der Heinrich-Heine-Allee<br />
und der legendären Edel-Shoppingmeile<br />
„Kö“ zum Hauptbahnhof. Alle Details zur<br />
U75 finden Sie auch in einem ausführlichen<br />
Linienportrait in <strong>STRASSENBAHN</strong>MA-<br />
GAZIN 2/2013. Dank unserer riesigen Beinahe-Rundfahrt<br />
über Neuss haben wir seit<br />
Benrath ganz genau 31 Kilometer mehr auf<br />
dem Tacho. Das sind 118,1 Kilometer, was<br />
von 300 noch weit entfernt ist ... Deshalb<br />
geht es jetzt ans Kilometersammeln kreuz<br />
und quer durch Düsseldorf. Im Schnelldurchlauf:<br />
Vom Hauptbahnhof durch den<br />
Tunnel mit der U74 nach Benrath bis Oberbilk.<br />
An der Oberfläche weiter mit der 715<br />
Richtung Eller bis zur Schlesischen Straße.<br />
Dort mit der U75 am Betriebshof Lierenfeld<br />
vorbei bis Kettwiger Straße. Eine Etage höher<br />
in die 706 Richtung Brehmplatz, nach<br />
vier Haltestellen aber an der Lindemannstraße<br />
wieder aussteigen und mit der 703,<br />
Im Neusser Hafen begegnet uns ein Doppelzug<br />
aus modernisierten GT8SU. Die U75 ist ihr<br />
Haupteinsatzgebiet – die Chance, dass wir<br />
zwischen Neuss und Düsseldorf ein solches<br />
Pärchen erwischen, ist also ziemlich hoch<br />
712 oder 713 ein Halt bis zur Uhlandstraße,<br />
anschließend mit der 708 über Brehmplatz<br />
zur Heinrichstraße. Dort umsteigen in<br />
die 701 Richtung Benrath und bis Dreieck<br />
fahren. Mit der Linie 707 Richtung Uni bis<br />
Pempelforter Straße und dort wieder in eine<br />
Linie zum Jan-Wellem-Platz, der in den vergangenen<br />
Jahren mit einem Nobelkaufhaus<br />
überbaut wurde. Dann mit der 701, 706<br />
oder 715 bis Nordstraße fahren. Das ist<br />
nichts für Ungeduldige mit schwachen Nerven,<br />
aber es bringt genau 17,0 Kilometer<br />
und uns zu unserer nächsten längeren Fahrt:<br />
Die Fahrt mit der legendären U79!<br />
Mit der „Überland-U-Bahn“<br />
nach Duisburg<br />
Sie verbindet Düsseldorf und Duisburg seit<br />
über 100 Jahren miteinander, heute mit B-<br />
Wagen der Rheinbahn und der DVG. An der<br />
<strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 10 | 2014<br />
23
Betriebe<br />
Messe und am Flughafen vorbei wird die<br />
Strecke schnell ländlich. Noch sind wir in<br />
Düsseldorf. Was danach kommt, ist aus Düsseldorfer<br />
Sicht sozusagen „minderwertiges<br />
Gebiet“. „Im Ruhrgebiet will ich nicht tot<br />
über‘m Zaun hängen“, stänkerte Düsseldorfs<br />
Oberbürgermeister vor der Wahl. Er hat die<br />
Wahl verloren. Jetzt hat er Zeit, sich das<br />
Ruhrgebiet einmal genauer anzusehen. Denn<br />
auch in Duisburg gibt es Felder und schicke<br />
Einfamilienhäuser entlang der Strecke.<br />
Duisburg:<br />
Die U79 wird zur Hochbahn<br />
Aber auch das ist die U79: Auf Duisburger<br />
Stadtgebiet wird sie <strong>im</strong>mer wieder zur<br />
Hochbahn, die Wagen hechten betonlastige<br />
Brückenbauwerke hoch oder stoppen in<br />
aufgeständerten Stationen über den Dächern<br />
der eigentlich recht beschaulichen<br />
Häuser. Kurz vor der Duisburger City quetschen<br />
sich die B-Wagen durch eine enge<br />
Bahnunterführung und lassen dabei den Betriebshof<br />
Grunewald der DVG rechts liegen.<br />
„Wann sind wir endlich daaaaa?“, quengelt<br />
ein in Jogginghose versinkender Sprössling,<br />
der mit seinem Outfit gerade jedes Ruhrpott-Klischee<br />
erfüllt und die Gegenfrage<br />
aufwirft: Wenn hier einer quengeln darf,<br />
sind das dann nicht wir?<br />
Am König-Heinrich-Platz steigen wir nach<br />
25,2 Kilometern aus der U79 aus. In der anderen<br />
Ebene betreten wir die 901 und brechen<br />
in dem für Duisburg typischen GT10NC-DU<br />
in Richtung Obermarxloh auf. Die faszinierende<br />
Fahrt zwischen dem quirligen Hafen<br />
und dem monströsen Thyssen-Werk ist in<br />
<strong>STRASSENBAHN</strong> MAZAGIN 6/2014 nachzulesen.<br />
Einziger Unterschied: Der Stadtteil<br />
Bruckhausen ist entlang der Strecke in der<br />
Zwischenzeit komplett verschwunden. Ein<br />
einzigartiger, voll bewohnter Gründerzeitstadtteil<br />
direkt neben dem Thyssenwerk ist<br />
ohne Nutzen für dutzende Millionen Euro<br />
zum Großteil vernichtet worden.<br />
Am Pollmann in Marxloh kreuzt die Linie<br />
903 und bringt uns über Hamborn zurück<br />
in die City. Dabei durchfährt die Straßenbahn<br />
ab Meiderich zusammen mit der<br />
U79 auch den <strong>im</strong> Jahr 2000 eröffneten Tunnel<br />
unter dem Hafen. Ohne Halt geht es minutenlang<br />
mit bis zu 80 Stundenkilometern<br />
nach Duissern und zum Hauptbahnhof.<br />
Dank Umwegen:<br />
Zwei Drittel fast geknackt!<br />
Statt mit der U79 eine Station von König-<br />
Heinrich-Platz bis Hauptbahnhof zu fahren,<br />
haben wir so „mal eben“ knapp 20 Kilometer<br />
Umweg gemacht und liegen jetzt schon<br />
bei stolzen 192,1 Kilometern. Zwei Drittel<br />
sind also fast geschafft. Aber kommen wir<br />
bis Dortmund-Wickede auf die 300?<br />
Wir fahren vom Duisburger Hauptbahnhof<br />
erst mal die nächsten rund acht Kilometer<br />
mit der 901 durch bis zum Mülhe<strong>im</strong>er<br />
Hauptbahnhof, laufen von dort aus<br />
durch das Einkaufszentrum „Forum“ zum<br />
Kaiserplatz und steigen in die 104 Richtung<br />
Hauptfriedhof. Essener M8C, Mülhe<strong>im</strong>er<br />
M8C, M8S, M6D, ganz selten sogar ein ex<br />
Bochumer M6S: Was hier fährt, ist garantiert<br />
hochflurig! Unser Mülhe<strong>im</strong>er M8C<br />
staubt kräftig. Er braucht ordentlich Sand,<br />
um die Kaiserstraße hinaufzukommen, bis<br />
zum Oppspring, da hat er’s geschafft und<br />
wir auch. Wir steigen in die Linie 110 Richtung<br />
Friesenstraße (siehe Linienportrait in<br />
SM 12/2012) und fahren den Kahlenberg<br />
hinab zur Mülhe<strong>im</strong>er Stadtmitte – wieder<br />
ein Fast-Kreis. Denn zwischen Kaiserplatz<br />
und Stadtmitte liegen nur wenige hundert<br />
Meter. Unser selbstgestecktes Ziel, keine<br />
Haltestelle auf derselben Ebene zwei Mal zu<br />
nutzen, können wir in diesem Fall einhalten.<br />
Die 901 hält nämlich unter uns <strong>im</strong> Ruhrtunnel.<br />
Den braucht in der „Weltstadt“<br />
Mülhe<strong>im</strong> eigentlich kein Mensch. Jetzt ist er<br />
aber wohl zum ersten Mal nützlich ... 112 –<br />
was für die meisten nur der Notruf ist, ist<br />
24 <strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 10 | 2014
Nordrhein-Westfalen<br />
Die „Blaue Grotte“, der Essener Hauptbahnhof:<br />
Wir durchfahren ihn mit einem<br />
M8C auf der Linie 106 – treffen hier aber<br />
schon auf die U11, die uns nach Gelsenkirchen<br />
bringt!<br />
Kein Bahnsteig und hochflurige M-Wagen? In Essen noch völlig normal, hier an der Haltestelle<br />
Bergeborbeck Bahnhof! Auf der Linie 101 sind sogar M-Wagen mit Klapptrittstufen nötig,<br />
wegen des Mischbetriebs mit der U11 Richtung Bredeney<br />
für Mülhe<strong>im</strong>er und Oberhausener die Straßenbahnverbindung<br />
zwischen beiden Städten.<br />
Normalerweise fährt ein MGT6D aus<br />
den 1990er-Jahren vor. Zehn dieser Wagen<br />
teilen sich die Verkehrsbetriebe Mülhe<strong>im</strong>s<br />
und Oberhausens. Die Fahrzeuge sind aber<br />
so störanfällig, dass häufig auch M-Wagen<br />
bis nach Oberhausen kommen.<br />
Auf geht’s also nach Oberhausen – durch<br />
Styrum, an der Landwehr vorbei bis zum<br />
Oberhausener Hauptbahnhof. Da wird es<br />
plötzlich deutlich voller: Kauf- und Feierwütige,<br />
die mit uns auf der unabhängigen<br />
ÖPNV-Trasse auf den folgenden Kilometern<br />
bis zum CentrO in der „Neuen Mitte“<br />
fahren und dort anschließend gefüllte Einkaufstüten<br />
in die Bahn heben oder sich<br />
selbst einen heben und die Bahn hinterher<br />
nicht mehr finden.<br />
Essen – mitten <strong>im</strong> Pott<br />
In Zukunft könnte es von der Neuen Mitte<br />
aus mit der Essener Linie 105 direkt in die<br />
Essener City gehen. Eine entsprechende<br />
Bis zum Oppspring n<strong>im</strong>mt die Linie 104 in<br />
Mülhe<strong>im</strong> eine lange Steigung auf sich, mit<br />
Blick bis nach Oberhausen und Duisburg. Der<br />
fast 40 Jahre alte M8S 270 kam <strong>im</strong> Jahr 2002<br />
aus Essen nach Mülhe<strong>im</strong><br />
Neubaustrecke bis zur Unterstraße möchte<br />
die Stadt Oberhausen gerne bauen. Noch ist<br />
aber nichts sicher. Bis zur Unterstraße steigen<br />
wir deshalb schweren Herzens in den<br />
„Dauer-SEV“ – den Bus! Unser Straßengefährt<br />
kommt an der Haltestelle Unterstraße<br />
an und dieselt weiter in Richtung Borbeck.<br />
Da kommen wir gleich auch noch hin. Allerdings<br />
wieder mit einem kleinen Umweg.<br />
Die 105 endet hier an der Unterstraße in<br />
einem einfachen Kehrgleis neben der Straße.<br />
Die 105 fährt meist mit den Flexity Classic<br />
von Bombardier eine langgezogene Steigung<br />
hinauf, rattert <strong>im</strong> Ortskern von Frintrop an<br />
der Zwischenschleife Frintroper Höhe vorbei<br />
und trifft nach etwa drei Kilometern am<br />
Abzweig Aktienstraße auf die Linie 104 aus<br />
Mülhe<strong>im</strong>, die hier endet. Wir bleiben noch<br />
zwei Haltestellen sitzen und steigen am Fliegenbusch<br />
in die 103 nach Dellwig um. Hier<br />
ist die Chance auf einen M-Wagen noch etwas<br />
größer als auf der 105.<br />
Auf der Fahrt fällt eines übrigens ganz besonders<br />
auf: In Essen gibt es kaum Straßen-<br />
<strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 10 | 2014<br />
25
Betriebe<br />
Auf unserer Route liegt auch die Strecke der Linie 110 über den Kahlenberg, hier mit einem<br />
Mülhe<strong>im</strong>er M6. Nach Sturmtief „Ela“ soll sie aber erst <strong>im</strong> September wieder in Betrieb gehen<br />
Blick in das Innere eines Dortmunder NGT8: Die Wagen sehen zwar frisch und aufgeräumt aus,<br />
vielen Fahrgästen gefällt aber weder die Einteilung, noch der Komfort der Sitze<br />
bahnstrecken mit eigenem Gleiskörper. So<br />
fädelt sich auch die 103 in einem engen<br />
Rechtsbogen von der Haltestelle in eine Nebenstraße<br />
ein und geht hinter dem Schloss<br />
Borbeck auf Talfahrt in die Borbecker Mitte.<br />
Richtig gemütlich ist es hier: Unter der<br />
DB-Brücke hindurch schleicht die 103 in die<br />
Borbecker Fußgängerzone, vorbei an zum<br />
Teil noch hübsch verzierter Vorkriegsbebauung.<br />
Bis zum Germaniaplatz windet sich<br />
die Strecke einen Berg hinauf.<br />
Besonders spannend ist die Situation am<br />
Germaniaplatz – hier existiert eine ausgedehnte<br />
Häuserblockumfahrung. Die 103 gabelt<br />
sich auf und trifft gleichzeitig auf die 101,<br />
in die wir umsteigen. Von Bredeney kommend<br />
fährt die 101 erst durch die Blockumfahrung<br />
und hält am Germaniaplatz, fährt dann weiter<br />
durch die Schleife in die Pausenhaltestelle<br />
und anschließend wieder zum Germaniaplatz.<br />
Werktags gibt es für Straßenbahnfreunde auf<br />
der 101 eine M-Wagen-Garantie: Wegen der<br />
Hochbahnsteige auf dem Abschnitt nach Bredeney<br />
müssen hier M-Wagen mit Klapptrittstufen<br />
eingesetzt werden.<br />
Hochburg der M-Wagen<br />
Für die nächsten Kilometer schlängelt sich<br />
die 101 durch die Straßen, vorbei an der<br />
Schleife Bergeborbeck Bahnhof. Der Abschnitt<br />
zeigt <strong>im</strong>mer wieder: Hochflurfahrzeuge<br />
und ihre Fahrgäste – das funktioniert<br />
hervorragend! Fahrer helfen „Omma inne<br />
Bahn“, Mütter mit kreischendem Nachwuchs<br />
heben sich gegenseitig den Kinderwagen<br />
die Stufen hoch – einzig Rollstuhlfahrer<br />
hätten hier ein Problem. Dennoch:<br />
Die Essener könnten über andere Betriebe<br />
nur schmunzeln, in denen der Notstand ausgerufen<br />
wird, weil mal ausnahmsweise ein<br />
Hochflurwagen auf die Menschheit „losgelassen“<br />
wird. „Helenenstraße“, nuschelt die<br />
sehr uncharmante Computerst<strong>im</strong>me in unserer<br />
101. Wir sind am größten oberirdischen<br />
Straßenbahn-Knotenpunkt Essens angekommen.<br />
Die Linien 101, 103, 105, 106<br />
und 109 treffen sich hier. Auf die 101 folgt<br />
meist die 106 aus der Blockschleife Helenenstraße.<br />
So wie heute – wir nutzen sie mit<br />
dem Schlenker über Rüttenscheid bis zur<br />
Endstelle Altenessen Bahnhof. Zwischendurch<br />
hält die 106 auch unter dem Essener<br />
Hauptbahnhof. Aus der ehemals schmuddelig-kühlen<br />
Tunnelstation ist zur Jahrtausendwende<br />
ein stylischer Ort mit blauer Beleuchtung<br />
geworden, an dem sich fast alle<br />
Straßenbahnlinien und alle drei Stadtbahnlinien<br />
(U11, U17 und U18) täglich tausende<br />
Fahrgäste untereinander austauschen. Ein<br />
An der Wattenscheiderstraße in Bochum steigen<br />
wir von der 302 in die Linie 310 Richtung<br />
Witten um. Und da kommt sie auch schon -<br />
wie <strong>im</strong>mer in Form eines M6S – und laut Plakat<br />
ist auch Jesus Christus gekommen<br />
26 <strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 10 | 2014
Nordrhein-Westfalen<br />
Mehr Kult geht nicht: Ein<br />
M6S <strong>im</strong> rot-weißen Originallack<br />
aus den 1970er-Jahren<br />
auf eingleisiger Strecke<br />
in Mittellage, eingelassen<br />
in Kopfsteinpflaster. Diesen<br />
Abschnitt passiert die Linie<br />
310 kurz hinter der Fußgängerzone<br />
in Witten<br />
Linienportrait zur gesamten 106 gibt es <strong>im</strong><br />
<strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 6/2012. Seit<br />
der Zeit um die Jahrtausendwende müssen<br />
wir Richtung Gelsenkirchen-Horst am Altenessener<br />
Bahnhof von der 106 in die normalspurige<br />
Stadtbahn umsteigen.<br />
Gelsenkirchen auf<br />
Normal- und Meterspur<br />
Die nächsten Kilometer folgen wir der U11<br />
unterirdisch durch Altenessen und ab der<br />
Zweiten Schichtstraße oberirdisch, teilweise<br />
als klassische, normalspurige Straßenbahn<br />
mit B-Wagen in allen möglichen Lackierungsvarianten<br />
oder den aus London<br />
übernommenen Dockland-Wagen. Am<br />
Schloss Horst in Gelsenkirchen trifft die<br />
U11 auf die meterspurige Gelsenkirchener<br />
Linie 301. Dort werden in der Regel Variobahnen<br />
von Stadler eingesetzt – für die unterschiedlichen<br />
Wagenhöhen und Spurweiten<br />
gibt es am Schloss Horst und an der<br />
folgenden Endstelle Buerer Straße der U11<br />
extra verschiedene Bahnsteige. Die 301 arbeitet<br />
sich von Horst aus mehrere Kilometer<br />
bis nach Buer vor – dort könnten wir in<br />
die 302 Richtung Gelsenkirchen Hauptbahnhof<br />
umsteigen, nutzen aber lieber die<br />
etwas längere Strecke der 301 durch Erle<br />
und hinter dem Zoo „Zoom Erlebniswelt“<br />
auch den Tunnel Richtung Hauptbahnhof.<br />
Genau 15,8 Kilometer legen wir so zurück.<br />
Und der Blick auf den Kilometerzähler<br />
lohnt sich … 258,8 Kilometer Straßen- und<br />
Mit „Zweiterstellten“ durch Bonn<br />
In Bonn ist mittlerweile der fünfte B-Wagen „zweit -<br />
erstellt“ worden. Trotz des Alters von mittlerweile 40<br />
Jahren werden die B-Wagen komplett modernisiert,<br />
erhalten einen frischen Innenraum und eine geänderte<br />
Front. So sollen sie in Bonn für mindestens 20<br />
Jahre weiter <strong>im</strong> Einsatz stehen. Die Stadtwerke Bonn<br />
sind mit den Umbauten soweit zufrieden und wird<br />
bis 2019 insgesamt 25 Wagen der ersten Serien modernisieren.<br />
Anschließend könnten die jüngeren Wagen<br />
ähnlich „zweiterstellt“ werden.<br />
Kommen in Fahrt und kommen gut an: Die „zweiterstellten“ B-Wagen in Bonn. Die ersten<br />
beiden Pärchen sind regelmäßig <strong>im</strong> Netz unterwegs<br />
<strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 10 | 2014<br />
27
Betriebe<br />
Am S-Bahnhof in<br />
Dortmund-Wickede<br />
endet die U43 – und<br />
wir haben die 300-<br />
Kilometer-Marke<br />
tatsächlich geknackt!<br />
Scheinbar<br />
hat schon vorher jemand<br />
ohne uns gefeiert<br />
– und uns zumindest<br />
eine leere<br />
Sektflasche auf dem<br />
Mülle<strong>im</strong>er hinterlassen<br />
...<br />
Stadtbahn seit Bad Honnef! Wir müssen noch<br />
mindestens 41,2 Kilometer schaffen. So weit<br />
ist es bis Wickede nicht mehr. Rund 24 Kilometer<br />
kommen jetzt bis nach Heven, Dorf<br />
dazu. Diese Strecke ist aus verschiedenen Beiträgen<br />
<strong>im</strong> <strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong><br />
zum Thema „Tramreise durchs Ruhrgebiet“<br />
bekannt: Sie führt mit den MGT6D der 302<br />
über Wattenscheid bis Bochum, Wattenschei -<br />
der Straße. Dort sammelt uns auf der legendären<br />
Linie 310 ein M-Wagen aus den<br />
1970er-Jahren auf. Der kleine M6 tuckert<br />
durch den Tunnel mit seinen überd<strong>im</strong>ensionierten<br />
Stationen unter der Bochumer City<br />
hindurch und wird ab Langendreer zur<br />
Ruhrpott-Kultlinie: Eingleisige Abschnitte in<br />
Seitenlage oder Straßenmitte, teilweise mit<br />
Kopfsteinpflaster, Ausweichen, Fahrten<br />
durch Felder, die Wittener Fußgängerzone<br />
und hinter Gärten. Zumindest der Abschnitt<br />
zwischen Bochum, Unterstraße und Crengeldanz<br />
wird in einigen Jahren stillgelegt –<br />
dann bekommt die 310 eine neue Trasse<br />
durch das Zentrum von Langendreer. Die<br />
Arbeiten laufen – die Strecke wird die 310<br />
erheblich aufwerten. Aber auch etwas „entidyllisieren“.<br />
Von Heven, Dorf bringen uns<br />
Bus und S-Bahn nach Dortmund-Marten.<br />
Aus der Linie 404 ist hier mit Eröffnung des<br />
Ost-West-Tunnels die U44 geworden.<br />
300 Kilometer? Es wird knapp!<br />
Von Dortmund sind die N8C längst nach<br />
Danzig abgewandert und Flexity-Niederflurwagen<br />
von Bombardier gewichen. Sonst<br />
hat sich nicht viel verändert. Teilweise eingleisig<br />
in Straßenmitte wurschtelt sich die<br />
U44 Richtung City vor. Sowas nennt sich<br />
„U“44 ... Diese Linie mit all ihren Skurrilitäten<br />
stellen wir Ihnen lieber in einer der<br />
künftigen Ausgaben ausführlich vor.<br />
Kurz vor der Innenstadt taucht die U44 in<br />
den Tunnel. Am Westentor steigen wir aus.<br />
Hastig verabschiedet sich die U44 in Richtung<br />
Westfalenhütte. Jetzt heißt es, etwas zu<br />
warten. Oben hätten wir vor sechs Jahren<br />
noch einen Blick auf die Reste der Dortmunder<br />
Kult-Brauerei „Union“ werfen<br />
können. Stattdessen: Der Blick durch die<br />
nicht gerade überfüllte Tunnelstation. Hier<br />
lohnt sich <strong>im</strong> Gegensatz zu Bochum wenigstens<br />
die Länge. Auf der U43 nach Wickede<br />
fahren die NGT8 auch in Doppeltraktion.<br />
Die bieten zwar viel Platz, aber<br />
relativ wenig Komfort. Immer wieder hört<br />
man Fahrgäste über die unbequemen Sitze<br />
meckern. Dagegen waren die N8C hervorragend<br />
gepolstert und das Fahrverhalten<br />
deutlich angenehmer. Die N8C fahren in<br />
Danzig übrigens <strong>im</strong> modernisierten Zustand<br />
mit Niederflurmittelteil. Dortmund hat sich<br />
für die Wegwerf-Variante entschieden …<br />
So – nun können wir auf den letzten Kilometern<br />
bis Wickede noch einmal Platz nehmen.<br />
Nach dem Ostentor verlässt die Linie<br />
U43 den Tunnel und fährt bis Brackel größtenteils<br />
als klassische Straßenbahn. Danach<br />
wechselt der lange Doppelzug in Straßen-Seitenlage<br />
und rauscht eingleisig Richtung Asseln.<br />
Bis Wickede ist ein Großteil der Strecke<br />
eingleisig – die Haltestellen allerdings oft modernisiert<br />
und die eigentlich beschaulichen<br />
Ortschaften mit Oberleitungsmasten und<br />
Hochkettenfahrleitung völlig verschandelt.<br />
Letzte Meter in Dortmund<br />
Da stellt man sich wiederum die Frage:<br />
Muss das wirklich sein? Sei es drum – diese<br />
Oberleitung bringt uns wenigstens unserem<br />
Ziel näher: Wickede S-Bahnhof! Er ist<br />
in Sicht … die U43 hält in einer Stumpfendstelle<br />
neben der Straße und den S-Bahn-<br />
Gleisen … Aber was sagt der Blick auf den<br />
Kilometerstand? Wir haben die 300 Kilometer<br />
tatsächlich geknackt! Ganz knapp:<br />
300,4 Kilometer von Bad Honnef bis Wickede,<br />
ohne einen Haltepunkt doppelt zu<br />
berühren und mit ganz viel Geschick bei der<br />
Planung. Jeder Meter hat also am Ende gezählt!<br />
Jetzt ist der Popo durch, der Rücken<br />
platt. Und bis zum 400. <strong>STRASSENBAHN</strong><br />
<strong>MAGAZIN</strong> <strong>im</strong> Jahr 2022 müssen die Verkehrsplaner<br />
in NRW viele neue Strecken<br />
bauen. Sehr wahrscheinlich müssen wir uns<br />
für Heft 400 aber einfach etwas Anderes<br />
ausdenken … CHRISTIAN LÜCKER<br />
Tipps für Nachmacher<br />
Wer den 300-Kilometer-„Tramathon“ selbst einmal<br />
abfahren möchte: Am besten geeignet ist dafür<br />
das SchönerTagTicket NRW. Es kostet 28,50<br />
Euro und gilt auf der gesamten Strecke ab 9 Uhr<br />
bis 3 Uhr des Folgetages. Theoretisch ist die Gesamtstrecke<br />
an einem Tag schaffbar, praktisch<br />
muss dabei aber jeder Anschluss st<strong>im</strong>men und<br />
Zeit für größere Aufenthalte bleibt auch nicht.<br />
28 <strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 10 | 2014
Nächster Halt: …<br />
Eberswalde: Ob an den Bäumen neben der Obus-Haltestelle „Zum Specht“ der gleichnamige Vogel aktiv ist, war durch die Redaktion nicht zu ermitteln.<br />
Die zum 300. in Feierst<strong>im</strong>mung befindlichen Kollegen bedauern aber, dass die namensgebende Gaststätte längst Geschichte ist … CHRISTIAN MUCH<br />
Nächster Halt:<br />
Zum Specht<br />
Be<strong>im</strong> Brandenburgischen Viertel handelt es<br />
sich um den jüngsten Stadtteil von Eberswalde.<br />
Es entstand ab 1975 als Wohnkomplex<br />
Max Re<strong>im</strong>ann in Form eines typischen<br />
DDR-Plattenbaugebietes mit Fünf- und<br />
Sechsgeschossern. In den in vier Bauabschnitten<br />
errichteten Blöcken befanden sich<br />
5.313 Wohnungen.<br />
Anfangs erschloss die Stadtverwaltung das<br />
Wohngebiet mit Dieselbussen, die jedoch in den<br />
1980er-Jahren dem Fahrgastansturm nicht<br />
mehr gewachsen waren. Zudem fuhren die<br />
Buslinien nicht bis ins Eberswalder Stadtzentrum,<br />
welches dem Obusverkehr vorbehalten<br />
war. Umsteigende Fahrgäste mussten noch<br />
dazu jeweils einen neuen Fahrschein lösen.<br />
Deshalb wurde die Obusfahrleitung 1987 bis<br />
in den Wohnkomplex Max Re<strong>im</strong>ann verlängert.<br />
Zunächst konnten die Obusse nur östlich<br />
über die Spechthausener Straße und Max-Re<strong>im</strong>ann-Straße<br />
zur vorläufigen Endstelle Salvador-Allende-Straße<br />
fahren. 1990 wurde der<br />
Stadtteil Finow durch eine Neubaustrecke auf<br />
der heutigen Eberswalder Straße bis zum Kleinen<br />
Stern erschlossen. Durch den 1993 erfolgten<br />
Lückenschluss zwischen Kleiner Stern und<br />
Salvador-Allende-Straße entstand das Obusnetz<br />
in seiner jetzigen Form. Das Wohngebiet<br />
war nun von zwei Seiten an den elektrischen<br />
Nahverkehr angebunden.<br />
Heute werden das Brandenburgische Viertel<br />
und der Stadtteil Finow von den beiden Eberswalder<br />
Obuslinien gegenläufig <strong>im</strong> Ringverkehr<br />
erschlossen. Die Linie 862 befährt den Abschnitt<br />
<strong>im</strong> Uhrzeigersinn und hält unter anderem<br />
an der Haltestelle „Zum Specht“. Deren<br />
Name geht auf eine um 1980 <strong>im</strong> Neubaugebiet<br />
errichtete Gaststätte zurück. An diesem DDR-<br />
Einheitsbau gab es nach der politischen Wende<br />
bauliche Veränderungen: Die Gaststätte zog<br />
aus, Geschäfte zogen in das Gebäude ein – aber<br />
der Name blieb!<br />
Allerdings gaben viele Geschäftsinhaber inzwischen<br />
wieder auf. Zum einen schrumpfte in den<br />
vergangenen Jahren die Einwohnerzahl <strong>im</strong><br />
Wohngebiet, womit der Abriss mehrerer Wohnblöcke<br />
verbunden war, andererseits gibt es in<br />
unmittelbarer Nähe ein anderes, moderneres<br />
Nahversorgungszentrum. Und so steht der<br />
„Specht“ nun schon seit 2004 leer und gleicht<br />
inzwischen einer Ruine. Doch be<strong>im</strong> Halt der<br />
Obusse an der gleichnamigen Haltestelle verdecken<br />
die Bäume den trostlosen Anblick …<br />
CHRISTIAN MUCH<br />
<strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 10| 2014<br />
29
Betriebe<br />
Das verbindende Element<br />
Bremens Linie 4 fährt über die Landesgrenze Nach 20 Jahren Projektierung führt die Bremer<br />
Straßenbahn seit 1. August 2014 bis in die niedersächsische Gemeinde Lilienthal nordöstlich der<br />
Hansestadt. Ein guter Ausgang für ein langwieriges Vorhaben voller Herausforderungen<br />
Die Bundesländergrenzen überschrei -<br />
tende Linie 4 ist endlich Realität,<br />
zahlreiche Schwierigkeiten und<br />
hartnäckige Widerstände galt es in<br />
über zwei Jahrzehnten <strong>im</strong>mer wieder zu<br />
überwinden. Als alles auf der Zielgeraden<br />
schien, ging der ausführende Generalbauunternehmer<br />
in Insolvenz – dies bedeutete eine<br />
erneute Verzögerung, welche die Nerven der<br />
baustellengeplagten Lilienthaler noch einmal<br />
arg strapazierte. Nun ist alles geschafft: Seit<br />
dem 1. August 2014 verbindet der dritte<br />
Bauabschnitt der Linie 4 als erste bremische<br />
Landesgrenzen überschreitende Tramlinie<br />
Bremen mit Niedersachsen. Um 5,6 Kilometer<br />
ist sie nun beginnend in Bremen-Borgfeld<br />
bis Falkenberg gewachsen.<br />
Ausgangssituation<br />
Am Anfang stand ein drängendes Problem:<br />
Lilienthal litt als aufstrebende und stark auf<br />
Bremen ausgerichtete Gemeinde sowie als<br />
