STRASSENBAHN MAGAZIN Steil hinauf (Vorschau)
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11/2014 | Nov. € 8,50<br />
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Betriebe<br />
Fahrzeuge<br />
Geschichte<br />
InnoTrans 2014: Das sind<br />
die neuen Straßenbahnen<br />
Achtung<br />
Gefälle!<br />
Die steilsten<br />
Straßenbahnstrecken<br />
von Neunkirchen<br />
bis Lissabon<br />
Bis zu 149 ‰ Steigung<br />
Herausforderung für Technik und Fahrzeuge<br />
8 Betriebe,<br />
157 Wagen<br />
Eingestellt vor 25 Jahren:<br />
Die Linie 305 Bochum – Herne<br />
Maximumwagen zwischen<br />
Danzig und Merseburg<br />
Die Straßenbahn in Sarajevo:<br />
Von Schmal- zu Normalspur
Ein Jahr mit Tram,<br />
Bim & Drämmli.<br />
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»Straßenbahn 2015«<br />
Bitte einsteigen: Stimmungsvolle Motive<br />
aus der ganzen Welt der Straßenbahnen<br />
begleiten Sie durchs Tram-Jahr. Von altgedienten<br />
Klassikern wie dem Düwag-<br />
Triebwagen in Düsseldorf, Reko-Triebwagen<br />
in Halberstadt, P-Wagen in München und<br />
Tatras in Berlin und Strausberg bis hin zu<br />
den topmodernen Trams wie Citadis und<br />
Combino bietet dieser Kalender spannende<br />
Szenen aus dem Straßenbahn-Alltag.<br />
Der zweiwöchige Kalender bietet insgesamt<br />
26 Farbaufnahmen.<br />
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Einsteigen, bitte …<br />
Zeitlos schön?<br />
Stimmen Sie ab<br />
Endlich war es wieder so weit: Ende<br />
September lud die Fachmesse „InnoTrans“<br />
zur großen internationalen<br />
Leistungsschau der Schienenfahrzeughersteller<br />
nach Berlin ein.<br />
Aufgrund eines eingerissenen Bandes am<br />
Sprunggelenk war ich allerdings gezwungen,<br />
während aller Öffnungstage im Büro<br />
am Schreibtisch zu bleiben. Doch zahlreiche<br />
Leser und Mitarbeiter des STRASSEN-<br />
BAHN <strong>MAGAZIN</strong> versorgten mich mit<br />
weit über 100 Aufnahmen vom Gelände<br />
am Funkturm. Dafür möchte ich mich<br />
heute ganz herzlich bedanken.<br />
Wie alle Besucher der diesjährigen Inno-<br />
Trans war ich von der Vielfalt und Menge<br />
der dort ausgestellten Stadt- und Straßenbahnwagen<br />
begeistert. Neben vertrauten<br />
Konstruktionen zum Beispiel aus meinem<br />
Heimatland Sachsen von Bombardier<br />
Transportation oder HeiterBlick musterte<br />
ich interessiert vor allem auch die Fotos der<br />
Wagen von in Deutschland bisher eher un-<br />
Was halten Sie von einem phantasievolleren Design und Verzierungen<br />
bei Stadt- und Straßenbahnwagen?<br />
• Sehr viel – die Zeit der „kantigen Klötze“ ohne Gesicht und Wärme<br />
sollte vorbei sein. Dadurch steigert sich der Reisekomfort.<br />
• Das klingt ja schön und gut, treibt aber nur die Herstellungs- und<br />
damit auch Beschaffungskosten der Wagen unnötig in die Höhe.<br />
• Vorsicht! Ein Design unterliegt m. E. dem Zeitgeist. Neutral gehaltene<br />
Wagen sind auch noch nach drei Jahrzehnten akzeptabel …<br />
Stimmen Sie online ab: www.strassenbahn-magazin.de<br />
bekannten Herstellern. An den Aufnahmen<br />
des „Artic“ von Transtech blieben meine<br />
Augen besonders lange haften, ohne dass<br />
ich am Anfang wusste weshalb.<br />
In der folgenden Stunde war es meine<br />
Aufgabe, für kommende Beiträge eingereichte<br />
Werkaufnahmen vor teils weit über<br />
100 Jahren gebauter Straßenbahnwagen zu<br />
sichten. Fasziniert betrachtete ich dabei die<br />
damals innen wie außen verarbeiteten Edelhölzer<br />
mit ihrer wunderbaren Maserung.<br />
Im nächsten Augenblick war ich in Gedanken<br />
wieder bei der InnoTrans: Das war mir<br />
beim „Artic“ so in die Augen gestochen:<br />
sein zeitlos schönes Holzimitat!<br />
Nun ist Schönheit bekanntermaßen immer<br />
ein subjektives Empfinden – und Design<br />
ist nicht alles, auf was es bei einem<br />
Straßenbahnwagen ankommt. Selbstredend<br />
stehen seine technische Ausgereiftheit und<br />
Tauglichkeit an erster Stelle. Doch gerade<br />
diese Eigenschaften sollten ja zu den<br />
Grundvoraussetzungen eines Markteintrittes<br />
gehören … – weshalb neben der ebenfalls<br />
elementaren Frage nach dem Preis eines<br />
Fahrzeuges das Design durchaus eine<br />
Rolle spielt. Das bestätigt mir<br />
auch die Begeisterung der Inno-<br />
Trans-Besucher für die Gestaltung<br />
des Himmels in Vosslohs<br />
Tramlink für die Rostocker<br />
Straßenbahn AG. Aber wie denken<br />
Sie, lieber Leser, über die<br />
Wertigkeit des Designs eines<br />
Straßenbahnwagens?<br />
Das Design des auf<br />
der InnoTrans vor -<br />
gestellten „Artic“<br />
der finnischen<br />
Firma Transtech<br />
sorgte in Berlin für<br />
Gesprächs stoff. Am<br />
20. Oktober fährt er<br />
in Würzburg Probe<br />
SEBASTIAN SCHRADER<br />
André<br />
Marks<br />
Verantwortlicher<br />
Redakteur<br />
<strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 11 | 2014<br />
3
Inhalt<br />
TITEL<br />
<strong>Steil</strong> <strong>hinauf</strong> – Superlative in Deutschland und darüber hinaus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16<br />
Betriebe<br />
TITEL<br />
<strong>Steil</strong>, steiler am steilsten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16<br />
Die steilsten Straßenbahnen im Adhäsionsbetrieb – Die Frage<br />
stellt sich immer und immer wieder: Welche deutsche Strecke im Adhäsionsbetrieb<br />
war die steilste – welche ist es heute? In der Literatur kursieren<br />
dazu viele widersprüchliche Angaben. Schaut man ins Ausland, wird es<br />
noch interessanter …<br />
Über Höhen und Tiefen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30<br />
120 Jahre Straßenbahn in Zwickau – Auch der Betrieb im westsächsischen<br />
Zwickau feierte im diesem Jahr ein rundes Jubiläum: Seit dem 6.<br />
Mai 1894 ist die Straßenbahn in der Stadt unterwegs, die sich schon kurz<br />
danach zu einem Zentrum des Automobilbaus entwickelte …<br />
Zurück in die Zukunft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36<br />
Besançon wieder mit Straßenbahn – Nach 62 Jahren schienenfreier<br />
Zeit rollen seit dem 30. August im Osten Frankreichs wieder Straßenbah-<br />
<strong>STRASSENBAHN</strong> im Modell<br />
Alte Wikingteile, neues Gleisdreieck . . . . 76<br />
Michael Bachmann hat seine kombinierte Eisenbahn-/Tramanlage im<br />
Maßstab 1:120 ausgebaut und ein neues Gleisdreieck geschaffen<br />
nen durch die Innenstadt von Besançon, dem Verwaltungssitz des Départements<br />
Doubs. Aber welche Besonderheiten weist das neue Netz auf?<br />
TITEL<br />
Einzigartige Betriebs geschichte . . . . . . . . . . . . 38<br />
Die Straßenbahn in Sarajevo (Teil 1) – Ihre Anfänge lagen in einer<br />
1885 eröffneten Pferdebahn – als vierte Stadt in der k. k. Monarchie erhielt<br />
Sarajevo zehn Jahre danach eine elektrische Straßenbahn, ebenfalls mit<br />
760 Millimeter Spurweite. Aber wieso kamen später PCC-Wagen dorthin?<br />
Regio-Tram statt Zahnradbahn . . . . . . . . . . . . . 44<br />
Projekt Durchmesserlinie Trogen – St. Gallen – Appenzell – In<br />
der Ostschweiz entsteht bald eine etwa 30 Kilometer lange Regio-Tram. Sie<br />
wird sowohl historisches Straßenbahntrassee als auch klassische Eisenbahnstrecken<br />
nutzen. Aber was ist genau für dieses Vorhaben geplant?<br />
Titelmotiv<br />
Am 12. Mai 1963 fuhr<br />
der Neunkirchner Tw 1<br />
in den 11,1-Prozent-<br />
Abschnitt der Hüttenbergstraße<br />
ein<br />
WILHELM ECKERT,<br />
SLG. WOLFGANG MEIER<br />
4 <strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 11 | 2014
<strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 11 | 2014<br />
Besancon: Zurück im Straßenbahnzeitalter 36 St. Gallen: Neues Regio-Tram-Konzept 44<br />
InnoTrans: Alle Neuheiten auf einen Blick 48 Mannheim: Rückkehr des Tw 455 58<br />
Fahrzeuge<br />
RUBRIKEN<br />
„Einsteigen, bitte ...“ . . . . . . 3<br />
Bild des Monats . . . . . . . . . . 6<br />
Journal . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8<br />
Nächster Halt . . . . . . . . . . . . 29<br />
TITEL<br />
Laufsteg für Flirts & Co. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48<br />
Die InnoTrans-Neuheiten 2014 – Ende August fand auf dem Messegelände<br />
in Berlin die Leistungsschau der Schienenfahrzeughersteller statt ....<br />
Als es auf die Größe ankam . . . . . . . . . . . . . . . . . 52<br />
Maximumwagen in Mitteldeutschland und im alten Ostdeutschland<br />
– Auch in Städten wie Breslau, Danzig, Magdeburg und Schwerin sammelten<br />
die Betriebe vor ca. einem Jahrhundert ihre Erfahrungen mit den ungewöhnlichen<br />
Vierachsern. Die Fahrzeuge bewährten sich unterschiedlich …<br />
TITEL<br />
Ein Mannheimer kommt heim . . . . . . . . . . . . . . 58<br />
Die Rettung eines GT6 Typ Mannheim – Kurz vor Weihnachten 2013<br />
kehrte ein Düwag-GT6 vom Typ Mannheim aus Helsinki in die kurpfälzische<br />
Metropole zurück. Aber welche Vorgeschichte hat der Tw 455?<br />
Einst & Jetzt . . . . . . . . . . . . . 62<br />
Forum, Impressum . . . . . . . . 80<br />
<strong>Vorschau</strong> . . . . . . . . . . . . . . . 82<br />