Nadelöhr zwischen dem Umland und der<br />
Hansestadt zunehmend unter dem motorisierten<br />
Individualverkehr. Die öffentlichen<br />
Verkehrsverbindungen kennzeichnete hingegen<br />
mangelnde Attraktivität, auch die<br />
Einrichtung von Schnellbussen brachte<br />
nicht die gewünschte Verbesserung. Der Gemeinderat<br />
musste reagieren. Unterschiedliche<br />
politische Strömungen führten zur vielzitierten<br />
„Ja, aber“-Entscheidung: Tram ja,<br />
aber nur mit Ortsentlastungsstraße. Ein entsprechender<br />
Doppelbeschluss wurde gefasst,<br />
jedoch schließlich 2003 nach Streitereien<br />
über Finanzierungswege für die<br />
30 <strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 10 | 2014
Bremen<br />
Staatssekretär Enak Ferlemann, Bremens Bürgermeister Jens Böhrnsen und sein Lilienthaler Amtskollege Willy Hollatz, BSAG-<br />
Vorstandsmitglied Hans-Joach<strong>im</strong> Müller, die Staatssekretärin Daniela Behrens sowie Lilienthals Bauamtsleiter <strong>im</strong> Rathaus und<br />
Geschäftsführer der Wirtschaftsbetriebe Lilienthal (WBL) Manfred Lütjen durchschnitten am 1. August das Eröffnungsband<br />
An der neu errich -<br />
teten Endschleife <strong>im</strong><br />
Lilienthaler Ortsteil<br />
Falkenberg steht am<br />
Freitag, dem 1. August<br />
2014, auch der histo -<br />
rische Hansa-Trieb -<br />
wagen 446 mit dem<br />
ebenfalls 1967 gebauten<br />
Bw 1458 zur Abfahrt<br />
zum Domshof in<br />
Bremen bereit. Am<br />
Eröffnungstag war die<br />
Mitfahrt auf der verlängerten<br />
Linie 4 frei.<br />
Das nutzten viele Einwohner<br />
von Lilienthal<br />
und umliegender Gemeinden<br />
für eine Testfahrt.<br />
Die BSAG zeigt<br />
sich aber auch mit<br />
den Fahrgastzahlen<br />
der ersten Betriebs -<br />
wochen zufrieden<br />
THOMAS VEHLBER (2)<br />
Tramstrecke wieder aufgehoben. Zu diesem<br />
Zeitpunkt hatte Bremen gerade den zweiten<br />
Bauabschnitt der Linie 4 fast bis an die Landesgrenze<br />
bei Bremen-Borgfeld eröffnet. Da<br />
beide Projekte – die Verlängerung der Tram<br />
wie die Ortsentlastungsstraße – notwendigerweise<br />
aufgrund des grenzüberschreitenden<br />
Charakters sowohl Niedersachsen als<br />
auch Bremen berühren, entstanden durch<br />
den zeitweisen Wankelmut der Lilienthaler<br />
ernste Verst<strong>im</strong>mungen zwischen den Partnern.<br />
Die Lage entspannte sich erst nach einer<br />
Bürgerbefragung, an der sich über die<br />
Hälfte der Lilienthaler Bürgerinnen und<br />
Bürger beteiligten. Sie brachte <strong>im</strong> Ergebnis<br />
eine klare Zust<strong>im</strong>mung zur Straßenbahn<br />
durch die Gemeinde.<br />
Doch wer jetzt gedacht hatte, der Weg<br />
für die Tramverlängerung sei frei, erlag einem<br />
Irrtum. Kostensteigerungen verursachten<br />
noch einmal eine Konfrontation<br />
<strong>im</strong> Gemeinderat, der sich 2009 mit knapper<br />
Mehrzeit trotz der Vorgeschichte gegen<br />
das Tramprojekt aussprach. Intensive<br />
Gespräche auf allen politischen Ebenen<br />
diesseits und jenseits der Wümme bewirkten<br />
schließlich ein Umschwenken und alle<br />
beteiligten Gremien machten den Weg für<br />
die grenzüberschreitende Straßenbahnlinie<br />
frei. Die Baumaßnahmen begannen <strong>im</strong><br />
Mai 2011.<br />
Die neue Strecke<br />
An der nach dreijähriger Bauzeit eröffneten<br />
Strecke liegen zehn neue Haltestellen. Wo<br />
möglich, ist sie auf eigenem Bahnkörper<br />
trassiert, an vielen Stellen nutzt die Tram je-<br />
Diese am 1. August von der BSAG verteilte Grafik zeigt die neuen<br />
Haltestellen der nach Lilienthal verlängerten Linie 4 GRAFIK: BSAG<br />
<strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 10 | 2014<br />
31
Betriebe<br />
Daten & Fakten:<br />
Neubauabschnitt der Linie 4<br />
Streckenlänge . . . . . . . . . . . . . . . . 5,6 Kilometer<br />
Haltestellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10<br />
Einzugsbereich . . . . . . . . . . . 17.000 Einwohner<br />
Linien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 und 4S<br />
Bauzeit . . . . . . . . . . . . . . . Mai 2011 – Juli 2014<br />
Kosten. . . . . . . . . . . . . . . . ca. 64 Millionen Euro<br />
Am 25. Juni 2014 war mit dem Tw 3124 zum ersten Mal ein GT8N-1 auf der gerade fertiggestellten<br />
Strecke unterwegs: Am Borgfelder Landhaus hat er soeben die Landesgrenze zwischen<br />
Niedersachsen (Blickrichtung) und Bremen überschritten ANDREAS MAUSOLF (3)<br />
doch gemeinsam mit dem übrigen Verkehr<br />
den Straßenraum. Aufgrund beengter Platzverhältnisse<br />
besteht zwischen den Haltestellen<br />
„Auf dem Kamp“ und „Kutscher Behrens“<br />
eine eingleisige Führung. Hier gibt es<br />
wegen der hohen Straßenbelastung durch<br />
den Individualverkehr in jede Richtung eine<br />
eigene Fahrspur. Dieser Bereich unterliegt,<br />
wie auch die übrigen Übergänge von Eigentrassierung<br />
auf Straßenmitbenutzung, spezieller<br />
signaltechnischer Sicherung. Ein kurzes<br />
Teilstück der Strecke befindet sich auf<br />
bremischem Gebiet und überquert auf einem<br />
neu errichteten Vorfluter-Brückenbauwerk<br />
den Rand des Naturschutzgebietes<br />
Borgfelder Wümmewiesen. Mittels Lichtsignalanlage<br />
eingefädelt, nutzt die Straßenbahn<br />
anschließend die 1995 erneuerte Brücke<br />
über die Wümme, um kurz darauf die<br />
Landesgrenze zu überschreiten und in die<br />
erste Haltestelle des neuen Abschnitts,<br />
„Truperdeich“, einzufahren. Diese befindet<br />
sich auf dem Brückenbauwerk über die<br />
Wörpe, den zweiten hier verlaufenden<br />
Fluss. Die gesamte Strecke führt über den<br />
Hauptstraßenzug der Gemeinde Lilienthal,<br />
der zunächst als Hauptstraße, ab der Moorhauser<br />
Landstraße als Falkenberger Landstraße<br />
bezeichnet ist.<br />
Aufgrund der Tatsache, dass die bauausführenden<br />
Unternehmen für den Bau der<br />
Verlängerungsstrecke über 300 Bäume fällten,<br />
erfolgten entsprechende Ersatzpflanzungen<br />
von rund 500 neuen Bäumen. Um<br />
vor allem für die Otterpopulation an der<br />
Wörpe ein weitgehend gefahrloses Queren<br />
des Fahrweges zu ermöglichen, erhielt die<br />
Wörpebrücke am Truperdeich eine besondere<br />
Gestaltung und bei Kutscher Behrens<br />
existiert ein Ottertunnel. Am kurz darauf<br />
erreichten Falkenberger Kreuz befinden sich<br />
großzügige Park&Ride- sowie Bike&Ride-<br />
Anlagen mit jeweils über 100 Stellplätzen.<br />
Hier besteht die Verknüpfung mit Regionalbuslinien<br />
und Taxidiensten.<br />
Probefahrten und Eröffnung<br />
Die erste Fahrt auf der gerade fertig gestellten<br />
Strecke absolvierte der Schienenschleifwagen<br />
am 24. Juni, am Tag danach fuhr der<br />
seinerzeitige BSAG-Chef Wilfried Eisenberg,<br />
der kurz darauf aus persönlichen<br />
Gründen seinen Rücktritt erklärte, mit dem<br />
Lilienthaler Bürgermeister und weiteren<br />
Honoratioren erstmals mit einem GT8N-1<br />
über die Strecke. In den folgenden Wochen<br />
fanden intensive Probe- und Schulungsfahrten<br />
statt, um das Fahrpersonal vor allem für<br />
die Signalisierung des eingleisigen Bereichs<br />
sattelfest zu machen.<br />
Am 1. August atmete Lilienthal schließlich<br />
auf: Nach einem kurzen Festakt am<br />
32 <strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 10 | 2014
Bremen<br />
Die neue Vorfluter-Brücke am Rande der<br />
Wümme-Wiesen dient nur der Tram sowie<br />
dem Fußgänger- und Fahrradverkehr.<br />
GT8N-1 Nr. 3138 hat gerade die Wümme<br />
überquert und ist nach seinem Niedersachsen-Ausflug<br />
wieder auf Bremischen Boden<br />
Die Zielanzeige verrät es – diese Aufnahme vom Eröffnungstag entstand in Niedersachsen. Der<br />
Tw 3140 – einer der beiden von Niedersachsen für die Verlängerung beschafften GT8N-1 – lässt<br />
an der Haltestelle Kutscher Behrens den Tw 3134 passieren, der vom eingleisigen Teil kommt<br />
Falkenberger Kreuz in Anwesenheit sowohl<br />
des Bremer Bürgermeisters Böhrnsen<br />
als auch seines Lilienthaler Amtskollegen<br />
Hollatz und der beidseitig verantwortlichen<br />
Ressortchefs sowie Prominenz von<br />
Landes- und Bundesebene startete der<br />
GT8N-1 Nr. 3141, von Fahrerin Sabine<br />
Falkenberg gesteuert, zur offiziellen Eröffnungsfahrt<br />
nach Bremen-Borgfeld. Bei diesem<br />
Fahrzeug handelt es sich um einen<br />
von zwei zu 75 Prozent von der Landesnahverkehrsgesellschaft<br />
Niedersachsen<br />
und zu 25 Prozent von der BSAG vorfinanzierten<br />
Triebwagen. Unmittelbar nach<br />
dessen Eintreffen in Borgfeld begann der<br />
Linienbetrieb.<br />
Am darauffolgenden Sonntag, dem 3. August,<br />
feierte Lilienthal ein großes Fest mit allerlei<br />
ortsbezogenen Unterhaltungs- und<br />
Kulturaktivitäten. Ungezählte Bremerinnen<br />
und Bremer ergriffen die Gelegenheit, die<br />
neue Strecke zu „erfahren“. Die BSAG bewies<br />
Gespür und gestattete an diesem Tag<br />
auf der gesamten Linie 4 kostenlose Nutzung.<br />
Selbst eine eigens eingerichtete Zusatzlinie<br />
„6E“ vermochte es nicht, die interessierten<br />
Massen zu bewältigen. Immer<br />
wieder blieben Fahrgäste an den Haltestellen<br />
zurück und mussten auf den folgenden<br />
Wagen warten.<br />
Die Freunde der Bremer Straßenbahn<br />
setzten zwischen der Neustadt und Falkenberg<br />
den Hansa-Museumszug 446/1458<br />
ein. Diese Fahrzeuggattung hat zur Linie 4<br />
eine besondere Beziehung. Kurzzeitig verkehrte<br />
sie auf der alten Linie 4 <strong>im</strong> Frühjahr<br />
1967, bevor diese zur reinen Berufsverkehrs-Linie<br />
zwischen Domshof und Horn<br />
degradiert und fünf Jahre später ganz eingestellt<br />
wurde.<br />
Änderungen <strong>im</strong> Liniennetz<br />
Die Inbetriebnahme des neuen Streckenabschnitts<br />
hat Auswirkungen auf die Linie 4<br />
insgesamt. So erfolgten eine Ausweitung des<br />
Schnellverkehrs der „Schnellen 4“ (4S) zur<br />
Hauptverkehrszeit sowie eine Taktverdichtung<br />
auf dem Streckenabschnitt von und bis<br />
Borgfeld. Die bisher ausschließlich zur<br />
Kommentar: Eine echte neue Straßenbahn!<br />
Die Bürger <strong>im</strong> niedersächsischen Lilienthal freuen<br />
sich, seit 1. August endlich mit der Straßenbahn<br />
auf Schienen rasch und bequem ins benachbarte<br />
Bremen fahren zu können. Den Jubel über die erfolgte<br />
Eröffnung der grenzüberschreitenden Verkehrsverbindung<br />
empfinde ich als völlig berechtigt.<br />
Mit der Verlängerung der Linie 4 ist etwas Gutes<br />
endlich Realität geworden, wenngleich es bei aller<br />
Achtung vor dem deutschen Föderalismus <strong>im</strong> vereinten<br />
Deutschland zum Alltag gehören sollte, dass<br />
öffentliche Verkehrsmittel bestehende Verwaltungsgrenzen<br />
überqueren. Aber bei vielen anderen<br />
Straßenbahnbetrieben und Eisenbahnen ist glücklicherweise<br />
genau das sowohl in der Vergangenheit<br />
als auch Gegenwart alltäglich.<br />
Damit habe ich zwei Aspekte angesprochen, die<br />
mir persönlich bei der Bewertung der Verlängerung<br />
von Bremens Linie 4 in der Presse bisher zu kurz<br />
gekommen sind. So sind Lilienthal und das 1937<br />
eingemeindete Falkenberg keinesfalls erstmalig per<br />
Schiene mit Bremen verbunden! Vielmehr gab es<br />
von 1900 bis 1954 bzw. 1956 schon die meterspurig<br />
ausgeführte Kleinbahn Bremen–Tarmstedt, die<br />
<strong>im</strong> Volksmund den Namen ihres größten Verfechters,<br />
„Jan Reiners“ trug. Auch unsere Altvorderen<br />
waren also einst schon „in der Spur“ …<br />
Hauptverkehrszeit zwischen Horner Mühle<br />
und Arsten verkehrende Linie 5 entfiel dadurch.<br />
In Lilienthal selbst gehört der Busverkehr<br />
der Linie 30 mit Eröffnung der Tram der<br />
Vergangenheit an. Die Regionalbuslinien<br />
Richtung Worpswede und Zeven fahren jedoch<br />
mit Anbindung des Ortskerns weiterhin,<br />
allerdings nicht über den von der Tram<br />
genutzten Hauptstraßenzug. Auf dem Verlängerungsabschnitt<br />
zwischen Bremen-<br />
Borgfeld und Falkenberg fährt die Linie 4<br />
zur Hauptverkehrszeit alle 15 Minuten, ansonsten<br />
20-minütig. ANDREAS MAUSOLF<br />
Der andere Aspekt betrifft die Trassierung der Linie<br />
4 innerhalb Lilienthals: In den vergangenen<br />
Jahren entstand hier eine richtige Straßenbahn.<br />
Was daran so ungewöhnlich ist? Ganz einfach –<br />
es handelt sich um einen der wenigen neu geplanten<br />
und neu gebauten längeren Straßenbahnstreckenabschnitte<br />
in ganz Deutschland, den<br />
PKW/LKW und Trams gemeinsam nutzen.<br />
Während Verkehrsplaner und Stadträte anderswo<br />
auf Biegen und Brechen nur noch den Straßenverkehr<br />
geringfügig tangierende Stadtbahnen<br />
in Betracht ziehen, so dass sich ja kein<br />
privater Fahrzeuglenker in seiner Handlungsfreiheit<br />
auf der Straße beeinträchtigt sieht, führt<br />
die Linie 4 auf der Falkenberger Landstraße<br />
mitten auf den Fahrspuren der Pkw und Lkw<br />
entlang. Demnach ist eine solche Neutrassierung<br />
in Deutschland doch nicht verboten, wie<br />
anderswo behauptet wird?<br />
Wer in Zukunft auf das Beispiel Lilienthal verweist,<br />
möge aber auch einen letzten Punkt nicht<br />
vergessen: Die Kosten für den öffentlichen Nahverkehr<br />
sinken in der niedersächsischen Stadt<br />
durch die Straßenbahn um jährlich 80.000 Euro.<br />
Das sind doch wirklich alles Gründe zum Jubeln!<br />
ANDRÉ MARKS<br />
<strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 10 | 2014<br />
33
Betriebe<br />
Gnadenbrot <strong>im</strong><br />
Schülerverkehr<br />
Die letzten Düwag-Wagen-Einsätze in Würzburg Im<br />
Schülerverstärkungsverkehr nutzt die Würzburger Straßenbahn<br />
GmbH noch <strong>im</strong>mer sechs zwischen 1968 und 1975 gebaute<br />
achtachsige Düwag-Gelenkwagen. Ansonsten arbeitet das<br />
Unternehmen weiter an der Modernisierung der Infrastruktur<br />
Die Würzburger Versorgungs- und<br />
Verkehrs-GmbH (WVV) hat <strong>im</strong><br />
Geschäftsjahr 2013 einen Jahresüberschuss<br />
von 6,1 Millionen Euro<br />
erwirtschaftet. Das Unternehmen erzielte<br />
damit <strong>im</strong> vergangenen Jahr ein deutlich besseres<br />
Ergebnis als <strong>im</strong> Geschäftsjahr 2012, in<br />
dem es einen Verlust von etwa 0,7 Millionen<br />
Euro auswies. Der Überschuss der Holding<br />
dürfte auch der Würzburger Straßenbahn<br />
GmbH (WSB) zugute kommen – deren<br />
Weiterbetrieb stand in den vergangenen<br />
Jahren nie zur Disposition.<br />
Für den regulären Linienbetrieb stehen<br />
dem Verkehrsbetrieb 14 Gelenktriebwagen<br />
des Typs GT-E (LHB 1988/89) sowie 20 Gelenktriebwagen<br />
des Typs GT-N (LHB 1996)<br />
zur Verfügung. Nachdem die WSB <strong>im</strong> Jahr<br />
2010 die achtachsigen Düwag-Triebwagen<br />
Nr. 231, 232, 237, 240, 241, 242 und 247<br />
verschrotten lassen hat, sind von diesem<br />
Typ GTW-D8 derzeit noch die Tw 236,<br />
238, 243, 244, 245 sowie 246 betriebsfähig,<br />
als Ersatzteilspender sind außerdem noch<br />
die Tw 239 und 248 vorhanden.<br />
Die sechs Düwag-Wagen dienen fast ausschließlich<br />
dem Schülerverstärkungsverkehr.<br />
Dazu sind morgens vier Züge auf der Linie<br />
4 zwischen Sanderau und Zellerau von 6 bis<br />
9 Uhr <strong>im</strong> Einsatz. Nach getaner Arbeit am<br />
Morgen rücken alle wieder ins Depot ein.<br />
Mittags gegen halb Eins verlassen je nach<br />
Bedarf ein bis drei der alten GT8 das Depot<br />
Sanderau, um auf die 4 nach Zellerau einzuscheren.<br />
Sie fahren jedoch stets nur einen<br />
Kurs und kehren danach ins Depot zurück.<br />
Bei Wagenmangel springen die Düwag-Wagen<br />
aber auch auf anderen Linien ein.<br />
Der einziger in Würzburg verbliebene<br />
Sechsachser ist der Schienenpflegezug, der<br />
aus einem Düwag-GT-6 umgebaute Arbeitswagen<br />
295, den die WSB 1996 von den<br />
Bielefelder Stadtwerken übernahm.<br />
Investitionen in die Infrastruktur<br />
Aufgrund von Instandsetzungsarbeiten an<br />
den Gleisen stellte die WSB während der<br />
Sommerferien mehrere Wochen den Betrieb<br />
auf der Linie 5 zwischen Dallenbergbad und<br />
Rottenbauer ein. In dieser Zeit ließ der Verkehrsbetrieb<br />
außerdem die Haltestellen in<br />
34 <strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 10 | 2014
Würzburg<br />
Heidingsfeld, Heuchelhof und Rottenbauer<br />
sanieren. In den nächsten Monaten sollen<br />
weitere Haltestellen modernisiert werden.<br />
Weitestgehend abgeschlossen hat die WSB<br />
in diesem Sommer den Ersatz aus den 1960er-<br />
Jahren stammender Spannbetonmasten. Sie<br />
ließ an ihrer Stelle in den vergangenen Monaten<br />
etwa 120 Neubaumasten aufstellen. Damit<br />
sind fast alle Objekte, an denen es aufgrund<br />
von Spannungsrisskorrosion zur Beeinträchtigung<br />
der Betriebssicherheit hätte kommen<br />
können, demontiert. MICHAEL MANN/AM<br />
RECHTS Der reguläre <strong>im</strong> Schülerverstärkungsverkehr<br />
eingesetzte Tw 236 half am 24. Juli<br />
auf der Linie 1 aus, hier am Würzburger<br />
Hauptbahnhof. Alle sechs gegenwärtig noch<br />
vorhandenen GTW-D8 der WSB haben noch<br />
mehrere Jahre Fristen – an eine Abstellung<br />
wird gegenwärtig nicht gedacht<br />
CHRISTOPHER HECHT<br />
MITTE Im Depot Sanderau sind neben den<br />
Liniendienstwagen auch die Sonderwagen<br />
stationiert. So gaben sich am 28. Juli der<br />
Tw 208 (GT-E), die beiden Düwag-Tw 236 und<br />
238 sowie Partywagen 291 ein Stelldichein<br />
MICHAEL MANN<br />
UNTEN Der Tw 245 trägt derzeit eine sehr<br />
farbenfrohe Lackierung. Bei der Fahrt über<br />
den Main hielt ihn Michael Mann <strong>im</strong> Bild<br />
fest. Er wechselt sich auf Linie 4 mit allen<br />
anderen fünf Düwag-Wagen ab<br />
<strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 10 | 2014<br />
35
Betriebe<br />
Kavalkade zum<br />
150. Jubiläum<br />
150 Jahre Straßenbahn in Den Haag Im Juni 2014 jährte sich die Inbetriebnahme der ersten<br />
niederländischen Straßenbahn zum 150. Mal. Damals pendelte eine Pferdebahn nach Scheveningen.<br />
Welche Entwicklung nahm der Betrieb seitdem – und wie würdigt die HTM das Jubiläum?<br />
In Den Haag, der drittgrößten Stadt der<br />
Niederlande, leben momentan knapp<br />
510.000 Menschen – <strong>im</strong> Umfeld die<br />
doppelte Zahl. Da in Den Haag sowohl<br />
die niederländische Regierung als auch das<br />
Parlaments ihren Sitz haben, sind die Botschaften<br />
vieler Länder in der <strong>im</strong> 13. Jahrhundert<br />
gegründeten Stadt angesiedelt.<br />
Gleichzeitig befinden sich hier – und in Genf<br />
– die Zentralen zahlreicher internationaler<br />
Justiz- und Friedensorganisationen. Seit<br />
1980 wohnt und arbeitet auch die königliche<br />
Familie wieder <strong>im</strong> amtlich auch „’s Gravenhage“<br />
genannten Den Haag, das übrigens<br />
in seiner Geschichte niemals offiziell<br />
Stadtrechte erhalten hat. Die wirtschaftliche<br />
Macht der Niederlande lag <strong>im</strong>mer in Amsterdam,<br />
weshalb Den Haag nie als Hauptstadt<br />
anerkannt wurde. Trotzdem verfügt<br />
Den Haag heute über einen der größten<br />
Straßenbahnbetriebe Europas – und blickt<br />
als einzige niederländische Stadt auf eine<br />
150-jährige Straßenbahngeschichte zurück:<br />
Die Pferdebahn in Den Haag<br />
Am 25. Juni 1864 nahm die erste Pferdebahnstrecke<br />
zwischen der Parkstraat (später<br />
Plein) und Scheveningen-Ort den Betrieb<br />
auf. Sie führte mit 1.435 Mill<strong>im</strong>eter Spurweite<br />
durch den Scheveninger Bos (Stadtwald)<br />
entlang des Scheveningseweg. Diese<br />
alte Landstraße ist inzwischen denkmalgeschützt,<br />
so dass die heute nach Scheveningen<br />
führende Straßenbahnlinie 1 neben dem<br />
alten Verlauf trassiert ist. Die Dorfstrecke in<br />
Scheveningen wird ebenfalls nicht mehr befahren.<br />
Bald nach der Eröffnung der ersten<br />
Pferdebahnstrecke in den Niederlanden<br />
nahm die Dutch Tramway Company (DTC)<br />
eine zweite Linie nach Scheveningen in Betrieb,<br />
sie folgte der Koninginnegracht und<br />
dem Badhuisweg. Auf diese Weise war eine<br />
Ringlinie mit 10,5 Kilometern Länge entstanden.<br />
Weitere Pferdebahnenstrecken<br />
folgten, so 1866 in die südliche Nachbarstadt<br />
Delft. Nach dem Konkurs der DTC<br />
und einer Nachfolgegesellschaft war ab<br />
1873 die S. A. Tramways de la Haye aus<br />
Brüssel neuer Eigentümer und Betreiber der<br />
Pferdebahnen. Sie verlegte 1887 ihren<br />
Hauptsitz nach Den Haag. Parallel übernahmen<br />
niederländische Anleger die Aktienmehrheit,<br />
woraufhin sich der Name der<br />
Gesellschaft 1887 in „Haagsche Tramweg<br />
Maatschappij“ (HTM) änderte. Die AG<br />
stockte danach das Kapital auf und nahm<br />
auf der Strecke nach Delft am 25. Juni 1887<br />
den Dampftramwaybetrieb auf.<br />
Die ersten elektrischen Trams<br />
Die erste elektrisch betriebene Straßenbahnstrecke<br />
Den Haags war ab 6. August<br />
1904 die frühere Pferdebahnlinie Plein –<br />
36 <strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 10 | 2014
Den Haag<br />
Die Laan van Meerdervoort 1924: Der Tw 276 und der Sommerbeiwagen 507 sind auf der Straßenbahnlinie<br />
14 unterwegs. In diesem Bereich hat sich wenig geändert SLG. HANS CASTELEIJN (2)<br />
Der 1923 <strong>im</strong> Werk Köln der Linke-<br />
Hofmann-Lauchhammer AG gebaute<br />
Überland-Tw 58 verkehrte am 12. Juli auf<br />
der Sonderlinie 8, die den Verlauf der vor<br />
150 Jahren eröffneten Pferdebahn<br />
nachempfand, hier nach dem Überqueren<br />
der Mauritskade<br />
FREDERIK BUCHLEITNER<br />
Scheveningen (heute SL 9), es folgte die Umstellung<br />
der ersten Pferdebahnstrecke nach<br />
Scheveningen. Innerhalb von drei Jahren<br />
entstanden <strong>im</strong> Hager Stadtgebiet zehn elektrische<br />
Linien. 1923 stellte die HTM auch<br />
den Dampfbetrieb nach Delft auf elektrischen<br />
Betrieb um. Damals plante die Gesellschaft<br />
ein umfangreiches Überlandnetz,<br />
teilweise durch die Übernahme von zwei<br />
privaten Dampftramwaybetrieben <strong>im</strong> Umland.<br />
Doch die HTM musste die Verwirklichung<br />
dieser Pläne der neu gegründeten<br />
„Noord-Zuid-Hollandsche Tramweg Maatschappij“<br />
(Nord- und Südholländische Straßenbahn-Gesellschaft,<br />
NZH) überlassen.<br />
Der Wettbewerb mit der NZH war hart.<br />
Die NZH schuf mit der eisenbahnartigen<br />
Strecke Scheveningen – Den Haag – Voorburg<br />
– Voorschoten – Leiden und einem<br />
Überlandnetz zwischen Leiden und Amsterdam<br />
eine starke Konkurrenz zur HTM. Mit<br />
den komfortablen Überlandzügen setzte die<br />
Die Linie 10 pendelte einst zwischen Kurhaus und Prinsegracht. Die Begegnung der hier eingesetzten<br />
Tw 109 und 110 hielt ein Fotograf vor 1918 fest. Heute fährt hier keine Straßenbahn mehr<br />
Die Haagsche Schouw in Oegstgeest am<br />
30. Mai 1957: Der Tw 75 ist mit zwei<br />
Beiwagen auf der Außenlinie von<br />
Den Haag nach Leiden unterwegs<br />
BOUWMAN, SLG. HANS CASTELEIJN<br />
<strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 10 | 2014<br />
37
5 4<br />
0<br />
0<br />
5<br />
5<br />
3<br />
5<br />
5<br />
13<br />
Betriebe<br />
2/3/4/19* 1/6/9/11/12/15/16/1712/15/16/1717<br />
* Deze tr amlijnen zijn rolstoeltoegankelijk / These tramlines are wheelchair accessible<br />
4<br />
2<br />
6<br />
12<br />
11<br />
9<br />
11 Scheveningen Haven-Strand<br />
B22 |<br />
Markenseplein<br />
Westduinpark<br />
Strandweg<br />
Scheveningen<br />
ening<br />
van Poot<br />
Noorderstrand<br />
Kijkduin<br />
12 Duindorp<br />
Bosjes 1 9<br />
Vuurbaakstraatu<br />
t<br />
Tholensestraatt<br />
B22 |<br />
Duinstraat<br />
Doctor van Welylaan<br />
Duinstraat B22<br />
Doorn-<br />
B24 |<br />
Sportlaan<br />
straat<br />
t | B22<br />
Circustheater |<br />
Westbroekpark<br />
Stevinstraat<br />
B24 |<br />
Houtrust<br />
Den Haag Gouden-<br />
Hertoginne-<br />
Staten-<br />
Duinweg regenplein<br />
B21<br />
B21<br />
kwartier Van 3 Den Haag Loosduinen<br />
| Groot<br />
17 Nieuwe | B21<br />
Frankenslag |<br />
Boetzelaerlaan<br />
laan<br />
Frankenslag<br />
Prins<br />
Scheveningse eningse Bosjes<br />
Cremerweg<br />
Maurits-<br />
5419<br />
5400<br />
laan<br />
Frederik<br />
World Forum<br />
Wagenaarweg<br />
Hendriklaan<br />
Statenplein | B21<br />
Madurodam | B22<br />
van<br />
Meerder-<br />
Laan Adriaan Goekooplaan<br />
Gemeente-<br />
B21 | Copernicusplein<br />
museum/Museon<br />
Riouwstraat<br />
voort<br />
Groot<br />
We<strong>im</strong>arstraat<br />
Hertoginnelaan<br />
Ary van der Spuyweg<br />
Vredespaleis | B24<br />
Laan Copes van<br />
Kraayenstein<br />
2<br />
We<strong>im</strong>ar-<br />
Waldeck<br />
Cattenburch<br />
straat<br />
Pyrmontkade<br />
Javastraat | B22,24<br />
Javabrug<br />
Mauritskade | B22,24<br />
V. Speijkstraat<br />
t B22,24<br />
Kneuter-<br />
Dr. Kuyperstraatt<br />
Elandstraat<br />
dijk<br />
Cartesiusstraat<br />
Loos-<br />
Malieveld<br />
Centrum<br />
Uithof<br />
Leyenburg B22,24 B18,22,24<br />
4<br />
Den Haag De 6 eld<br />
Haagse Bos<br />
duinse-<br />
15<br />
weg<br />
enburg Loosduinseweg<br />
28,regio<br />
16<br />
,<br />
5419<br />
5400<br />
Centraal<br />
Tramtunnel<br />
ne<br />
Station<br />
tion Monsterse<br />
straat<br />
5400<br />
5413<br />
Vlamenburg<br />
Vaillant-<br />
laan Om<br />
en Bij<br />
Stuyvesant-<br />
straat<br />
| B23 Hofzichtlaan | B24<br />
Kalvermarkt-<br />
12 Stadhuis<br />
Zuiderpark<br />
Kruger-<br />
Station<br />
B18,26<br />
Bier-<br />
tion<br />
Margarethaland | B24<br />
11<br />
Paul Wetering<br />
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plein<br />
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van 9 plein<br />
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Beatrix-<br />
Rijswijkse-<br />
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kwartier<br />
Laan<br />
NOI | B23<br />
plein<br />
5400<br />
se-<br />
Aegonplein | B24<br />
5413<br />
Leeghwaterplein<br />
Station<br />
tion<br />
Rijswijkseplein/Station t<br />
HS<br />
Mariahoeve<br />
Oudemansstraat<br />
Goudriaankade | B26<br />
Leidschendam<br />
Steenwijklaan<br />
Lorentzplein<br />
Leidsenhage<br />
Van Musschenbroekstr.<br />
B23 |<br />
B. Ingenhoeslaan 2 19<br />
e<br />
MCH Antoniushove<br />
Hoge Veld<br />
Wenckebachstraatebachstraat<br />
B23 2 |<br />
Mgr. Van Steelaan<br />
Leidschendam<br />
Jonckbloetplein | B18<br />
Oosteinde<br />
Prinses Beatrixlaan<br />
6 Noord<br />
Broeksloot<br />
Van Vredenburchweg<br />
Wateringen en<br />
16 17 Lage Veld<br />
Rijswijk<br />
Generaal Spoorlaan | B23<br />
Herenstraat | B23<br />
5428<br />
5416<br />
Handelskade<br />
Leidsenhage<br />
Hoornbrug<br />
Broekpolder<br />
Broekpolder<br />
Leidschendam/<br />
Voorburg<br />
Wateringen<br />
Voorburg<br />
’s-Gravenmade<br />
Laan van ’s-Gravenmade<br />
Weigelia<br />
Vlietbrug<br />
Forepark<br />
Oosteinde<br />
Laan van Ypenburg<br />
Oude Middenweg<br />
Verffabriek<br />
Plesmanlaan<br />
Klaverveld<br />
Brasserskadeade<br />
5421<br />
54111<br />
Leidschenveen<br />
een | Bregio<br />
Nieuwe Plantage<br />
Ypenburg<br />
Leidschenveen<br />
Wateringsevest<br />
est<br />
Prinsenhof<br />
19 Delft Noord<br />
Nootdorp Centrum<br />
1 Tanthof<br />
Delft<br />
15 Nootdorp<br />
Delft Bregio | Abtswoudsepark<br />
3<br />
Monsterse<br />
straat<br />
straat<br />
Rijn-<br />
Hobbema-<br />
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MCH CH<br />
We W Westeindeesteinde<br />
B25<br />
Brouwers-<br />
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gracht gra gra<br />
ht | B25<br />
5419<br />
5428<br />
Tramtunnel<br />
nel<br />
18<br />
B18<br />
12 11<br />
Hoefkade<br />
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B25 25 | Grote<br />
e<br />
Markt Markt<br />
Wouwermanstraat<br />
aat<br />
JacobCa<br />
Catsstraat traat<br />
t | B18<br />
B22,24 2,24 | Spui Spui<br />
17<br />
16 1<br />
15<br />
rg<br />
g<br />
Leyenburg<br />
Le<br />
enbur<br />
1 16 15<br />
Rijswijkseplein/Station HS<br />
5419 419 19 54 5400<br />
Delftse Hout<br />
B18,26<br />
Rijswijksepleinseplein<br />
5419 419 19 5400<br />
400<br />
5426 5416<br />
16<br />
Den Haag Centrum<br />
17 9<br />
Centrum<br />
B22,24 B18,22,24<br />
, , 4<br />
28,regio<br />
Bierkade<br />
B18,22,24<br />
NZH einen neuen Standard. Zwar errichtete<br />
die HTM 1925 eine eigene Überlandlinie<br />
über Wassenaar nach Leiden-Altstadt, doch<br />
die dort eingesetzten langen HAWA-Holzvierachserzügen<br />
erreichten nicht das Komfortniveau<br />
der NZH.<br />
Die Entwicklung der Straßenbahn<br />
In den 1930er-Jahren modernisierte die<br />
HTM ihren Wagenpark, zahlreiche Zweiachser<br />
erhielten <strong>im</strong> Rahmen dieser Arbeiten<br />
eine Rekonstruktion. Die Jahre 1940 bis<br />
Beatrixkwartier<br />
Kalvermarkt-<br />
Stadhuis<br />
5419 5400<br />
5426 5421<br />
2<br />
6<br />
3<br />
4<br />
5410<br />
5400<br />
5416<br />
5400<br />
5416<br />
5400<br />
5421<br />
5416<br />
5410 5400<br />
B26 26 | Arnold Arnold Spoelplein Spoelplein<br />
B26 |<br />
Pisuissestraatssestr<br />
t<br />
Moza<br />
Mozartlaan<br />
Heliotrooplaanooplaan<br />
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Kraayensteinlaan<br />
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Muurbloemweg<br />
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Kapelaan aann Meereboerweg<br />
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B23 3|<br />
| Hoefbladlaan<br />
Hoefbladlaanaan<br />
Loosduinse Lo<br />
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De De Savornin ornin nLohmanplein<br />
Burgemeester Bu<br />
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Appelstraat<br />
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B26 B26 | Buitentuinen<br />
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Zonnebloemstraat<br />
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Beresteinlaan<br />
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Bouwlustlaan<br />
Bouwlustlaan<br />
B23 B23 |<br />
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Fahrenheitstraat<br />
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KamperfoeliestraatKa Beresteinlaan<br />
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Beresteinlaan<br />
B21 |<br />
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Willem de Zwijgerlaan<br />
B21 Vrederustlaan<br />
Valkenboslaan<br />
bosplein bosplein<br />
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B21,23,26,regio<br />
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LeywegLe<br />
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Dorpskadeade<br />
Dierense-<br />
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B23 B23 | LoevesteinlaanL<br />
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B23 B23|<br />
| HardenbroekstraatH<br />
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Nunspeetlaan<br />
B22 22 | KeizerstraatKei<br />
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Parijsplein Parijsplein<br />
B22 B22 | BadhuiskadeBadhuiskB<br />
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RemmersteinstraatRe<br />
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B22 B2 22 | Beelden B Beelden aan aan aan g/<br />
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ErasmuspleinEraasmusplein<br />
Anna BijnslaanBijnslaa<br />
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B21,23<br />
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B2525<br />
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B21,23<br />
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B25 Grote<br />
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B26 |<br />
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B22,24<br />
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el<br />
EssesteijnEs<br />
se<br />
st<br />
eijn ej<br />
ijnn<br />
Weidevogellaan<br />
ellaan<br />
Station ti<br />
Ypenburg |<br />
Br<br />
Bregio<br />
Burg. g. . Kolfschotenlaan<br />
schotenlaanan<br />
Lanen Lanen<br />
Kastelenring<br />
Kastelenring<br />
Dillenburgsingel<br />
el<br />
Bregio egio | Leidschenveen en<br />
eenn CentrumCe<br />
umm<br />
Wetering<br />
plein<br />
Centraal<br />
al<br />
Station<br />
tion<br />
Te<br />
Ternoot<br />
ernoot<br />
Vaillant-<br />
laan<br />
Legenda<br />
B18<br />
Nootdorp<br />
Geldig v<br />
anaf 15 dec. 2013<br />
Tramlijn met halte (Tramline with stop)<br />
Halte voor twee tramlijnen<br />
(Stop with twotramlines)<br />
Tramlijn met halte in één richting<br />
(Tramline with stop in one direction)<br />
9 Vr<br />
Eindpunt tramlijn (End ofli line ttra<br />
met eindbestemming<br />
with ithdestination)<br />
Tramtunnel, haltes zijn ondergronds<br />
(Tram tunnel, underground onds<br />
dstops)<br />
B23 Overstap op bus<br />
(Transfer to busline)<br />
Overstap op bus van streekvervoer<br />
Bregio<br />
(Transfer het ervoer<br />
to buslines to the region)<br />
OV knooppunt<br />
(Public transport t hub)<br />
Halte is rolstoeltoegankelijk<br />
oeg<br />
elijk<br />
(Stop is wheelchair accessible)<br />
5419<br />
5400<br />
Zonegrens ens<br />
(Zone crossing)<br />
Treinstation (Trainstation)<br />
ation)<br />
Scheveningen<br />
Meerzicht<br />
Driemanspolder<br />
Delftsewallen<br />
Dorp<br />
Zoetermeer<br />
3 Centrum-West<br />
Noord<br />
AA<br />
5400 5410<br />
5413 5411<br />
5411 5431<br />
5431 5441<br />
41<br />
5411<br />
5413<br />
Voorweg Laag<br />
Voorweg Hoog<br />
Zoetermeer<br />
De Leyens<br />
Centrum-West<br />
est<br />
Bregio/stadsdienst<br />
Stadhuis<br />
Palenstein<br />
Leidsewallen<br />
Seghwaert<br />
Noordzee<br />
W Leidschendam<br />
Buytenwegh<br />
5441<br />
5451<br />
Willem Dreeslaan<br />
Oosterheem<br />
Javalaan<br />
alaan<br />
4 Zoetermeer Javalaan<br />
HTM<br />
wenst u een prettige reis. Deze lijnennetkaart t is met de grootst mogelijke zorg<br />
samengesteld.<br />
HTM<br />
is niet aansprakelijk akelijk voor schade als gevolg van eventuele onjuistheden of<br />
onvolledigheden.<br />
Die nach Nordwesten ausgerichtete Grafik mit allen Straßen- und Stadtbahnlinien, an der Küste<br />
liegt Scheveningen, wohin vor 150 Jahren die erste Straßenbahn führte<br />
GRAFIK: HTM<br />
1945 waren auch für die Straßenbahn hart,<br />
obwohl es kaum zu Wagenverlusten kam.<br />
Seit 1943 war Scheveningen ein militärisches<br />
Sperrgebiet, die Wehrmacht ließ dort<br />
die Schiene teilweise abbauen. Die Angriffe<br />
auf Den Haag zerstörten zwei Stadtteile.<br />
Im Jahre 1948 beschaffte die HTM die<br />
erste Reihe moderner Vierachser (Tw 201<br />
bis 216) mit schweizerischer Technik. Der<br />
mit Druckluftbremsen kombinierte elektrische<br />
Teil bewährte sich in der Praxis jedoch<br />
nicht. Diese Wagen sorgten bei den Werkstattmitarbeitern<br />
für viele Kopfschmerzen –<br />
und Überstunden. Daraufhin beschloss die<br />
Geschäftsführung, den ganzen Betrieb auf<br />
amerikanische PCC-Technik umzustellen.<br />
Bereits 1949 fuhren die ersten zwei langen<br />
PCC-Wagen mit einer Breite von 2,20 Meter.<br />
Sie trafen als Bausatz in Den Haag ein,<br />
die Wagen der später gelieferten Reihe 1003<br />
bis 1024 waren bedeutend kürzer.<br />
In den Jahren 1958 bis 1966 reduzierte<br />
die HTM das zuvor sehr dichte Stadtnetz.<br />
Für mehrere Linien bedeutete das das Aus,<br />
so für die SL 1, 2, 4, 5, 7, 14 und 15 – ebenso<br />
für alle noch vorhandenen Zweiachser<br />
und für die auf viele Typen verteilten Beiwagen.<br />
Doch die HTM-Verwaltung und Privatpersonen<br />
waren sehr traditionsbewusst.<br />
Dem verantwortungsvollen Handeln der<br />
HTM-Geschäftsführung und verschiedener<br />
Privatpersonen in den 1960er-Jahren ist es<br />
zu verdanken, dass es heute von jeder einst<br />
in Den Haag eingesetzten Wagengattung<br />
noch mindestens ein Exemplar gibt. Die<br />
Sammlungen des „Haags Openbaar Vervoer<br />
Museum“ (HOVM) und der „Tramweg<br />
Stichting“ gehören zu den größten Europas.<br />
Der Stadtbahngedanke<br />
Im November1961 stellten die HTM und<br />
NZH ihre elektrischen Überlandlinien nach<br />
Leiden auf Busverkehr um. Der zur Zukunft<br />
38 <strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 10 | 2014
Den Haag<br />
Das Überland-Stadtbahnsystem ins Umfeld<br />
führt die Firma RandstadRail, hier der Wagen<br />
4051 auf der Linie 3 von Laan van Meerdervoort<br />
über den Hauptbahnhof nach Zoetemeer<br />
am 18. Mai 2012 bei Voorburg<br />
des öffentlichen Nahverkehrs <strong>im</strong> Großraum<br />
Den Haag um Rat gefragte Üstra-Direktor<br />
Friedrich Lehner aus Hannover avisierte<br />
aber, die beiden Strecken zu reaktivieren<br />
und in ein Stadt- und U-Bahnnetz zu integrieren.<br />
Die HTM-Geschäftsführung war<br />
von diesem Plan begeistert – Regierung und<br />
Provinzverwaltung wollten damals jedoch<br />
ausschließlich in den Straßenbau investieren.<br />
Trotzdem gelang es, die Strecke nach<br />
Delft <strong>im</strong> letzten Moment zu retten und<br />
1961 parallel zur alten NZH-Linie eine<br />
neue Trasse bis an der Stadtgrenze in Richtung<br />
Voorschoten zu bauen, die seit 1971<br />
bis Leidschendam-Noord führt.<br />
Die Straßenbahn-Linie 2 führt von Leidschendam Noord über Den Haag CS nach Kraayenstein. Am<br />
22. März 2013 war der 1983 von La Brugeoise et Nivelles gebaute GTL8 Nr. 3072 <strong>im</strong> Bereich des<br />
Oude Haagweg unterwegs. Sein elektrischer Teil stammt von der Fa. HOLEC HANS CASTELEIJN (2)<br />
Entwicklung <strong>im</strong> neuen Jahrtausend<br />
Obwohl die Stadtbahnpläne Lehners zu 70<br />
Prozent scheiterten, entstanden in den<br />
1970er- und 1980er-Jahre verschiedene<br />
Stadtbahnlinien in die Außenbezirke, die ab<br />
den 1950er-Jahren nur von Autobussen bedient<br />
worden waren. Die HTM entdeckte<br />
sehr früh, dass der Stadtbahnverkehr betrieblich<br />
kostengünstiger als ein Autobusbetrieb<br />
ist und setzte europaweit hiermit einen<br />
neuen Standard. Die relativ spät gegründete<br />
Autobussparte der HTM<br />
schrumpfte daraufhin deutlich. Seit dem<br />
Millennium befinden sich die Stadt- und<br />
Straßenbahnen Den Haags in einer neuen<br />
Blütezeit. Einerseits entstanden neue Stadtbahnlinien<br />
in die Vortorte Rijswijk, Wateringen,<br />
Voorburg und Nootdorp, andererseits<br />
übernahm die HTM (teilweise<br />
zusammen mit der RET) auch die S-Bahnli-<br />
<strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 10 | 2014<br />
39
Betriebe<br />
Fahrzeuge der Kavalkade am 5. Juni 2014<br />
• Tw 2 (Baujahr 1904 bzw. tatsächlich 2004) – Amsterdam, als HTM 2<br />
• Tw 164 (Baujahr 1908)<br />
• Tw 265 (Baujahr 1919) + Sommerbeiwagen 505 (Baujahr 1905) +<br />
Bw 614 (Baujahr 1912)<br />
• Überlandzug (Buitenlijntramstel) Tw 57 + Bw 118 (Baujahr 1924)<br />
• Schienenreinigungswagen 2 (Baujahr 1926) + Salzbeiwagen 14<br />
• Tw 826 (Baujahr 1929) + Schleifwagen H25<br />
• Tw 215 (Baujahr 1948) + Bw 780 (Baujahr 1929)<br />
• Dieselturmwagen H41 (1937 aus einem Altbautriebwagen entstanden)<br />
• Messtriebwagen 1315 (2006 aus einem PCC-Wagen von 1971 entstanden)<br />
• Partytram P 1 (ex PCC 1302 – Baujahr 1971)<br />
• PCC 1165 (Baujahr 1957/1977)<br />
• PCC 1304 (Baujahr 1971) + Motorbeiwagen 2101 (Baujahr 1974)<br />
• Salztriebwagen 3044 (GTL, Baujahr 1983, 2003 zum ATw umgebaut)<br />
• PCC 1210 (Baujahr 1963)<br />
• GTL 3112 (Baujahr 1993)<br />
• Hoftrammm (Sterne-Restaurant) ex GTL (Baujahr 1983/2013)<br />
OBEN Vor dem Aufbruch<br />
zur großen<br />
Jubiläums-Kaval -<br />
kade stellten sich<br />
die Wagen am 5. Juli<br />
2014 in Scheveningen<br />
Noorderstrand<br />
auf. Zu sehen sind<br />
hier v.l.n.r. der<br />
Tw 265 mit Sommer-Bw<br />
505, der<br />
Tw 164 sowie der<br />
Tw 2. Zwischen<br />
letzteren steht der<br />
Tw 57 mit Bw 118<br />
RECHTS Der Tw 3035<br />
verkehrt heute als<br />
Sterne-Restaurant<br />
„HofTrammm“<br />
JENS WINNIG (2)<br />
nien von Den Haag nach bzw. Zoetermeer<br />
(Bretzelringlinie) sowie nach Rotterdam<br />
Hofplein (seit 2010 ins U-Bahnnetz integriert).<br />
Im Jahr 2004 eröffnete die HTM die<br />
Tramtunnel in der Innenstadt und damit die<br />
neue Nord-Südstrecke. Die Ost-Weststrecke<br />
über Spui blieb hingegen oberirdisch und ist<br />
seit 2009 in der Innenstadt zur Fußgängerzone<br />
umgestaltet. Nach einer Probephase<br />
<strong>im</strong> Jahr zuvor startete 2007 der Betrieb auf<br />
den Stadtbahnlinien 3 und 4 nach Zoetermeer.<br />
Aufgrund des hohen Zuspruches bediente<br />
die HVZ diese langen Überlandstrecken<br />
<strong>im</strong> Dre<strong>im</strong>inutentakt.<br />
Autobusse spielt heute in Den Haag nur<br />
eine untergeordnete Rolle – der Überlandverkehr<br />
ist wichtiger denn je. Den Busverkehr<br />
<strong>im</strong> Umland führen Veolia und Arriva.<br />
Das Gleisnetz von HTM und RandstadRail<br />
umfasst aktuell etwas 135 Kilometer. Darauf<br />
befördert allein die HTM jährlich rund<br />
135 Millionen Fahrgäste.<br />
Jubiläumsfeiern und Ausblick<br />
Anlässlich „150 Jahre Straßenbahn in Den<br />
Haag“ fanden <strong>im</strong> Juli 2014 mehrere Veranstaltungen<br />
statt. Den Auftakt machte am<br />
5. Juli eine Tramparade von Scheveningen<br />
Noorderstrand bis zur Stadtkirche am Groen -<br />
markt. Die an diesem Tag präsentierten Wagen<br />
sind <strong>im</strong> Kasten aufgelistet. Die HTM<br />
zeigte demnach einen Querschnitt aus ihrer<br />
Geschichte bis hin zu Arbeitsfahrzeugen. Im<br />
Anschluss fand in der Altstadt am 5. Juli die<br />
Vorstellung des ersten neuen Niederflurwagens<br />
Avenio von Siemens statt. Die Gesellschaft<br />
hat insgesamt 60 dieser vierteiligen<br />
Fahrzeuge bestellt, der Auftragswert beläuft<br />
sich auf rund 155 Millionen Euro.<br />
Am anschließenden Samstag, dem 12. Juli,<br />
schickte HTM mehrere Museumswagen auf<br />
drei Sonderlinien durch die Stadt. Diese orientierten<br />
sich an historischen Strecken und<br />
trugen deren Liniennummern:<br />
• SL 8 (Bahnhof Hollands Spoor – Scheveningen)<br />
– heute SL1, Verlauf relativ ähnlich<br />
• SL 10 (Bahnhof Hollands Spoor – Centrum<br />
– Statenkwartier) – nur wenige Ab-<br />
40 <strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 10 | 2014
Den Haag<br />
Lesen<br />
Sie noch oder<br />
sammeln<br />
Sie schon?<br />
<br />
OBEN Die PCC 1304<br />
und 2101 hielt Hans<br />
Casteleijn am 5. Juli<br />
2014 am Groenmarkt<br />
<strong>im</strong> Bild fest<br />
schnitte mit historischer Route identisch<br />
• SL 14 (Centraal Station – Scheveningen<br />
über Koninginnegracht) – nicht historisch,<br />
die SL 14 (Bohemen – Scheveningen) wurde<br />
1966 zu zwei Dritteln eingestellt und<br />
durch Busse ersetzt<br />
Auf der Sonder-SL 8 verkehrten der Überlandzug<br />
aus Tw 57 und Bw 118, der Überland-Tw<br />
58, der Tw 826, der Dreiwagenzug<br />
Tw 265 + Sommerbeiwagen 505 + Bw 614;<br />
die Blaue Tram A327 + B37 der NZH (diese<br />
Kombination fuhr einst nur <strong>im</strong> Stadtverkehr<br />
Haarlem und kam nie bis Den Haag).<br />
Auf der Sonder-SL 10 verkehrten der Tw 2,<br />
Tw 164 und Tw 77, während die HTM die<br />
Sonder-SL 14 mit den Tw 215, PCC 1165,<br />
<strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 10 | 2014<br />
LINKS Nach der<br />
Kavalkade fand am<br />
5. Juli auf dem<br />
Kerkplein (Kirchplatz)<br />
neben der<br />
Großen Kirche in<br />
der Innenstadt die<br />
Vorstellung des<br />
ersten Avenio statt<br />
STEPHAN KYRIELEIS<br />
PCC 1210 und PCC 1304 bediente. Das<br />
heißt, es fuhren an diesem Tag auch die Museumswagen<br />
der Tramweg Stichting mit ihrem<br />
Personal mit. Alle Fahrten fanden unter<br />
der Bevölkerung großen Anklang.<br />
Momentan wird an viele Stellen in Den<br />
Haag am Tramnetz gebaut, um ab Anfang<br />
2015 die neuen Avenio einsetzen zu können.<br />
Sie sollen zunächst auf der SL 15<br />
(Ringlinie Nootdorp – Centraal Station –<br />
Zentrumschleife Lange Voorhout/Spui –<br />
Nootdorp) zum Einsatz kommen. Zuvor<br />
gilt es vor allem die Haltestellen anzupassen,<br />
damit auch Reisende mit Kinderwagen<br />
und <strong>im</strong> Rollstuhl bequem ein- und aussteigen<br />
können. HANS CASTELEIJN/AM<br />
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Betriebe<br />
Mit der Pferdebahn<br />
durch den Kinderzoo<br />
Das Rösslitram in Rapperswil Etwa 30 Kilometer südöstlich von Zürich dreht seit mehr als<br />
50 Jahren eine kleine Pferdebahn ihre Runden. Und trotz nur etwa 450 Meter Länge hat diese<br />
privat betriebene Publikumsattraktion eines Kinderzoos überraschend viel zu bieten!<br />
Auch in der Schweiz gab es früher<br />
mehrere Pferdestraßenbahnen oder<br />
Rösslitrams, wie man dort sagt.<br />
Obwohl diese längst stillgelegt<br />
oder auf elektrischen Betrieb umgestellt<br />
sind, kann man auch heute noch in einem<br />
solchen Rösslitram fahren. Es befindet sich<br />
in Rapperswil, von Zürich aus bequem mit<br />
Schiff oder S-Bahn erreichbar. In dieser<br />
Stadt befindet sich das Winterquartier des<br />
Schweizer Nationalzirkus Knie und auf der<br />
anderen Straßenseite „Knies Kinderzoo“.<br />
Diese zu Pfingsten 1962 eröffnete Einrichtung<br />
gründeten einst die Brüder Fredy und<br />
Rolf Knie. Seitdem ist der Kinderzoo von<br />
Anfang März bis Ende Oktober ein beliebtes<br />
Ausflugsziel. Vom Bahnhof Rapperswil<br />
ist es ein Fußweg von fünf Minuten – oder<br />
man fährt mit dem Stadtbus bis zur Haltestelle<br />
direkt am Eingang.<br />
Im Laufe der Zeit sind <strong>im</strong>mer mehr Tiergehege<br />
und Attraktionen dazu gekommen.<br />
Darunter Seelöwenvorführungen, Reiten<br />
auf Ponys, Kamelen oder Elefanten – und<br />
auch das eher beschauliche Rösslitram.<br />
Pferdebahn mit Scheibenbremse!<br />
Auf einem etwa 450 Meter langen Rundkurs<br />
mit 600 Mill<strong>im</strong>eter Spurweite dreht jeweils<br />
ein Pferd mit dem einzigen vorhandenen<br />
Wagen täglich seine Runden. Der vierachsige<br />
Wagen stammt von der Firma Stadler<br />
in Bussnang. Er läuft auf zwei Drehgestellen<br />
und verfügt aus Sicherheitsgründen<br />
über eine hydraulisch betätigte Scheibenbremse.<br />
Der Kutscher braucht <strong>im</strong> Gegensatz zu<br />
den meisten historischen Pferdebahnen<br />
während seines Dienstes nicht zu stehen,<br />
sondern kann einen Fahrradsitz nutzen.<br />
Insgesamt sind fünf Pferde vorhanden,<br />
die sich in die drei „Schichten“ am Tag teilen:<br />
Die erste geht von 10:30 bis 12:30 Uhr,<br />
die zweite von 13 bis 14:30 Uhr und die<br />
dritte von 15 bis 17 Uhr. Der Kutscher ist<br />
42 <strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 10 | 2014
Rapperswil<br />
RECHTS Die Bauform<br />
des einzigen vorhandenen<br />
Wagens<br />
lässt einen idealen<br />
Rundblick zu – auch<br />
nach vorn zum<br />
Kutscher und zum<br />
„Traktionsmittel“<br />
LINKS Am 5. Juni dieses<br />
Jahres war das<br />
Rösslitram <strong>im</strong> Kinderzoo<br />
Rapperswil bei<br />
bestem Pferdebahnwetter<br />
unterwegs.<br />
Im Hintergrund<br />
erhebt sich die Burg<br />
des Ortes<br />
ALLE FOTO:<br />
NORBERT KUSCHINSKI<br />
RECHTS Eines der<br />
Drehgestelle des<br />
1962 gebauten Pferde<br />
bahnwagens. Es<br />
nutzt Feldbahnachsen,<br />
kann aber über<br />
eine Scheibenbremse<br />
zum Stillstand<br />
gebracht werden<br />
meist Andrej Bochowski, der diesen Job bereits<br />
seit über 20 Jahren ausübt.<br />
Die überdachte Haltestelle befindet sich<br />
gleich neben dem zentralen Zoo-Restaurant.<br />
Die Fahrgäste bezahlen den Fahrpreis<br />
be<strong>im</strong> Einsteigen be<strong>im</strong> Kutscher, der dafür einen<br />
Galoppwechsler und eine Fahrscheintasche<br />
trägt. Einige Jahre lang gab es zwar<br />
Automaten, die Jetons für die einzelnen Attraktionen<br />
verkauften, aber davon kam die<br />
Leitung des Zoos wieder ab. Der Fahrpreis<br />
beträgt derzeit zwei Schweizer Franken für<br />
Erwachsene bzw. einen Franken für Kinder.<br />
Nachdem alle Gäste auf den beiden<br />
Längsbänken Platz genommen haben, gibt<br />
der Kutscher mit der Glocke das Abfahrtssignal.<br />
Die Fahrt führt gegen den Uhrzeigersinn<br />
durch das Gelände. Dabei wird es<br />
nie langweilig – weder für die Fahrgäste,<br />
noch für den Kutscher. Der muss nämlich<br />
auf Passanten achten, die trotz Warnglocke<br />
die Pferdebahn nicht wahrnehmen.<br />
Abwechslungsreicher Rundkurs<br />
Zuerst geht es an der überdachten Arena<br />
vorbei, in der früher Delphine und jetzt Seelöwen<br />
ihre Kunststücke zeigen. Als nächstes<br />
wird der Streichelzoo passiert, in dem Besucherkinder<br />
hautnah mit Zookindern in Berührung<br />
kommen. An dieser Stelle kann<br />
man auch einen Blick über den Zaun werfen,<br />
wo die Burg und die Kirche von Rapperswil<br />
zu sehen sind. Dann führt die Strecke<br />
am Elefantengehege vorbei. Ab 2015<br />
sollen hier Geparde und Pinguine leben,<br />
während die Elefanten in eine neue, größere<br />
Anlage umziehen.<br />
Nach einem Linksbogen liegt rechterhand<br />
das Gehege der Kamele. Das Rösslitram hat<br />
nun eine leichte Steigung zu bewältigen und<br />
durchfährt einen Tunnel, der freilich nicht<br />
gemauert ist, sondern aus einer Hecke besteht.<br />
Dann ist auch schon wieder der Ausgangspunkt<br />
erreicht. Die Fahrgäste verlassen<br />
den Wagen durch den hinteren Ausstieg,<br />
während vorn meist schon die nächsten<br />
Fahrgäste warten. NORBERT KUSCHINSKI<br />
Daten & Fakten:<br />
Rösslitram Rapperswil<br />
Betreiber:. . . . . . . . . . . . . . . Nationalzirkus Knie<br />
Eröffnung: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1962<br />
Spurweite:. . . . . . . . . . . . . . . . . . 600 Mill<strong>im</strong>eter<br />
Länge: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 452 Meter<br />
Fahrzeuge: . . . . . . . . . . . . 1 vierachsiger Wagen<br />
Traktionsmittel: . . . . . . je eines von fünf Pferden<br />
Haltestellen:. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . eine<br />
Betriebszeit: . . . . . . . 10 bis 17 Uhr (mit Pausen)<br />
Fahrzeit: . . . . . . . . . . . . . . . . ca. 6 bis 7 Minuten<br />
Auskünfte: . . . . . . . . . . www.knieskinderzoo.ch<br />
<strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 10 | 2014<br />
43
Fahrzeuge<br />
Dreierlei mit drei<br />
und vier Fenstern<br />
<strong>Stuttgarts</strong> Triebwagen der Reihe 300 Zwischen 1909 und 1912 beschafften die Stuttgarter<br />
Straßenbahnen insgesamt 70 Zweiachser, die sie ab 1928/29 innerhalb der Reihe 300 führten. Doch<br />
die max<strong>im</strong>al bis 1961 genutzten Wagen unterschieden sich gefühlt in mindestens 300 Details …<br />