Das besondere Bild. . . . . . . . 83<br />
Geschichte<br />
TITEL<br />
Als die Zeit stillstand. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64<br />
Die letzten Jahre von Bochums Linie 305 – Bis zum 2. September<br />
1989 verkehrte zwischen der Bochumer Innenstadt und Herne die Straßenbahnlinie<br />
305. Am gleichen Tag nahm vor 25 Jahren die U35 ihren Betrieb<br />
auf. Zuvor war die Linie 305 eine Hochburg für klassische Düwag-GT6 …<br />
Nie wieder Krieg! . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69<br />
Der Zweite Weltkrieg in Aachen<br />
vor 70 Jahren – In Vorbereitung einer<br />
Veröffentlichung fiel Reiner Bimmermann<br />
eine Aufnahme vom Geschehen<br />
vor den Toren der Stadt Aachen<br />
vor fast auf den Tag genau sieben Jahrzehnten<br />
in die Hände. Doch was hat es<br />
damit auf sich?<br />
Goldene Zeit für Beiwagenfreunde . . . . . . . 70<br />
Die Nürnberger Straßenbahn vor 20 Jahren – Im März 1994 besuchte<br />
ein Oldenburger Nahverkehrsfreund im Rahmen seiner Bayernreise auch<br />
die Frankenmetropole. Hier galt sein Hauptinteresse den unverwechsel -<br />
baren Vier- und Sechsachsern. Aber er beobachtete auch andere Dinge …<br />
<strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 11 | 2014<br />
5
Bild des Monats<br />
Bild des Monats<br />
Verstärkung aus Halle an der Saale in Brandenburg<br />
an der Havel: Die an ihrem neuen Dienstort von den<br />
Verkehrsbetrieben am 23. August offiziell in Betrieb<br />
genommenen Triebwagen 104 (ex HAVAG-Tw 500)<br />
und 105 (ex HAVAG-Tw 501) sind nun regulär vor<br />
allem auf der Linie 1 im Einsatz. So hielt Bodo Schulz<br />
am 28. August den Tw 104 neben dem markanten<br />
Steintor aus der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts<br />
im Bild fest. Auf der linken Bildseite ragt hingegen<br />
der Turm der St. Katharinenkirche nach oben.<br />
6<br />
<strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 11 | 2014
Bild des Monats<br />
<strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 11 | 2014 7
Meldungen aus Deutschland,<br />
aus der Industrie und aus aller Welt<br />
Visualisierung der künftigen Station Kirchplatz an der Wehrhahn-Linie. Die Inbetriebnahme 2015 bringt viele Veränderungen<br />
GRAFIK: STADT DÜSSELDORF<br />
Düsseldorf: Kritikpunkte an Linienreform<br />
Im Schatten der Wehrhahn-Linie<br />
Im Oktober 2015 eröffnet die<br />
Rheinbahn die rund 800 Millionen<br />
Euro teure und 3,4 Kilometer unterirdisch<br />
verlaufende „Wehrhahn-Linie“.<br />
Damit gehen umfassende Änderungen<br />
im Liniennetz einher: Schon 2012<br />
beschloss der Stadtrat, ein neues Linienkonzept<br />
mit den folgenden wesentlichen<br />
Änderungen umzusetzen:<br />
Aus den Linien 703 und 712 werden<br />
die U72 und U73, wobei die U73<br />
künftig bis zur Universität fährt. Eine<br />
neue Linie U71 führt von Benrath<br />
über das Zooviertel nach Mörsenbroich<br />
und Rath, eine Erweiterung<br />
zum ISS-Dome ist vorgesehen. Diese<br />
drei Linien nutzen als „Niederflur-U-<br />
Bahn“ den neuen Tunnel. Auch andere,<br />
teils langjährige Linienbeziehungen<br />
sind betroffen: So unterbricht die<br />
Rheinbahn ihre traditionelle Ringlinie<br />
706 ab Oktober 2015, ebenso soll die<br />
bisherige Linie 708 zugunsten der<br />
U71 im nördlichen Abschnitt sowie<br />
der Linie 707 auf dem Streckenast<br />
nach Hamm entfallen. Der kurze Abschnitt<br />
Birkenstraße – Uhlandstraße<br />
verliert den Straßenbahnverkehr komplett.<br />
Alle Änderungen beschloss der<br />
Stadtrat bereits in der ersten Fortschreibung<br />
des Nahverkehrsplans im<br />
April 2012.<br />
Neue Planspiele<br />
nach Kommunalwahl<br />
In einigen Stadtteilen regt sich dagegen<br />
Widerstand, insbesondere weil<br />
durch die Kommunalwahlen im<br />
Mai/Juni 2014 neue politische Mehrheitsverhältnisse<br />
entstanden. Der<br />
neue SPD-Oberbürgermeister Thomas<br />
Geisel möchte Vorrang für den Nahverkehr<br />
sowie Taktverdichtungen. Der<br />
vornehme Stadtteil Düsseltal mit dem<br />
Zooviertel zwischen Brehmplatz und<br />
Grafenberger Allee ist bislang durch<br />
die 708 gut an den Hauptbahnhof angebunden.<br />
Wenn hier statt der 708 die<br />
neue U71 zum Wehrhahn-Tunnel fährt,<br />
ist die Direktverbindung zum Bahnhof<br />
passé. Schon früh positionierte sich<br />
die Bezirksvertretung gegen diesen<br />
Plan, seit den Koalitionsverhandlungen<br />
ist Bewegung in der Sache. Ein<br />
neuer Vorschlag sieht vor, die 708<br />
nicht nur zu erhalten, sondern bis zur<br />
im Bau befindlichen Fachhochschule<br />
in Derendorf zu verlängern. Möglich<br />
scheint alternativ eine Busverbindung<br />
anstelle der 708.<br />
Wie es weitergeht, ist offener als<br />
zuvor: Während weite Teile der Politik<br />
nun für ein zumindest vorübergehenden<br />
Erhalt der Linie sind, appelliert die<br />
Rheinbahn an die Entscheider, beim<br />
2012 beschlossenen Plan zu bleiben,<br />
der komplett durchgerechnet sei. Aus<br />
dem Stadtbezirk 7 – zu dem unter anderem<br />
Gerresheim und Grafenberg<br />
zählen – regt sich Widerstand gegen<br />
den geplanten Entfall der Verstärkerlinie<br />
713, die den wichtigen Umsteigeknoten<br />
Gerresheim Krankenhaus mit<br />
der Altstadt verbindet. Zwar soll als Ersatz<br />
künftig statt bisher nur jede zweite<br />
Bahn jeder Wagen der Linie 709<br />
8<br />
<strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 11 | 2014
Deutschland<br />
Ohne Zukunft: Die Verstärkerlinie 713 – hier an der Heinrich-Heine-Allee –<br />
ist für 2015 zur Einstellung vorgesehen MICHAEL BEITELSMANN (2)<br />
Soll eingestellt werden: Die Linie 708, hier an der Haltestelle Birkenstraße,<br />
entfällt mit Eröffnung des Wehrhahntunnels<br />
nach Gerresheim Krankenhaus fahren,<br />
die 709 verläuft aber am eigentlichen<br />
Stadtzentrum vorbei.<br />
Weiter Straßenbahnen<br />
in der Altstadt?<br />
Im Zuge der Wehrhahn-Linie ist auch<br />
die Verlagerung der Linien 706 und 715<br />
aus der Achse zwischen Jan-Wellem-<br />
Platz und Bilk Bahnhof auf die parallel<br />
verlaufende Berliner Allee vorgesehen.<br />
Schließlich möchten die Verkehrsplaner<br />
vermeiden, dass über dem neuen Tunnel<br />
überhaupt Straßenbahnlinien verlaufen.<br />
Diese Maßnahme stößt nun auf<br />
große Kritik von Politikern aus dem<br />
Stadtbezirk Eller, die sich – ebenso wie<br />
die Gerresheimer – um ihre bewährte<br />
Verbindung zur Altstadt gebracht sehen.<br />
Da aber die Stadt Düsseldorf wohl<br />
kaum einen teuren Tunnel baut und<br />
gleichzeitig auf dem gleichen Abschnitt<br />
oberirdischen Bahnverkehr zulässt, be-<br />
stehen wenig Chancen auf die Verwirklichung<br />
dieser Forderungen. Zumal mit<br />
der bestehenden U75 die Altstadt weiterhin<br />
umsteigefrei erreichbar ist. Dennoch<br />
bleibt festzuhalten, dass die Nahverkehrsanbindung<br />
der Altstadt auch<br />
nach der U-Bahn-Eröffnung nicht optimal<br />
ist. Für die Verkehrspolitiker gibt es<br />
noch viel Arbeit, um intelligente Vorschläge<br />
für einen akzeptablen Oberflächenverkehr<br />
auszuarbeiten, die die Förderfähigkeit<br />
der U-Bahn-Bauten nicht<br />
beeinträchtigen.<br />
Die Strecke zum ISS-Dome<br />
Schon zur Eröffnung der neuen Großhalle<br />
„ISS-Dome“ im Düsseldorfer<br />
Norden 2006 sollte die Verlängerung<br />
der Straßenbahnlinie 701 über den<br />
Endpunkt Rath S-Bahnhof hinaus bis<br />
zum ISS-Dome fertiggestellt sein, damit<br />
beispielsweise die Besucher der<br />
Eishockeyspiele und Konzerte per<br />
Bahn an- und abreisen können. Im<br />
Mittelstreifen der großzügig ausgebauten<br />
Theodorstraße ist genügend<br />
Platz für die Trasse, auch eine Wendeschleife<br />
ist längst vorgesehen. Aber an<br />
der Verbindung zwischen jetziger Endstelle<br />
und der Kreuzung Theodorstraße/Am<br />
Gatherhof sorgen ungeklärte<br />
Grundstücksgeschäfte im Trassenverlauf<br />
für Bauverzug. Zwischenzeitlich<br />
bezweifelten Beobachter sogar die<br />
Ernsthaftigkeit der städtischen Bemühungen<br />
in dieser Frage. Der bisherige<br />
Rheinbahn-Aufsichtsratschef Andreas<br />
Hartnigk stellte nun aber, wenn alles<br />
gut laufe, noch für 2015 den Baubeginn<br />
der Trasse in Aussicht.<br />
Braunschweig<br />
Nachtverkehr wird<br />
testweise eingeführt<br />
MBE<br />
Der Verwaltungsausschuss der Stadt<br />
Braunschweig hat am 23. September<br />
die Einführung eines Nachtverkehrs in<br />
den Nächten von Freitag zu Samstag<br />
und von Samstag zu Sonntag beschlossen.<br />
Ein durchgängiger Stundentakt<br />
schließt die derzeit vorhandenen Lücken<br />
in diesen Nächten, bislang bestand<br />
in der Nacht Freitag/Samstag um<br />
ein Uhr der letzte Anschluss am Rathaus<br />
und Samstag/Sonntag um zwei<br />
Uhr. Das neue Nachtangebot soll im<br />
Dezember starten. Nach vorliegenden<br />
Schätzungen kostet die Angebotsausweitung<br />
rund 280.000 Euro pro Jahr,<br />
die Politiker haben dem für zunächst<br />
ein Jahr zugestimmt und erwarten im<br />
zweiten Halbjahr 2015 eine Einschätzung<br />
über den Nutzen des Projekts.<br />
Bereits nach 1990 gab es ein Nacht -<br />
liniennetz mit eigenen Linien, dieses<br />
entfiel jedoch nach 2000 als Sparmaßnahme.<br />
Durch den erfolgten Oberbürgermeisterwechsel<br />
von CDU auf SPD<br />
und der Umwandlung der Braunschweiger<br />
Verkehrs-AG zur Braunschweiger<br />
Verkehrs-GmbH am 28. Juli 2014 hat die<br />
Politik über die Stadt mehr Einfluss auf<br />
die Geschicke des Unternehmens.<br />
Bremen<br />
25 Jahre Freunde der<br />
Bremer Straßenbahn<br />
JWG<br />
Im Jahr 1989 gründeten Interessierte<br />
den Verein „Freunde der Bremer Straßenbahn<br />
e.V.“ (FdBS) mit dem Ziel, historische<br />
Fahrzeuge zu erhalten, aufzuarbeiten<br />
und einzusetzen sowie die<br />
Geschichte des Nahverkehrs in der Hansestadt<br />
zu erforschen. Das stellte sich<br />
als günstiger Zeitpunkt heraus, denn<br />
bereits kurz darauf stand die Ausmuste-<br />
Bremen<br />
Nach Ausscheiden des Technischen<br />
Direktors der BSAG, Wilfried<br />
Eisenberg, zum 1. August beschloss<br />
der Aufsichtsrat im September<br />
die Neuordnung des Vorstands.<br />
Danach wird die Stelle<br />
gestrichen und ihr Aufgabenbereich<br />
verteilt. So übernimmt Hajo<br />
Müller, der kaufmännische Vorstand<br />
mit den bisherigen Geschäftsfeldern<br />
Finanzen, Marketing<br />
und Vertrieb die Funktion des Vorstandssprechers<br />
sowie die Bereiche<br />
Fahrzeuge, Unternehmensentwicklung<br />
und Öffentlichkeitsarbeit;<br />
der Arbeitsdirektor Michael Hünig<br />
erhält den Sektor Infrastruktur, Betrieb<br />
und Planung.<br />
AMA<br />
Bad Schandau<br />
Am 2. September stürzte am<br />
frühen Morgen ein etwa 50 Tonnen<br />
schwerer Gesteinsbrocken<br />
zwischen der Haltestelle Pflanzengarten<br />
und dem Depot auf<br />
die Kirnitzschtalstraße. Infolge<br />
der Beräumung der Schadstelle<br />
sowie notwendiger weiterer<br />
Sprengungen zur Sicherung des<br />
lockeren Felshangs fuhr die Kirnitzschtalbahn<br />
in Folge nur eingeschränkt<br />
zwischen Depot und<br />
Lichtenhainer Wasserfall. Den<br />
durchgehenden Straßenbahnverkehr<br />
wollte der Betreiber<br />
OVPS abhängig vom Stand der<br />
Sicherung des Felsens Anfang<br />
Oktober wieder aufnehmen. MSP<br />
Krefeld<br />
Die ersten Krefelder Flexity<br />
Outlook C (FOC) der zweiten<br />
Serie von Bombardier sind im<br />
September nach mehr als dreimonatiger<br />
Erprobungsphase erstmals<br />
in den Fahrgasteinsatz gelangt.<br />
Die Anlieferung des ersten<br />
Wagens erfolgte am 23. Mai. Die<br />
Wagen mit den Nummern 660<br />
bis 671 fertigt Bombardier Austria<br />
in Wien, die Fahrwerke stammen<br />
aus dem Werk in Siegen. Sie<br />
unterscheiden sich nur in Details<br />
von der ersten Serie (Tw 601 bis<br />
619). Nach und nach verdrängen<br />
sie nun die noch verbliebenen<br />
Düwag-M8C, von denen künftig<br />
noch etwa sechs Fahrzeuge als<br />
Reserve dienen sollen. MBE<br />
rz gemeldet kurz gemeldet kurz gemeldet kurz gemeldet kurz gemeldet kurz gemeldet kurz gemeldet<br />
<strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 11 | 2014<br />
9
Aktuell<br />
Mönchengladbach: Nach 46 Jahren kehrte der ex Tw 26 am 8. September aus<br />
Aachen wieder zurück. Hier ist seine Aufarbeitung geplant STEPHAN VÖLKER<br />
Bochum: Weit fortgeschritten zeigte sich der Bau eines eigenen Bahnkörpers<br />
an der Wattenscheider Straße am 6. September MICHAEL BEITELSMANN<br />
rung der letzten Großraumzüge an, die<br />
nicht auf den Schrott gingen, sondern in<br />
die Obhut des Vereins gelangten.<br />
In Zusammenarbeit mit der BSAG<br />
begannen die Vereinsmitglieder historische<br />
Fahrzeuge aufzuarbeiten und<br />
fanden im Sebaldsbrücker Depot eine<br />
Bleibe. Hier befindet sich heute das<br />
Museum „Das Depot“, in dem eine<br />
beachtliche Flotte regelmäßig auf<br />
Rundfahrt- und Themenlinien eingesetzter<br />
Fahrzeuge stationiert ist.<br />
Am 13. und 14. September beging<br />
der Verein sein 25-jähriges Bestehen<br />
mit einem umfangreichen Programm,<br />
zu dem neben anderen Attraktionen<br />
Fahrten mit historischen Straßenbahnen<br />
zwischen Sebaldsbrück und dem<br />
Weserwehr, Modellbahnausstellungen<br />
und Gastomnibusse gehörten. AMA<br />
Mönchengladbach<br />
Letzter Tw nach 46<br />
Jahren zurückgekehrt<br />
In den frühen Morgenstunden des<br />
8. September begann auf dem Bus-Betriebshof<br />
der Aachener Straßenbahn<br />
und Energieversorgungs-AG (ASEAG)<br />
die Verladung des historischen Triebwagens<br />
1016, ehemals Tw 26 in Mönchengladbach.<br />
Sein neues Übergangsquartier<br />
ist eine frühere Fabrikhalle in<br />
Mönchengladbach-Lürrip. Damit kehrte<br />
nach 46 Jahren ein Stück Mönchengladbacher<br />
Stadtgeschichte in die Heimat<br />
zurück, bildete die Straßenbahn<br />
doch 72 Jahre lang das Rückgrat des<br />
Nahverkehrs in Mönchengladbach und<br />
Rheydt.<br />
Für die Aufarbeitung und die künftige<br />
Nutzung des Fahrzeugs existiert<br />
bereits ein Konzept. Die vorab in Aachen<br />
durchgeführte Bestandsaufnahme<br />
kam zu dem Ergebnis, dass sich<br />
die Substanz des Wagenkastens dank<br />
guter Pflege seitens der ASEAG in einem<br />
erfreulich guten und absolut erhaltungswürdigen<br />
Zustand befindet.<br />
Ein Aufarbeitungsplan schlüsselt auf,<br />
welche Arbeiten in welchem ungefähren<br />
Umfang erforderlich sind. Abschließend<br />
soll das Fahrzeug wieder<br />
seine Mönchengladbacher Lackierung<br />
in Creme mit blauen Zierstreifen erhalten.<br />
Das spätere Nutzungskonzept<br />
sieht eine Aufstellung unter einem Regenschutzdach<br />
auf der Außenfläche<br />
des neuen Hugo Junkers Hangar am<br />
Flughafen Düsseldorf-Mönchengladbach<br />
vor. Der Innenraum des Fahrzeugs<br />
soll zur Hälfte den Original-Zustand<br />
zeigen, die andere Hälfte steht<br />
künftig als Veranstaltungsraum für Tagungen<br />
oder kleinere Dinner-Events<br />
zur Verfügung. Alle Interessenten sind<br />
eingeladen, das Projekt zu unterstützen.<br />
Weitere Informationen gibt es dazu<br />
unter www.Tw26.de. AL/MSP<br />
Bochum<br />
Neue Trasse<br />
der Linie 302<br />
Die Neutrassierung der Linie 302<br />
zwischen Bochum-Hamme und Bochum-Wattenscheid<br />
schreitet voran.<br />
Der komplizierte Neubau des Autobahnkreuzes<br />
Bochum-West an der A<br />
40 erfordert den vollständigen Neubau<br />
der Gleislage entlang der Wattenscheider<br />
Straße. Nachdem im Vorjahr bereits<br />
die Straßenbahnbrücke über die Autobahn<br />
in Betrieb ging und der Abriss der<br />
alten Brücke im Zuge der Wattenscheider<br />
Straße erfolgte, bindet die Bogestra<br />
als letzten Schritt ein kurzes Stück<br />
neue Trasse zwischen der Bahnüberführung<br />
am Thyssen-Krupp-Werksbahnhof<br />
und dem früheren Abzweig<br />
zum Donezk-Ring an ihr Netz an.<br />
Im Sommer verzögerten die Verfüllarbeiten<br />
eines alten Bergbauschachtes<br />
die Arbeiten, inzwischen ist der rund<br />
150 Meter tiefe ehemalige Zechenschacht<br />
im Bereich der Wattenscheider<br />
Straße mit Spezialbeton verfüllt. Dadurch<br />
verschob sich das Verschwenken<br />
der Trasse um rund einen Monat. Künftig<br />
steht der Linie 302 an dieser stauträchtigen<br />
Stelle ein vollständig eigener<br />
Gleiskörper zur Verfügung. MBE<br />
Dresden<br />
Letzter Abschnitt<br />
der Linie 2 erneuert<br />
Nach sechsmonatigen Bauarbeiten<br />
fahren seit 27. September wieder Straßenbahnen<br />
auf der Pennricher Straße.<br />
Damit ist der vor 20 Jahren als „Pilotprojekt<br />
Linie 2“ begonnene stadt-<br />
Bremen: Anlässlich des 25. Jubiläums der „Freunde der Bremer Straßenbahn e.V.“ (FdBS) fand am 13. September im Depot Sebaldsbrück diese Parade<br />
statt. Zu sehen sind unter anderem der in Aufarbeitung befindliche Tw 3530 und der aus Norrköping heimgekehrte Tw 801<br />
JENS WINNIG<br />
10<br />
<strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 11 | 2014
Deutschland<br />
Hannover<br />
TW2000 auf Linie 10<br />
Vom 31. August bis einschließlich 10. September<br />
sperrte die üstra in Hannover die oberirdische<br />
Innenstadt-Stadtbahnstrecke der Linien 10 und 17<br />
über Steintor und Hauptbahnhof zum Aegidientorplatz.<br />
Hintergrund für diese Sperrung ist die überfällige<br />
Grunderneuerung mit Aufweitung des Gleismittenabstandes<br />
in der Kurt-Schumacher-Straße.<br />
Die von Ahlem kommende Linie 10 fuhr in dieser<br />
Zeit – wie bei größeren Störungen, dem Marathon<br />
und im Nachtsternverkehr üblich – über die Tunnelstrecke<br />
A bis zur Kehranlage Hauptbahnhof. Die<br />
normalerweise dort kehrende Linie 8 fuhr, wie sonst<br />
nur in der Frühspitze üblich, mit einem zusätzlichen<br />
Zug verlängert um drei Haltestellen bis zur Kehranlage<br />
Dragonerstraße. Die Linie 17 (Wallensteinstraße<br />
– Aegidientorplatz) hatte die üstra ab Goetheplatz<br />
auf die Relation zum Betriebshof Glocksee<br />
verkürzt.<br />
Erstmals kamen in diesen Wochen auf der Linie<br />
10 auch Stadtbahnwagen TW2000/2500 zum Einsatz,<br />