Die heute von der Stuttgarter Straßenbahnen<br />
AG (SSB) <strong>im</strong> Liniendienst<br />
eingesetzten Stadtbahnwagen<br />
der Typen DT8.4 bis DT8.12<br />
tragen allesamt vierstellige Betriebsnummern.<br />
Inzwischen wirklich alte Straßenbahnfreunde<br />
erinnern sich aber auch noch<br />
an den regulären Einsatz der 70 Fahrzeuge<br />
umfassenden Reihe 300, von denen die letzten<br />
in ihrer Kindheit noch in Stuttgart anzutreffen<br />
waren. Gottfried Bauer porträtierte<br />
diese überraschend unterschiedlich<br />
ausgeführten Zweiachser vor 50. Ausgaben<br />
ab dem 250. <strong>STRASSENBAHN</strong> MAGA-<br />
ZIN in drei Teilen äußerst detailliert. Anlässlich<br />
der 300. Ausgabe Magazins stellen<br />
wir diese Familie hier erneut vor.<br />
Anfangs wenig Klassifikation<br />
Ihre in den Jahren 1909/10 beschafften<br />
zweiachsigen Triebwagen fassten die SSB<br />
erstmals in verschiedenen Gruppen zusammen.<br />
So differenzierte das Unternehmen<br />
fortan in Hauptlinienwagen, in große bzw.<br />
kleine Stadttriebwagen sowie in Vororttriebwagen.<br />
Im Jahr 1928 schlossen die SSB<br />
ihre Trieb- und Beiwagen schließlich in<br />
„Reihen“ zusammen. Innerhalb der Reihe<br />
300 erfasste die Gesellschaft alle ihre größeren<br />
Triebwagen mit drei und vier Seitenfenstern<br />
der Baujahre 1909 bis 1914, die<br />
Gottfried Bauer später innerhalb der Typen<br />
8, 9 sowie 11 bis 15 sowie 19.1 klassifizier-<br />
44 <strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 10 | 2014
<strong>Stuttgarts</strong> Reihe 300<br />
Am 9. August 1956<br />
war der Tw 395 (Typ 8)<br />
mit den Notaufbau-<br />
Beiwagen 926 und 935<br />
auf der Linie 17 zum<br />
Leipziger Platz unterwegs.<br />
Die Aufnahme<br />
entstand gegenüber<br />
des Stuttgarter Hauptbahnhofes<br />
vor dem<br />
Hindenburgbau. Der<br />
Wagenkasten des zwei<br />
Jahre danach verschrotteten<br />
Vororttriebwagens<br />
stammte<br />
von 1909, sein Fahrwerk<br />
von 1932/33<br />
PETER BOEHM,<br />
SLG. GOTTFRIED BAUER<br />
Triebwagen der Reihe 300<br />
Nummern Typ vormalige Anzahl Baujahre Hersteller Seiten- frühere SSBab<br />
1928/29 Nummern fenster Bezeichnungen<br />
301–314 11 147–151, 153–157, 14 1909 Herbrand & Co. 4 Hauptliniewagen<br />
162–165<br />
315–329 13 310, 317–319, 320–330 15 1909/10 Herbrand & Co. 4 Großer Stadttriebwagen (1. Serie)<br />
330–335 15 259–264 6 1912 Herbrand & Co. 4 Großer Stadttriebwagen (3. Serie)<br />
336–350 14 234–248 15 1910 Herbrand & Co. 3 Großer Stadttriebwagen (2. Serie)<br />
351–356 12 311–316 6 1909 Herbrand & Co. 3 Vororttriebwagen (2. Serie)<br />
357–363 9 145, 146, 152, 158–161 7 1909 Herbrand & Co. 3 Hauptliniewagen<br />
371–378 1) 19.1 388–395 (8) 1914 Herbrand & Co. 4 Vororttriebwagen (3. Serie)<br />
391–397 2) 8 301–307 7 1909 (Herbrand & Co.) 3 Vororttriebwagen (1. Serie)<br />
Gesamt 70 (bzw. 78) 1909–1914<br />
1)<br />
1914 neu konstruierte Fahrzeugreihe, eigentlich zur SSB-Reihe 400 gehörend, aber 1928 den vor 1918 gebauten Wagen zugeordnet.<br />
2)<br />
Ursprünglich war vorgesehen, die Fahrzeuge fortlaufend nach den Wagen des Typs 9 als Tw 364 bis 370 einzureihen. Nach ihrer Generalüberholung<br />
mit Vergrößerung des Fahrgestells und Verlängerung der Plattformen belegten sie dann jedoch die Nummerngruppe 391 bis 397.<br />
te – über die genaue Aufteilung der einzelnen<br />
Wagen informiert die Tabelle. Der<br />
Großteil der später innerhalb der Reihe 300<br />
zusammengefassten Wagen entstand in den<br />
Jahren 1909/10.<br />
Die Ursprungstypen der Wagen<br />
Das waren <strong>im</strong> Einzelnen insgesamt 21 für<br />
die Hauptlinien beschaffte Zweiachser der<br />
späteren Typen 9 und 11 (Tw 147 bis 165)<br />
sowie sieben ebenfalls <strong>im</strong> Jahr 1909 innerhalb<br />
der Serie 1 (Typ 8) und sechs innerhalb<br />
der Serie 2 (Typ 12) entstandenen Wagen<br />
für die Vorortlinien, die damals noch nicht<br />
von den SSB, sondern von der eigens für<br />
diese Strecken gegründeten Tochtergesellschaft<br />
„Stuttgarter Vorort-Straßenbahnen“<br />
(SVS) betrieben wurden.<br />
Zu diesen 34 Wagen kamen 15 in den<br />
Jahren 1909/10 gebaute „große Stadttriebwagen“<br />
der 1. Serie, denen 1910 ebenfalls<br />
15 Fahrzeuge der 2. Serie folgten. Damit<br />
standen für den Betrieb der SSB und SVS<br />
insgesamt 64 neue Wagen zur Verfügung.<br />
Im Jahr 1912 traf mit den sechs Triebwagen<br />
259 bis 264 die 3. Serie „großer Stadttriebwagen“<br />
in Stuttgart ein, letzterer als<br />
70. Fahrzeug dieser Familie.<br />
Die 3. Serie Vororttriebwagen lieferte<br />
1914 ebenfalls die Kölner Firma Herbrand<br />
& Co. Die acht neu konstruierten Fahrzeuge<br />
mit den Betriebsnummern 388 bis 395 in<br />
Erstbesetzung erhielten zwar 1928 die Betriebsnummern<br />
Tw 371 bis 378 (Typ 19.1),<br />
aber sie gehören baulich eigentlich zur Reihe<br />
400. Denn auf Basis dieser Zweiachser<br />
hatten die SSB 1924/25 von der Maschinenfabrik<br />
Eßlingen und der Waggonfabrik<br />
Fuchs in Heidelberg insgesamt 75 Triebwagen<br />
der Reihe 400 fertigen lassen.<br />
Das Konstruktionsjahr und sogar die Fertigung<br />
mehrerer Komponenten der 1909 in<br />
Dienst gestellten Vorortwagen des späteren<br />
Typs 8 reichen übrigens ebenfalls mehrere<br />
Jahre zurück! Anfang des Jahres 1909 hat-<br />
In Zuffenhausen an der damals noch als Stuttgarter Straße bezeichneten Ludwigsburger Straße<br />
entstand um 1910 diese Aufnahme des Tw 302. Heute befindet sich hier die Haltestelle „Rathaus<br />
Zuffenhausen“. Der ab 1928 als Tw 393 II geführte Wagen wurde 1944 zerstört<br />
Am 21. September 1909 – kurz nach Eröffnung der Vorortstrecke nach Zuffenhausen – entstand<br />
vor der Gaststätte „Zum Adler“ dieses Wagenporträt. Der kurz zuvor in Köln gebaute Wagenkasten<br />
sitzt auf einem gebrauchten Fahrgestell aus den 1890er-Jahren! SLG. GOTTFRIED BAUER (2)<br />
<strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 10 | 2014<br />
45
Fahrzeuge<br />
Der ab 1928 als Tw 392 geführte Vororttriebwagen blieb nach seinem Neuaufbau <strong>im</strong> Jahr 1942<br />
auch noch nach 1961 <strong>im</strong> Betriebsbestand der SSB. Bis 1967 diente er als ATw 2547 DIETER SCHLIPF<br />
Der 1942 umgebaute Tw 392<br />
Da der 1909 in Köln gebaute Aufbau des Tw 392<br />
(Typ 8) Anfang der 1940er-Jahre verschlissen war,<br />
gaben die SSB für ihn 1942 bei der Stuttgarter Karosseriefabrik<br />
Reutter & Co. einen neuen Wagenkasten<br />
in Auftrag. Dieser erhielt – wie damals<br />
üblich – geteilte Frontscheiben mit einem Schiebefenster<br />
zum Lösen des Bedienungsseils des Rollenstromabnehmers,<br />
aber auch schmale Seitenfensterleisten<br />
und Seitenwandscheuerleisten sowie<br />
die Halterungen für die drehbaren Zielschilder.<br />
Die Motoren und elektrische Anlagen sowie<br />
andere noch verwertbare Teile waren beibehalten<br />
worden. Das so entstandene Einzelstück galt nach<br />
dem Zweiten Weltkrieg als Prototyp für die nach<br />
dem Krieg wieder aufgebauten Wagen der Typenreihe<br />
26.<br />
die SVS bzw. die SSB AG am 1. August 1909<br />
den Vorortverkehr von Feuerbach nach Stuttgart<br />
und nach Cannstatt auf. Ab Mitte September<br />
fuhren sie auch nach Zuffenhausen.<br />
Da die Vorortlinien einen größeren Zuspruch<br />
als erwartet fanden, war rasch ein Beiwagenbetrieb<br />
erforderlich. Doch dazu waren die Tw<br />
301 bis 307 zu schwach motorisiert. Daraufhin<br />
lösten sie 1911 auf die Vorortlinien umgesetzte<br />
„Große Stadttriebwagen“ (Typ 14)<br />
und die Vororttriebwagen der 2. Serie (Typ<br />
12) ab. Die schwächeren Wagen vom Typ 8<br />
kamen danach auf schwächer frequentierten<br />
E-Linien zum Einsatz, ehe sie noch vor dem<br />
Ersten Weltkrieg schrittweise stärkere Motoren<br />
erhielten. Damit verkehrten sie bis Anfang<br />
der 1920er-Jahre wieder auf den Linien 14, 15<br />
und 16, ab 1925 vor allem auf der Linie 11.<br />
Nach der <strong>im</strong> Oktober 1928 erfolgten Verlängerung<br />
der Linie 14 bis zum Schlossplatz<br />
kehrten die von den SSB inzwischen als Tw<br />
391 bis 397 geführten Wagen für zwei Jahre<br />
auf eben jene Strecke zurück. Nach einem<br />
halben Einsatzjahr auf der Linie 11 blieben<br />
die sieben Fahrzeuge zunächst einmal abgestellt.<br />
Es stand ihre Ausmusterung und Verschrottung<br />
<strong>im</strong> Raum. Doch da sich die Wagenkästen<br />
in einem guten Zustand befanden,<br />
ließen die SSB für sie letztendlich 1932/33 in<br />
der Maschinenfabrik Eßlingen neue Untergestelle<br />
mit längerem Achsstand anfertigen und<br />
die Fahrzeuge neu motorisieren. Die danach<br />
sehr kräftigen Wagen waren jetzt für die Linie<br />
12 (Hallschlag – Cannstatt) prädestiniert,<br />
von 1942 bis zum Kriegsende fuhren sie allerdings<br />
auf der Linie 11 (Cannstatt – Zuffenhausen).<br />
Zum Umbau des Tw 392 <strong>im</strong> Jahr<br />
1942 siehe Kasten zu diesem Thema. Der Tw<br />
393 fiel 1944 den Bombardements auf Stuttgart<br />
zum Opfer.<br />
Die „Großen Stadttriebwagen“<br />
des Typs 14 aus<br />
dem Jahre 1910 verfügten<br />
in ihren letzten Betriebsjahren<br />
schon über<br />
Scherenstromabnehmer<br />
SLG. GOTTFRIED BAUER (2)<br />
ten die SSB nämlich sieben abgewirtschaftete<br />
Imperialtriebwagen außer Betrieb genommen<br />
und deren Kästen abgewrackt. Die<br />
aus der Pferdebahnzeit stammenden Untergestelle<br />
samt den 1895/96 nachgerüsteten<br />
Fahrmotoren (siehe SM 9/2004) ließen die<br />
SSB anschließend nach Köln zur Fa. Herbrand<br />
& Co. bringen, wo der Hersteller sieben<br />
dort vorgefertigte Wagenkästen auf die<br />
Fahrwerke setzte.<br />
Der Einsatz des Typs 8 bis 1945<br />
Mit den in Erstbesetzung als Tw 301 bis 307<br />
bezeichneten vermeintlichen Neuwagen nahm<br />
Der Typs 9 und sein Einsatz bis 1945<br />
Als Ersatz für die zum Umbau in Vororttriebwagen<br />
abgewrackten Imperialwagen<br />
beschafften die SSB für ihre Hauptlinien<br />
von der Fa. Herbrand & Co. sieben 1909<br />
komplett neu gebaute Triebwagen mit jeweils<br />
drei Seitenfenstern und verglasten<br />
Plattformen. Sie erhielten die Betriebsnummern<br />
der zuvor ausgeschiedenen Zweiachser<br />
in Zweitbesetzung. Auf ihrem Oberlichtdach<br />
befand sich ein kleiner runder<br />
Lampenkasten mit einem Milchglas, vor<br />
das die Fahrer Blechmasken mit den ausgestanzten<br />
Linienummern schieben konnten.<br />
Unterhalb dieser Lampen befanden sich<br />
emaillierte Zielschilder als Dachdrehwalzen.<br />
Im Jahr 1913 erhielten auch diese Wagen<br />
neue Motoren, 1924 neue Fahrschalter.<br />
Ab ihrer Indienststellung 1909 kamen die<br />
„Hauptliniewagen“ 18 Jahre lang auf der Linie<br />
1 zum Einsatz, danach kurze Zeit auf der<br />
damaligen Linie 11 vom Veilbrunnenweg in<br />
Cannstatt zur Oberen Ziegelei. Anschließend<br />
liefen die 1928 in Tw 357 bis 363 umgezeich-<br />
46 <strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 10 | 2014
<strong>Stuttgarts</strong> Reihe 300<br />
Der 1909 in Köln-Ehrenfeld gebaute Tw 150 vom Typ 11 kommt 1925 aus dem 1896 fertiggestellten Schwabtunnel, der damals noch eingleisig<br />
durchfahren wurde. Drei Jahre später zeichneten die SSB den Hauptlinienwagen in Tw 304 II um<br />
SLG. GOTTFRIED BAUER<br />
Kriegsverluste der Reihe 300<br />
Typ Betriebs-Nr. Anzahl KV<br />
8 391 bis 397 7 1<br />
9 357 bis 362 7 2<br />
11 301 bis 314 14 4<br />
12 330 bis 335 6 alle 6<br />
13 315 bis 329 15 4<br />
14 336 bis 350 15 8<br />
15 330 bis 335 6 alle 6<br />
Gesamt 70 31<br />
neten Wagen knapp elf Jahre bis 1939 auf der<br />
Linie 15 vom Pragsattel über den Nordbahnhof<br />
zum Schlossplatz bzw. teils bis Heslach.<br />
Bis zum Mai 1942 traf man die 1935 neu motorisierten<br />
Zweiachser auf der Berufsverkehrslinie<br />
26E (Sillenbuch – Schlossplatz – Hedelfingen)<br />
an, danach leisteten sie auch<br />
Einen der vierfenstrigen<br />
Wagen der Reihe 300 zeigt<br />
diese Zeichnung vom<br />
Typ 11 in seiner Ausführung<br />
mit Stangenstromab nehmer<br />
und Längs bänken nach<br />
1934. Später ließen die SSB<br />
Querbänke einbauen<br />
anderswo E-Wagen-Dienste. Zwei der sieben<br />
Fahrzeuge verglühten 1944, ein anderer erlitt<br />
bei den Bombardierungen schwere Schäden.<br />
Der Typ 12 und sein Einsatz bis 1945<br />
Für den Einsatz auf den 1910 eingeweihten<br />
Vorortstrecken nach Untertürkhe<strong>im</strong> bzw.<br />
Hedelfingen kaufte die SVS ein Jahr zuvor<br />
sechs von der Fa. Herbrand & Co. komplett<br />
neu gebaute Triebwagen mit jeweils drei Seitenfenstern,<br />
die den Wagen des Typs 8 ähnelten.<br />
1914 erhielten auch diese als Tw 311<br />
bis 316 in Erstbesetzung geführten Fahrzeuge<br />
neue Motoren. 1917 wechselten fünf der<br />
Zweiachser von den Linien 15 (Zuffenhausen<br />
– Untertürkhe<strong>im</strong>) und 16 (Feuerbach –<br />
Hedelfingen) zur Linie 4, Tw 316 hingegen<br />
zur Linie 17 (Heslach – Kaltental). Dort blieben<br />
die ab 1928 als Tw 351 bis 356 geführten<br />
Wagen bis Ende 1929. Danach bis 1930<br />
mit gebrauchten, aber stärkeren Motoren<br />
versehen, kamen sie bis 1939 auf der Linie<br />
15 (Pragsattel – Schlossplatz – Heslach) zum<br />
Einsatz, anschließend drei Jahre auf der Linie<br />
11 (Zuffenhausen – Cannstatt). Ab Mai<br />
<strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 10 | 2014<br />
47
Fahrzeuge<br />
Der Tw 361 (Typ 9) hatte 1953 einen von der SSB-Hauptwerkstatt hergestellten Aufbau erhalten.<br />
Damit blieb er bis 1961 <strong>im</strong> Dienst. Zuvor fotografierte ihn Dieter Schlipf am 25. September 1961<br />
Mit seinem der Reihe 600 nachempfunden Neubauwagenkasten stand Tw 324 (ursprünglich Typ<br />
13, nun Typ 26.10) <strong>im</strong> Jahr 1952 vor dem Betriebshof Osthe<strong>im</strong>. Seine Ablösung in Form der GT4<br />
steht jedoch schon zwei Stände weiter bereit …<br />
GOTTFRIED BAUER<br />
1942 übernahmen die Wagen Dienste auf<br />
der Linie 2E (Leipziger Platz – Ostendplatz).<br />
Im November 1944 erlitten alle sechs Zweiachser<br />
irreparable Schäden.<br />
Der Typ 14 und sein Einsatz bis 1945<br />
1910 lieferte die Fa. Herbrand & Co. 15<br />
Triebwagen mit jeweils drei Seitenfenstern<br />
für den Innerortsverkehr. Diese als 2. Serie<br />
der „Großen Stadttriebwagen“ mit den ersten<br />
Betriebsnummern Tw 234 bis 248 in<br />
Dienst gestellten Zweiachser ähnelten stark<br />
den <strong>im</strong> Vorjahr in Köln-Ehrenfeld gebauten<br />
„Vororttriebwagen“ des späteren Typs 12.<br />
Allerdings verfügten sie über einen etwas<br />
längeren Oberlichtaufsatz und über die<br />
be<strong>im</strong> Typ 9 beschriebene Dachlampe mit Liniennummernmasken.<br />
Da bei einem Teil der<br />
Wagen <strong>im</strong> Winter jeweils ein Ofen aufgestellt<br />
werden konnte, verwendeten die SSB<br />
diese Fahrzeuge ab 1912 vorwiegend auf<br />
den Linien 15 und 16. Im Jahr 1928 erhielten<br />
die vier Jahre zuvor neu motorisierten<br />
Wagen die neuen Betriebsnummern Tw 336<br />
bis 350. Aufgrund der vergleichsweise größeren<br />
Anzahl der Fahrzeuge setzten sie die<br />
SSB nicht geschlossen auf einer, sondern auf<br />
verschiedenen Linien ein – bis 1929 elf auf<br />
48 <strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 10 | 2014
<strong>Stuttgarts</strong> Reihe 300<br />
der Linie 4 und vier auf der 26E. Ab Anfang<br />
der 1930er-Jahre waren alle Wagen auf der<br />
Linie 15 anzutreffen. Nach einer 1934 in<br />
der SSB-Hauptwerkstatt ausgeführten Verstärkung<br />
der Fahrgestelle und Erneuerung<br />
der elektrischen Einrichtung (Typ 14a) waren<br />
sie wieder auf den Linie 4 und 26E anzutreffen.<br />
Im Zweiten Weltkrieg gaben sie<br />
1940/41 auf der Linie 25 ein kurzes Gastspiel,<br />
ehe sie auf den Linien 2E und 22<br />
(Hack-/Ostendstraße – Schlachthof Cannstatt/Bahnhof<br />
Hallschlag) zum Einsatz kamen.<br />
Acht der Wagen fielen 1944 dem<br />
Bombenhagel zum Opfer.<br />
Die Wagen mit vier Seitenfenstern –<br />
Der Typ 11 und sein Einsatz bis 1945<br />
Um die 1895/96 in der Hauptwerkstätte in<br />
Berg aus früheren Pferdebahn-Doppelstockwagen<br />
entstandenen „Imperialtriebwagen“<br />
auf den Hauptlinien zu ersetzen, erwarben<br />
die SSB <strong>im</strong> Jahr 1909 von der<br />
Waggonfabrik Paul Herbrand & Co. in<br />
Köln-Ehrenfeld insgesamt 21 neu gebaute<br />
Straßenbahnwagen. Verfügten die bereits<br />
beschriebenen sieben später dem Typ 9 zugeordneten<br />
Wagen über drei große Fenster<br />
pro Seitenwand, so erhielten die 14 später<br />
Anlässlich des Deutschen Turnfestes 1933 in Stuttgart<br />
warten in der Talstraße mehr als ein Dutzend Straßenbahnzüge<br />
auf das Ende der Abschlussveranstaltung <strong>im</strong><br />
Neckarstadion. Als letzter ist der Tw 333 (Typ 15) mit<br />
dem Liniensignal 20 zu erkennen SLG. GOTTFRIED BAUER<br />
dem Typ 11 zugeordneten Wagen längere<br />
Aufbauten mit vier Seitenfenstern (davon<br />
waren die beiden äußeren schmaler als die<br />
beiden mittleren ausgeführt). Sie führten die<br />
SSB anfangs unter der Bezeichnung „große<br />
Stadttriebwagen für die Hauptlinien“ – später<br />
kurz als „Hauptlinienwagen“ – und belegten<br />
die Betriebsnummern außer Dienst<br />
genommener Imperialwagen.<br />
Die 17 Neuaufbauten von 1942 bis 1955<br />
Nach dem Vorbild des 1942 mit einem neuen Wagenkasten versehenen<br />
Tw 392 bestellten die Stuttgarter Straßenbahnen ab 1949 bei der Karosseriewerk<br />
Reutter & Co. weitere neue Aufbauten. Bis 1955 lieferte das Stuttgarter<br />
Unternehmen 15 derartige Wagenkästen, allerdings in unterschiedlicher<br />
Ausführung, was einen Weiterbetrieb folgender Wagen ermöglichte:<br />
Betriebs-Nr. Umbaujahr Typ zuvor Typ danach Bemerkung<br />
Tw 322 1949 13a 26.10<br />
Tw 323 1949 13a 26.10<br />
Tw 325 1949 13a 26.10<br />
Tw 327 IV 1950 14a 26.2 ex Tw 339<br />
Tw 358 II 1952 9a 26.5a<br />
Tw 324 1952 13a 26.10<br />
Tw 326 1953 13a 26.6a<br />
Tw 394 II 1953 8a 26.6b<br />
Tw 304 II 1954 11b 26.7a<br />
Tw 321 1954 13a 26.7b<br />
Tw 309 II 1955 11b 26.7a<br />
Tw 396 1955 8a 26.7c<br />
Tw 313 III 1955 11c 26.9a<br />
Tw 340 1955 14a 26.9b<br />
Für die Tw 345 (Typ 14a) und Tw 362 II (Typ 14a) stellte die SSB-Hauptwerkstatt<br />
in Osthe<strong>im</strong> derartige Wagenkästen selbst her. Die auf diese Weise umgebauten<br />
Fahrzeuge gehörten danach dem Typ 26.5c bzw. 26.5b an.<br />
Die 17 umgebauten Zweiachser ähnelten äußerlich dem Baumuster der<br />
SSB-Triebwagenreihe 200 und 600 – allerdings mit drei Seitenfenstern. Die<br />
zum Typ 26.10 umgebauten Tw 322 bis 325 verfügten hingegen über vier<br />
Seitenfenster. Aber auch in anderen Details wie der Sitzplatzanzahl, Einfassung<br />
der Fenster und Ausführung des Daches unterschieden sich die 17 Aufbauwagen<br />
voneinander, so dass dazu beitrugen, den Ruf der Reihe als Sammelbecken<br />
zu festigen.<br />
Die neuen Fahrzeuge waren für 41 Personen<br />
zugelassen und mit Längssitzen versehen.<br />
Auch ihre ab Werk vorhandenen je<br />
zwei AEG-Motoren erwiesen sich mit 22 Kilowatt<br />
Leistung als zu schwach, so dass sie<br />
die SSB 1914 ebenfalls durch stärkere Exemplare<br />
(27 Kilowatt) ersetzen ließen, weitere<br />
Modernisierungen folgten ab 1924 an den<br />
einzelnen Wagen in unterschiedlichem Umfang.<br />
Im Rahmen einer von 1932 bis 1934<br />
bei allen Wagen ausgeführten grundlegenden<br />
Überholung änderten sich der Achsstand,<br />
die Länge, die Größe der Plattformen<br />
sowie weitere Details auf teils unterschiedliche<br />
Weise. Die umgebauten Fahrzeuge<br />
klassifizierte Gottfried Bauer deshalb später<br />
innerhalb der Typen 11a bis c.<br />
Zum Einsatz kamen die 14 Wagen umfassende<br />
Serie von 1909 bis 1928 auf der Linie 1,<br />
danach auf der damals den „Westring“ von<br />
der Schreiberstraße den Hauptbahnhof und<br />
Schlossplatz bedienenden Linie 6. Vier der 14<br />
ab 1928 in Zweitbesetzung als Tw 301 bis<br />
314 geführten Wagen schieden 1943/44<br />
durch Kriegseinwirkung aus dem Bestand<br />
aus, die zehn übrigen erlitten ebenfalls Schäden,<br />
so dass zunächst abgestellt blieben.<br />
Der Typ 13 und sein Einsatz bis 1945<br />
Im Jahr 1909 lieferte die Fa. Herbrand &<br />
Co. vier und 1910 weitere elf Exemplare einer<br />
eigenen Serie von „Vororttriebwagen“<br />
nach Stuttgart, die für den Einsatz auf den<br />
Vorortlinien 15 und 16 der württembergischen<br />
Landeshauptstadt gedacht waren.<br />
Doch schon 1911 setzten die SSB die zehn<br />
nicht beheizbaren Wagen mit jeweils vier<br />
Seitenfenstern auf die städtische Linie 4<br />
(Traubenstraße – Ostendplatz – Gaisburg)<br />
um. Die fünf beheizbaren Exemplare blieben<br />
auf den Vorortlinien 15 bis 17, teils bis<br />
1928. Trotzdem gelten alle 15 Wagen als<br />
„große Stadttriebwagen (1. Serie).“ Baulich<br />
ähnelten sie sehr den später als Typ 11 klassifizierten<br />
Fahrzeugen. Lediglich in der Ausführung<br />
des Oberlichtaufsatzes und der Ein-<br />
<strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 10 | 2014<br />
49
Fahrzeuge<br />
Am Schlossplatz treffen sich <strong>im</strong> Sommer 1911 die dreifenstrigen Triebwagen der Linie 1 (links Tw 145 vom Typ 9) und 15 (Typ 12). Optisch erscheinen<br />
die Fahrzeuge gleich zu sein, doch sie unterscheiden sich in den Plattformen: der Typ 12 verfügt über Schiebetüren, der Typ 9 nicht SLG. GOTTFRIED BAUER<br />
stiege unterschieden sie sich. Ab 1925 erfuhren<br />
auch die Wagen dieses Typs verschiedene<br />
Umbauten.<br />
Die ab 1929 als Tw 315 bis 329 geführten<br />
Zweiachser kamen von 1928 bis 1932 auf<br />
der Linie 6 und der neuen Hauptverkehrslinie<br />
26E zum Einsatz. Danach unterzogen die<br />
SSB die Fahrzeuge 1933/34 den be<strong>im</strong> Typ 11<br />
beschriebenen Umbauten, die ebenfalls unterschiedlich<br />
ausgeführt wurden, wodurch<br />
anschließend zwischen dem Typ 13a und b<br />
differenziert werden kann. Bis Mitte der<br />
1940er-Jahre setzte sie die Gesellschaft anschließend<br />
auf den Linien 6 und 21 ein.<br />
1944 erlitten die vier Tw 318 sowie 327 bis<br />
329 irreparable Schäden, drei andere blieben<br />
bis weit nach dem Kriegsende abgestellt.<br />
Der Typ 15 und sein Einsatz bis 1945<br />
Für das innerstädtische Netz nutzten die<br />
SSB neben 15 <strong>im</strong> Jahr 1910 beschafften<br />
„großen Stadttriebwagen“ mit jeweils drei<br />
Seitenfenstern (Typ 14) ab 1911 auch zehn<br />
der 1909/10 eigentlich als Vororttriebwagen<br />
beschafften Wagen mit vier Seitenfenstern<br />
(Typ 13). Da der Bedarf damit noch <strong>im</strong>mer<br />
nicht gedeckt war, bezogen die Stuttgarter<br />
Straßenbahnen <strong>im</strong> Jahr 1912 sechs „große<br />
Stadttriebwagen“ mit vier Seitenfenstern.<br />
Äußerlich entsprachen die Fahrzeuge weitestgehend<br />
den später dem Typ 13 zugeordneten<br />
Zweiachsern – aber sie kamen ohne<br />
elektrische Ausrüstung nach Württemberg.<br />
Hier ließen die SSB die 22 Kilowatt starken<br />
Fahrmotoren und die Fahrschalter von zuvor<br />
außer Dienst genommenen „Imperialtriebwagen“<br />
einbauen. Das genügte anfangs,<br />
um die Wagen hauptsächlich auf der<br />
Der 1910 gebaute Triebwagen 346 vom Typ 14<br />
kam bis 1961 mit seinem alten Wagenkasten<br />
zum Einsatz DIETER SCHLIPF (2)<br />
Linie 4 einsetzen zu können. Doch schon<br />
1914 erhielten drei dieser Zweiachser 29-<br />
Kilowatt-Motoren, in die übrigen drei ließen<br />
die SSB 1925 Motoren mit 39 Kilowatt<br />
Leistung einbauen und alle sechs mit einer<br />
elektrischen Widerstandsbremse nachrüsten.<br />
Ab 1929 trugen sie die Betriebsnummern<br />
Tw 330 bis 335.<br />
Zum Einsatz kamen sie ab dem gleichen<br />
Jahr auf der Linie 6. 1934 unterzogen die<br />
SSB die Wagen in ihrer Werkstatt in Osthe<strong>im</strong><br />
einer Generalsanierung, nach der auch diese<br />
Fahrzeuge mit auf 2,5 Meter vergrößertem<br />
Achsstand, verstärktem Fahrwerk, längeren<br />
Plattformen sowie einer besseren Motorisierung<br />
und elektrischen Ausrüstung für eine<br />
Weiternutzung ertüchtigt waren. Deshalb<br />
wies ihnen Gottfried Bauer später die neue<br />
Typenbezeichnung 15a zu.<br />
Nach dem Umbau bedienten die Wagen<br />
bis 1941 die Linie 21, wozu sie <strong>im</strong> Betriebshof<br />
Vogelsang stationiert waren. Dort wurden<br />
alle Sechs be<strong>im</strong> Fliegerangriff auf Stuttgart<br />
vom 12. auf den 13. November 1944<br />
irreparabel zerstört.<br />
Der Einsatz der Wagen nach 1945<br />
Nach dem Zweiten Weltkrieg standen den<br />
SSB von den 70 einst innerhalb der Reihe<br />
300 geführten Triebwagen noch 39 zur Verfügung.<br />
Die je sechs von Historikern heute<br />
innerhalb der Typen 12 und 15 klassifizier-<br />
50 <strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 10 | 2014
<strong>Stuttgarts</strong> Reihe 300<br />
Tw 340, der letzte erhaltene Wagen der Reihe 300, hat in der Stuttgarter<br />
Straßenbahnwelt seinen verdienten Ruheplatz gefunden. Hier<br />
präsentiert er sich <strong>im</strong> Zustand Mitte der 1950er-Jahre JÜRGEN DAUR<br />
Bis 1978 setzte die Reutlinger Straßenbahn den ex Stuttgarter Tw 340<br />
als Tw 34 ein. Der 1928 in Esslingen gebaute Tw 51 ähnelte dem Neuzugang<br />
mit seinem vom Karosseriewerk Reutter gebauten Kasten<br />