da die dem entgegenstehenden Zwangspunkte<br />
durch die Sperrung entfielen. Das war offenbar<br />
auch als kleines „Bonbon“ für die Fahrgäste gedacht,<br />
da beim TW2000 die vier Schiebetritte etwas<br />
leichter zu überwinden sind als die drei Stufen der<br />
TW6000 – Hochbahnsteige sind auf dem Ahlemer<br />
Streckenast noch in der Minderheit. Höhere Verspätungsanfälligkeit<br />
infolge starker Streckenbelegung<br />
zeigten indes, dass die Verlegung der Linie 10 in<br />
den A-Tunnel – wie von einigen Gegnern der oberir-<br />
Hannover: Umgeleitete Linie 17 und TW2000 auf der Linie 10 an der Haltestelle Glocksee am<br />
4. September. Links im Hintergrund die Stadtbahn-Hauptwerkstatt ACHIM UHLENHUT<br />
dischen Innenstadtstrecke gefordert – keine Dauerlösung<br />
ist.<br />
üstra für weitere 22,5 Jahre<br />
Nahverkehrsdienstleister in Hannover<br />
Die Region Hannover plant, die üstra für weitere 22,5<br />
Jahre zu beauftragen, den Stadtbahnverkehr und zum<br />
Teil auch den Busverkehr im Gebiet des Großraumverkehrs<br />
Hannover (GVH) zu betreiben. Der Auftrag<br />
soll ab dem 25. September 2015 gelten. Voraussetzung<br />
ist ein entsprechender Beschluss der Regionsversammlung.<br />
Die Sicherheit, dass keine Bewerbung<br />
eines Konkurrenten dazwischenkommen kann, gibt<br />
es seit Ende August. Im März 2014 hatte die Regionsversammlung<br />
beschlossen, dass die Region im EU-<br />
Amtsblatt bekannt gibt, dass eine Neuvergabe an die<br />
üstra geplant sei. Diese Möglichkeit haben kommunale<br />
Aufgabenträger, wenn sie Verkehrsleistungen direkt<br />
an ein Tochterunternehmen vergeben wollen. Innerhalb<br />
einer Frist von drei Monaten können<br />
Mitbewerber ihrerseits Interesse anmelden und damit<br />
einen Genehmigungswettbewerb auslösen. Im Fall<br />
der üstra ist dies jedoch nicht geschehen – Konkurrenz<br />
war nicht in Sicht. Damit ist klar, dass die Region<br />
einen öffentlichen Dienstleistungsauftrag an die üstra<br />
vergeben kann. Verkehrsdezernent Ulf-Birger Franz<br />
betont die Vorteile der langen Laufzeit des Vertrags:<br />
„Der Dienstleistungsauftrag bietet der üstra Planungssicherheit<br />
und macht den Weg frei für größere<br />
Investitionen.“<br />
ACU/PM<br />
bahnähnliche Streckenausbau von<br />
Gorbitz über Cotta, das Stadtzentrum<br />
und Gruna bis Prohlis – dem dama -<br />
ligen Endpunkt der Linie 2 – vollendet.<br />
Die Modernisierung des unter Dresd -<br />
nern schlicht als „Schanze“ bekannten<br />
Verkehrsknotens Pennricher/Rudolf-<br />
Renner-Straße kostete rund 10,3 Milli -<br />
onen Euro. Davon trugen die Dresdner<br />
Verkehrsbetriebe AG (DVB) 7,4 Millionen<br />
Euro. Der Freistaat Sachsen förderte<br />
die Maßnahme.<br />
Zuvor zeigten sich die Gleisanlage<br />
sowie der gepflasterte Straßenbelag<br />
stark verschlissen, die Entwässerungskanäle<br />
wiesen teilweise ein Alter von<br />
über 100 Jahren auf.<br />
Nun sind auf 650 Metern entlang<br />
der Pennricher Straße neue Verkehrsanlagen<br />
einschließlich der barriere-<br />
Berlin: Auf der Linie 12 kommen seit 26. August neben den GT6 wieder Tatras<br />
zum Einsatz, da die BVG nun erneut Mehrleistungen auf diversen Strecken<br />
erbringt. Die Angebotsausweitungen betreffen auch die Linie 12, hier<br />
gibt es nun werktags anstatt eines 15- einen 10-Minuten-Takt. Diese Leistungen<br />
fahren mit modernisierten Tatra KT4D statt mit GT6 SEBASTIAN SCHRADER<br />
Gotha: Am Wochenende 20./21. September feierte die Thüringerwaldbahn<br />
und Straßenbahn Gotha GmbH (TWSB) das 120. Jubiläum der städtischen<br />
Straßenbahn und 85. Jubiläum der Überlandstrecken. Aus diesem<br />
Anlass war der Zwickauer historische Tw 7 zu Gast, hier bei einer Begegnung<br />
mit einer Ferkeltaxe bei Friedrichroda<br />
JENS GIESSELER<br />
<strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 11 | 2014 11
Aktuell<br />
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Plauen: Anlässlich des 120. Jubiläums der Straßenbahn in der Vogtlandstadt fand am 13. September ein Fahrzeugkorso<br />
vom Oberen Bahnhof über die Bahnhofstraße zum Tunnel und weiter nach Neundorf statt. Daran nahmen<br />
die historischen Tw 21, 51, 78 und 79 inklusive Beiwagen 28 teil. Den „neuzeitlichen“ Teil bildeten KT4DM<br />
Nr. 216, NGT6 Nr. 302, der Schienenschleifwagen 0202 (KT4D) und der als Winterdiensttriebwagen mit Schneepflugvorrichtung<br />
versehene KT4D Nr. 0235. Im Bild nehmen die Tw 21, 51, und 78 auf der oberen Bahnhofstraße<br />
Aufstellung vor der Kulisse des markanten Bärensteinturms<br />
RONNY DAUER<br />
freien Haltestellen „Burgkstraße“<br />
und „Pennricher Straße“ entstanden,<br />
wobei sich letztgenannte in stadtauswärtiger<br />
Richtung neu hinter der<br />
Kreuzung befindet. Der Gleismittenabstand<br />
ist jetzt für den Einsatz künftig<br />
breiterer Wagen bemessen. Besonderheit<br />
der am Schnittpunkt der<br />
beiden Strecken liegenden Gleiskonstruktion<br />
– bestehend aus einer Vierfachkreuzung<br />
mit zweigleisigem Abzweig<br />
– ist der Niveauunterschied<br />
von rund einem Meter, der durch die<br />
Topografie der Straßenkreuzung bedingt<br />
ist.<br />
Die Schienen bogen die Spezialisten<br />
der Verkehrsbetriebe daher nicht nur<br />
wie üblich in der Waagerechten, sondern<br />
gleich in zwei Ebenen. Aufgrund<br />
eng angrenzender Bebauung entsprechen<br />
die Fahrspuren und Gleisanlagen<br />
dem bisherigen Verlauf. Die Arbeiten<br />
auf dem 210 Meter umfassenden Teilstück<br />
der Rudolf-Renner-Straße dauern<br />
voraussichtlich noch bis zum Advent,<br />
so dass anstelle der Linie 12 hier<br />
noch mehrere Wochen Ersatzbusse<br />
fahren.<br />
MSP<br />
Stuttgart<br />
Linienverkehr vor der<br />
SSB-Hauptverwaltung<br />
Zwischen dem 9. August und dem<br />
14. September fanden auf der Stadtbahnstrecke<br />
zwischen Möhringen und<br />
Stuttgart: Behelfs-Hochbahnsteige gab es am SSB-Zentrum in Möhringen<br />
während der Umleitung der U3 über der Betriebsstrecke PHILIPP KRAMMER<br />
Vaihingen Gleisbauarbeiten statt. Durch<br />
die Nutzung der Zufahrtsgleise zum<br />
SSB-Zentrum in Möhringen konnte die<br />
Baustelle allerdings umfahren werden,<br />
so dass die SSB keinen Ersatzverkehr mit<br />
Bussen einzurichten brauchte und eine<br />
etwa 900 Meter lange Betriebsstrecke<br />
fünf Wochen lang dem Linienverkehr<br />
diente. Die SSB richtete direkt von ihrer<br />
Hauptverwaltung provisorische Seitenhochbahnsteige<br />
ein. Dadurch konnte<br />
selbst der im gesperrten Abschnitt liegende<br />
Halt SSB-Zentrum – wenn auch<br />
in versetzter Lage – weiterhin angefahren<br />
werden. Da die Zufahrtsgleise zum<br />
großen Teil eingleisig sind und damit nur<br />
eine begrenzte Durchlassfähigkeit besitzen,<br />
konnten die Linien U8 und U12<br />
während der Bauzeit nicht die Umleitungsstrecke<br />
befahren und endeten bereits<br />
in Möhringen. Auf der Umleitungsstrecke<br />
zwischen Möhringen und<br />
Vaihingen verkehrte nur die Linie U3.<br />
Auch wenn sich die Fahrzeit aufgrund<br />
der nur langsam befahrbaren Gleise um<br />
sechs Minuten verlängerte, so freuten<br />
sich zahlreiche Mitarbeiter der SSB über<br />
einen etwa 300 Meter kürzeren Weg zu<br />
ihrem Arbeitsplatz.<br />
PKR<br />
Industrie<br />
Bombardier/Vossloh Kiepe<br />
16 weitere Flexity Swift<br />
für Manchester<br />
Bombardier Transportation hat mit<br />
seinem Konsortialpartner Vossloh Kiepe<br />
eine Option zur Lieferung von 16<br />
zusätzlichen Bombardier Flexity Swift-<br />
Stadtbahnen für das Metrolink-System<br />
von Transport for Greater Manchester<br />
(TfGM) unterzeichnet. Diese Option ist<br />
Bestandteil eines 2007 geschlossenen<br />
Vertrags und hat einen Wert von etwa<br />
34 Millionen Britischen Pfund, umgerechnet<br />
43 Millionen Euro.<br />
Die für Manchester vorgesehenen<br />
Fahrzeuge sind 28,4 Meter lang und<br />
2,65 Meter breit, sie bieten jeweils 200<br />
Fahrgästen Platz. Breite Doppeltüren<br />
ermöglichen den raschen Fahrgastwechsel,<br />
Mehrzweckbereiche bieten<br />
Platz für Kinderwagen und Rollstühle.<br />
Die neuen Fahrzeuge tragen zur<br />
Entspannung der Verkehrssituation im<br />
Großraum Manchester bei. Seit der Inbetriebnahme<br />
der ersten Fahrzeuge<br />
vor fast drei Jahren erfreuen sich die<br />
Flexity Swift sowohl bei den Fahrgästen<br />
als auch beim Personal großer Beliebtheit.<br />
Der Fahrzeugbestand der<br />
Flotte von TfGM erhöht sich mit diesem<br />
Auftrag auf 120 Stück, das Netz<br />
startete 1992 mit zunächst lediglich<br />
26 Stadtbahnwagen.<br />
Wagen des Typs Flexity von Bombardier<br />
Transportation werden in Städten<br />
auf der ganzen Welt betrieben.<br />
Insgesamt sind mittlerweile über<br />
3.500 von Bombardier gelieferte Straßen-<br />
und Stadtbahnen in Städten in<br />
Europa, Australien und Nordamerika<br />
im Einsatz oder bestellt. PM/MSP<br />
Bombardier Transportation<br />
Erster Flexity Basel<br />
ausgeliefert<br />
In der Nacht auf den 4. September<br />