Der lange Weg des Tw 340 zum Stuttgarter Museumsfahrzeug<br />
Im April 1961 stellten die Stuttgarter Straßenbahnen<br />
den 1955 mit einem neuen Wagenkasten versehenen<br />
Tw 340 (ex Typ 14, nach Umbau Typ 26.9b) ab.<br />
Aufgrund seines guten Erhaltungszustandes erwarb<br />
ihn die Reutlinger Straßenbahn. Ab Sommer 1962<br />
kam der zuvor in Stuttgart für seinen Einsatz am<br />
Fuße der Schwäbischen Alb umgebaute und grün umlackierte<br />
Wagen in Reutlingen als Tw 34 zum Einsatz.<br />
Nach der Betriebseinstellung <strong>im</strong> Oktober 1974 holte<br />
der Verein Kärtner Eisenbahnfreunde den Wagen nach<br />
Klagenfurt. Da sein Einsatz dort nicht zustande kam,<br />
holte ihn das Deutsche Straßenbahnmuseum Hanno-<br />
ver nach Sehnde-Wehmingen, wo er allerdings ebenfalls<br />
<strong>im</strong> Freien stand. Im März 1988 holte ihn der Verein<br />
Stuttgarter Historische Straßenbahnen e.V. nach<br />
Württemberg zurück und versetzte den Zweiachser<br />
in den Zustand um 1955 zurück. Seit 1991 kann er<br />
<strong>im</strong> Straßenbahnmuseum besichtigt werden.<br />
ten Fahrzeuge waren 1944 bei den Bombenangriffen<br />
auf Stuttgart zerstört worden,<br />
die verbliebenen Zweiachser der Typen 8, 9,<br />
11, 13 und 14 wiesen zum Teil schwere<br />
Schäden auf, so dass ein Teil von ihnen unter<br />
anderem neue Kästen erhielt.<br />
Die letzten Wagen der Typen 8 und 9<br />
Die sechs erhaltenen Wagen vom Typ 8 kamen<br />
nach Kriegsende zunächst auf den Linien 13,<br />
25 und 10E zum Einsatz, ab 1947 vom Betriebshof<br />
Marienplatz auf der damaligen Linie<br />
7 von der Doggenburg hinunter zum Hegelplatz<br />
und vom Wilhelmplatz hinauf zum Bopser.<br />
Ab 1956 bedienten sie zwei Jahre die Linie<br />
17, danach kamen die Tw 395 und 397 auf<br />
den Schrottplatz, die vier verbliebenen hingegen<br />
kurzzeitig zum Betriebshof Cannstatt. Der<br />
Betriebshof Westend setzte sie schließlich bis<br />
1961 auf unterschiedlichen Linien ein, zuletzt<br />
meist als E-Wagen – danach ließen die SSB den<br />
Tw 391 sowie die Mitte der 1950er-Jahre neu<br />
aufgebauten Tw 394 und 396 <strong>im</strong> Jahr 1962<br />
zerlegen. Der Prototyp für deren Umbau, Tw<br />
392, rückte bis 1967 noch als Gerätewagen<br />
2537 aus – dann ereilte ihn ebenfalls dieses<br />
Schicksal.<br />
Erschienene Beiträge<br />
zur Reihe 300<br />
• Teil 1: „Eine Bunte Mischung“, SM 6/2006,<br />
Seiten 98 bis 105<br />
• Teil 2: „Die „Großen“ hatten vier Fenster“,<br />
SM 7/2006, Seiten 66 bis 74<br />
• Teil 3: „Ablösung nach 50 Jahren“, SM<br />
8/2006, Seiten 62 bis 69<br />
Die fünf nach 1945 noch nutzbaren Wagen<br />
des Typs 9 kamen Ende der 1940er-Jahre<br />
zunächst zum Beispiel auf der alten Linie<br />
14 zum Einsatz, sehr häufig jedoch als E-<br />
Wagen. In den 1950er-Jahren waren sie auf<br />
der Linie 12 und danach 14 anzutreffen, die<br />
Tw 358 und 361 erhielten dazu 1952/53<br />
neue Aufbauten. Nach letzten Einsätzen<br />
von den Betriebshöfen Feuerbach, Westend<br />
und Heslach stellten die SSB drei diese<br />
Zweiachser 1960 und die letzten beiden<br />
1961 ab. In diesem Jahr wurden vier der<br />
fünf Wagen verschrotten, lediglich Tw 361<br />
blieb zunächst erhalten. Nachdem ihn die<br />
SSB 1966 an den Süddeutschen Rundfunk<br />
verkauft hatten, ging er <strong>im</strong> selben Jahr bei<br />
Filmaufnahmen in Flammen auf und wurde<br />
anschließend ebenfalls zerlegt.<br />
Die letzten Wagen des Typs 11 und 13<br />
Von den 14 Hauptlinienwagen erschienen<br />
nach Kriegsende noch zehn weiter nutzbar –<br />
allerdings waren <strong>im</strong> Sommer 1945 nur vier<br />
davon einsatzfähig, ab November 1945 schon<br />
neun. Bretter ersetzten damals die <strong>im</strong> Krieg<br />
zerstörten Glasscheiben. Ab Anfang 1946<br />
setzten die SSB alle zehn verbliebenen Wagen<br />
auf der Linie 21. Abgesehen von einem kurzen<br />
Gastspiel auf der Linie 20 (Osthe<strong>im</strong> –<br />
Werfmershalde – Hauptbahnhof – Schreiberstraße)<br />
1952/53 blieb das so bis 1954/55. In<br />
jenen beiden Jahren erhielten die Tw 304, 309<br />
und 313 neue Aufbauten. Den Tw 302 setzten<br />
die SSB 1956/57 auf der Filderbahnlinie 31<br />
ein, andere Wagen verdienten sich auf der Linie<br />
3 ihr „Gnadenbrot“. Zwischen 1959 bis<br />
1962 traten alle ihre Fahrt zum Schrottplatz<br />
an. Die elf verbliebenen Wagen des Typs 13<br />
bedienten nach 1945 zunächst die Linie 21<br />
auf der mehrere bis 1955 blieben. Andere<br />
rollten ab 1948 auf der 14, danach ab 1951<br />
auf der Linie 12 und drei Jahre später auf der<br />
19. Von 1957 bis zu ihrer Ausmusterung<br />
1959/60 traf man die Triebwagen auf der Linie<br />
3 bzw. oder bei E-Wagen-Diensten an.<br />
Sechs der Wagen hatten zwischen 1949 und<br />
1953 neue Aufbauten erhalten.<br />
Die letzten Wagen des Typs 14<br />
Von den sieben nach 1945 als reparabel eingestuften<br />
Zweiachsern waren bis Ende<br />
1945 nur vier einsetzbar. Die Wagenkästen<br />
der Tw 345 und 337 reparierte 1946 bzw.<br />
1948 die Maschinenfabrik Eßlingen. Den<br />
noch mehr zerstörten Aufbau des Tw 339<br />
ersetzte ein 1950 von der Karosseriefabrik<br />
Reutter & Co. in Stuttgart neu gebauter<br />
Wagenkasten – den damit versehenen Triebwagen<br />
nahmen die SSB als Tw 327 in Viertbesetzung<br />
wieder in Betrieb.<br />
Hatten die zuvor schon betriebsfähigen<br />
Wagen unter anderem Dienste auf den Linien<br />
7, 12, 17E und 1E geleistet, waren die<br />
Zweiachser ab 1950 auf der Linie 12/14 anzutreffen,<br />
zwei Jahre später auf der 21 und<br />
1955/56 auf den Linien 22 und 24. In diesem<br />
Jahr begann die Ausmusterung und<br />
Zerlegung der Serie. Die verbliebenen Wagen<br />
kamen bis 1961 z.B. auf den Linien 19<br />
und 3 zum Einsatz, meist jedoch als E-Wagen.<br />
Nach 50 Einsatzjahren stellten die SSB<br />
<strong>im</strong> September 1961 auch die letzten beiden,<br />
Tw 345 und 346, ab; der einzige erhalten gebliebene<br />
Wagen der Reihe 300, Tw 340, war<br />
<strong>im</strong> April 1961 aus dem Liniendienst ausgeschieden.<br />
Seinen abenteuerlichen Weg in die<br />
Straßenbahnwelt Stuttgart beschreibt der Infokasten<br />
auf diesen Seiten. ANDRÉ MARKS<br />
<strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 10 | 2014<br />
51
Fahrzeuge<br />
Ein Hauch von Spanien<br />
Tramlink als Typ 6N2 <strong>im</strong> Rostocker Linienbetrieb Am 30. Juli war es soweit: Die RSAG<br />
übergaben die Niederflurwagen vom Vossloh-Typ „Tramlink“ dem Linienverkehr. Bis Weihnachten<br />
sollen alle 13 <strong>im</strong> spanischen Valencia montierten Wagen an der Ostseeküste <strong>im</strong> Einsatz stehen<br />
Schon lange tragen die zwischen 1994<br />
und 1996 gebauten 40 Niederflurwagen<br />
des Typs 6NGTWDE (jetzt<br />
als 6N1 bezeichnet) die Hauptlast<br />
des Straßenbahnverkehrs in Rostock. Unterstützt<br />
werden sie bislang noch von Straßenbahnzügen,<br />
die aus einem Tatra-Triebwagen<br />
des Typs T6A2M und jeweils einem<br />
Niederflurbeiwagen vom Typ 4NBWE (Bau -<br />
jahre 2001/02) bestehen und von Montag<br />
bis Freitag vornehmlich auf der Linie 1 (siehe<br />
SM 1/2013) zum Einsatz kommen.<br />
Insgesamt gab es in Rostock 22 solcher<br />
Züge, deren Anzahl in den vergangenen<br />
Jahren jedoch kontinuierlich abnahm. Nach<br />
25 Einsatzjahren sind die Tatrawagen am<br />
Ende ihrer Einsatzdauer angelangt und werden<br />
nun durch 13 Niederflurtriebwagen<br />
vom Vossloh-Typ „Tramlink“ ersetzt. Das<br />
international tätige Unternehmen setzte sich<br />
bei der Ausschreibung gegen die Konkurrenten<br />
aus dem In- und Ausland durch – der<br />
Vorschlag von Vossloh Kiepe (Düsseldorf)<br />
und Vossloh Rail Vehicles (Valencia) für einen<br />
auf den ersten Blick ungewöhnlich erscheinenden<br />
Wagen fand Zust<strong>im</strong>mung.<br />
Weltpremiere in Rostock<br />
Es handelt sich um einen 32 Meter langen,<br />
fünfteiligen, sechsachsigen und dabei vollständig<br />
niederflurigen Gelenktriebwagen, dessen<br />
Wagenkastenbreite dank „Bombierung“<br />
opt<strong>im</strong>ale Platzausnutzung gestattet: In Höhe<br />
des Fahrwerkes und der Bahnsteigkanten<br />
beträgt die Breite 2,30 Meter, um danach in<br />
Höhe des Fensterbandes 2,65 Meter zu erreichen.<br />
Somit kann in dem mehrteiligen<br />
Fahrzeug eine bessere Anordnung der Sitzplätze<br />
erreicht und gleichzeitig die Kapazität<br />
erhöht werden. Dem Fahrgastwechsel dienen<br />
sechs barrierefreie Türen, von denen die<br />
erste und die letzte einflügelig ausgeführt<br />
sind, die übrigen zweiflügelig. Erhalten blieben<br />
die Rostocker Farben weiß und blau,<br />
wenngleich die RSAG die Farbnuancen etwas<br />
veränderte, was den Fahrzeugen sehr<br />
gut zu Gesicht steht.<br />
Der Gelenktriebwagen ist konstruktiv für<br />
70 km/h ausgelegt, <strong>im</strong> Linienverkehr werden<br />
jedoch max<strong>im</strong>al 60 km/h gefahren. Für<br />
eine besondere Energieeffizienz der in Rostock<br />
als Typ 6N2 geführten Fahrzeuge sorgen<br />
hochleistungsfähige Energiespeicher, sogenannte<br />
Supercaps. Vier Fahrmotoren mit<br />
einer Leistung von je 100 Kilowatt garantieren<br />
für eine gute Beschleunigung. Anders<br />
als andernorts wird in Rostock jedoch nicht<br />
über ein Fahren ohne Oberleitung nachgedacht,<br />
sondern die Bremsenergie zwischengespeichert<br />
und be<strong>im</strong> Anfahren oder aber<br />
für Heizung und Kl<strong>im</strong>atisierung verwendet.<br />
Dadurch sinkt der Energiebedarf der leer 44<br />
Tonnen wiegenden Niederflurwagen. Der<br />
Wagenkasten wird <strong>im</strong> spanischen Valencia<br />
bei Vossloh España gefertigt, die elektrische<br />
Ausrüstung stammt von Kiepe.<br />
52 <strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 10 | 2014
Rostocks 6N2<br />
Am Wochenende der Hanse Sail waren<br />
die 6N2 bis spät in die Nacht unterwegs.<br />
In schöner Abendst<strong>im</strong>mung ist Tw 601<br />
zwischen Reutershagen und Kunsthalle<br />
unterwegs. Erstmalig waren an diesem<br />
8. August 2014 alle vier abgenommenen<br />
Triebwagen <strong>im</strong> Einsatz MARTIN JUNGE (2)<br />
Tramlink in Rostock<br />
Tw-Nr. Anlieferung Linien-Ersteinsatz<br />
601 20.12.2013 30.07.2014<br />
602 29.11.2013 30.07.2014<br />
603 03.03.2014 08.08.2014<br />
604 07.04.2014 31.07.2014<br />
605 26.06.2014<br />
606 21.07.2014<br />
607 31.07.2014<br />
Im Inneren des Fahrzeuges dominieren<br />
weißgraue Flächen, die Sitzpolster sind<br />
blau. Von den 71 Sitzen ist eine relative<br />
hohe Anzahl entgegen der Fahrtrichtung<br />
montiert, andere sind als Längssitze ausgeführt.<br />
Die größere Fahrzeugbreite und die<br />
Wagenlänge haben sich nicht auf die Gestaltung<br />
des Innenraumes niedergeschlagen:<br />
Die Deckenhöhe ist mit etwas mehr als zwei<br />
Meter vergleichsweise niedrig und die horizontalen<br />
Haltestangen dürften bei groß gewachsenen<br />
Fahrgästen bald des Öfteren für<br />
Kopfschmerzen sorgen.<br />
H<strong>im</strong>mlischer Innenraum<br />
Das Raumkonzept der RSAG sieht vor, dass<br />
sich jeweils Sitzlandschaften mit Mehrzweckbereichen<br />
abwechseln. Zu erkennen<br />
ist dies für den Fahrgast an einer auffälligen<br />
gelben Markierung auf dem Fußboden, wie<br />
auch an der Fahrzeugdecke: Die RSAG verwendete<br />
zur Verkleidung des Deckenraumes<br />
verschiedene Wolkenfotografien aus der<br />
Region: So sind die Sitzbereiche mit einem<br />
ruhigen, blauen H<strong>im</strong>mel versehen; die<br />
Mehrzweckbereiche mit einem unruhigen,<br />
dunkleren H<strong>im</strong>mel. Gegenüber der zweiten<br />
Tür befindet sich der Fahrkartenautomat<br />
und für die Fahrgastinformation sorgen<br />
erstmals in Rostocks Straßenbahnen fünf<br />
Monitore.<br />
Verzögerungen bei Lieferung<br />
Der erste neue Straßenbahnwagen (Tw 602)<br />
aus Spanien erreichte Rostock per Tieflader<br />
am 29. November 2013 und damit um fast<br />
ein ganzes Jahr später als avisiert. Der<br />
Trans port erfolgte per Schiff von Valencia<br />
bis Rotterdam und von dort per Tieflader<br />
nach Rostock. Der Zulassungsprozess und<br />
die Probefahrten zogen sich aufgrund technischer<br />
Probleme bis weit in das Frühjahr<br />
2014 hinein, so dass die RSAG den für Mai<br />
geplanten Beginn des Linieneinsatzes verschob.<br />
Das führte in der örtlichen Presse zu<br />
kritischen Beiträgen wie „Oje statt Olé –<br />
neue Straßenbahnen voller Mängel“. Dennoch<br />
begann nach erfolgter Zulassung <strong>im</strong><br />
Mai die Schulung des Fahrpersonals.<br />
So präsentiert sich die neue Fahrzeuggeneration in Rostock den<br />
Fahrgästen. In den Sitzbereichen zeigt sich blauer H<strong>im</strong>mel mit<br />
Wolken. Gelbe Flächen kennzeichnen Mehrzweckbereiche mit<br />
Stellflächen für Fahrräder und Rollstühle<br />
Am 30. Juli war es endlich so weit: Im<br />
Rahmen einer kleinen Feier auf dem Betriebshof<br />
Hamburger Straße, an der Landesund<br />
Kommunalpolitiker, die Vorstände der<br />
RSAG und Vertreter von Vossloh teilnahmen,<br />
wurden die 6N2 dem Linienverkehr<br />
übergeben.<br />
Nach einer Sonderfahrt für geladene Gäste<br />
kamen zwei Triebwagen nachmittags als<br />
Verstärkerfahrten auf der Linie 1 zum Einsatz.<br />
Die RSAG informierte zuvor <strong>im</strong> Internet<br />
über den Ersteinsatz der neuen Bahnen<br />
und verteilte Handzettel mit dem Fahrplan<br />
an Fahrgäste und Passanten.<br />
Gegenwärtig kommen die 6N2 vorrangig<br />
auf der Linie 1 zum Einsatz, gemeinsam mit<br />
den sukzessive zu ersetzenden Tatrawagen und<br />
den Niederflurwagen der ersten Generation.<br />
Zur Hanse Sail <strong>im</strong> August waren die vier bisher<br />
für den Linienverkehr zugelassenen Triebwagen<br />
601 bis 604 <strong>im</strong> Einsatz. Die Anzahl der<br />
eingesetzten Fahrzeuge der neuesten Generation<br />
wird sich mit den weiteren Zulassungen<br />
stetig erhöhen – die RSAG rechnet damit,<br />
noch vor Weihnachten alle 6N2 <strong>im</strong> Linienverkehr<br />
einzusetzen zu können. MARTIN JUNGE<br />
Im Heft 11 erinnern wir an den Einsatz der<br />
letzten Tatra-T6A2M in Rostock.<br />
<strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 10 | 2014<br />
53
Fahrzeuge<br />
Vor 100 Jahren von der Magdeburger<br />
Straßen-Eisenbahn-Gesellschaft (MSEG) in<br />
Dienst gestellt: Der Bw 300, hier am 14. Juni<br />
2014 in seiner aktuellen Lackierung<br />
<strong>im</strong> Schlepp von Tw 70<br />
RALF KOZICA<br />
Ein Chamäleon wird 100<br />
100 Jahre Magdeburgs Bw 300 Er trug in den vergangenen Jahren ganz unterschiedliche<br />
Lackierungen und Verzierungen: der 1914 in Hamburg gebaute Beiwagen 300. Aber welche<br />
Hintergründe gibt es dafür – und was könnte der Jubilar heute alles erzählen?<br />
Im Vorfeld der 300. Ausgabe des<br />
<strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> kam<br />
der historische Beiwagen 300 der Magdeburger<br />
Verkehrsbetriebe (MVB) ins<br />
Blickfeld der Redaktion. Gespräche mit<br />
dem Verein IGNah, dessen Mitglieder die<br />
historischen Fahrzeuge der MVB in deren<br />
Auftrag betreuen, brachten die Erkenntnis,<br />
dass es 2014 ein weiteres Jubiläum zu würdigen<br />
gibt: das 100. des Bw 300!<br />
Der Blick in die Geschichte des Fahrzeugs<br />
führt zu einem Ereignis zurück, welches vor<br />
100 Jahren für die Menschen jener Zeit einschneidende<br />
Veränderungen <strong>im</strong> persönlichen<br />
und <strong>im</strong> gesellschaftlichen Leben mit<br />
sich brachte und den Lauf der Geschichte in<br />
eine ungeahnte Richtung lenkte: der Erste<br />
Weltkrieg.<br />
Dass während dieses Krieges Straßenbahnwagen<br />
für zivile Zwecke entstanden,<br />
erscheint <strong>im</strong> Rückblick erstaunlich. Denn<br />
seit Kriegsbeginn waren sowohl Waggonbaufirmen<br />
als auch Betriebe der Elektroindustrie<br />
mit Aufträgen für die Rüstung ausgelastet.<br />
Zudem stiegen die Rohstoffpreise,<br />
insbesondere für Kupfer und Metallguss, in<br />
kaum noch zu kalkulierendem Maße.<br />
Waggonfabrik Falkenried als<br />
zuverlässiger Lieferant<br />
Für die Magdeburger Straßen-Eisenbahn-<br />
Gesellschaft (MSEG) hatte 1898 die Berliner<br />
„Union-Elektricitäts-Gesellschaft“ (UEG)<br />
das Projekt der Einrichtung des elektrischen<br />
Betriebs vertraglich übernommen: Am 17.<br />
Juli 1899 fuhren die ersten elektrischen<br />
Triebwagen der MSEG. Zur Erstausstattung<br />
gehörten ausschließlich Fahrzeuge mit<br />
offenen Perrons (110 Zweiachser und 20<br />
Max<strong>im</strong>um-Vierachser), die von der zum<br />
UEG-Firmengeflecht gehörenden Waggonfabrik<br />
Falkenried der Hamburger „Straßen-<br />
Eisenbahn-Gesellschaft“ (SEG) geliefert<br />
wurden. Als Beiwagen fanden umgebaute<br />
Pferdebahnwagen und Beiwagen der Herrenkrug-Dampftram<br />
Verwendung, die ebenfalls<br />
offene Perrons aufwiesen. Insbesondere<br />
die ehemaligen Pferdebahnwagen waren<br />
jedoch relativ klein und mit ihrer Platzkapazität<br />
den steigenden Fahrgastzahlen mit<br />
Blick auf die Zukunft kaum gewachsen.<br />
Die Frage, weshalb sich die MSEG Anfang<br />
der 1910er-Jahre zunächst nur zur Bestellung<br />
neuer Beiwagen entschloss, muss<br />
54 <strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 10 | 2014
Magdeburgs Bw 300<br />
nach heutigem Kenntnisstand unbeantwortet<br />
bleiben. Da das Unternehmen für das<br />
Elektrifizierungsprojekt hohe Kredite aufgenommen<br />
hatte, könnte die damalige Finanzlage<br />
der Gesellschaft den Ausschlag für<br />
diese Entscheidung gegeben haben. Von der<br />
Beiwagen-Baureihe, zu welcher der Wagen<br />
300 gehört, stellte die zur Hamburger SEG<br />
gehörende Waggonfabrik Falkenried 25<br />
Fahrzeuge in zwei Lieferserien her. Die ersten<br />
15 Wagen (Nr. 278 bis 292) lieferte das<br />
Werk 1911, weitere zehn (Nr. 293 bis 302)<br />
folgten 1914. Parallel dazu erhielt die<br />
MSEG von der Waggonfabrik Falkenried<br />
auch noch fünf vierachsige Beiwagen. Sowohl<br />
die Zwei- als auch die Vierachser waren<br />
mit geschlossenen Perrons ausgestattet.<br />
Zweiteilige Klapptüren<br />
als Besonderheit<br />
Erst bei genauerer Betrachtung fallen als Besonderheit<br />
all dieser Beiwagen zweiteilige<br />
Klapptüren für den Ein- und Ausstieg der<br />
Fahrgäste auf. Man könnte diese Konstruktion<br />
als Übergangsbauart zu den Perronschiebetüren<br />
späterer Fahrzeugbaureihen<br />
sehen, denn <strong>im</strong> Alltagsbetrieb fuhren sie<br />
meist mit auf der Einstiegsseite geöffneten<br />
Klapptüren. Das Problem besteht nämlich<br />
für den Fahrgast bis heute darin, dass er<br />
ohne Hilfe des Schaffners die Tür nicht vollständig<br />
öffnen kann. Der mit einer Klinke<br />
ausgestattete Türflügel lässt sich zwar von<br />
außen öffnen, der andere Türflügel ist jedoch<br />
innen am oberen Türrahmen mit einem<br />
federnden Riegel arretiert. Nur wirklich<br />
dünnen Fahrgästen gelingt es, durch die<br />
halb geöffnete Tür einzusteigen.<br />
Das Auf- und Zuschlagen der Türen während<br />
der Fahrt verhindern übrigens zwei<br />
weitere federnde Arretierungsbügel. Vielleicht<br />
ist diese ungewöhnliche Konstruktion<br />
auch der Tatsache geschuldet, dass die geschlossenen<br />
Beiwagen zunächst nur hinter<br />
Triebwagen mit offenen Perrons zum Einsatz<br />
kommen konnten und es der Arbeitsweise<br />
Schaffner entsprochen hat, „in aller<br />
Offenheit“ zu agieren?<br />
Ab 1915 erhielt die MSEG dann neue<br />
zweiachsige Triebwagen mit geschlossenen<br />
Perrons, die den Falkenried‘schen Zweiachser-Beiwagen<br />
äußerlich ähnelten, allerdings<br />
einen größeren Achsstand aufwiesen.<br />
Die Zeichnung des Triebwagentyps, der mit<br />
einem Genehmigungsvermerk vom Juni<br />
1914 bei der Waggonfabrik Wismar in Auftrag<br />
gegeben wurde, zeigt den Wagen noch<br />
mit Klapptüren. Ab Werk verfügten die<br />
Fahrzeuge jedoch über zeitgemäße Schiebetüren.<br />
Während die ersten vier Triebwagen<br />
1915 mit den Betriebsnummern 130 bis<br />
134 in der Waggonfabrik Wismar entstanden,<br />
fertigte die zweite Serie (Tw 135 bis<br />
138) <strong>im</strong> Jahr 1916 die Gottfried Lindner<br />
AG in Ammendorf bei Halle (Saale). Aus<br />
Der an der Endstelle Herrenkrug fotografierte Tw 140 gehört zur HAWA-Lieferung von 1921.<br />
Seine Seitenbleche sind mit Zierlinien versehen, die bei Aufnahmen älterer Wagen fehlen<br />
Um 1965 fährt ein Zug auf der Otto-von-Guericke-Straße aus der Haltestelle am Hotel International.<br />
Bw 283 ist auf schaffnerlosen Zahlboxbetrieb umgerüstet: Über den Türen befinden<br />
sich Lichtkästen für die Signallampe und die Türraumbeleuchtung<br />
So endete in Magdeburg der Großteil der Trieb- und Beiwagen aus der Anfangszeit des elektrischen<br />
Betriebes. Im Jahr 1971 fackelten die Verkehrsbetriebe unter anderem den mit dem Bw 300<br />
baugleichen Bw 297 auf dem Freigelände des Depots Westerhüsen ab<br />
FOTOS (3): SLG. IGNAH<br />
<strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 10 | 2014<br />
55
Fahrzeuge<br />
Anlässlich „100 Jahre Magdeburger Straßenbahn“ präsentierten die Verkehrsbetriebe am 2. Juli<br />
1977 den rollfähig restaurierten Zug aus Tw 138 und Bw 300 auf dem Alten Markt RALF KOZICA (2)<br />
dieser Lieferung stammt der heutige historische<br />
Tw 138.<br />
Die dritte Serie stellte 1921 die Hannoverschen<br />
Waggonfabrik AG (HAWA) her,<br />
sie umfasste die vier in leicht geänderter<br />
Ausführung gebauten Tw 139 bis 142.<br />
Auffallend luxuriöse Ausstattung<br />
Die hölzernen Aufbauten der Trieb- und<br />
Beiwagen waren mit Blechen verkleidet. Die<br />
Innenausstattung der Fahrzeuge fiel vergleichsweise<br />
luxuriös aus, vor allem wenn<br />
man bedenkt, dass der Erste Weltkrieg an<br />
der Westfront gerade zu einer bis dahin ungekannten<br />
Menschen- und Materialschlacht<br />
ausartete. Auf den mit Plüsch gepolsterten<br />
Sitzen fanden jeweils 18 Personen Platz.<br />
Diese Quersitze waren je nach Fahrtrichtung<br />
umklappbar. Von den Stehplätzen<br />
konnten 27 Fahrgäste <strong>im</strong> Trieb- und 37 <strong>im</strong><br />
Beiwagen die edle Holzverkleidung des Innenraums,<br />
die farbigen Oberlichtfenster<br />
und die elektrische Beleuchtung bewundern.<br />
Die Seitenfenster waren als Fallfenster ausgeführt,<br />
die mit Lederriemen in verschiedenen<br />
Höhen fixiert werden konnten. Unangenehme<br />
Sonneneinstrahlung milderten die<br />
Fahrgäste mit Rollos oder Vorhängen.<br />
Einige der Beiwagen rüsteten die Magdeburger<br />
Verkehrsbetriebe ab 1964 noch<br />
für schaffnerlosen Zahlboxbetrieb um.<br />
Dazu war nicht nur die Befestigung der<br />
Boxen an speziellen Halterungen („Haarnadeln“<br />
genannt), sondern auch die Ausstattung<br />
jeder Einstiegstür mit einer Türraumbeleuchtung<br />
sowie akustischer und<br />
optischer Abfahrtssignalgebung erforderlich.<br />
Dafür war bei den Altbaufahrzeugen<br />
wiederum der Einbau einer 24-Volt-Kleinspannungsanlage<br />
Voraussetzung, in die<br />
dann auch die Außenbeleuchtung der<br />
Fahrzeuge einbezogen wurde. Die Aus-<br />
sonderung der Beiwagen-Baureihe erfolgte<br />
zwischen 1967 und 1971.<br />
Von einer Zerlegung nach heutigen<br />
Maßstäben konnte dabei nicht die Rede<br />
sein, denn Mitarbeiter der Verkehrsbetriebe<br />
zündeten die hölzernen Wagenkästen mittels<br />
Brandbeschleuniger zunächst erst einmal<br />
an.<br />
Erst angezündet, dann Rest zerlegt<br />
Das übriggebliebene Fahrgestell zerlegten<br />
sie anschließend und führten die Metallteile<br />
dem Sekundärrohstoffkreislauf zu. Die<br />
von Anwohnern des Depots in Westerhüsen<br />
beklagte starke Qualmentwicklung führte<br />
später dazu, dass die Zerlegung von Altfahrzeugen<br />
auf „kaltem Wege“ erfolgte.<br />
Die Triebwagen erlebten zwar noch den<br />
schaffnerlosen „Z-Wagen“-Betrieb, aber<br />
nicht mehr den Zahlboxbetrieb. Einen Z-<br />
Wagen durften nur Inhaber von Zeitkarten,<br />
also Wochen- oder Monatskarten, die dem<br />
Fahrer vorzuzeigen waren, benutzen. Einige<br />
Triebwagen erhielten eine Gnadenfrist als<br />
Arbeitsfahrzeuge, doch zwischen 1966 und<br />
1972 sonderten die Verkehrsbetriebe fast<br />
alle Wagen aus.<br />
Jubiläum 1977 rettendes Ereignis<br />
Lediglich einem Triebwagen blieb die Verschrottung<br />
erspart – der heutige historische<br />
Tw 138 entging dem „Feuerende“ dank seiner<br />
Verwendung als Fahrschulwagen. Bereits<br />
1934 ließen ihn die Verkehrsbetriebe<br />
zum „Teufelswagen“ umbauen. Bis in die<br />
1970er-Jahre trieb er allen Fahrschülern<br />
und Fahrschülerinnen den Schweiß auf die<br />
Stirn, denn der Fahrlehrer konnte dank besonderer<br />
technischer Einrichtungen Betriebsstörungen<br />
s<strong>im</strong>ulieren.<br />
Heute gilt der aus dem Tw 138 und dem<br />
Bw 300 gebildete Zug als Flaggschiff der<br />
Die Innenausstattung von Tw 128 und Bw 300 ist heute liebevoll restauriert und beeindruckt<br />
die Fahrgäste <strong>im</strong>mer wieder aufs Neue, hier am 2. Juni 2012<br />
Der Außenanstrich der ersten Wagen<br />
Gemäß des „Protokoll über die Besprechung betr.<br />
Einrichtung der Motor- und Anhängewagen am<br />
18. Oktober 1898“ legten das Direktorium und<br />
die Betriebsleitung der Magdeburger Straßenbahn<br />
an diesem Tag unter anderem fest:<br />
„Bezl. der Ausführung nehmen wir Bezug auf<br />
die der Hamburger-Strassenbahn-Gesellschaft<br />
bekanntgegebenen Bedingungen. Bezl. des letzten<br />
Anstriches wird festgesetzt, dass die Seitenflächen<br />
unterhalb der Schutzleiste in postgelb, alle<br />
übrigen Teile … waggongrün zu halten und gelb<br />
abzusetzen (sind). Betr. der Details und der Ausführung<br />
sollen Proben schnellstens eingereicht<br />
werden. Auf den gelben Teil der Seiten flächen soll<br />
die Firma und zwar „Magdeburger Strassen-Eisenbahn“<br />
gesetzt werden. Über die Art und Grösse der<br />
Schrift werden Proben vorgelegt werden. Die<br />
Dachflächen sind, nicht wie in den Bedingungen<br />
angegeben, weiss, sondern hellgrau zu streichen.<br />
Über den Ton der Farbe wird Probe vorgelegt werden.<br />
Die Stirnwände sind in der ganzen Ausdehnung<br />
waggongrün zu halten, die Fugenleisten sind<br />
gelb abzusetzen. Ferner sind an den Stirnwänden<br />
Schilder anzubringen, die einen Hinweis darauf<br />
enthalten, dass das Publikum den Anordnungen<br />
des Dienst-Personals Folge zu leisten hat.“<br />
Das hier zitierte Protokoll aus dem Jahr 1898 fand<br />
sich in diesem Jahr <strong>im</strong> Nachlass des ehemaligen<br />
MSEG-Direktors Carl Heßler an.<br />
56<br />
<strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 10 | 2014
Magdeburgs Bw 300<br />
Im Jahr 2009 trugen Tw 138 und Bw 300 kurze Zeit<br />
unterschiedliche Lackierungen, hier auf dem Gelände der<br />
Magdeburger Hauptwerkstatt am 5. September 2009<br />
MARCO VOSS<br />
historischen Fahrzeuge in Magdeburg. Beide<br />
Wagen sind aber auch „Chamäleons“,<br />
denn sie wechselten <strong>im</strong> Laufe der Jahre ihre<br />
Farbgebung wie keine anderen. Die kräftige<br />
Lackierung in Grün und Postgelb aus<br />
der Anfangszeit der Straßenbahn löste in<br />
den 1920er-Jahren eine expressionistische<br />
Farbgebung in den Magdeburger Stadtfarben<br />
weiß, rot und grün ab. Das vom Magdeburger<br />
Stadtbaurat Bruno Taut initiierte<br />
Konzept der „bunten Stadt“ empfanden<br />
viele Bürger jedoch als Provokation. Ab<br />
Mitte der 1920er-Jahre ließ die MSAG alle<br />
Straßenbahnwagen einheitlich Elfenbein<br />
mit grünen Absetzstreifen lackieren.<br />
Zum Jubiläum „100 Jahre Magdeburger<br />
Straßenbahn“ <strong>im</strong> Jahr 1977 erhielt der von<br />
Straßenbahnenthusiasten vor der Verschrottung<br />
gerettete Zug erneut eine kräftige<br />
grün-gelbe Farbgebung. 1999 erfolgte<br />
dank umfangreicher Förderung die betriebsfähige<br />
Restaurierung des Zuges, dessen<br />
farbiges Erscheinungsbild erhalten<br />
blieb, jedoch Ornamente detaillierter gestaltete<br />
wurden.<br />
Schriftstück zur Farbgebung entdeckt<br />
Mitglieder der Interessengemeinschaft Historischer<br />
Nahverkehr & Straßenbahnen bei<br />
den MVB e.V. (IGNah) recherchierten <strong>im</strong><br />
Jahr 2010 erneut zur Farbgebung, fanden<br />
aber damals keinen Beweis dafür, wie die<br />
Wagen bei ihrer Inbetriebnahme vor rund<br />
100 Jahren tatsächlich aussahen.<br />
Erst be<strong>im</strong> Einblick in die Akten aus dem<br />
Nachlass des MSEG-Direktors Carl Heßler<br />
fand sich 2014 das „Protokoll über die Besprechung<br />
betr. Einrichtung der Motor- und<br />
Anhängewagen am 18. Oktober 1898“. Die<br />
bei dieser Sitzung anwesenden Herren – Direktor<br />
Klitzing, Direktor Hessler, Inspektor<br />
Ruh und Ingenieur Wolff – legten neben anderen<br />
Dingen die Farbgebung der ersten<br />
elektrischen Triebwagenserie fest – siehe<br />
Kasten.<br />
Dieses nebenstehend zitierte Dokument<br />
stützt zwar die grün-gelbe Farbgebung.<br />
Doch einen Firmen-Schriftzug hat es auf<br />
den Wagen der elektrischen Straßenbahn in<br />
Daten & Fakten: Tw 138 und Bw 300<br />
Magdeburg nie gegeben, weshalb man dieses<br />
Sitzungsprotokoll in Bezug auf die Farbgebung<br />
der Fahrzeuge auch nicht als eindeutigen<br />
Beweis werten kann.<br />
Die Entscheidung des Vereins IGNah <strong>im</strong><br />
Jahre 2010, die Wagen 138 und 300 in zwei<br />
unterschiedlichen Grün-Tönen und Elfenbein<br />
zu lackieren sowie mit reichhaltigen<br />
Ornamenten auszustatten, ermöglicht heute<br />
<strong>im</strong> Sonderfahrbetrieb die Bildung von<br />
harmonisch wirkenden Zügen, auch in<br />
Kombination mit anderen historischen<br />
Wagen.<br />
RALF KOZICA<br />
Triebwagen 138 Beiwagen 300<br />
Baujahr 1916 1914<br />
Hersteller Gottfried Lindner AG, Ammendorf Waggonfabrik Falkenried, Hamburg<br />
Elektrische Ausrüstung AEG UEG<br />
Motorisierung 2 x 39 Kilowatt, Bauart AEG U 158 –<br />
Fahrschalter AEG FB 6 –<br />
Bremssysteme elektrodynamische Widerstands- elektromechanische Bremse<br />
bremse(„Motorbremse“) als (Solenoidbremse) als Betriebsbremse,<br />
Betriebsbremse,Handbremse Handbremse (Klotzbremse)<br />
(Klotzbremse) als Feststellbremse als Feststellbremse<br />
Wagenkastenlänge 9.100 mm 9.100 mm<br />
Achsabstand 2.500 mm 2.200 mm<br />
Fußbodenhöhe Perrons 700 mm 700 mm<br />
Wagenbreite 2.150 mm 2.150 mm<br />
Wagenhöhe 3.350 mm 3.350 mm<br />
Sitzplätze 18 18<br />
Stehplätze 27 37<br />
<strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 10 | 2014<br />
57
Geschichte<br />
Einst<br />
&Jetzt<br />
An der Wendenschloßstraße 138 in Berlin-Köpenick<br />
befindet sich einer der schönsten Straßenbahnhöfe<br />
Berlins. Die zwischen 1903 und 1906<br />
errichtete kleine Halle wurde <strong>im</strong> Jahr 1910<br />
durch die große zwölfgleisige Fahrzeughalle, von<br />
der hier ein Teil sichtbar ist, ergänzt. Der Hof<br />
beherbergte von jeher Wagen für die Köpenicker<br />
Linien. Trotz der in den 1920er-Jahren eröffneten,<br />
einzigen Verbindungsstrecke mit der Berliner<br />
Straßenbahn führte und führt das „Köpenicker<br />
Netz“ durch die Linienverläufe bis heute ein gewisses<br />
Eigenleben.<br />
Auf dem Foto vom 31. August 1985 ist neben<br />
den vierachsigen Gotha-Großraumwagen ein<br />
Reko-Dreiwagenzug zu sehen, der mit 21 beschildert<br />
ist. Die Linie 21 war seinerzeit mit 20,7<br />
Kilometern die längste Tageslinie Berlins, die von<br />
der Eberswalder Straße bis zum Krankenhaus<br />
Köpenick und nur an den Wochenenden verkehrte.<br />
Die Linie 123 war neben der Linie 124 (mit<br />
23,2 Kilometern die längste Berliner Linie insgesamt)<br />
eine in Köpenick verkehrende Nachtline.<br />
Von 1993 bis 1999 wurde der Hof umgestaltet,<br />
denkmalgerecht saniert und er zeigt sich am 26.<br />
August 2011 in seiner ganzen Pracht. Stationiert<br />
sind heute in Köpenick auch noch sehr viele modernisierte<br />
Wagen vom Tatratyp KT4D. Rechts<br />
gut erkennbar ist der neu errichtete Waschanlagenhallenanbau.<br />
Der Betriebshof steht auf der<br />
Berliner Landesdenkmalliste.<br />
TEXT UND FOTOS: BERNHARD KUSSMAGK<br />
58<br />
<strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 9 | 2014
Einst & Jetzt<br />
<strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 10| 2014<br />
59
Geschichte<br />
Mit bis zu 300 Fahrgästen?<br />
Trams in der Wirtschaftswunderzeit In den 1950er-Jahren setzte in der Bundesrepublik ein unerwartet<br />
schnelles Wirtschaftswachstum ein. Die Straßenbahnen vieler westdeutscher Städte erlebten<br />
eine letzte Blüte, danach ging es rasch abwärts. Erinnerungen an eine faszinierende Zeit.<br />
Nach dem Zweiten Weltkrieg lag die<br />
deutsche Wirtschaft in allen vier<br />
Besatzungszonen am Boden. Doch<br />
während die Sowjets danach in<br />
Mitteldeutschland fast alle der dort noch<br />
vorhandenen Industriebetriebe demontieren<br />
ließen und deren Maschinen als Reparation<br />
beanspruchten, hielt sich das „Siegergebaren“<br />
der Westmächte in Grenzen.<br />
Der <strong>im</strong> April 1948 in den USA zur Unterstützung<br />
Westeuropas verabschiedete<br />
Marshallplan kam vor allem auch Westdeutschland<br />
und Österreich zugute – war es<br />
in den Zeiten des kalten Krieges den USA<br />
doch wichtig, in beiden Ländern ein starkes<br />
Bollwerk gegen den Kommunismus aufzubauen.<br />
Hauptaugenmerk Wiederaufbau<br />
Ein Hauptaugenmerk des Wiederaufbaus<br />
lag nach 1945 in der Reparatur der Infrastruktur.<br />
Zu dieser gehörten neben den elementar<br />
wichtigen Eisenbahnstrecken für<br />
den überregionalen Verkehr vor allem die<br />
Straßenbahnen in den Städten und deren<br />
Vororten. Der Instandsetzung von Gleisen<br />
und Fahrzeugen der Trambetriebe maßen<br />
die einzelnen Kommunen aber natürlich<br />
auch ohne das Wissen um die gesamtglobalen<br />
Zusammenhänge großes Augenmerk<br />
bei.<br />
Meist war bereits Ende der 1940er-Jahre<br />
der Großteil der Strecken wieder befahrbar<br />
und von reparierten oder heil über die<br />
Kriegsjahre gekommenen Wagen <strong>im</strong> Regeldienst<br />
befahren. Die letzten Reparaturen an<br />
den zum Wiederaufbau vorgesehenen Linien<br />
schlossen die Betriebe meist Anfang der<br />
1950er-Jahre ab. Andere Streckenabschnitte<br />
fielen zu dieser Zeit bereits dem Rotstift<br />
zum Opfer. Die <strong>im</strong> <strong>STRASSENBAHN</strong> MA-<br />
GAZIN regelmäßig veröffentlichten Por-<br />
60 <strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 10 | 2014
Wirtschaftswunderzeit<br />
RECHTS Auch die aus der<br />
Vorkriegszeit stammenden<br />
Max<strong>im</strong>umwagen<br />
der Münchner<br />
Straßenbahn boten ein<br />
beachtliches Fassungsvermögen,<br />
hier der Tw<br />
447 mit Bw 37 am<br />
25. Juli 1961 in der<br />
Leopoldstraße<br />
WILHELM ECKERT,<br />
SLG. WOLFGANG MEIER<br />
LINKS Der Düsseldorfer<br />
GT8 Nr. 1264 legt <strong>im</strong><br />
Juni 1965 am Jan-<br />
Wellem-Platz einen<br />
Halt ein. Aus diesen<br />
Gelenktriebwagen<br />
und Großraum-Beiwagen<br />
gebildete Züge<br />
hatten ein reguläres<br />
Fassungsvermögen<br />
von weit über 200<br />
Personen – und wenn<br />
es eng wurde ...<br />
BRIAN TURNER<br />
RECHTS Am Bonner<br />
Hauptbahnhof<br />
herrschte <strong>im</strong> September<br />
1969 dichtes<br />
Gedränge. Bedienten<br />
hier die<br />
Großraumwagen<br />
die Haltestelle, war<br />
für Pkw Parkverbot<br />
GRAHAM FEAKINS<br />
träts einzelner Betriebe legen davon Zeugnis<br />
ab. Erinnert sei exemplarisch an Hamburg,<br />
Köln, Bonn oder Dortmund.<br />
Neue Wagen braucht das Land<br />
Nachdem die westdeutschen Waggonbaufabriken<br />
wieder arbeitsfähig waren, halfen<br />
sie zunächst bei der Instandsetzung vorhandener<br />
Wagen. Sie fertigten neue Wagenkästen<br />
– teils nach dem Vorbild der betreffenden<br />
Konstruktionen – <strong>im</strong> Normalfall aber<br />
vereinfacht nach einheitlichen, zeitgenössischen<br />
Grundsätzen als Aufbauwagen. Parallel<br />
lief – am bekanntesten zum Beispiel<br />
bei der Fa. Fuchs in Heidelberg – die Produktion<br />
der als „Kriegsstraßenbahnwagen“<br />
(KSW) konzipierten Zweiachser weiter. Daran<br />
erinnert kürzlich Axel Reuther in seinem<br />
KSW-Beitrag <strong>im</strong> <strong>STRASSENBAHN</strong><br />
<strong>MAGAZIN</strong> 1/1004.<br />
Anfang der 1950er-Jahre begannen die<br />
westdeutschen Straßenbahnbetriebe schließlich<br />
mit der Ersatzbeschaffung ihrer Vorkriegswagen<br />
– unvergessen sind die in diese<br />
Zeit entstandenen Großraumwagen, die<br />
ab 1956 lieferbaren Gelenktriebwagen sind<br />
bis heute legendär. Die Düsseldorfer Waggonfabrik<br />
AG (Düwag) in Uerdingen verdiente<br />
sich in diesen Jahrzehnten einen bis<br />
heute glänzenden Namen. Unternehmen<br />
wie die Maschinenfabrik Esslingen, die<br />
Waggonfabrik Rastatt, Wegmann in Kassel,<br />
die Deutsche Waggon- und Maschinenfabrik<br />
in West-Berlin oder Hansa Waggonbau<br />
in Bremen lieferten andere oder ähnliche<br />
Konstruktionen, die den Düwag-Konstruktionen<br />
in vielen Details ebenbürtig waren.<br />
Durch den Bau von <strong>im</strong>mer mehr Wendeschleifen<br />
entstanden dabei <strong>im</strong>mer mehr Einrichtungswagen.<br />
Die Spreu trennt sich vom Weizen<br />
Aufgrund des unerwartet schnellen und<br />
nachhaltigen Wirtschaftswachstums in der<br />
Bundesrepublik Deutschland – unsere Väter<br />
sprachen schon in den 1950er- und 1960er-<br />
Jahren selbst vom „Wirtschaftswunder“ –<br />
nahm die Individualmotorisierung rasch zu.<br />
Parallel zur Schienenfahrzeugindustrie<br />
punkteten natürlich außerdem auch die<br />
Hersteller von Bussen: Dem nicht spurgebundenen<br />
Straßenverkehr sprachen sowohl<br />
viele Vertreter der Bundes- und Landespolitik,<br />
aber auch Entscheidungsträger in den<br />
Rathäusern von „Straßenbahnstädten“ die<br />
Zukunft zu. Nun trennt sich die Spreu vom<br />
Weizen: In verschiedenen mittelgroßen und<br />
kleineren Städten wie Kiel, Flensburg, Hagen,<br />
Wuppertal, Neunkirchen oder Koblenz<br />
fiel die Entscheidung zur schrittweisen Beendigung<br />
des Trambetriebes. In anderen<br />
Städten erkannten die Verantwortlichen das<br />
Potential und die Unverzichtbarkeit des<br />
Schienenpersonennahverkehrs. Sie stellten<br />
die Weichen für den konsequenten Ausbau<br />
der Straßenbahnen und für den Umbauoder<br />
Neuaufbau zur bzw. als Stadtbahn.<br />
Wer sich an die Berichte <strong>im</strong> STRASSEN-<br />
BAHN <strong>MAGAZIN</strong> über die Tunnelpläne in<br />
Mannhe<strong>im</strong> erinnert, der weiß, dass aber natürlich<br />
alles auch übertrieben werden kann.<br />
Was zum „Aus“ der Hamburger Straßenbahn<br />
bis Ende der 1970er-Jahre führte, und<br />
erfordert – und verdient – stets einer gesonderten<br />
Betrachtung. Was dabei gern übersehen<br />
wird: In anderen Metropolen wie in<br />
München oder Nürnberg tickten die Uhren<br />
<strong>im</strong> Prinzip ganz ähnlich wie in Hamburg.<br />
<strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 10 | 2014<br />
61
Geschichte<br />
Im Berufsverkehr von Essen begegnete <strong>im</strong> Juni 1965 ein von Tw 1546 geführtes Großraum-Triebwagenpärchen<br />
samt zweiachsigem Beiwagen einem Gelenktriebwagen!<br />
BRIAN TURNER<br />
Am Hauptbahnhof von Frankfurt am Main war am 17. Mai 1963 der Tw 407 mit dem Bw 1624<br />
als Linie 13 nach Berkershe<strong>im</strong> unterwegs WILHELM ECKERT, SLG. WOLFGANG MEIER (2)<br />
Auch hier reduzierte sich das Tramnetz in<br />
der heute und hier gerade so gelobten<br />
„Wirtschaftswunderzeit“. Doch Städte wie<br />
München und Nürnberg bekamen später<br />
noch einmal die Kurve.<br />
Betriebliche Änderungen<br />
Zu den Merkmalen der „neuen Zeit“ gehörte<br />
es, dass sich die Abfertigungsmethoden der<br />
Straßenbahnen änderten. Wurden dafür einst<br />
oft technische Innovationen ins Feld geführt,<br />
so lagen die wahren Hindergründe vor allem<br />
in der Personalknappheit der Betriebe. In den<br />
produzierenden Unternehmen verdienten die<br />
Menschen rasch besser als bei der Straßenbahn,<br />
erinnern ältere Stuttgarter. Parallel begannen<br />
die Stadtverwaltungen spätestens in<br />
den 1960er-Jahren auf die Betriebs- und Personalkosten<br />
zu achten.<br />
Zu den ungewöhnlichen Kompositionen der<br />
1960er-Jahre gehörten die Vierwagenzüge in<br />
Köln, hier am 4. April 1963 der aus Tw 1974, Bw<br />
2974, Tw 1981 und einem weiteren Beiwagen<br />
gebildeter Zug an der Markgrafenstraße<br />
62 <strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 10 | 2014
Wirtschaftswunderzeit<br />
Die Hamburger Straßenbahn war in den 1950er- und 1960er-Jahren unverzichtbar. Die geräumigen Wagen vom Typ V6E fassten viele Dutzend<br />
Fahrgäste, hier der Tw 3025 mit dem Bw 4184 am 14. September 1961<br />
WOLFGANG MEIER<br />
Durch den Bau von Wendeschleifen entfiel<br />
das Umfahren von Beiwagen an den<br />
Endpunkten der Linien. Zum Beispiel in<br />
Stuttgart lief nach dem Krieg aber auch erst<br />
die Umrüstung von Stangen- auf Scherenstromabnehmer.<br />
Parallel stieg die Anzahl<br />
ferngesteuerter Weichen. In Summe reduzierte<br />
sich so die körperlich schwere Arbeit<br />
der Straßenbahnfahrer.<br />
300 Fahrgäste pro Zug?<br />
Die Überschrift dieses Beitrages fragt nach<br />
Situationen, in denen bis zu 300 Fahrgäste<br />
pro Straßenbahnzug. Dazu hat sich der<br />
Autor mit vielen „alten Hasen“ ausgetauscht.<br />
Ihr Grundtenor lautete dazu, dass<br />
es während der Wirtschaftswunderzeit<br />
nicht vordergründig darauf ankam, in einem<br />
Zug so viel wie möglich Fahrgäste zu<br />
Die Straßenbahn in Hagen gehörte zu den Betrieben,<br />
deren Netz in den 1960er-Jahren bereits<br />
empfindlich reduziert war, hier Tw 222 <strong>im</strong><br />
September 1969 in Haspe an der Corbacherstraße<br />
GRAHAM FEAKINS<br />
<strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 10 | 2014<br />
63
Geschichte<br />
Von der Koblenzer Straßenbahn hieß es <strong>im</strong> Juli 1967 Abschied zu nehmen. Im Vorjahr bedienten die zweiachsigen Wagen 40 und 41 am 10. September<br />
noch zuverlässig die Haltestelle am Hauptbahnhof<br />
V. SEELER, SLG. WOLFGANG MEIER<br />
befördern, sondern dass – wie in den Jahrzehnten<br />
davor die Lösung <strong>im</strong> Einsatz möglichst<br />
viele Fahrzeuge – Stichwort Verstärkerfahrten<br />
– lag.<br />
Anders als in der heutigen Zeit, in der<br />
Gleitzeiten den Arbeitsalltag prägen, begann<br />
die erste Schicht in den 1950er- und<br />
1960er-Jahren in fast allen deutschen Fabriken<br />
zu einem fest vorgegebenen Zeitpunkt<br />
zwischen 6 und 8 Uhr. Das wiederum<br />
zog einen überdurchschnittlich hohen Stoßverkehr<br />
in den Morgenstunden sowie zu<br />
Schichtende nach sich. Herr der Situation<br />
Bis zu sechs Beiwagen waren auf der straßenbahnartigen<br />
Kleinbahn Pforzhe<strong>im</strong> – Ittersbach<br />
planmäßig anzutreffen, bei der Straßenbahn<br />
waren drei die Obergrenze, hier der<br />
Tw 606 mit drei Beiwagen WOLFGANG MEIER<br />
64 <strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 10 | 2014
Wirtschaftswunderzeit<br />
Den Blick aus Tw 32 auf einen entgegenkommenden Zweiachserzug hielt<br />
Brian Turner <strong>im</strong> Juli 1965 in Süden von Elberfeld <strong>im</strong> Wuppertaler Netz fest<br />
(oben). Unten der Krefelder Tw 273 am 2. Oktober 1983 am Ostwall auf<br />
dem Weg zum Hauptbahnhof<br />
WILHELM ECKERT, SLG. WOLFGANG MEIER<br />
blieben die Verkehrsbetriebe durch eine<br />
dichte Taktfolge in diesen Stunden. Doch<br />
natürlich wich das Fassungsvermögen von<br />
aus zweiachsigen Trieb- und Beiwagen gebildeten<br />
Zügen von dem aus Großraumwagen<br />
mit Beiwagen gebildeten Garnituren ab.<br />
Wo vorhanden, gab es außerdem die Kombinationsmöglichkeit<br />
von Gelenkwagen<br />
und Großraum-Beiwagen. Wer das Fassungsvermögen<br />
dieser Fahrzeuge noch<br />
kennt, der weiß, dass in Ausnahmefällen<br />
schon knapp 300 Reisende darin Platz finden<br />
konnten. Doch bei regionalen Groß-<br />
Das Umstellen von Weichen gehörte in den<br />
1950er- und 1960er-Jahren zum Alltag für<br />
die Straßenbahnfahrer, hier 1964 in Wuppertal<br />
am Abzweig nach Solingen der Blick<br />
aus Tw 139<br />
BRIAN TURNER<br />
<strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 10 | 2014<br />
65
Geschichte<br />
300 Fahrgäste heute?<br />
veranstaltungen wie in der Hauptverkehrszeit<br />
versuchten die Betriebe lieber mit einem<br />
dichteren Takt an Wagen dem Verkehrsbedürfnis<br />
Herr zu werden.<br />
Die Langzüge bei OEG und<br />
in Köln und Pforzhe<strong>im</strong><br />
Üblicherweise zog ein Straßenbahntriebwagen<br />
in Deutschland ein bis zwei Beiwagen.<br />
Im Bereich der ehemaligen OEG gibt es bis heute<br />
– vor allem <strong>im</strong> Winter und <strong>im</strong> Schülerverkehr –<br />
Spitzen, in denen die Wagenverbände besonders<br />
gut ausgelastet sind. In den fassungsstärksten<br />
Fahrzeugen zählt die Betriebsleitung auch in der<br />
jetzigen Zeit noch hin und wieder knapp 300 Fahrgäste.<br />
Erinnert sei zum Beispiel an den Katholikentag<br />
in Mannhe<strong>im</strong> 2012. Damals fuhren auf der<br />
Linie 1 damals Gelenktriebwagen in Doppeltraktionen,<br />
um den Massen für den Herrn Herr zu werden.<br />
Wer mehr über solche betriebliche Besonderheiten<br />
wissen möchte, dem seien auch die<br />
nächsten 300. Ausgaben des <strong>STRASSENBAHN</strong><br />
<strong>MAGAZIN</strong> ans Herz gelegt. Im aktuellen Journalteil<br />
sowie in längeren Berichten innerhalb der Rubrik<br />
„Betriebe“ werden wir auch in Zukunft über<br />
den ganz alltäglichen und ungewöhnlichen Verkehr<br />
auf Straßen- und Stadtbahnen berichten.<br />
Zu den Ausnahmen gehörte der straßenbahnähnliche<br />
Betrieb auf der Kleinbahn<br />
Pforzhe<strong>im</strong> – Ittersbach, wo die vierachsigen<br />
Triebwagen nach Augenzeugenberichten bis<br />
zu sechs zweiachsige Wägelchen hinter sich<br />
herzogen – auf der <strong>im</strong> selben Depot gewarteten<br />
Pforzhe<strong>im</strong>er Straßenbahn waren <strong>im</strong>merhin<br />
bis zu drei Beiwagen auf der Tagesordnung.<br />
Dürfte die 300-Personen-Grenze<br />
in den Kleinbahnzügen mehrfach erreicht<br />
worden sind, so war es in den Wagen der<br />
Pforzhe<strong>im</strong>er Straßenbahn hoffentlich die<br />
Ausnahme …<br />
Legendär sind natürlich auch die Garnituren<br />
der OEG. Wer die großen, stählernen<br />
Trieb- und passenden Mitteleinstiegwagen<br />
noch kennt, der kann sich deren Fassungsvermögen<br />
gut vorstellen. Vor allem <strong>im</strong> Winter<br />
und <strong>im</strong> Schülerverkehr waren – und sind<br />
übrigens bis heute, siehe Kasten – die Verbände<br />
gut ausgelastet.<br />
Als letztes Beispiel sei an Köln erinnert.<br />
Dort gab es gekuppelte Langzüge in der<br />
Kombination Tw + Bw + Tw + Bw. Doch<br />
dabei handelte es sich um zweiachsige Fahrzeuge,<br />
so dass die 200-Personen-Grenze vermutlich<br />
in der Hauptverkehrszeit schon<br />
überschritten, aber der nächste volle Hunderter<br />
vermutlich eher nicht erreicht worden<br />
ist. Und doch sind gerade solche Aufnahmen<br />
eine schöne Erinnerung an die<br />
Wirtschaftswunderzeit. ANDRÉ MARKS<br />
In Elberfeld ersetzte die Wuppertaler Straßenbahn gegen Ende der 1950er-Jahre die eingleisige Strecke durch die Augustastraße. Dazu baute sie<br />
eine 500 Meter lange zweigleisige Neubaustrecke von der Ferdinand-Schrey-Straße zur Blankstraße. Auf diesem am 29. Mai 1960 eröffnetem<br />
Abschnitt entstand <strong>im</strong> Juli 1965 diese Aufnahme von Tw 115 mit dem Bw 908<br />
BRIAN TURNER<br />
66 <strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 10 | 2014
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3<br />
... und fertig<br />
ist Ihre optisch<br />
ansprechende<br />
BAHN EXTRA-<br />
DVD!<br />
C L A S S I C E D I T I O N<br />
Trams <strong>im</strong> Wirtschaftswunderland<br />
Wirtschaftswunder und Wiederaufbau und durch alles fährt die Straßenbahn.<br />
Sie bildet wieder das Rückgrat des Verkehrs. Tram-Oldt<strong>im</strong>er werden wieder<br />
aufgebaut, anschließend durch moderne Wagen ergänzt und ersetzt. Dieser<br />
Film zeigt die klassische Straßenbahn zahlreicher westdeutscher Verkehrs -<br />
betriebe noch einmal in ihrer ganzen Bandbreite und Schönheit. Auch Freunde<br />
alter Automobile kommen be<strong>im</strong> Betrachten der historischen Aufnahmen ins<br />
Schwärmen.<br />
BAHN EXTRA VIDEO – CLASSIC EDITION:<br />
Historische Eisenbahnfilme vom Dampfzeit-Filmer Ton Pruissen auf DVD:<br />
In unserer CLASSIC EDITION-Reihe lebt die Dampflokzeit wieder auf – in<br />
einzigartigen, exklusiven Originalaufnahmen, mit modernster Studiotechnik<br />
digitalisiert, geschnitten und exzellent vertont, mit komfortabler Menüführung<br />
zum schnellen Auffinden Ihrer Lieblingsszenen und teilweise in Stereo-Ton.<br />
In dieser Reihe sind derzeit rund 25 DVDs lieferbar.<br />
Produktion: Ton Pruissen, Aufnahmen: Slg. Oehlert, Muth Best.-Nr. 31576<br />
Sprache(n) Bild und Ton Menü/Kapitel Spielzeit Extras<br />
Mit historischen<br />
Aufnahmen<br />
ca. 60 Min.<br />
19 Kapitel<br />
Menüführung<br />
Schwarzweiß /<br />
Farbe, mono<br />
Deutsch<br />
ISBN 978-3-89724-576-1<br />
Lust auf weitere Eisenbahn-Filme?<br />
DVD-Gesamtprogramm unter www.geramond.de<br />
1<br />
9 783897 245761<br />
DIE WELT DER EISENBAHN AUF DVD
GeraMond Verlag GmbH, Infanteriestraße 11a, 80797 München<br />
Ein Jahr mit Tram,<br />
B<strong>im</strong> & Drämmli.<br />
KALENDER<br />
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Zweiwöchiger Wandkalender<br />
»Straßenbahn 2015«<br />
Bitte einsteigen: St<strong>im</strong>mungsvolle Motive<br />
aus der ganzen Welt der Straßenbahnen<br />
begleiten Sie durchs Tram-Jahr. Von altgedienten<br />
Klassikern wie dem Düwag-Triebwagen<br />
in Düsseldorf, Reko-Triebwagen in<br />
Halberstadt, P-Wagen in München und<br />
Tatras in Berlin und Strausberg bis hin zu<br />
den topmodernen Trams wie Citadis und<br />
Combino bietet dieser Kalender spannende<br />
Szenen aus dem Straßenbahn-Alltag.<br />
Der zweiwöchige Kalender bietet insgesamt<br />
26 Farbaufnahmen.<br />
36,5 x 25,5 cm<br />
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sFr. 26,90 € 17,99<br />
ISBN 978-3-86245-788-5<br />
Faszination Technik<br />
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Tel. 0180-532 16 17 (0,14 €/Min.)