traf der erste 100-Prozent-Niederflur-<br />
Gelenkwagen „Flexity Basel“ in Basel<br />
ein. Es handelt sich dabei um das erste<br />
von insgesamt 61 Fahrzeugen für die<br />
Basler Verkehrs-Betriebe (BVB), von<br />
denen 44 Stück als siebenteilige, 43,3<br />
Meter lange und 17 als fünfteilige,<br />
12<br />
<strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 11 | 2014
Deutschland · Industrie · Weltweit<br />
31,8 Meter lange Version ausgeführt<br />
sind. Der Bombardier-Flexity setzte<br />
sich in dem vor einigen Jahren durchgeführten<br />
Evaluationsverfahren deutlich<br />
gegen den Tango von Stadler und<br />
den Combino von Siemens durch.<br />
Hergestellt werden die Fahrzeuge<br />
am Bombardier-Standort Bautzen. Der<br />
Transport ins 800 Kilometer entfernte<br />
Basel erfolgt auf der Straße, wobei die<br />
Wagen nicht getrennt werden. Der<br />
nun als erster fertiggestellte Be 6/8 Nr.<br />
5001 weist sieben Wagenteile auf.<br />
Während den in den kommenden Wochen<br />
folgenden Test-, Abnahme- und<br />
Fahrschulfahrten trägt er wie auch der<br />
im Herbst folgende Be 6/8 5002 ein an<br />
die sogenannten „Erlkönige“ im Automobilbereich<br />
erinnerndes, tarnendes<br />
Außendesign. Erst anlässlich der Übergabe<br />
in den Fahrgasteinsatz zeigen<br />
sich die Wagen in der klassischen Basler<br />
Tramfarbe Grün.<br />
Die Lieferung der weiteren Fahrzeuge<br />
beginnt im Sommer 2015 und dauert<br />
voraussichtlich bis Ende 2017.<br />
Dann wird der bisher noch abwechslungsreiche<br />
Basler Wagenpark von<br />
den Typen Flexity und Combino (Baujahre<br />
2001/02) dominiert. DOM<br />
Škoda<br />
50 Obusse<br />
nach Sofia geliefert<br />
Škoda Electric hat im September<br />
den letzten der 50 vom Verkehrsbetrieb<br />
der bulgarischen Hauptstadt<br />
Sofia bestellten niederflurigen Gelenk-<br />
Obusse des Typs Škoda 27Tr ausgeliefert.<br />
Die Wagen sind 18 Meter lang<br />
und im typischen blau-gelb des Verkehrsbetriebes<br />
lackiert. Der Auftrag<br />
zur Lieferung neuer Obusse für Sofia<br />
Bombardier Transportation: Am 4. September traf in Basel der erste „Flexity Basel“ am BVB-Depot Wiesenplatz<br />
ein. Der Wagen wird in Zukunft als Be 6/8 Nr. 5001 zum Einsatz kommen<br />
DOMINIK MADÖRIN<br />
perlativen auf: Es handelt sich um die<br />
kleinste französische Stadt mit einer<br />
Straßenbahn – und zugleich um den<br />
kleinsten Betrieb an sich. Die einzige<br />
Linie hat eine Länge von 2,5 Kilometern<br />
und verbindet den Bahnhof mit<br />
dem südöstlich gelegenen Le Charrel-<br />
Viertel, dabei bedient sie sieben Haltestellen.<br />
Der Linienbetrieb auf der 100<br />
Millionen Euro teuren Rumpflinie startete<br />
am 1. September. Praktisch zeitgleich<br />
befragte die Stadtverwaltung<br />
Experten, was mit den geplanten Verlängerungen<br />
geschehen soll. Denn<br />
nach einem Machtwechsel im Rathaus<br />
von Aubagne im März 2014 ist nichts<br />
mehr wie vorher: 2009 hatten die damaligen<br />
Stadtväter beschlossen, 13 Kilometer<br />
Straßenbahn in drei Abschnitten<br />
zu bauen. Jetzt ist die Linie T<br />
fertig, der zweite Abschnitt vom Bahngelang<br />
dank finanzieller Unterstützung<br />
des Bestellers durch das EU-Förderprogramm<br />
„Regionale Entwicklung<br />
2007–2013“. Die Fahrzeuge verfügen<br />
über ein Dieselhilfsaggregat, mithilfe<br />
dessen sie auch kurze Strecken außerhalb<br />
der Reichweite von Oberleitungen<br />
zurücklegen können. Sowohl<br />
Fahrgäste als auch Fahrer kommen in<br />
den Genuss einer leistungsstarken Klimaanlage.<br />
Die aktuelle Lieferung ist<br />
nicht die erste in die bulgarische<br />
Hauptstadt: Seit 2010 sind bereits 30<br />
Fahrzeuge vom Typ 26Tr bei den dortigen<br />
Verkehrsbetrieben im Einsatz. Neben<br />
Sofia liefert Škoda Electric derzeit<br />
insgesamt 100 Obusse in weitere bulgarische<br />
Städte wie Pleven, Stara Zagora,<br />
Varna und Burgas.<br />
Škoda Electric ist derzeit der größte<br />
europäische Hersteller von Obussen.<br />
Um alle eingegangenen Bestellungen<br />
bedienen zu können, produziert Škoda<br />
derzeit rund 30 Trolleybusse pro Monat.<br />
Außerdem investiert Škoda rund<br />
200 Millionen Kronen – mehr als sieben<br />
Millionen Euro – jährlich in die<br />
Entwicklung neuer Produkte. Es entstehen<br />
hier Fahrzeuge für die Zukunft<br />
des Nahverkehrs, wie der Elektrobus<br />
Škoda Perun (Pure Electric RUNner)<br />
oder den Hybridbus Škoda H12.PM/MSP<br />
Ausland<br />
Frankreich: Aubagne<br />
Linie T wartet<br />
auf Anschlüsse<br />
Das bei Marseille gelegene Aubagne<br />
mit seinen 104.000 Einwohnern<br />
wartet seit 1. September mit zwei Su-<br />
Siemens<br />
Großauftrag aus San Francisco<br />
Siemens: Wie im SM 9/2014 auf<br />
den Seiten 12/13 berichtet, baut der<br />
Schienenfahrzeughersteller im Auftrag<br />
der Stadtverkehrsbehörde von<br />
San Francisco 175 Stadtbahnwagen<br />
im Wert von 648 Millionen Dollar.<br />
Wie Siemens mitteilt, ist das einer<br />
der größten Einzelaufträge, die jemals<br />
ein Besteller aus dem Nahverkehrsbereich<br />
in den USA vergab. Die<br />
ersten Fahrzeuge wird das Siemens-<br />
werk Sacramento Ende 2016 liefern.<br />
Teil des Vertrags ist eine Option über<br />
weitere 85 Wagen. Alle 260 Fahrzeuge<br />
basieren auf dem Gelenktriebwagen<br />
vom Typ S200. Bisherige Computersimulationen<br />
zeigen einen zweiteiligen<br />
Gelenktriebwagen mit drei Drehgestellen,<br />
der doppeltraktionstauglich ist und<br />
insgesamt hell und großzügig wirkt.<br />
Siemens produziert diese Hochflurwagen<br />
auch für Calgary (Kanada). FBT<br />
Siemens: Für 648 Millionen Dollar liefert der Schienenfahrzeughersteller<br />
auf dem S200 basierende Gelenktriebwagen nach San Francisco SIEMENS<br />
<strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 11 | 2014<br />
13
Aktuell<br />
Isle of Man: Douglas<br />
Pferdebahn pausiert bis ins Jahr 2016<br />
Am 14. September endete auf der<br />
Isle of Man die Fahrsaison bei der<br />
Pferdestraßenbahn in Douglas. Diese<br />
im Eigentum der Stadt befindliche<br />
und kommunal betriebene Bahn war<br />
seit ihrer Eröffnung im Jahr 1876 mit<br />
Ausnahme des Zweiten Weltkriegs<br />
ständig im Einsatz, allerdings seit<br />
1927 nur noch im Sommer. Zum Saisonende<br />
2014 fand ein Tag der offenen<br />
Tür statt, anlässlich dessen selten<br />
genutzte Fahrzeuge wie der<br />
Wagen 12, der Oberdeckwagen 18<br />
und der „königliche“ Wagen 44 zum<br />
Einsatz kamen. Mit den zwei letztgenannten<br />
fand eine Parallelfahrt<br />
hof in das östliche Le Paluds und das<br />
westliche La Penne-Viertel sind hingegen<br />
„auf Eis gelegt“.<br />
Auf dem betriebenen Abschnitt<br />
kommen acht Citadis Compact-Züge<br />
mit 24 Metern Länge zum Einsatz. Sie<br />
sind vom Künstler Hervé Di Rosa und<br />
dem Alstom Design & Styling department<br />
dekoriert. Bis zum Jahr 2017 besteht<br />
eine Option auf zehn weitere<br />
Züge, das Depot ist für 20 Züge ausgelegt.<br />
Derweil träumen Straßenbahn-<br />
Kritiker von einer BHNS-Busverbindung<br />
nach Le Paluds, andere wollen<br />
Phase vier der Ursprungs-Pläne vorziehen<br />
und eine 13 Kilometer lange alte<br />
statt. Bei der letzten Fahrt übernahm<br />
der Bürgermeister zeitweise selbst die<br />
Zügel. Dieser Tag bedeutete nämlich<br />
nicht nur das Ende der Saison, sondern<br />
auch das Ende des Pferdebahnbetriebs<br />
in der bisherigen Form. Die<br />
Abteilung für Infrastruktur der Inselregierung<br />
hat bekanntgegeben, dass die<br />
bereits seit 2010 diskutierte Umgestaltung<br />
der Promenade nun begonnen<br />
wird. Somit ist 2015 kein Pferdebahnbetrieb<br />
möglich. Er soll im Jahr<br />
2016 wieder aufgenommen werden.<br />
Die bisherige zweigleisige Strecke in<br />
Mittellage der Promenade wird ersetzt<br />
durch eine eingleisige Strecke an der<br />
Eisenbahn-Trasse in Richtung Marseille<br />
reaktivieren. Eine politische Errungenschaft<br />
der früheren Stadtequipe<br />
hat den Machtwechsel indes überlebt:<br />
Wie seit 2009 bei allen Nahverkehrsbussen<br />
in Aubagne und Umgebung ist<br />
auch die Straßenbahnnutzung kostenlos.<br />
VLC<br />
Schweiz: Basel<br />
Zweigleisiger Ausbau<br />
der BLT-Linie 10<br />
Die Baselland Transport AG (BLT)<br />
schloss am 7. September den Ausbau<br />
des Abschnitts Ettingen – Bättwil der<br />
Anlässlich des Saisonausklangs<br />
fand auf der Pferdebahn<br />
in Douglas dieser<br />
"Parallelbetrieb" statt<br />
DAVID LLOYD-JONES<br />
östlichen, also der dem See zugewandten<br />
Straßenseite. Ausweichstellen<br />
ermöglichen die Beibehaltung<br />
des bisherigen Fahrplanes, der zwei<br />
Fahrzeugumläufe vorsieht. Die Endstelle<br />
am Fährterminal wird von der<br />
Straßenmitte auf den jetzigen „Bottleneck“-Parkplatz<br />
verlegt, wo auch<br />
eine Wartehalle geplant ist. Die Endstelle<br />
Derby Castle soll dagegen an<br />
der jetzigen Stelle direkt neben dem<br />
Endpunkt der Manx Electric Railway<br />
verbleiben, was eine Querung der<br />