Fundstück des Monats<br />
FOLGE 20<br />
Klingenthal<br />
OT Brunndöbra<br />
Der zuletzt in Gera als Bw 234 II genutzte Gotha-EB54 befindet sich seit März 2002 wieder in Klingenthal <strong>im</strong> Vogtland – aber<br />
nicht als Denkmal, sondern <strong>im</strong> Ortsteil Brunndöbra abgestellt (Aufnahme vom 25. Mai 2014)<br />
RONNY DAUER<br />
Zweitretter gesucht<br />
Vor zwölf Jahren ließen Straßenbahnfreunde den letzten erhaltenen Beiwagen der Klingenthaler<br />
Schmalspurbahn „nach Hause“ bringen. Doch die museale Aufstellung des ehemaligen EB 198 03<br />
der Deutschen Reichsbahn scheiterte, das Fahrzeug vom Typ EB54 verfällt auf einem Werksgelände<br />
In der Kaiserzeit fiel es manchmal schwer, zwischen Straßenbahnen,<br />
elektrischen Kleinbahnen und Kleinbahnen mit straßenbahnähnlichem<br />
Betrieb zu unterscheiden. Durch das Inkrafttreten der Straßenbahn-Bau-<br />
und Betriebsordnung zum 1. April 1938 war spätestens<br />
ab den 1940er-Jahren eine klare Unterscheidung zwischen<br />
Straßen- und Eisenbahnen möglich. Ein zwangloser Wechsel von<br />
Fahrzeugen beider Systeme war danach viele Jahrzehnte nicht mehr<br />
möglich. Straßenbahnfahrzeuge auf Eisenbahnen stellten danach<br />
eine Seltenheit dar. Zu den wenigen Ausnahmen gehören die vom<br />
VEB Waggonbau Gotha für die Deutsche Reichsbahn gebauten Triebund<br />
Beiwagen der Typen ET54/EB54 sowie T57/B57. Sie kamen ab<br />
1956 bzw. 1958 in der Reichsbahndirektion Dresden auf der Schmalspurbahn<br />
Klingenthal – Sachsenberg-Georgenthal zum Einsatz. Dafür<br />
waren sie ab Werk gemäß DR-Signalbuch mit einem Dreispitzenlicht<br />
sowie druckluftbetätigten Signalpfeifen anstatt Warnglocken<br />
ausgerüstet. Außerdem trugen die acht zweiachsigen Fahrzeuge eine<br />
Reichsbahnbeschriftung mit den Betriebsnummern ET19803 bis 06<br />
sowie EB19803 bis 06. Nach der Stilllegung der Schmalspurbahn<br />
zum 4. April 1964 übernahm die Plauener Straßenbahn alle acht<br />
Wagen. Dass heute noch drei der Triebwagen erhalten sind, wissen<br />
viele Straßenbahnfreude. Dass aber auch der ehemalige EB19803<br />
noch existiert, ist weniger bekannt.<br />
Der 1956 gebaute Zweiachser vom Typ EB54 befand sich ab 1. Mai<br />
1956 in Klingenthal <strong>im</strong> Linieneinsatz. Danach kam er am 1. September<br />
1964 nach Plauen, wo er ab 2. November als Bw 10 in<br />
Zweitbesetzung zum Einsatz kam. Per 23. November 1972 wechselte<br />
er nach Gera. Den dort als Bw 234 II geführten Wagen baute<br />
1973 das Raw „Roman Chwalek“ Berlin-Schöneweide vom Zweirichtungs-<br />
zum Einrichtungswagen um. Bis zu seiner Ausmusterung<br />
<strong>im</strong> Jahr 1990 blieb er danach in Gera <strong>im</strong> Einsatz, anschließend fand<br />
er mit der frei erfundenen Nummer 90 vor dem Geraer Hauptbahnhof<br />
eine Weiternutzung als Imbiss. Nach dem Tod des Betreibers<br />
suchte die Stadtverwaltung einen neuen Eigentümer. Daraufhin<br />
ließen mehrere Leipziger Straßenbahnfreunden den Bw am 20.<br />
März 2002 nach Klingenthal zurückbringen. Doch ihre Hoffnung,<br />
dass er dort den aus dem ET 198 06 und dem Plauener Bw 25 (Typ<br />
B2-64) gebildeten Denkmalzug neben dem Empfangsgebäude ergänzen<br />
würde, erfüllte sich nicht. Und so „schlummert“ er bis heute<br />
auf einem Werksgelände in Brunndöbra und wartet auf einen<br />
„Prinzen“ …<br />
ANDRÉ MARKS<br />
<strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 10 | 2014<br />
69
Geschichte<br />
Höher hinauf<br />
fuhr keine<br />
70 <strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 10 | 2014
Tram La Paz (Bolivien)<br />
Die Straßenbahnen in<br />
La Paz In Bolivien überschritt<br />
die Tram einst die<br />
4.000-Meter-Höhenmarke.<br />
Nirgendwo anders auf der<br />
Welt drangen Straßenbahnen<br />
weiter nach oben. Doch der<br />
Betrieb ist inzwischen seit<br />
40 Jahren Geschichte –<br />
aber vor Ort kann man<br />
noch Überraschungen<br />
erleben!<br />
OBEN Die <strong>im</strong> Juli<br />
1909 eröffnete<br />
elektrische Straßenbahn<br />
von La Paz<br />
verband die höheren<br />
Stadtteile mit<br />
den niedriger gelegenen<br />
– die stets<br />
als Solowagen<br />
verkehrenden Kurse<br />
waren gut<br />
ausgelastet …<br />
SLG. ALLEN MORRISON (2)<br />
LINKS Bei der Verbindung<br />
vom Bahnhof<br />
El Alto nach La Paz<br />
handelte es sich<br />
eigentlich um eine<br />
Eisenbahn. Doch ab<br />
ihrer Eröffnung <strong>im</strong><br />
Jahr 1905 kamen<br />
hier <strong>im</strong> Reiseverkehr<br />
solche meterspurigen<br />
Tram-Triebwagen<br />
zum Einsatz –<br />
<strong>im</strong> Hintergrund erheben<br />
sich die Anden<br />
HIROTSUGU AKIBA,<br />
SLG. ALLEN MORRISON<br />
RECHTS Diese Aufnahme<br />
aus den<br />
1920er Jahren<br />
verdeutlicht die<br />
Steigungsverhält -<br />
nisse der Tram in<br />
La Paz – und<br />
warum man hier<br />
nie an eine<br />
Pferdebahn<br />
gedacht hatte<br />
Mit Eröffnung der Tibetbahn wurde<br />
<strong>im</strong> Jahre 2006 die „Schienen-<br />
Schallmauer“ von 5.000-Höhen-<br />
Metern überschritten. Langsam<br />
ansteigend erreicht diese Eisenbahn den<br />
höchstgelegenen Bahnhof der Erde: Tanggula<br />
auf 5.068 Meter über dem Meeresspiegel.<br />
Bis vor acht Jahren hielt eine andere Eisenbahnlinie<br />
diesen Weltrekord inne: In spektakulärer<br />
Linienführung mit unzähligen Brücken<br />
und Tunnels sowie 21 Spitzkehren fährt<br />
die Peruanische Zentralbahn auf eine Höhe<br />
von 4.817 Metern. Bei diesen beiden „Weltrekordlern“<br />
handelte bzw. handelt es sich um<br />
mit Dampf- bzw. Diesellokomotiven betriebene<br />
Eisenbahnen – elektrische Bahnen erreichten<br />
diese Höhen bisher noch nie.<br />
Mit dem Superlativ „höchste elektrisch betriebene<br />
Eisenbahn weltweit“ wartet heute<br />
die Jungfraubahn <strong>im</strong> Berner Oberland auf.<br />
Sie verfügt mit dem Bahnhof Jungfraujoch<br />
auf 3.454 Meter Meereshöhe zugleich über<br />
die höchstgelegene Bahnstation Europas.<br />
Das Riffelalptram <strong>im</strong> schweizerischen Wallis<br />
fährt hingegen „nur“ auf 2.222 Meter hoch.<br />
Doch die Jungfraubahn war nicht <strong>im</strong>mer<br />
die am höchsten trassierte elektrische Bahn.<br />
Bis 1974 fuhr die Tram in der Stadt La Paz,<br />
dem Regierungssitz der Republik Bolivien,<br />
auf über 4.000 Meter Höhe.<br />
Diese Millionenstadt liegt in einem von<br />
schneebedeckten Sechstausendern der Anden<br />
eingerahmten Talkessel. Die tiefsten,<br />
mildesten und deshalb bevorzugten und teuersten<br />
Stadtteile liegen auf 3.400 Meter<br />
Meereshöhe, die höchstgelegenen, kältesten<br />
und windigsten mit dem Flughafen auf<br />
4.100 Meter.<br />
Die beiden Straßenbahnverkehre<br />
von La Paz<br />
Ab 1909 verkehrte innerhalb von La Paz<br />
eine meterspurige elektrische Straßenbahn.<br />
Sie führte vom oberen Teil der Stadt in vie-<br />
<strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 10 | 2014<br />
71
Geschichte<br />
Die Personenseilbahn in La Paz<br />
Die österreichische Doppelmayr Seilbahnen GmbH<br />
mit Sitz in Wolfurt (Vorarlberg) errichtet derzeit in<br />
La Paz ein urbanes Seilbahnnetz, welches verschiedene<br />
Stadtteile und die Nachbarstadt El Alto miteinander<br />
verbindet. Ende Mai 2014 eröffnete Boliviens<br />
Staatspräsident Evo Morales die Roja- Linie als<br />
erste Strecke. Eine Kabine ist für zehn Personen zugelassen.<br />
Innerhalb von zwei Monaten nutzten<br />
zwei Millionen Fahrgäste das neue öffentliche Verkehrsmittel,<br />
das entspricht einem Tagesdurchschnitt<br />
von knapp 35.000 Einzelfahrten. Die Línea Roja ist<br />
17 Stunden pro Tag <strong>im</strong> Einsatz. Die zwei weiteren<br />
Linien, Amarilla und Verde, sollen nach aktuellen Informationen<br />
<strong>im</strong> November 2014 in Betrieb gehen.<br />
Das Seilbahnnetz entsteht auf einer Meereshöhe<br />
von 3.600 bis 4.000 Meter und wird eine<br />
Gesamtlänge von elf Kilometern erreichen und<br />
dann insgesamt elf Stationen bedienen. Damit<br />
wird es sich nach Fertigstellung um das größte urbane<br />
Seilbahnnetz der Welt handeln. Mit dem Bau<br />
hatte der Weltmarktführer aus Vorarlberg Ende<br />
2012 begonnen. AM<br />
Zur Erstausstattung der elektrisch betrie -<br />
benen FCG gehörte auch der Tw 10. Der 1905<br />
von General Electric/Brill gelieferte Zwei -<br />
achser war einer der ersten Trieb wagen<br />
Boliviens<br />
JÖRG ZIMMER<br />
len Bögen in den Talkessel hinab. Mit acht<br />
von der J. G. Brill Company in Philadelphia<br />
gebauten zweiachsigen Triebwagen eröffnet,<br />
waren zur Zeit ihrer größten Ausdehnung<br />
20 Triebwagen für die 15 Kilometer<br />
lange Strecke vorhanden.<br />
Die meist eingleisige Linienführung, der<br />
überalterte Wagenpark und eine einflussreiche<br />
Bus-Lobby waren schließlich die Ursache<br />
für die Stilllegung der Straßenbahn <strong>im</strong><br />
Jahre 1950.<br />
Die andere „Elektrische“ hängt mit dem<br />
Bau der Eisenbahn zusammen: Im Jahr<br />
1903 ging die erste Eisenbahn des Landes in<br />
Betrieb. Sie führte mit 1.000 Mill<strong>im</strong>eter<br />
Spurweite von El Alto am oberen Rand des<br />
Talkessels nach Guaqui am Titicacasee. Von<br />
dort bestand Anschluss zu Schiffen und anderen<br />
Eisenbahnen zu den Häfen an der peruanischen<br />
Pazifikküste.<br />
Im Jahr 1905 erhielt auch die Stadt La<br />
Paz ihren Eisenbahnanschluss. Dazu führte<br />
eine neun Kilometer lange Strecke von El<br />
Alto in mehreren Serpentinen in den Talkessel<br />
nach La Paz hinab. Da man die Bewältigung<br />
der Max<strong>im</strong>alsteigung von 74<br />
Im Eisenbahndepot am Titicacasee sind bis<br />
heute zwei der 1905 gebauten Triebwagen<br />
aus La Paz erhalten – 40 Jahre nach Einstellung<br />
des Betriebes<br />
MICHAEL RUSSELL<br />
72 <strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 10 | 2014
Tram La Paz (Bolivien)<br />
Promille für die vorhandenen Dampflokomotiven<br />
als zu schwierig ansah, sah man<br />
von vornherein einen elektrischen Betrieb<br />
mit Straßenbahnwagen vor. Also elektrifizierte<br />
die Betreibergesellschaft der Eisenbahn<br />
diesen Abschnitt – als ersten in Südamerika<br />
– mit 550 Volt Gleichstrom.<br />
Zur Erstausstattung gehörten 1905 außer<br />
einer Ellok (Nr. 21) und zwei Gepäcktriebwagen<br />
(Nr. 20 und 22) auch vier zweiachsigen<br />
Tramtriebwagen (Nr. 10 bis 13) – allesamt<br />
von General Electric/Brill gebaut. Im<br />
Jahr 1906 folgten zwei kleine zweiachsige<br />
Straßenbahn-Elloks (Nr. 30 und 31, ebenfalls<br />
von GE/Brill) und 1930 die Ellok 32<br />
(English Electric). Beiwagen gab es auf der<br />
Trambahn nach La Paz keine.<br />
Mit diesem Fahrzeugpark (ein Triebwagen<br />
war zwischenzeitlich an die Städtische<br />
Straßenbahn verkauft worden) betrieb die<br />
Gesellschaft FCG den umfangreichen Güter-<br />
und Straßenbahnverkehr von La Paz hinauf<br />
nach El Alto. Der elektrische Straßenbahnbetrieb<br />
der FCG endete in den<br />
1960er-Jahren. Die Triebwagen fanden fortan<br />
als Arbeitswagen Verwendung. Den spärlichen<br />
Personenverkehr über El Alto hinaus<br />
nach Guaqui bedienten auf dem elektrisch<br />
betriebenen Abschnitt von Triebwagen gezogene<br />
bzw. gebremste Dieseltriebwagen.<br />
Im Jahr 1974 wurde die staatliche ENFE<br />
Betreiberin der Guaqui-Bahn und legte den<br />
verbliebenen elektrischen Betrieb vor 40<br />
Jahren unverzüglich still, während sich der<br />
Dieselgüterverkehr hinunter nach La Paz<br />
noch bis 1990 hielt.<br />
Die zweite Verbindung zwischen La Paz<br />
und El Alto, die flachere, längere und nicht<br />
elektrifizierte, ebenfalls meterspurige Staatsbahnstrecke<br />
(FCAB+FCALP), diente von<br />
der Eröffnung 1917 bis zur Stilllegung 1995<br />
nur dem Fernverkehr nach Arica und Antofagasta<br />
in Chile und mit dem „Panamericano“<br />
nach Buenos Aires (Argentinien). Somit<br />
hat die Großstadt La Paz heute keinen direkten<br />
Eisenbahnanschluss mehr.<br />
Um typische Fahrzeuge der Firma J. G. Brill handelte es sich bei den 1908 in Philadelphia für die Tram<br />
in La Paz gebauten Wagen. Sie blieben bis zur Einstellung 1950 <strong>im</strong> Einsatz<br />
SLG. ALLEN MORRISON<br />
Den Verlauf der Straßenbahn (Tranvías de La Paz) und der tramartik betriebenen elektrischen<br />
Eisenbahn El Alto – La Paz zeigt diese Grafik. Zu beiden Betrieben informiert Allen Morrison auf<br />
Englisch unter www.tramz.com/bo/lp/lp.html<br />
GRAFIK: ALLEN MORRISON/MICHAEL SPERL<br />
Was ist geblieben?<br />
Den ehemaligen FCG-Endbahnhof in La<br />
Paz ließ die Stadtverwaltung nach Ein -<br />
stellung des Betriebes zum zentralen Busbahnhof<br />
umbauen. Außer einem mäßigen<br />
Güterverkehr zwischen El Alto und Guaqui<br />
fährt dort gelegentlich ein diesellokbespannter<br />
Touristenzug.<br />
Aber es gibt auch eine Überraschung:<br />
Denn fast alle elektrischen Fahrzeuge sind<br />
heute noch vorhanden. Die Elloks stehen<br />
desolat <strong>im</strong> Depot Challapampa von La Paz,<br />
die Straßenbahn-Triebwagen 10 und 12 befinden<br />
sich hingegen <strong>im</strong> Lokschuppen von<br />
Guaqui am Titicacasee. Mit einer blauen<br />
Lackierung dienten sie vor einigen Jahren in<br />
dem bolivianischen Kinofilm „Los Andes<br />
no creen en Dios“ als normale Personenwagen<br />
in einem Dampfzug. Somit gibt es bis<br />
heute noch Fahrzeuge der höchstgelegenen<br />
elektrischen Straßenbahn der Welt – 40 Jahre<br />
nach ihrer Außerbetriebnahme. Elektrisch<br />
fahren können sie aber nicht mehr.<br />
Zukunftspläne nur Visionen?<br />
Immer wieder kamen in den vergangenen<br />
Jahren in La Paz zum Teil utopische Pläne<br />
auf: Der Bau einer Stadtbahn, eine elektrische<br />
Schnellbahn zum Flughafen El Alto und eine<br />
U-Bahn. Keine dieser Ideen hat sich bisher <strong>im</strong><br />
Ansatz einer Verwirklichung genähert. Seit<br />
Ende Mai dieses Jahres verkehrt jedoch eine<br />
erste Linie der zwar nicht höchstgelegenen,<br />
aber größten urbanen Luftseilbahn der Welt<br />
– quasi als elektrische Nachfolgerin sowohl<br />
der früheren städtischen als auch der FCG-<br />
Straßenbahn. Nach 40 Jahren ausschließlichem<br />
Busverkehr steht den Menschen in La<br />
Paz damit wieder ein zweites Nahverkehrs<br />
zur Verfügung. MICHAEL RUSSELL<br />
<strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 10 | 2014<br />
73
9803<br />
102<br />
vor,<br />
und unsere<br />
ber“ weisen<br />
geschichtlich<br />
hin. So<br />
es wi l, seinen Platz.<br />
Baubegi n<br />
Mi te<br />
Überblick<br />
Sort<strong>im</strong>ent<br />
scha fen<br />
wertung<br />
stand<br />
gung<br />
der<br />
der<br />
n<br />
n<br />
n<br />
n<br />
n<br />
Landschaft.<br />
74<br />
terhausen in Baden<br />
forum<br />
60<br />
74<br />
er tatsächlich ernsthaft<br />
glaubt, dieses<br />
Straßenbahnmode l<br />
mal eben an einem<br />
Das Vorbild<br />
■ Miniatur-Nahverkehr: Anlagen, Fahrzeuge, Tipps und Neuheiten<br />
m sm-modell@geramond.de<br />
Für den Bericht über den Modellbauverein Nahverkehr Schwerin <strong>im</strong><br />
SM 4/99 wurden die Modellfotos aufwendig digital nachbearbeitet und<br />
mit einem passenden Hintergrund versehen, was<br />
die Aufnahmen viel natürlicher aussehen ließ<br />
Neu: Mit<br />
Hobby-Treffs<br />
Wie aus einer Märklin-Bahn<br />
eine Tram-Anlage wurde<br />
Anlagenvorschlag: Güterstraßenbahn<br />
Zu Besuch bei einem Kleinserien-Herste ler<br />
Selbstbau-Triebwagen in Spur 0<br />
MODELL<br />
U<br />
Liebevo l gestaltete<br />
Straßenbahn-Anlagen,<br />
detailgenau<br />
nachgebaute Tram-Oldt<strong>im</strong>er, die<br />
neuesten<br />
Zubehörteile – acht Seiten für a le<br />
Freunde<br />
der Miniatur-Straßenbahnen<br />
Trams<br />
auch für Blaulicht-Freunde<br />
■<br />
Der Mecklenburger Weg Uwe Rolo f ste lt uns<br />
hier das StraMo-Modulsystem des<br />
„Mode lbauverein Nahverkehr Schwerin” vor,<br />
daß sogar Feuerwehr-Fans begeistert<br />
nser „StraMo“ gena ntes<br />
gene Anlage – z.B. mit dem Ge-<br />
und unsere „Geschicht schreiber“<br />
weisen den Verein auf zeit-<br />
Jahr später ko nten wir unsere<br />
Fahrzeuge resultiert. Ein halbes<br />
Straßenbahn-Modulsystem<br />
samtmaß von 120 mal 120 Zenti-<br />
entstand aus dem Wunsch nach<br />
metern Min<strong>im</strong>um – aus vier kleigeschichtlich<br />
bedingte Details Anlage auf Au ste lungen zeigen.<br />
Seitdem wächst sie ständig.<br />
langen Fahrstrecken und der entnen<br />
Eckteilen oder ein Diorama<br />
hin. So findet bei uns jeder, der<br />
sprechenden vereinsmäßigen<br />
zu bauen un damit Teil einer<br />
Präsentation einer großen Anla-<br />
großen „unendlichen Geschich-<br />
Die Praxis hat es bisher bewiesen,<br />
egal wa n und wo wir uns<br />
ge, was jedoch <strong>im</strong> vermeintlichen<br />
te“ zu werden. Das überzeugte Baubegi n unserer Anlage war<br />
Widerspruch zu den Räumlich-<br />
auch Ho byfreunde, die nicht unbedingt<br />
Straßenbahnfans sind. Überblick über das vorhandene gebaut, funktioniert mit einfach-<br />
Mi te 1 96, da wir uns erst einen tre fen, die Anlage ist schne l aufkeiten<br />
der einzelnen Ho byfreunde<br />
und des Vereines stand.<br />
So befinden sich in unserer Anlage<br />
Teile von Vereinsmitgliedern, scha fen wo lten. Aus der Aus-<br />
deshalb!) und bietet dem Be-<br />
Sort<strong>im</strong>ent un die Anbieter verster<br />
Technik (vie leicht gerade<br />
Mit der Entwicklung des StraMo<br />
die sic hauptsächlich mit Blaulicht-<br />
und Baufahrzeugen befasstand<br />
zum Beispiel die Festle-<br />
haben wir außer dem Spaß am<br />
wertung dieses Überblicks enttrachter<br />
<strong>im</strong>mer etwas Neues. So<br />
bietet der „Mode lbauverein Nahverkehr<br />
Schwerin“ den Mode l-<br />
sen. Unsere „Nur“-Ho byfotografen<br />
geben mit intere santen der aus dem möglichen Einsatz großen Augen un dem Interesgung<br />
des Gleismi tenabstandes, Spiel auch noch den Spaß an den<br />
bauern die Möglichkeit, mit relativ<br />
bescheidenen Mi teln eine ei-<br />
Aufnahmen neue Anregungen der breitesten handelsüblichen se der Zuschauer und Besucher.<br />
Modell Extra<br />
Die 16-Seiten-Beilage zum<br />
<strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong>.<br />
102 STRA SENBAHN <strong>MAGAZIN</strong> 4/99<br />
Miniatur-Nahverkehr:<br />
Anlagen, Fahrzeuge, Tipps und Neuheiten<br />
Anlagenmotiv<br />
www.strassenbahn-magazin.de/<br />
Das Anlagenmotiv bildete ursprünglich<br />
der Straßenbahnbetrieb<br />
in der fiktiven mi teldeutschen<br />
Stadt „Neustadt“ in den<br />
sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts.<br />
Der Stadtname wurde<br />
gewählt, weil er wohl in fast jedem<br />
Bundesland vorkommt.<br />
Im und am H0-Bahnhof Wien-Hü teldorf tre fen sich Eisenbahn, Wiener U-Bahn (U 4), Schne lbahn sowie Stadt- und Straßenbahn<br />
Mi tlerweile kö nen wir einen<br />
Entwicklungszeitraum von über<br />
vier Jahrzehnten in irgendeiner<br />
Stadt in Deutschlan darste len.<br />
Gebaut wird, was gefä lt – Hauptsache,<br />
es ist noch Platz für die<br />
Straßenbahn. Das a les garan-<br />
Mit der Tram durch Wien<br />
tiert eine belebte städtische<br />
Bahnhof Hütteldorf in H0 Gerd Kästel baut sich eine große L-förmige Eisenbahn-Anlage<br />
nach öste reichischem Vorbild. Die Straßenbahn ist hier nicht nur Beiwerk und Lückenbüßer<br />
n Bahnhof Hütteldorf in H0 Gerd Kästel baut sich eine große L-förmige Eisenbahn-Anlage<br />
Grundsätzliches<br />
Die Grundlage des StraMos bildet<br />
ein sogena ntes Raster<br />
(quadratischer Au schni t aus einer<br />
Fläche). I nerhalb dieses<br />
Raster sind best<strong>im</strong>mte Hauptnormen<br />
für den Oberbau, spezi-<br />
„Tag der o fenen Tür“ bei der der Neustadter Feuerwehr. Die<br />
an Blaulicht-Fahrzeugen intere sierten e l dem Bereich „Schiene und<br />
Fans kö nen bei der Wache direkt mit der Straßenbahn vorfahren.<br />
Straße“ festgelegt. Die unbe-<br />
D<br />
en Wiener Nahverkehr hat zustreben. Auf Bahnsteighöhe<br />
ter St. Veit“ führt, wo sie an einer<br />
zweigleisigen Abste lanlage zenz-Düwags mit dem Miniclubbe.<br />
Die Trieb dreh ge ste le der Li-<br />
sich Gerd Kästel aus endet in Hü teldorf die Linie U 4<br />
Aglas terhausen in Baden der Wiener U-Bahn, die auf der<br />
eben fa ls stumpf endet. Die Motor von Märklin verursachen<br />
zum Vorbild für die Straßen-<br />
Anlage bisher nur als antriebslo-<br />
Straßenbahnstrecke führt nach zwar einen Heidenlärm, funktio-<br />
bahn auf seiner großen H0-An-<br />
ses Standmode l dargeste lt ist.<br />
der Ausfahrt aus der Wendeschleife<br />
auf einer „Paradestrec-<br />
Demgegenüber laufen die Zwei-<br />
Vorortbahnhof Wien-Hü teldorf den mehrere Tramlinien, die<br />
ke“ am Gleisfeld des Bahnhofes achser-Antriebe in den M- und<br />
dargeste lt, a lerdings nicht als Halteste le verfügt auch über ein<br />
entlang. Si entzieht sich da n A-Triebwagen kultiviert leise.“<br />
gleisplanmäßiger Nachbau, son-<br />
Überholgleis. Ein Gleis<br />
bogen dem Blick des Betrachters, um in Auf der Anlage wurde das alte<br />
dern vom Betriebskonzept her“,<br />
ste lt eine Verbindung zur Stadt-<br />
einer unterirdischen Schleife für Roco-Gleismaterial mit 2,5-mm-<br />
erklärt Kästel sei noch <strong>im</strong> Bau<br />
bahnstrecke her, die auf der<br />
die Rückfahrt zu wenden. Dieser Profilhöhe verlegt. Die Gleise<br />
befindliches Werk. Reisezüge<br />
Glei seite des Empfangsgebäu-<br />
Teil ist zwar betriebsfertig, aber sind mi tels eingepa ster<br />
der Westbahn legen hier einen<br />
de stumpf endet und weiter in<br />
noch nicht durchgestaltet. „Auf Pa pstreifen auf Straße niveau<br />
kurzen Betriebshalt ein, bevor<br />
starkem Gefä le am hinteren<br />
meiner Anlage verkehren Mo-<br />
gebracht. In der Endschleife<br />
nieren aber recht zuverlä sig.<br />
lage genommen. „Bei mir ist der Auf dem Bahnhofsvorplatz wen-<br />
sie dem Wiener Westbahnhof<br />
Anlagenrand entlang nach „Un-<br />
de le der Wiener Verkehrsbetrie-<br />
vorm Bahnhof wurde elastisches<br />
74 Stra SeNbahN MagaziN 7/03<br />
Miniatur-Nahverkehr: Anlagen, Fahrzeuge, Tipps und Neuheiten<br />
www.stra senbahn-magazin.de/forum<br />
Noch mehr Pfeiffer-Kölner<br />
oBEN Dresden nach der<br />
Wende: Die Straßenbahn<br />
setzt schon moderne Niederflurwagen<br />
(Hödl) ein,<br />
die Bausubstanz der<br />
Wohnhäuser läßt aber<br />
noch viel Arbeit erahnen<br />
■ Miniatur-Nahverkehr: Anlagen, Fahrzeuge, Tipps und Neuheiten<br />
Verkauf nur<br />
über SSB<br />
Ha lings H0-GT4 gibt es mit<br />
Antrieb für 157 Euro und als<br />
Standmode l zu 104 Euro. Das<br />
Fahrzeug ist in der Stu tgarter<br />
Ausführung auf Anfrage auch als<br />
H0m-Mode l erhältlich. Laut<br />
Ha ling findet der Verkauf a ler<br />
Stu tgart-Varianten in Deutschland<br />
zur Zeit a lein über die<br />
Stuttgarter Straßenbahn ( SB)<br />
sta t. Der Mode l-GT4 wird demnächst<br />
aber auch in den Ausführungen<br />
Ulm und Augsburg produziert.<br />
jog<br />
UNTEN Eine typische<br />
Dresdner Verkehr szene<br />
aus der Vorwendezeit mit<br />
Triebwagen 1644 (Beka),<br />
ikarusbus und Zeitungskiosk<br />
der Deutschen Post.<br />
Des Bus wurde gesupert<br />
Auch we n das fertige 1:24-Mode l des Stu tgarter Museumswagens 2 eine beachtliche Größe hat, so gewaltig wie es hier neben Berthold Dietrich-<br />
Vandoninck erscheint, ist es da n doch nicht. Die wahre Größe erke nt man an der Pla tformstirnwand, die der Erbauer gerade in<br />
den Händen hält<br />
So baute ich meine<br />
Papp-Straßenbahn<br />
W<br />
60 STrA SENBAHN MAGAZiN 9|05<br />
»nur« um einen Kartonbausatz<br />
des hohen Schwierigkeitsgrades<br />
handelt – der wird schne l merken,<br />
auch nicht für Kinder und Anfänger.<br />
da s er gewaltig i rt. Auch ist der<br />
Bausatz meines Erachtens nicht für<br />
Wochenende ruckzuck zusammen-<br />
Leute g eignet, denen leicht der<br />
Doch zuerst zum Vorbild des Mobauen<br />
zu kö nen – da es sich ja<br />
Geduldsfaden reißt und aufgrund<br />
de ls. Der Wagen wurde 1904 mit<br />
der Nummer 2 als Teil der Serie<br />
198- 29 von Herbrand & Co in Köln-<br />
Ehrenfeld für die Stu tgarter Straßenbahn<br />
( SB) bescha ft, die diese Baureihe<br />
als Typ 5 einordnete. Der Triebwagen<br />
2 erhielt zwischenzeitlich<br />
Nichts fürs Wochenende■ Berthold Dietrich-Vandoninck hat sich an den Kartonbausatz<br />
der Stu tgarter Tram gewagt. Mit Geduld und kleinen Tricks entstand ein schönes Mode l<br />
74 STRA SENBAHN <strong>MAGAZIN</strong> 1|2012<br />
Die 300. Ausgabe<br />
Kleine Tram<br />
seit 1999 groß dabei<br />
Was lange währt ■ Rund 30 Jahre lang gab es <strong>im</strong> SM nur Vorbildberichte. Modellthemen<br />
fanden erst spät ihren festen Platz <strong>im</strong> Magazin. Inzwischen füllen sie rund 1.000 Seiten<br />
Mit der 120 nach Spandau“<br />
startete Anfang 1999<br />
die SM-Modellredaktion<br />
ihre Berichterstattung<br />
<strong>im</strong> „großen“ Heft. Auf drei Seiten<br />
stellte der inzwischen verstorbene<br />
Hobbyfreund Wolfgang Hellmuth<br />
Busch aus Wrist in Holstein seine<br />
kleine Tramanlage nach Berliner<br />
Motiven vor. Nach zwei Jahren als<br />
kleines Extraheft, das nur den Ausgaben<br />
für Abonnenten beilag, war der<br />
Modellteil nun zum festen Bestandteil<br />
des damals noch zwe<strong>im</strong>onatlich<br />
erscheinenden <strong>STRASSENBAHN</strong><br />
<strong>MAGAZIN</strong> geworden. Nach 30 Jahren<br />
Fokus auf Straßenbahnen und<br />
Nahverkehr <strong>im</strong> Maßstab 1:1 brachte<br />
die Zeitschrift nun auch Themen, die<br />
besonders die Freunde der kleinen<br />
Nachbildungen interessierten.<br />
In der zweiten Ausgabe des Jahres<br />
1999 berichtete das SM erstmals<br />
ausführlich von der Nürnberger Spiel-<br />
74 strassenbahn magazin 10|2014
Rückspiege<br />
Im Jahr 2003 feierte das SM zusammen mit Alfred Spühr das 50-jährige Bestehen seiner Anlage „Spühringen“. Seitdem begleiteten wir das weitere<br />
Wachsen seiner Tramanlage. Zurzeit arbeitet Spühr an sehr feinen Stromabnehmern, deren Bau er demnächst <strong>im</strong> SM in Wort und Bild genau erklärt<br />
warenmesse. Eine Neuheitenvorstellung<br />
in knapperem Umfang hatte es<br />
bereits in den kleinen Abonnentenbeilagen<br />
der beiden Vorjahre gegeben,<br />
seit 1999 ist die SM-Modellredaktion<br />
aber jedes Jahr für mehrere<br />
Tage in den Nürnberger Messehallen<br />
unterwegs, um für Sie alle Neuheiten<br />
in Wort und Bild festzuhalten.<br />
Modell oder Wirklichkeit?<br />
Im August 1999 widmete sich das<br />
SM erstmals einer Vereinsanlage. Auf<br />
vier Seiten stellten wir das „StraMo“<br />
genannte Modulsystem des Modellbauvereins<br />
Nahverkehr Schwerin<br />
vor. Die digital nachbearbeitete Aufnahmen<br />
der Mecklenburger Anlage<br />
ließen leicht vergessen, dass sie auf<br />
einer 1:87-Miniaturwelt entstanden<br />
waren. Die Schweriner wollen 2015<br />
Europas großes Modelltramtreffen<br />
„Kleine Bahn ganz groß“ ausrichten,<br />
sicher bietet sich dann mal wieder<br />
die Gelegenheit, über ihre Modulanlage<br />
zu berichten.<br />
Das Jahr 2000 brachte fürs SM eine<br />
grundlegende Änderung: Das<br />
Erscheinen wurde von sechsmal <strong>im</strong><br />
Jahr auf monatlich umgestellt. Preis<br />
und Umfang der einzelnen Hefte,<br />
die jetzt durchgehend vierfarbig<br />
gedruckt wurden, verringerten sich<br />
zwar, aber übers Jahr gesehen bekam<br />
der Leser doch einiges mehr<br />
geboten. Guido Mandorf berichtete<br />
<strong>im</strong> Modellteil über bauliche Änderungen<br />
seiner „Kohlenpott“-Anlage,<br />
die er erstmals 1998 in einer der<br />
Abonnenten-Beilagen vorgestellt<br />
hatte; der Berliner Straßenbahnfahrer<br />
Jan Ruppert zeigte seinen großen<br />
Fahrzeugpark, der vorwiegend aus<br />
Tatras bestand, und Ingo Stuth aus<br />
Matthias Wünsche verwirklichte die Wiedervereinigung auf seiner H0-<br />
Anlage, indem er Essener und Dresdner Fahrzeuge gemeinsam einsetzte.<br />
Im SM 8/00 zeigte er seine individuell umlackierten Busse und Bahnen<br />
Rainer Bertram berichtete 2005 von seiner Dresdner Modellstraßenbahnanlage, zu der er in der Kindheit durch eine kleine Blechtram angeregt wurde<br />
strassenbahn magazin 10|2014 75
aßenbahn <strong>im</strong> Modell<br />
76<br />
An „Kleine Bahn ganz groß“ nahm 2010 auch die Gruppe „Kleiner Nahverkehr Stuttgart“ mit ihrem H0m-Modul „Schleife Leopoldstraße“ teil<br />
Hamburg berichtete, wie er sich aus<br />
einem Corgi-Modell einen digitalisierten<br />
PCC baute.<br />
Mitte 2002 schrieb ein Leser einen<br />
Brief an die SM-Modellredaktion. Er<br />
teilte mit, dass er seit über einem<br />
halben Jahrhundert Modellstraßenbahner<br />
sei und bald das 50-jährige<br />
Bestehen seiner H0-Anlage feiern<br />
würde. Es war Alfred Spühr aus Osnabrück,<br />
der 1953 mit dem Bau seiner<br />
H0-Anlage „Spühringen“ begonnen<br />
hatte und sie nun den SM-Lesern<br />
vorstellen wollte. Spühr entpuppte<br />
sich nicht nur als begnadeter Modellbauer,<br />
er konnte auch mit sehr guten<br />
Fotos seiner Fahrzeuge und Anlage<br />
überraschen. Bis heute ist der inzwischen<br />
80-jährige Spühr regelmäßig<br />
mit Neuigkeiten aus Spühringen und<br />
Erinnerungen an die Osnabrücker<br />
Straßenbahn <strong>im</strong> SM vertreten.<br />
Zwe<strong>im</strong>al hat das SM seine modellinteressierten<br />