Straße durch die Bahn bedeutet. Mit<br />
dieser Umgestaltung beabsichtigt<br />
die Stadtverwaltung eine höhere Verkehrssicherheit,<br />
besonders für die an<br />
den Haltestellen ein- und aussteigenden<br />
Fahrgäste. Unabhängig davon<br />
prüft sie, ob die bisherigen, für den<br />
heutigen Betrieb überdimensionierten<br />
Pferdeställe verkauft und die Wagenhalle<br />
an der Endstelle Derby<br />
Castle so umgebaut werden kann,<br />
dass sie auch den Pferden als Unterkunft<br />
dient.<br />
NOK<br />
Linie 10 ab. Während der Bauarbeiten<br />
verkehrten seit dem 2. Juni auf der<br />
Strecke Ettingen – Rodersdorf Ersatzbusse.<br />
Gleichzeitig mit dem Ausbau auf<br />
Doppelspur erneuerte die BLT auch die<br />
Bahnsicherungsanlage und die Fahrleitung.<br />
Doppelspurig ausgebaut hat<br />
sie die Streckenabschnitte von Ettingen<br />
bis Sonnenrain sowie von Witterswil<br />
bis Bättwil auf einer Gesamtlänge<br />
von 2,42 Kilometern. Gleichzeitig<br />
wechselte das Unternehmen das bestehende<br />
Gleis aus. Optimiert haben<br />
die Planer die Trassierung, so dass die<br />
Tramzüge auf den Neubauabschnitten<br />
zukünftig leiser und mit gleichmäßigerer<br />
Geschwindigkeit fahren können.<br />
Da es bei der Finanzierung des ursprünglich<br />
schon früher geplanten<br />
Doppelspurausbaus Verzögerungen<br />
gab, startete 2011 der 7,5-Minuten-<br />
Takt zunächst nur bis Ettingen. Bis<br />
Flüh gilt seither ganztags ein 15-Minuten-Takt,<br />
was gegenüber dem frü-<br />
Basel: Auf der Strecke der Linie 10<br />
ist künftig dichterer Takt dank zweigleisigem<br />
Ausbau möglich. Am 3.<br />
September unternahm ein „Tango“<br />
hier Probefahrten DOMINIK MADÖRIN<br />
heren 10-Minuten-Takt während der<br />
Hauptverkehrszeiten eine Verschlechterung<br />
des Angebotes bedeutet. Der<br />
7,5-Minuten-Takt während den<br />
Hauptverkehrszeiten am Morgen und<br />
am Abend bis Flüh für die BLT nun mit<br />
dem regulären Fahrplanwechsel am<br />
14. Dezember ein. DOM<br />
Polen: Lodz<br />
GT8-Bestand<br />
wächst weiter<br />
Die Verkehrsbetriebe MPK im zentralpolnischen<br />
Lodz nahmen Anfang<br />
September zwei aus dem finnischen<br />
Helsinki übernommene GT8 mit Niederflurmittelteil<br />
in Betrieb. Die Fahrzeuge<br />
mit den Wagennummern 1512<br />
(ex 163) und 1519 (ex 165) tragen<br />
weiterhin ihren beige-grünen Lack aus<br />
Helsinki. Beide stammen ursprünglich<br />
aus Deutschland: Ab 1962 beziehungsweise<br />
1964 standen sie in<br />
Mannheim und Ludwigshafen als GT6<br />
im Einsatz, erhielten Anfang der<br />
1990er-Jahre ein Niederflurmittelteil<br />
und daraus resultierend die neue Bezeichnung<br />
GT8, 2008 gelangten sie<br />
schließlich nach Helsinki. Nachdem die<br />
dortigen Variobahnen zuverlässiger<br />
geworden sind, gab es in Helsinki keine<br />
Verwendung mehr für die Gebrauchtwagen.<br />
Noch in diesem Jahr<br />
wird Lodz zwei weitere ehemalige<br />
Mannheimer GT8 aus Helsinki übernehmen.<br />
Änderungen gibt es bei den<br />
sechs im Jahr 2007 direkt aus Mannheim<br />
gekauften GT8: Sie haben ihr altes<br />
Farbkleid verloren und sind seit<br />
kurzem in den rot-gelben Hausfarben<br />
der MPK unterwegs.<br />
CLÜ<br />
USA: Detroit<br />
Bau einer Stadtbahn<br />
jetzt genehmigt<br />
Die Stadtverwaltung von Detroit<br />
genehmigte den Bau einer Stadtbahnstrecke<br />
in der einstigen US-amerikanischen<br />
Autostadt. Geplant ist dort die<br />
Errichtung einen 5,3 Kilometer langen<br />
Strecke entlang der Woodward Avenue<br />
mit der Linienbezeichnung M-1 Rail.<br />
Am 28. Juli begannen die Arbeiten an<br />
dem gemeinnützigen Projekt mit der<br />
Sperrung der Woodward Avenue, ab<br />
2016 sollen dort die ersten Züge verkehren.<br />
Die Strecke erhält zwölf Stationen<br />
und verbindet ein Geschäftsviertel<br />
am Amtrak Bahnhof mit der Innenstadt,<br />
wo Übergang zum Detroit Peoplemover<br />
besteht. Diese automatische<br />
Bahn durchfährt die Innenstadt in einer<br />
fast fünf Kilometer langen Schleife.<br />
14<br />
<strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 11 | 2014
Weltweit<br />
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Sie noch oder<br />
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Sie schon?<br />
Detroit hatte bereits zwischen 1863<br />
und 1956 eine städtische Straßenbahn<br />
mit einem Streckennetz von mehr als<br />
300 Kilometer Länge. JEP<br />
Kanada: Toronto<br />
Niederflurwagen<br />
erstmals in Betrieb<br />
Am 31. August begann im größten<br />
Straßenbahnbetrieb des amerikanischen<br />
Kontinents das Niederflur-Zeitalter.<br />
Die Toronto Transit Commission<br />
(TTC) setzt zunächst zwei Wagen des<br />
Bombardier-Typs „Flexity Toronto“ auf<br />
der Linie 510 ein, deren Strecke in<br />
Nord-Süd-Richtung durch die Spadina<br />
Avenue verläuft. Die 1997 eröffnete<br />
Strecke verfügt großteils über einen eigenen<br />
Gleiskörper und an allen Haltestellen<br />
sind Inseln für einen barrierefreien<br />
Fahrgastwechsel vorhanden.<br />
An den ersten Betriebstagen schickte<br />
die TTC zahlreiche Promotion-Teams, die<br />
in den Haltestellen und Fahrzeugen auf<br />
die neuen Gegebenheiten aufmerksam<br />
machten. So ist nunmehr der Zustieg bei<br />
allen Türen möglich und für den Fahrscheinverkauf<br />
stehen Automaten zur<br />
Verfügung. Bisher war der Zustieg nur<br />
bei der vorderen Türe gestattet und dem<br />
Fahrer oblag die Kontrolle und der Verkauf<br />
der Fahrkarten. Die Niederflurwagen<br />
sind auch für die Mitnahme von<br />
Fahrrädern geeignet. Die TTC bestellte<br />
2009 beim heimischen Unternehmen<br />
Bombardier Transportation in Thunder<br />
Bay 204 Exemplare des Typs „Flexity Toronto“<br />
mit einer Länge von 30,2 Metern<br />
und einer Breite von 2,54 Metern. Die<br />
Wagen sind speziell auf die Bedürfnisse<br />
des TTC-Netzes zugeschnitten und unter<br />
anderem für das Befahren von extrem<br />
engen Bogenradien von weniger als 15<br />
Metern und Einzungenweichen geeignet.<br />
Derzeit erfolgt der Betrieb noch mit<br />
dem hier üblichen Stangenstromabnehmer<br />
System Sprague, die TTC ertüchtigt<br />
aber schrittweise die Fahrleitungsanlagen<br />
für den Einsatz von Pantographen.<br />
Mitte September standen vier Niederflur-Fahrzeuge<br />
zur Verfügung, im Linienverkehr<br />
fuhren aber stets nur die Wagen<br />
4400 und 4403.<br />
Mit den bis 2019 auszuliefernden<br />
Niederflurwagen erneuert die TTC ihren<br />
gesamten Fuhrpark, der zur Zeit<br />
aus 195 Standard-Vierachsern (Typ<br />
CLRV – Canadian Light Rail Vehicle)<br />
und 52 sechsachsigen Gelenktriebwagen<br />
(Typ ALRV – Articulated Light Rail<br />
Vehicle) der Baujahre 1977–89 besteht.<br />
Mit diesen Fahrzeugen betreibt<br />
die TTC elf Straßenbahnlinien auf einem<br />
75 Kilometer langen Streckennetz.<br />
Die Linien 501, 504 bis 506 und 509<br />
bis 512 verkehren in dichten Intervallen<br />
von drei bis sieben Minuten und an<br />
Werktagen gibt es zusätzlich die Verstärkerlinien<br />
502, 503 und 508. WK<br />
Lodz: Der kürzlich aus<br />
Helsinki übernommene<br />
GT8 1519 zeigt<br />
sich am 6. September<br />
an der Kreuzung Zachodnia/Legionów<br />
CHRISTIAN LÜCKER<br />
Toronto: Befristet ist<br />
der Einsatz der<br />
„Flexity Toronto“ mit<br />
modifiziertem Stangenstromabnehmer<br />
System Sprague,<br />
denn die Oberleitung<br />
wird zusammen mit<br />
dem Wagenpark<br />
erneuert. Das Bild<br />
entstand am 8. September<br />
in der<br />
Spadina Avenue<br />
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<strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 11 | 2014 15<br />
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Betriebe<br />
<strong>Steil</strong>, steiler, am<br />
Die steilsten Straßenbahnen im Adhäsionsbetrieb Die Frage stellt sich immer und immer<br />
wieder: Welche deutsche Strecke im Adhäsionsbetrieb war die steilste – welche ist es heute? In<br />
der Literatur kursieren dazu viele widersprüchliche Zahlen. Im Ausland wird es noch interessanter<br />
16 <strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 11 | 2014
<strong>Steil</strong>ste Strecken<br />
Straßenbahnen verkehren üblicherweise<br />
im Adhäsionsbetrieb, der dann<br />
vorliegt, wenn die Wagen ohne jegliche<br />
weiteren Hilfsmittel oder -antriebe<br />
nach dem Prinzip der Schienenhaftung<br />
Eisen (Räder) auf Eisen (Schiene) ihre<br />
Fortbewegung ausschließlich durch die Haftung<br />
der Räder schaffen. Die Physik setzt<br />
den zu bewältigenden Steigungen recht enge<br />
Grenzen. Die Adhäsion (oder Haftkraft) bei<br />
Schienenverkehrsmitteln ist sehr gering, was<br />
seine großen Vorteile bei der Fortbewegung<br />
hat, wenn verhältnismäßig wenig Energie<br />
für die Fortbewegung aufgebracht werden<br />
muss. Nachteilig ist diese geringe Haftkraft<br />
allerdings bei geneigten Strecken. Besonders<br />
arg wird es dann, wenn diese noch dazu in<br />
Bögen liegen.<br />
Nicht nur das Befahren der Steigungen bedeutet<br />
stets besondere Herausforderungen,<br />
auch das Abwärtsfahren und das notwendige<br />
Bremsmanöver sind problematisch. Die<br />
Gefahr, dass ein Fahrzeug, insbesondere bei<br />
ungünstigen Verhältnissen, zum Beispiel bei<br />
nassen, eisigen oder verschmutzten Gleisen,<br />
nach Blockieren der Räder beim Bremsen ins<br />
Gleiten kommen und wie ein Schlitten bergab<br />
rutscht, ist groß. Die Firma Siemens &<br />
Halske stellte bereits um das Jahr 1892 Untersuchungen<br />
in diversen Straßenbahnbetrieben<br />
an und fand heraus, dass bei einer<br />
Maximalsteigung von 11,2 Prozent das Maximum<br />
des sicheren, beherrschbaren Befahrens<br />
erreicht sei.<br />
steilsten<br />
Sonderlösungen aus der Anfangszeit<br />
Wo Pferdebahnen, selbst mit doppelter Bespannung,<br />
einst scheiterten, eröffnete der<br />
elektrische Antrieb völlig neue Möglichkeiten.<br />
Nicht selten konnten steile Strecken<br />
lediglich mit Solotriebwagen befahren<br />
werden, weil der Betrieb mit Beiwagen<br />
zu einer Gewichts- und Kräfteverteilung<br />
geführt hätte, die einen sicheren Betrieb<br />
nicht zugelassen hätte. Außerdem waren<br />
die Bremssysteme jener Zeit noch nicht<br />
sehr ausgereift und in ihrer Leistungsfähigkeit<br />
limitiert.<br />
Wegen der begrenzten Möglichkeiten,<br />
Steigungen zu überwinden, kamen in der<br />
Anfangszeit des elektrischen Betriebes in<br />
den Städten häufig Sonderlösungen zum<br />
Einsatz. So waren Kabelstraßenbahnen –<br />
insbesondere in den USA, in Australien und<br />
Neuseeland – einst recht verbreitet; letzte ihrer<br />
Art sind noch heute als Cable Cars im<br />
kalifornischen San Francisco auf drei von<br />
einem einst sehr großen Netz übriggebliebenen<br />
Linien zu bewundern. Sie haben trotz<br />
Jetzt muss der Tw 1 der Neunkircher Straßenbahn<br />
AG gleich zeigen, was er kann! Er fährt<br />
am 12. Mai 1963 in den 11,1-Prozent-Abschnitt<br />
der Hüttenbergstraße ein<br />
WILHELM ECKERT, SLG. WOLFGANG MEIER<br />
<strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 11 | 2014<br />
17
Betriebe<br />
des stets mit konstanter Geschwindigkeit in<br />
einem Schlitzkanal bewegten Umlaufseils<br />
die Möglichkeit, flexibel zu sein, in dem die<br />
Wagen durch die Fahrer („grip man“) aus<br />
dem Umlaufseil mechanisch aus- und wieder<br />
eingeklinkt werden können. Letzte Beispiele<br />
starrer Systeme ohne jegliche Flexibilität<br />
sind die Great Orme Tramway im<br />
walisischen Llandudno und die drei Standseilbahnen<br />
Lavra, Glória und Bica in der<br />
portugiesischen Hauptstadt Lissabon, die<br />
zwar überwiegend im öffentlichen Straßenraum<br />
verkehren, aber von ihrer Art her eigentlich<br />
klassische Standseilbahnen mit fest<br />
verankerten, paarweise angeordneten Wagen<br />
sind.<br />
schen Adriastadt Triest. Hier wird auf der<br />
Linie Piazza Oberdan – Opicina auf dem<br />
<strong>Steil</strong>abschnitt Piazza Scorcola – Vetta Scorcola<br />
ein Standseilbahnantrieb in Form von<br />
Seilbahntraktorwagen, die die Straßenbahnwagen<br />
die Steigung von bis zu 26 Prozent<br />
<strong>hinauf</strong>drücken, angewendet. In Sydney<br />
existierte eine derartige Situation sogar<br />
längs einer asphaltierten Straße. Auf der<br />
Strecke zur Balmain ferry am Sydney Harbour<br />
betrug die Steigung zwölf Prozent und<br />
aus Sicherheitsgründen wurde den Straßenbahnwagen<br />
ein Seilbahntraktorwagen vorgesetzt.<br />
Ab und an entstanden in Europa und auf<br />
anderen Kontinenten außerdem auch Zahnradstraßenbahnen,<br />
von denen nur noch wenige<br />
in Betrieb sind. Typische Beispiele hierfür<br />
sind die Linie 10 in Stuttgart vom<br />
Marienplatz nach Degerloch (liebevoll Zacke<br />
genannt) mit einer Steigung von 17,3<br />
Prozent im Zuge der Alten Weinsteige und<br />
Am offenen Seil und auf Zahnstangen<br />
Zu den Sonderkonstruktionen gehören<br />
auch die Trams mit offenem Standseilbahnantrieb.<br />
Diese etwas eigenwillig anmutende<br />
Form existiert noch heute in der italienidie<br />
Linie Principe – Granarolo im italienischen<br />
Genua.<br />
Wenden wir uns nun den steilsten Adhäsionsstrecken<br />
zu. Es sei erwähnt, dass verschiedene<br />
Quellen sich teils widersprechende<br />
Angaben enthalten bzw. Interpretationen<br />
zulassen und dass in diesem Artikel zusätzlich<br />
einige markante Strecken mit Besonderheiten<br />
ohne Anspruch auf Vollständigkeit<br />
erwähnt sind.<br />
Deutschland<br />
Die Topografie einiger deutscher Städte<br />
stellte die Planer öffentlicher Nahverkehrsmittel<br />
vor große Herausforderungen<br />
und bedingte die Anlage steiler Straßenbahnstrecken.<br />
Bekannt ist Remscheid mit<br />
dem bis zu 10,8 Prozent geneigten Abschnitt<br />
in der Alten Bismarckstraße. Aber<br />
die Remscheider Straßenbahn betrieb einst<br />
auch andere steile Strecken. Die Nachbarsysteme<br />
in Solingen und Wuppertal mit ih-<br />
18 <strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 11 | 2014
<strong>Steil</strong>ste Strecken<br />
ren Strecken ins Bergische Land verfügten<br />
über mehr als acht prozentige Neigungsbzw.<br />
Gefälleabschnitte. Bereits im Jahr<br />
1920 stellte die 1895 eröffnete Straßenbahn<br />
im thüringischen Altenburg den Betrieb<br />
wieder ein, deren Strecke durch die<br />
Burgstraße eine Steigung von 10,5 Prozent<br />
kennzeichnete.<br />
Das Meterspurnetz in Stuttgart wies – bedingt<br />
durch die Kessellage der Stadt – mit seinen<br />
vielen bogen- und steigungsreichen Strecken<br />
auch Kandidaten für Steigungsrekorde<br />
auf, ohne diese jedoch wirklich zu erreichen.<br />
Die einstigen Strecken zur Doggenburg und<br />
zum Killesberg, über den Botnanger Sattel<br />
(bis zu 8,0 Prozent) hinweg und durch Gablenberg<br />
hindurch, die Strecken zum Bopser<br />
und vor allem jene 1972 stillgelegte in der<br />
Werfmershalde mit einer Steigung von 8,9<br />
Prozent waren Herausforderungen im alltäglichen<br />
Betrieb. Mehrere Linien konnten<br />
wegen der Steigungen nur in der Kombina-<br />
Augsburg: Der „Maximumwagen“ Nr. 116 kommt aus der 8,2-Prozent-Steigung des Schmiedbergs.<br />
Zum Beispiel in Remscheid, Altenburg und Neunkirchen ging es noch steiler zu!<br />
Steigung und <strong>Steil</strong>heit (Gradient)<br />
Die <strong>Steil</strong>heit ist der Höhenunterschied zweier<br />
Punkte in einer bestimmten horizontalen Entfernung.<br />
Sie wird üblicherweise als Bruchzahl, Prozentzahl<br />
oder Promillezahl oder auch als Winkel<br />
in Grad angegeben.<br />
Mathematisch betrachtet ist die Steigung ein<br />
Maß für die <strong>Steil</strong>heit einer Geraden (bzw. einer Kurve).<br />
Haben zwei Punkte im kartesischen Koordinatensystem<br />
die Koordinaten (x1/y1) und (x2/y2), so<br />
hat die Gerade, die die beiden Punkte verbindet, die<br />
Steigung m = Δy/Δx =(y2-y1)/(x2-x1).<br />
Bei der Betrachtung der Steigung als Bruch<br />
steht im Zähler die Höhendifferenz H, im Nenner<br />
die dazu zurückzulegende horizontale Distanz D.<br />
Nimmt beispielsweise pro 100 Meter in horizontaler<br />
Richtung zurückgelegter Distanz D die Höhe<br />
H um fünf Meter zu, so beträgt die Steigung 5:100<br />
= 0,5:10 = 0,05 = 5 Prozent = 50 Promille. Die<br />
entsprechende Steigung als Winkel α erhält man, in<br />
dem der Arcustangens bemüht wird: α = arctan H/D,<br />
was im gewählten Beispiel etwa 2,85° ergibt.<br />
Gradienten bei der Eisenbahn wurden einst als<br />
Verhältniszahl (mathematischer Bruch) angegeben,<br />
also zum Beispiel 1:90, was bedeutet, dass<br />
die Strecke auf 90 Meter Länge um einen Meter<br />
ansteigt. Ebene Strecken wurden mit 1 : ∞ (1 : unendlich)<br />
gekennzeichnet. Heute ist die Angabe in<br />
Promille gebräuchlich.<br />
BEKUS<br />
Die Burgstraße in Altenburg hatte es in sich, wie diese Darstellung zeigt. Die von der 1920<br />
eingestellten Straßenbahn bewältigte Steigung betrug 10,5 Prozent SLG. SIGURD HILKENBACH (2)<br />
Am Augsburger Perlachberg ist es<br />
„ganz schön abschüssig“. Am 18. Juli<br />
1978 tastet sich der fünfachsige Tw 522<br />
vorsichtig das 10,6-Prozent-Gefälle<br />
bergab. „Sonderwagen“ hießen zu jener<br />
Zeit die Einsetzer im Berufsverkehr<br />
BERNHARD KUSSMAGK<br />
<strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 11 | 2014<br />
19
Betriebe<br />
Blick in die Neunkircher Hüttenbergstraße auf einen 1970 von der<br />
Scheib talwärts fahrenden Esslinger GT4. Diese Wagen waren besonders<br />
stark motorisiert und gebremst GÜNTHER WIEDORN, SLG. WOLFGANG MEIER<br />
Die Strecke in der Mainzer Gaustraße ist inzwischen zweigleisig ausgebaut.<br />
Das Foto vom 11. April 1982 zeigt die lange Zeit typische Gleisverschlingung.<br />
Hier beträgt die Steigung 9,55 Prozent BERNHARD KUSSMAGK<br />
tion aus Trieb- und einem Beiwagen gefahren<br />
werden, obwohl die Stuttgarter Straßenbahnen<br />
gern Zweiachser-Dreiwagenzüge einsetzten.<br />
Die 350 ab 1959 von der Maschinenfabrik<br />
Esslingen gelieferten GT4 waren<br />