Leser nach ihren Fahrzeugwünschen<br />
befragt. Im Jahr 2001<br />
standen die Düwag-Gelenkwagen<br />
und der GT4 der Maschinenfabrik<br />
Esslingen an der Spitze der Wählergunst.<br />
Bei der fünf Jahre später<br />
stattfindenden zweiten Befragung<br />
waren es wieder die verschiedenen<br />
Gunter Mackinger zeigte 1999 <strong>im</strong> SM seine H0-Anlage nach Motiven der<br />
Salzburger Lokalbahn. Gleisanschluss hatte auch eine kleine Brauerei<br />
Ausführungen der Düwag-Fahrzeuge<br />
und der moderne Nachfolger NGT6.<br />
Bei den kleineren Fahrzeugen lag<br />
Einer der ersten Mitarbeiter der SM-Modellseiten war Helmut Gieramm.<br />
Für den anfangs als kleine Abo-Beilage erscheinenden Modellteil lieferte<br />
er Farbdias, die er auf den Anlagen von Hobbyfreunden fotografierte<br />
der zweiachsige Verbandstyp ganz<br />
vorne. Heute kann man rückblickend<br />
erfreut die Bilanz ziehen, dass viele<br />
der Leserwünsche zwischenzeitlich<br />
erfüllt wurden. Düwags Gelenktriebwagen<br />
gibt es von Halling in den unterschiedlichsten<br />
H0-Ausführungen<br />
und auch der Verbandstyp ist dank<br />
Frau Herrmann nicht länger nur<br />
ein Wunschtraum. Viele exotische<br />
Fahrzeuge kleiner Verkehrsbetriebe<br />
können jetzt als 3-D-Drucke auf eine<br />
Verwirklichung hoffen. Einige Hobbyfreunde<br />
sind auf dem Gebiet ja<br />
sehr rührig und überraschen mit <strong>im</strong>mer<br />
neuen Druckvorlagen, die auch<br />
anderen Modelltrambahnern zu den<br />
fehlenden Fahrzeugen verhelfen.<br />
Jährlicher Höhepunkt<br />
In einem Straßenbahndepot in Halle<br />
begann 2004 etwas, was heute<br />
einer der jährlichen Höhepunkte für<br />
Modellstraßenbahner ist: Von den<br />
Magdeburger Straßenbahnfreunden<br />
eingeladen, trafen sich 80 Hobbyfreunde<br />
mit elf Anlagen erstmals zu<br />
„Kleine Bahn ganz groß“. Ein Jahr<br />
Eine Anlage nach DDR-Motiven der späten 1970er-Jahre baute sich Christian<br />
Schneider. Im SM 7/07 zeigte der Berliner Straßenbahner sie <strong>im</strong> SM
Rückspiege<br />
In Bremen überquerte diese niederländische H0-Stadtbahn 2009 während einer Ausstellung <strong>im</strong> Rahmen eines Straßenbahnfestes eine Kanalbrücke<br />
später ging‘s nach Berlin ins Technikmuseum.<br />
Dort konnte man schon<br />
rund 3.500 Besuchern Modellstraßenbahnen<br />
zeigen. Inzwischen kennen<br />
nahezu alle Hobbyfreunde die<br />
Veranstaltung, denn seit 2010 berichtet<br />
das SM jedes Jahr ausführlich<br />
und zeigt viele der tollen Anlagenmotive.<br />
Die oft digital nachbearbeiteten<br />
Fotos in den Berichten verleihen den<br />
Modellwelten dabei ein ungewöhnlich<br />
natürliches Aussehen.<br />
Mit dem aktuellen Exemplar feiert<br />
das SM das Erscheinen des 300.<br />
Hefts. Seit der ersten kleinen Beilage<br />
<strong>im</strong> Jahr 1997 war der Modellteil<br />
inzwischen in fast 200 Ausgaben mit<br />
dabei. Auf knapp 1.000 Seiten haben<br />
wir ungezählte Modelle und Anlagen<br />
vorgestellt sowie Tipps und Informationen<br />
weitergegeben. Damit das so<br />
bleibt, freuen wir uns auch zukünftig<br />
auf Bilder und Berichte Ihrer Trammodelle<br />
und Anlagen.<br />
JOG<br />
OLGA BANDELOWA (3), R. BERTRAM, H. GIERAMM, G. MACKINGER, G. MANDORF (2), C. SCHNEIDER, A. SPÜHR, M. WÜNSCHE<br />
Guido Mandorf zeigt sein<br />
neues 3-D-Modell. Das Vorbild<br />
wurde ab 1980 gebaut<br />
Sein 300. Modell<br />
ist ein Belgier<br />
■ Seit den 1990er-Jahren baut SM-Author<br />
Guido Mandorf nahezu alle seine<br />
Modellstraßenbahnen selbst – jetzt hat<br />
er gerade sein 300. Fahrzeug fertiggestellt.<br />
Um auf der Meterspurstrecke seiner<br />
Anlage den Verkehr mit modernen<br />
Fahrzeugen zu verstärken, hat er dieses<br />
H0m-Fahrzeug konstruiert. Bei der Vorbildsuche<br />
wurde er in Belgien fündig. Der<br />
sechsachsige Gelenkwagen, den Mandorf<br />
als 3-D-Konstruktion entworfen hat,<br />
wird unter anderem für die Stadtbahn<br />
Charleroi eingesetzt. Schon am Abend<br />
nach der Fertigstellung saß er bei den<br />
Vorbereitungen für sein Modell Nr. 301.<br />
Mandorfs 300. Modell wird auf den vier äußeren Achsen angetrieben<br />
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B<br />
strassenbahn magazin 10|2014 77
Ihre Seiten: Ergänzungen, Anmerkungen, Kritik und Anregung<br />
<br />
ö<br />
:<br />
*<br />
0 89 – 13 06 99-720<br />
0 89 – 13 06 99-700<br />
redaktion@geramond.de<br />
<strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong><br />
Postfach 40 02 09 · 80702 München<br />
Zu „Darmstädter Beiwagen“<br />
(SM 9/2014)<br />
Einsatzdauer nicht<br />
ungewöhnlich<br />
Zum Beitrag über die Beiwagen der<br />
HEAG möchte ich einige Anmerkungen<br />
machen. So wurden die aus Regensburg<br />
übernommenen Verbandszüge in Darmstadt<br />
mit einem ‘ gekennzeichnet und als<br />
Typ ST/SB 6’ geführt. Die aus Remscheid<br />
übernommen ST9 waren allachsgetriebene<br />
Fahrzeuge und besaßen je nach Fahrtrichtung<br />
die Achsfolge Bo’Bo oder BoBo’.<br />
In Darmstadt wurden sie als Einrichtungswagen<br />
mit führendem (angetriebenen)<br />
Drehgestell – nicht Laufdrehgestell<br />
– adaptiert. Soweit ich weiß, wurde diese<br />
Einsatzform wegen besserer Fahreigenschaften<br />
bei führendem Drehgestell gewählt.<br />
Ob das, wie <strong>im</strong> Artikel beschrieben,<br />
auch die Behängung mit Beiwagen<br />
ein Grund war, entzieht sich meiner<br />
Kenntnis. Die nochmalige Anschaffung<br />
von Hochflurwagen des Typs ST12 zu Be-<br />
ginn des Niederflurzeitalters wurde seinerzeit<br />
auch mit der größeren Wirtschaftlichkeit<br />
eines einheitlichen Wagenparks<br />
für einen kleineren Betrieb begründet. Interessanterweise<br />
wurde die Vorgängerserie<br />
ST11 etwa 15 Jahre später durch<br />
Neufahrzeuge ersetzt, weil dieses „wirtschaftlicher“<br />
(!?!) wäre. Sie erreichten<br />
somit gerade mal eine Einsatzdauer von<br />
26 Jahren.<br />
Damit sind wir bei der Einsatzdauer<br />
von HEAG-Straßenbahnfahrzeuge, die für<br />
mich nicht außergewöhnlich ist. Zum einen<br />
muss man sehen, dass gerade Vorkriegsfahrzeuge<br />
unter anderem wegen<br />
des Investitionsstaus und anderer Auswirkungen<br />
des Zweiten Weltkrieges oft<br />
eine beachtliche Einsatzzeit erreichten,<br />
was vor allem Nachkriegszweiachser oft<br />
nicht schafften. Im Nachbarbetrieb Frankfurt<br />
waren zum Beispiel F-Triebwagen 47<br />
Jahre von 1925 bis 1972 <strong>im</strong> Einsatz,<br />
Frankfurter Großraumzüge und Düwag-<br />
GT8 brachten es auf 40 Jahre. Baseler<br />
Standartwagen der ersten Serie waren<br />
von 1948 bis 2000 <strong>im</strong> Einsatz, die letzte<br />
Serie von 1968 marschiert, genau wie<br />
Münchens letzte P-Wagen, straff auf die<br />
50 zu.<br />
Legendär ist in Darmstadt allerdings<br />
wirklich der lange Einsatz von Zweiachsern.<br />
Das lag sicher auch daran, dass die<br />
Verbandszüge relativ früh für Einmannbetrieb<br />
umgebaut wurden, eine Investi -<br />
tion, die die meisten westdeutschen Betriebe<br />
bei Zweiachsern scheuten.<br />
Oliver Müller, Hanau<br />
Zu „Straßenbahn Wahlkampfthema?“<br />
(SM 6/2014)<br />
Bau einer Stadtbahn<br />
ohne Alternative<br />
Während eines Privataufenthaltes in<br />
Hamburg entdeckte ich zufällig einen<br />
Zeitungsartikel zum Thema Busbeschleunigung.<br />
Da bereits seit längerem mein Interesse<br />
der Errichtung bzw. „Nichterrichtung“<br />
der Hamburger Stadtbahn gilt, las<br />
ich diesen sehr gespannt. Die Tatsache,<br />
Der Bw 201 vom Typ SB6 gehörte zu den noch lange in Darmstadt eingesetzten Zweiachsern, hier am 1. Juni 1988<br />
vor dem Gelände der Fa. Merck. Der Zweiachser zählte zu den 1964 aus Regensburg übernommenen Fahrzeugen –<br />
das kennzeichnete die HEAG mit einem Apostroph hinter dem Typennamen – also mit SB´<br />
JÖRN SCHRAMM<br />
dass die Hamburger Hochbahngesellschaft<br />
<strong>im</strong> Rahmen ihres Busbeschleunigungsprogramms<br />
alle möglichen Neuerungen<br />
in punkto Busantriebe<br />
ausprobiert, ist ja an sich sehr begrüßenswert.<br />
Man sollte jedoch nicht die Augen<br />
davor verschließen, dass dies mehr<br />
oder weniger verzweifelte Versuche sind,<br />
die Überlegenheit des Busbetriebes gegenüber<br />
der (insbesondere vom Regierenden<br />
Bürgermeister) ungeliebten Stadtbahn<br />
herauszustellen. Während meines<br />
Hamburgaufenthaltes hatte ich Gelegenheit,<br />
selbst zu erleben, auf welch tönernen<br />
Füßen das Hamburger Verkehrskonzept<br />
steht. Wenn in Berlin einmal wieder<br />
der Volkszorn hoch kocht, ob des vermeintlichen<br />
S-Bahn-Chaos, möchte man<br />
den Hauptstädtern zurufen, <strong>im</strong>mer ruhig<br />
bleiben! Ihr habt noch kein S-Bahn-Chaos<br />
in Hamburg erlebt!<br />
Hut ab vor der Frechheit der Deutschen<br />
Bahn, die Abschnitte Stade – Neugraben<br />
oder Elbgaustraße – Pinneberg<br />
mit einem Stundentakt als S-Bahn zu verkaufen.<br />
Da fährt in der brandenburgischen<br />
Einöde mancher RE häufiger! Der<br />
große Flaschenhals <strong>im</strong> System sind die<br />
Elbbrücken.<br />
Da war es am 31. Mai 2014 abends<br />
mal wieder soweit: Personen zwischen<br />
Wilhelmsburg und Veddel auf den Gleisen.<br />
Kein Zug, weder ein IC, RE noch eine<br />
S-Bahn kam über die Elbe. Zum Glück<br />
war aber „nur“ Samstag. Fahrgäste wurden<br />
aufgefordert, zur S-Bahnstation Berliner<br />
Tor zu fahren und dort in den<br />
„Schienenersatzverkehr“ zu steigen. Vollgepfropfte<br />
S-Bahnen erreichten genannte<br />
Station <strong>im</strong> Minutentakt, deren Vorplatz<br />
bald von Menschenmassen überflutet<br />
wurde. Wer nun dort organisierten Schienenersatzverkehr<br />
(z.B. in Form aufgereihter<br />
Metro-Doppelgelenkbusse) erwartet<br />
hatte, musste sich rasch eines Besseren<br />
belehren lassen. Es fuhren nur reguläre<br />
Linienbusse, die man kurzfristig über ihre<br />
regulären Endpunkte in Wilhelmsburg<br />
und Kirchdorf nach Harburg verlängert<br />
hat. Diese schafften weitaus weniger Personen<br />
weg als ständig aus der S-Bahn<br />
dazu kamen. Ein bemühter, jedoch hoffnungslos<br />
überforderter HVVG-Mitarbeiter<br />
78<br />
<strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 10| 2014
versuchte, die Massen zu beruhigen. Er<br />
erklärte, dass die Kommunikation zwischen<br />
DB AG und HVVG offenbar nicht<br />
die beste sei und letztere von der Situation<br />
überrascht worden ist. Das war in<br />
meinen Augen allerdings nur die halbe<br />
Wahrheit! Die Metrobusse waren meist<br />
auf der Linie 5 eingesetzt, es wäre gar<br />
nicht möglich, diese so schnell vor Ort zu<br />
bringen. Der Mitarbeiter versuchte mit<br />
dem Argument zu trösten, dass die Verlängerung<br />
der U4 zu den Elbbrücken <strong>im</strong><br />
Bau sei und irgendwann einmal die U-<br />
Bahn auch nach südlich der Elbe verkehren<br />
wird. Dass das <strong>im</strong> Augenblick nicht<br />
sonderlich half, muss hier nicht extra betont<br />
werden.<br />
Ich denke man sollte auch der hanseatischen<br />
Gelassenheit der Hamburger in<br />
diesem Augenblick einmal Respekt bezeugen.<br />
Ich weiß nicht, wie die Situation sich<br />
entwickelt hätte, wäre nicht damals <strong>im</strong><br />
nächsten Augenblick die Nachricht eingetroffen,<br />
dass der Zugverkehr über die<br />
Elbe wieder aufgenommen wurde. Eine<br />
längerfristige Einstellung des Zugverkehrs,<br />
eventuell wegen eines Unfalls oder<br />
Naturereignisses, möchte ich mir gar<br />
nicht ausmalen.<br />
Fazit: In der jetzigen Situation fährt die<br />
HVVG mit den Systemen U-Bahn und Bus<br />
(ergänzt durch die S-Bahn) ständig an<br />
der Grenze. Aus meiner Sicht führt an der<br />
Stadtbahn kein Weg vorbei. Vordergründig<br />
sollte dabei die Elbquerung realisiert<br />
werden.<br />
Ich gehe davon aus, irgendwann wird<br />
auch be<strong>im</strong> Regierenden Olaf Scholz die<br />
Einsicht dazu reifen. Wer ihn kennt, der<br />
weiß, dass er dann auch zehn Gründe<br />
parat hat, weshalb er schon <strong>im</strong>mer für<br />
den Aufbau der Stadtbahn war.<br />
Ulf Lieberwirth, Frankfurt (Oder)<br />
Zu „Großauftrag aus San<br />
Francisco“ (SM 9/2014)<br />
Muni Metro enorm<br />
über- und unterschätzt<br />
Das Streckennetz der Muni Metro<br />
Light Rail umfasst nach amtlichen Angaben<br />
zur Zeit 57,5 Kilometer – also ziemlich<br />
genau die Hälfte der in der Meldung<br />
auf den Seite 12/13 genannten 115,1 Kilometer.<br />
Die dort angegebene Fahrgastzahl<br />
bezieht sich auf den Durchschnitt pro<br />
Tag, nicht pro Woche. Alle Linien der Muni<br />
Metro verkehren nur in einem für US-Verhältnisse<br />
ungewöhnlich dicht bebauten<br />
Stadtgebiet, so dass ein <strong>im</strong> besten Sinne<br />
großstädtischer Fahrplan angeboten und<br />
von den Einwohnern – und auch von vielen<br />
Touristen – intensiv genutzt wird.<br />
Helmut Ahlbrecht, Hannover<br />
Liebevoller Blick auf Menschen hinter der Technik<br />
„Nicht mit dem Wagenführer sprechen!“<br />
Zumindest nicht mehr ganz<br />
junge Straßenbahnfreunde kennen<br />
diese Anweisung sehr genau – und<br />
haben sich, wie auch der Rezensent,<br />
sicher nicht <strong>im</strong>mer daran gehalten. In<br />
den heutigen, modernen Stadtbahnen<br />
ist dies meist unmöglich. Und<br />
schon sind wir mitten drin <strong>im</strong> Thema<br />
des Buches: Über Betriebe, Fahrzeuge<br />
und Netze gibt es inzwischen eine<br />
reiche Fülle an Informationen. Aber<br />
über das fahrende Personal?<br />
Am Beispiel von Darmstadt zeigt<br />
das Buch genau diese Perspektive<br />
auf: Wie hat sich das Berufsbild, haben<br />
sich die Anforderungen und das<br />
Umfeld geändert? Das alles ist gegliedert<br />
in Zeitabschnitte, beginnend<br />
1886 mit der Dampf-Vorortbahn und<br />
endend mit den aktuellen Niederflurbahnen.<br />
„Authentisch“ ist wohl das<br />
beste Stichwort für das, was dem Leser<br />
in diesem Buch begegnet. Aus jeder<br />
Epoche wird nicht ein Personal,<br />
ein Wagenführer, nein: ein „Mensch“<br />
lebendig, mit Bild und kurzem Lebenslauf,<br />
ggf. mit einem Zitat. Fassbar<br />
werden auch die Anforderungen,<br />
denen diese Menschen in den wechselnden<br />
Perioden ausgesetzt waren:<br />
Unverglaste Plattformen, Wind und<br />
Wetter, Wirtschaftskrisen und Kriegszeiten,<br />
Unfälle, Einmann-Betrieb und<br />
Fahrerkabine. Eine Vielzahl historischer<br />
Fotos und Dokumente macht das Buch<br />
zu einem erlebnisreichen Spaziergang<br />
durch die Tram-Geschichte. Der Einstellungsbogen<br />
von 1946 fehlt ebenso<br />
wenig wie ein Exkurs über die wechselnden<br />
Ansprüche an die Dienstkleidung<br />
(„…luftige Hose mit Freizeit-Appeal<br />
…“) und die Eroberung der<br />
Kurbel durch die Frauen („… da fahre<br />
ich nicht mit …“). Und die Autoren<br />
haben tatsächlich mit den Wagenführern<br />
gesprochen: Zahlreiche Originalzitate<br />
(auf der beigefügten CD <strong>im</strong> Originalton<br />
nachzuhören) lassen die<br />
Menschen auf den Fotos noch auf eine<br />
andere Art lebendig werden. Das ist,<br />
auch wenn HEAG mobilo als Herausgeber<br />
des Buches zeichnet, an einigen<br />
Stellen durchaus nicht ohne Kritik; aber<br />
zwischen den Zeilen ist doch meist der<br />
Titel des Buches zu hören: Ich bin <strong>im</strong>mer<br />
gern gefahren.<br />
Das Ganze liest sich leicht und amüsant<br />
und ist – auch über die Grenzen<br />
Darmstadts hinaus – ein Gewinn für<br />
alle, die einen Blick auf die Menschen<br />
hinter aller Technik werfen möchten.<br />
Innerhalb der neuen Reihe „Stadtverkehr-Bildarchiv“<br />
des EK-Verlages erschien<br />
in diesem Sommer der Band 4,<br />
der sich wieder einem Schienenverkehrsmittel<br />
widmet – den Stadtbahnwagen B.<br />
Obwohl die Bücher der Reihe als<br />
„Bildbände“ konzipiert sind, enthält<br />
der hier vorgestellte Titel eine längere<br />
Beschreibung zur Entstehung,<br />
Technik und Einsatzgeschichte. Auch<br />
wenn dieser Text vom Ausdruck her<br />
verbesserungswürdig ist (sehr viele<br />
Sätze sind mit „wurde“ und „man“<br />
<strong>im</strong> Passiv formuliert, so dass der klare<br />
Informationsgehalt fehlt), kann<br />
der Leser die folgenden etwa 100<br />
Aufnahmen dadurch in Gedanken<br />
gut einordnen und besser verstehen.<br />
Dazu tragen auch die zwei grob bemaßten<br />
Fahrzeugzeichnungen sowie<br />
die Liefer- und Typentabellen in den<br />
Einführungskapiteln bei.<br />
Anschließend stellen die Autoren<br />
den B-Wagen-Einsatz in Bonn, Köln,<br />
Düsseldorf, Duisburg, Essen, Bochum,<br />
Dortmund und sogar in den türkischen<br />
Städten Bursa und Istanbul<br />
mit durchweg farbigen Aufnahmen<br />
vor. Dominieren dabei<br />
die üblichen Motive „Fahrzeug<br />
schräg von vorn“, so sorgen einige<br />
wenige „Ausreißer“ von<br />
oben oder innen dennoch für<br />
Abwechslung. Die vom EK-Verlag<br />
angestrebte Druckqualität<br />
ist be<strong>im</strong> Besprechungsmuster<br />
nicht in allen Fällen erreicht. Es<br />
enthält auch leicht farbverfälschte<br />
oder mit Farbe übersättigte<br />
Aufnahmen. Etwas blamabel ist<br />
es auch, dass ausgerechnet be<strong>im</strong> Titelbild<br />
die Zielanzeige nicht lesbar ist. Wobei<br />
dem Rezensenten die Problematik<br />
bekannt ist, das die Frequenz der Anzeigen<br />
bei den Bonner Wagen eine für<br />
Fotografen äußerst „unfreundliche“<br />
Taktung aufweist.<br />
Das letzte Kapitel zur Zweiterstellung<br />
umfasst lediglich drei Seiten - und<br />
ist damit sehr knapp gehalten. Zu diesem<br />
Thema wäre „eigentlich mehr“<br />
möglich und nötig gewesen.<br />
Angesichts der vielen historischen Dokumente<br />
ist der Preis angemessen.<br />
JÖRN SCHRAMM<br />
HEAG mobilo GmbH: „Ich bin <strong>im</strong>mer<br />
gern gefahren“, Darmstädter Straßenbahnfahrer<br />
<strong>im</strong> Wandel der Zeit, 120<br />
Seiten mit zahlreichen Abbildungen<br />
und Begleit-CD-ROM, Büchner-Verlag<br />
Darmstadt 2014, ISBN: 978-3-941310-<br />
41-4, Preis: 19,90 Euro<br />
Fotoreise durch B-Wagen-Geschichte und -Gegenwart<br />
Anerkennung verdienen die genauen<br />
und ausführlichen Bildbeschreibungen,<br />
so dass der Bildband unter dem<br />
Strich einen guten Eindruck hinterlässt<br />
und B-Wagen-Freunden empfohlen<br />
werden kann.<br />
ANDRÉ MARKS<br />
Der Stadtbahnwagen Typ B. 40 Jahre<br />
Dauereinsatz an Rhein und Ruhr. 96<br />
Seiten 235 x 165 mm mit ca. 100 Abbildungen<br />
meist farbig, EK-Verlag Freiburg<br />
2014, ISBN: 978-3-8446-6751-6,<br />
Preis: 19,80 Euro<br />
<strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 10| 2014 79
Forum<br />
Termine<br />
20. September, Halle (Saale): Die Hallesche<br />
Straßenbahnfreunde e.V. laden<br />
von 11 bis 17 Uhr ins Historische Straßenbahndepot<br />
auf die Seebener Straße<br />
191 ein<br />
20. September, Gotha: Tag der offenen<br />
Tür <strong>im</strong> Betriebshof, Waltershäuser Str. 98,<br />
anlässlich 120 Jahre Straßenbahn Gotha<br />
und 85 Jahre Thüringerwaldbahn, 10 bis<br />
17 Uhr<br />
21. September, Gotha: große „Fanveranstaltung“<br />
anlässlich der Jubiläen, historischer<br />
Wageneinsatz, u. a. mit Tw 7<br />
aus Zwickau, Teilnahmegebühr 35,– Euro<br />
21. September, Bochum: „Museums-<br />
Express“ Bochum Hbf – Bf Dahlhausen<br />
(S); fünf Abfahrten in Bochum zwischen<br />
11.02 und 17.02 Uhr sowie von Dahlhausen<br />
zwischen 11.51 und 17.51 Uhr<br />
21. September, Leipzig: Der „Historische<br />
Straßenbahnhof Leipzig-Möckern“<br />
hat von 10 bis 17 Uhr geöffnet. Stündlich<br />
pendelt <strong>im</strong> Zubringerverkehr die Linie<br />
29E mit historischen Wagen zwischen<br />
dem Museum und der Innenstand und es<br />
finden Sonderfahrten mit historischen<br />
Wagen statt. Weitere Informationen unter:<br />
www.strassenbahnmuseum.de<br />
28. September, Braunschweig: Tag der<br />
Technik & Innovation der Braunschweiger<br />
Verkehrs-GmbH 11 bis 17 Uhr <strong>im</strong> Betriebshof<br />
Am Hauptgüterbahnhof; u.a.<br />
mit Vorstellung Tramino und Fachvorträgen<br />
zur Elektromobilität<br />
Ob Tag der offenen Tür, Sonderfahrt oder Sym posium:<br />
Veröffentlichen Sie Ihren Termin hier kostenlos.<br />
Fax (0 89) 13 06 99-700 · E-Mail: redaktion@geramond.de<br />
28. September, München: das MVG-Museum<br />
in der Ständlerstraße 20 ist von 11<br />
bis 17 Uhr geöffnet<br />
3. Oktober, Bad Schandau: Sonderbetrieb<br />
mit historischen Wagen auf der Kirnitzschtalbahn<br />
4. Oktober, Augsburg: Rundfahrten von<br />
avg und „Freunden der Augsburger Straßenbahn<br />
e.V.“ (F.d.A.S.) mit KSW Nr. 506,<br />
bei technischen Defekten GT 8; Abfahrt Königsplatz,<br />
B2: 14.05, 15.05 und 16.05 Uhr,<br />
Fahrscheine be<strong>im</strong> Schaffner <strong>im</strong> Wagen, Erwachsene<br />
3 Euro, Kinder 1, 50 Euro (Mitglieder<br />
von Straßenbahnvereinen frei)<br />
4. Oktober, Bochum: Nostalgischer Straßenbahnverkehr<br />
Gelsenkirchen Hbf – Essen<br />
Hbf; sieben mal stündlich ab 11.17 Uhr bzw.<br />
von Essen Hbf ab 11.04 Uhr bis nach 18 Uhr<br />
4. Oktober, Döbeln: Öffentliche Fahrtage<br />
der Pferdestraßenbahn, jeweils 10 bis 12.30<br />
und 14 bis 17 Uhr. Die Fahrten beginnen<br />
am Pferdebahnmuseum, Niederwerder 6.<br />
Das Museum ist Dienstag bis Freitag 10 bis<br />
17 Uhr und sonnabends 9.30 bis 12.30 Uhr<br />
geöffnet (an den o. g. Fahrtagen bis 17 Uhr)<br />
4. Oktober, Dresden: Stündliche Führungen<br />
von 10 bis 17 Uhr durch das Dresdner<br />
Straßenbahnmuseum an der Trachenberger<br />
Straße, letzte Führung 16 Uhr, Unkostenbeitrag:<br />
3,– Euro/Person<br />
4. Oktober, Halle (Saale): Die Hallesche<br />
Straßenbahnfreunde e.V. laden von 11 bis<br />
17 Uhr ins Historische Straßenbahndepot<br />
auf die Seebener Straße 191 ein<br />
4./5. Oktober, Nürnberg: Öffnungstag<br />
<strong>im</strong> Historischen Straßenbahndepot St. Peter<br />
von 10 bis 17.30 Uhr (17 Uhr letzter<br />
Einlass), während der Öffnungszeiten<br />
fährt die historische Burgringlinie 15 entlang<br />
der Nürnberger Altstadt<br />
5. Oktober, München: das MVG-Museum<br />
in der Ständlerstraße 20 ist von 11<br />
bis 17 Uhr geöffnet<br />
18. Oktober, Halle (Saale): Die Hallesche<br />
Straßenbahnfreunde e.V. laden von<br />
11 bis 17 Uhr ins Historische Straßenbahndepot<br />
auf die Seebener Straße 191<br />
ein<br />
18. Oktober, München: Lange Nacht<br />
der Museen, das MVG-Museum in der<br />
Ständlerstraße 20 ist von 19 bis 1 Uhr<br />
morgens geöffnet<br />
19. Oktober, Bochum: „MuseumsExpress“<br />
Bochum Hbf – Bf Dahlhausen (S);<br />
fünf Abfahrten in Bochum zwischen<br />
11.02 und 17.02 Uhr sowie von Dahlhausen<br />
zwischen 11.51 und 17.51 Uhr<br />
1./2. November, Dresden: Herbstöffnungstage<br />
des Dresdner Straßenbahnmuseums<br />
an der Trachenberger Straße<br />
von 10 bis 17 Uhr, parallel Rundfahrten<br />
mit historischen Wagen<br />
1./2. November, Nürnberg: Öffnungstag<br />
<strong>im</strong> Historischen Straßenbahndepot<br />
St. Peter von 10 bis 17.30 Uhr (17 Uhr<br />
letzter Einlass), während der Öffnungszeiten<br />
fährt die historische Burgringlinie<br />
15 entlang der Nürnberger Altstadt<br />
Nummer 300 • 10/2014 • Oktober • 45. Jahrgang<br />
Betriebe<br />
Fahrzeuge<br />
Geschichte<br />
www.strassenbahn-magazin.de<br />
Redaktionsanschrift:<br />
<strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong><br />
Postfach 40 02 09 · D-80702 München<br />
Tel. + 49 (0) 89.13 06 99.720<br />
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Verantw. Redakteur:<br />
André Marks, andre.marks@geramond.de<br />
Redaktion:<br />
Michael Krische (Chefredakteur),<br />
Thomas Hanna-Daoud, Martin Weltner<br />
Redaktion Straßenbahn <strong>im</strong> Modell:<br />
Jens-Olaf Griese-Bande low,<br />
jobandelow@geramond.de<br />
Redaktionsteam:<br />
Berthold Dietrich-Vandoninck, Wolfgang Kaiser,<br />
Michael Kochems, Bernhard Kuß magk,<br />
Ronald Glembotzky, Hans Immer,<br />
Dr. Martin Pabst, Axel Reuther, Robert Schrempf,<br />
Michael Sperl, Guido Mandorf<br />
Redaktionsassistenz: Brigitte Stuiber<br />
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Layout: Karin Vierheller<br />
Litho: Cromika, Verona<br />
Druck: Stürtz GmbH, Würzburg<br />
Verlag:<br />
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Für unverlangt ein gesandte Fotos wird keine Haftung<br />
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Ver antwortlich für den redaktionellen Inhalt: André Marks;<br />
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verantwortlich für Anzeigen: Rudolf Gruber, beide Infanteriestr.<br />
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ISSN 0340-7071 • 10815<br />
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Herstellungsleitung:<br />
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Leitung Marketing und Sales Zeitschriften:<br />
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Konto mittels Lastschrift einzuziehen. Zugleich weise ich mein Kreditinstitut an, die von<br />
GeraNova Bruckmann Verlagshaus GmbH auf mein Konto gezogenen Lastschriften einzulösen. Die<br />
Mandatsreferenz wird mir separat mitgeteilt. Hinweis: Ich kann innerhalb von acht Wochen, beginnend<br />
mit dem Belastungsdatum, die Erstattung des belasteten Betrages verlangen. Es gelten dabei<br />
die mit meinem Kreditinstitut vereinbarten Bedingungen.<br />
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<strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 11/2014<br />
erscheint am 17. Oktober<br />
Steil, steiler,<br />
am steilsten<br />
BERNHARD KUSSMAGK<br />
Die Frage stellt sich <strong>im</strong>mer und <strong>im</strong>mer wieder!<br />
Welche Straßenbahn <strong>im</strong> Adhäsionsbetrieb war<br />
in Deutschland die steilste? War es Remscheid,<br />
war es Neunkirchen – oder lag der steilste Abschnitt<br />
nicht vielleicht doch in einer ganz anderen<br />
Stadt? Diesen Fragen ist Bernhard Kußmagk<br />
in den vergangenen Monaten einmal<br />
akribisch nachgegangen. Dabei klärte er<br />
gleichzeitig die Frage, wo befindet sich heute<br />
die steilste Tramlinie? Dabei wirft er auch einen<br />
Blick über die Grenzen und schaut sogar über<br />
den Ozean bis nach Pittsburgh …<br />
Weitere Themen der kommenden Ausgabe<br />
Zwickau: Vergessenes<br />
120. Jubiläum?<br />
PETER KALBE<br />
Zu den deutschen Betrieben, die in diesem Jahr auf<br />
einen 120-jährigen elektrischen Verkehr zurückschauen<br />
können gehören auch die Städtischen Verkehrsbetriebe<br />
Zwickau. Anders als die Stadtwerke in<br />
Erfurt würdigte das westsächsische Unternehmen<br />
das Jubiläum in diesem Sommer. Ein Blick auf Anfänge,<br />
Entwicklung und die heutige Situation.<br />
Bochums Linie 305<br />
nach Herne<br />
Am 2. September jährt sich zum 25. Mal die Umstellung<br />
der Sl 305 auf die U35 zwischen Bochum und<br />
Herne. Obwohl beide Linien unabhängig voneinander<br />
funktionierten, gab es keinen nennenswerten Parallelbetrieb.<br />
Der Beitrag erinnert vor allem an die letzte<br />
Zeit der 305 in den 1980er-Jahren und lässt damit die<br />
Düwag-Ära in Bochum wiederaufleben.<br />
Goldene Zeit in Nürnberg?<br />
Wo war dieser schon für Heft 9 angekündigte Beitrag?<br />
Keinesfalls vergessen – sondern in der Hektik<br />
des Heftes 300 einfach nicht in der gewünschten<br />
Qualität produzierbar. Nun erinnert Stefan Hinder<br />
endlich an die Straßenbahn in Nürnberg des Jahres<br />
1994. Ihr Weiterbetrieb war bereits gesichert gewesen.<br />
Aber was gehörte damals zum Betriebsalltag der<br />
Straßenbahn?<br />
Die Straßenbahn in<br />
Sarajevo<br />
Die bosnische Landeshauptstadt Sarajevo kann auf<br />
eine ungewohnt interessante Straßenbahngeschichte<br />
zurückschauen. Die wechselnden Staatszugehörigkeiten<br />
und politischen Einflüsse führten gleich -<br />
zeitig zu einem einzigartigen Fahrzeugmix. Es fuhren<br />
sowohl amerikanische als auch tschechische Klassiker.<br />
Das Betriebsporträt stellt all diese Besonderheiten<br />
vor und endete in der Gegenwart.<br />
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Das besondere Bild<br />
Was st<strong>im</strong>mt hier nicht? Irgendetwas passt auf dieser Aufnahme<br />
nicht zusammen! Der riesige Hafenkran steht recht nah an städtischer<br />
Wohnbebauung – und die Rostocker Straßenwagen sehen<br />
doch eigentlich ganz anders aus … Das ist die richtige Fährte!<br />
Denn diese Aufnahme entstand keinesfalls an der Küste, sondern in der<br />
Schweiz! Seit April dieses Jahres steht am L<strong>im</strong>matquai in Zürich ein ehemaliger<br />
Hafenkran aus Rostock. Initiator seiner Aufstellung ist der Kunstverein<br />
„zürich transit marit<strong>im</strong>“. Nun lässt sich über Kunst bekanntlich<br />
streiten – doch der ungewohnte Anblick erfüllt seinen Zweck:<br />
Der Kran ist <strong>im</strong> Gespräch der Zürcher und ihrer Gäste. Nur das<br />
Tram, wie in der Schweiz die Straßenbahnen genannt werden, fährt völlig<br />
unbeeindruckt an dem stählernen Riesen vorbei. Dieser soll voraussichtlich<br />
Anfang nächsten Jahres an Ort und Stelle verschrottet werden. Dann gehört<br />
den teils nicht viel jüngeren Tramwagen der Verkehrsbetriebe Zürich wieder<br />
die ungeteilte Aufmerksamkeit technikbegeisterter Passanten …<br />
TEXT: ANDRÉ MARKS, FOTO: TIBERT KELLER<br />
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