besonders stark motorisiert und selbst in<br />
Steigungen sprintfreudig. Sie ersetzten nach<br />
und nach die Zweiachser, konnten aber wegen<br />
enger Bogenradien nicht auf allen Linien<br />
eingesetzt werden. Daher bedient die Stuttgarter<br />
Straßenbahn einige Strecken bis zur<br />
Stilllegung mit den aus Zweiachsern entstandenen<br />
Gelenkwagen des Typs DoT 4.<br />
Heute befindet sich der mit 8,5 Prozent<br />
steilste Abschnitt Stuttgarts in der Alexanderstraße,<br />
der nach der 2005 begonnenen<br />
Umspurung in Normalspur verläuft und seitdem<br />
zu den steilsten normalspurigen Strecken<br />
in ganz Europa gehört. Ihn befährt seit<br />
Dezember 2007 die Stadtbahnlinie U15.<br />
Die einst von Kassel ausgehende schmalspurige<br />
Herkulesbahn, eine 1966 stillgelegte<br />
Überlandstraßenbahn, wies als größte<br />
Steigung acht Prozent auf. Dieser Maximalwert<br />
ist auch von der bereits 1922 stillgelegten<br />
Straßenbahn in Bamberg überliefert. Die<br />
eingestellte Straßenbahn in Völklingen erklomm<br />
knapp die 8-Prozent-Marke. In<br />
Deutschland unüberboten ist jedoch die Steigung<br />
der Neunkircher Straßenbahn, die in<br />
der Hüttenbergstraße eine Steigung von 11,2<br />
Prozent – nach anderen Quellen 11,1 Prozent<br />
– befuhr. 1978 kam ihr Ende, nachdem<br />
jahrelang diskutiert wurde, ob eine Umstellung<br />
auf Busbetrieb verkehrstechnisch überhaupt<br />
vertretbar wäre, weil im Winter das<br />
Gefrieren der Wasserdämpfe aus den nahen<br />
Kühltürmen eines großen Hüttenwerkes regelmäßig<br />
für gefährliches Glatteis auf der<br />
Straße sorgte. Die Strecke wurde zuletzt mit<br />
GT4 der Maschinenfabrik Esslingen mit Allachsantrieb<br />
befahren, die als einzige ihrer<br />
Art regelspurig waren.<br />
Neben der bereits erwähnten regelspurigen<br />
Stuttgarter Stadtbahn gibt es auch heute<br />
noch einige sehr steile meterspurige Strecken<br />
in Deutschland. In der Bahnhofstraße<br />
in Plauen im Vogtland beträgt die Steigung<br />
maximal 7,7 Prozent. Wegen der schwierigen<br />
topographischen Verhältnisse verkehrten<br />
bis November 1960 lediglich Solotriebwagen,<br />
bis die Verkehrsbetriebe erstmals<br />
mit den Gothawagen den Beiwagenverkehr<br />
aufnahmen, um der gestiegenen Fahrgastzahl<br />
Rechnung tragen zu können.<br />
Nicht ganz so spektakulär wie die Aufnahme<br />
auf der Seite gegenüber wirkt diese Aufnahme<br />
vom Tw 4 der Remscheider Straßenbahn<br />
SLG. SIGURD HILKENBACH<br />
20 <strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 11 | 2014
<strong>Steil</strong>ste Strecken<br />
Auch die Ulmer Straßenbahn befährt<br />
Höchststeigungen von bis zu 7,7 Prozent. In<br />
der Heuchelhofstraße in Würzburg gibt es<br />
eine sehr lange Rampe mit bis zu 9,1 Prozent.<br />
Besonders steil geht es auch in Mainz<br />
zu, denn in der engen Gaustraße steigt die<br />
Straßenbahnstrecke zwischen Schillerplatz<br />
und Gautor mit bis zu 9,55 Prozent an. Diese<br />
Strecke ist seit der Stilllegung der Neunkircher<br />
Straßenbahn am 10. Juni 1978 die<br />
steilste in beiden Fahrtrichtungen befahrene<br />
in Deutschland. Bis zum Umbau im Jahr<br />
2004 war sie ein betriebliches Nadelöhr<br />
und verfügte über eine Gleisverschlingung,<br />
seit dem 30. August 2004 ist sie nun zweigleisig<br />
ausgeführt. Bergab geht es woanders<br />
jedoch noch steiler zu, denn das Gefälle am<br />
Perlachberg im bayrischen Augsburg hat<br />
10,637 Prozent. Das bergwärts führende<br />
Gleis zwei Parallelstraßen weiter im<br />
Schmiedberg hat eine Steigung von 8,255<br />
Prozent, es ist teilweise in einem engen Bogen<br />
trassiert, was eine besondere Herausforderung<br />
beim Befahren darstellt.<br />
Fazit: Die steilsten in Deutschland<br />
Ab Eröffnung der normalspurigen Linie<br />
„von der Scheib“ nach Wiebelskirchen am<br />
10. September 1907 befand sich steilste im<br />
Adhäsionsbetrieb befahrene Straßenbahnstrecke<br />
Deutschlands in Neunkirchen. Diesen<br />
Superlativ erfüllte sie mit 11,1 bzw. 11,2<br />
Prozent bis zu ihrer Stilllegung am 10. Juni<br />
1978. Seitdem trägt die meterspurige Straßenbahn<br />
in Augsburg diesen Titel, allerdings<br />
wird der knapp 10,1-Prozent-Abschnitt<br />
am Perlachberg lediglich im Gefälle<br />
befahren. Betrachten wir ansteigende Strecken,<br />
dann ging der Titel der steilsten deutschen<br />
Straßenbahn 1978 an die meterspurige<br />
Straßenbahn in Mainz über, wo die<br />
Wagen regulär 9,55 Prozent <strong>hinauf</strong> bzw. hinab<br />
fahren.<br />
Die heute steilste normalspurige Strecke<br />
innerhalb Deutschlands entstand im Dezember<br />
2007 durch Umspurung von Meterauf<br />
Normalspur in Stuttgart. Ihre Neigung<br />
beträgt 8,5 Prozent.<br />
Spanien<br />
Die 1936 stillgelegte Straßenbahn von Madrid<br />
nach Leganés betrieb eine Strecke mit<br />
bis zu 12 Prozent Steigung. Noch heute in<br />
Betrieb ist die Tranvia blau in Barcelona,<br />
deren uralte Zweiachser auf ihrem Weg von<br />
der Metrostation Avenida Tibidabo zum<br />
Funicular de Tibidabo bis zu acht Prozent<br />
Neigung zu bewerkstelligen haben.<br />
Erwähnenswert beim Betrachten der heutigen<br />
spanischen Straßenbahnen ist die 2007<br />
eröffnete Straßenbahn in Santa Cruz de Tenerife<br />
auf Teneriffa, der größten der Kanarischen<br />
Inseln. Auf einer Steigungsstrecke von<br />
knapp elf Kilometern Länge überwindet die<br />
Straßenbahn eine Höhendifferenz von 540<br />
Kommentiert: Remscheid oder Neunkirchen?<br />
Unter historischen Fotos der Remscheider Straßenbahn<br />
aus der Bismarckstraße prangt stolz die<br />
Unterschrift: „<strong>Steil</strong>ste Straßenbahn Deutschlands“.<br />
Auch Dieter Höltge schrieb 1996 im Band<br />
5 der Reihe „Straßen- und Stadtbahnen in<br />
Deutschland“ auf Seite 176 zur Remscheider Bismarckstraße<br />
exakt diesen Wortlaut „steilste Straßenbahnstrecke<br />
in Deutschland“. Im STRASSEN-<br />
BAHN <strong>MAGAZIN</strong> 7/13 titelte der Beitrag über die<br />
Neunkircher Straßenbahn hingegen „Deutschlands<br />
<strong>Steil</strong>ste!“ Wieso gibt es immer und immer<br />
wieder solche Widersprüche?<br />
Eine Antwort liegt im Hinweis auf den Zeitpunkt,<br />
zu welchem der Superlativ zutraf. Denn nachdem<br />
sowohl die Remscheider als auch die Neunkircher<br />
Straßenbahn beide schon viele Jahrzehnte der Vergangenheit<br />
angehören, verschwindet das Wissen<br />
um die Betriebszeit beider Betriebe im Bewusstsein<br />
von uns Straßenbahnfreunden. Oder wer weiß aus<br />
dem Kopf, dass die Eröffnungsdaten beider Betriebe<br />
immerhin 14 Jahre auseinander lagen?<br />
Das ist die Lösung – denn die Remscheider<br />
Straßenbahn durfte sich mit ihren 10,5 Prozent<br />
sehr wohl von 1893 bis 1907 damit rühmen, über<br />
Deutschlands steilsten Straßenbahnabschnitt zu<br />
verfügen. Doch mit Inbetriebnahme der Stammstrecke<br />
der Neunkircher Straßenbahn mit seinem<br />
11,1-Prozent-Gefälle musste sie diesen Titel eigentlich<br />
an die Gemeinde Neunkirchen, die nach<br />
dem Ersten Weltkrieg zum Saargebiet gehörte<br />
und in Folge des Zweiten Weltkrieges ein Bestandteil<br />
des Saarlandes wurde, abgeben.<br />
Aber wie so oft bleiben einmal verbreitete Rekorde<br />
länger im Gedächtnis der Menschen vor Ort<br />
als neue Rekorde in deren Köpfen ankommen. Ob<br />
zum Beispiel nach dem Anschluss Österreichs an<br />
Für den letzten Betriebstag gedruckter Sonderfahrschein<br />
der Neunkircher Straßenbahn AG<br />
SLG. KLAUS OEHLERT SCHELLBERG<br />
Dieses Bild aus Remscheid mit dem Tw 3<br />
ist recht bekannt, es dokumentiert eindrucksvoll<br />
die Leistungsfähigkeit der elektrischen<br />
Straßenbahn der frühen Jahre<br />
SLG. SIGURD HILKENBACH<br />
das Deutsche Reich im Frühjahr 1938 korrekter Weise<br />
bis zum Kriegsende 1945 stets auch auf die Pöstlingbergbahn<br />
mit ihrer 11,2-Prozent-Steigung hingewiesen<br />
worden ist …?<br />
Doch egal wie steil der Abschnitt einer Straßenbahn<br />
war, es spielte zwar für die ausführende Baufirma<br />
und die Betriebsleitung eine Rolle – aber ein<br />
Austausch über solche Grenzwerte war gerade im<br />
Kaiserreich und den folgenden Jahrzehnten eher<br />
selten. Schneller, höher, weiter – ja, das war damals<br />
sehr wohl interessant – aber die Neigung einer<br />
Straßenbahn? Wo stand dieser Wert überhaupt?<br />
Natürlich in jedem Vermessungsprotokoll – aber<br />
wer hatte Zugriff auf solche Dokumente? Der Tageszeitungsjournalist<br />
aus Remscheid oder Neunkirchen?<br />
Nein, der war darauf angewiesen, dass<br />
ihm die Beschäftigten der Straßenbahnbetriebe die<br />
richtige Auskunft gaben. Wie schwer das bis heute<br />
verschiedenen Mitarbeitern fällt, dass erfuhr<br />
Bernhard Kußmagk, als er von der Pressestelle der<br />
Augsburger Stadtwerke den exakten Werk der Steigung<br />
am Perlachberg erfragte. Ein Mitarbeiter<br />
nannte ihm einen stolzen Wert von knapp 20 Prozent<br />
… Dank des Sachverstandes des Straßenbahnkenners<br />
aus Berlin wird diese frei erfundene<br />
Zahl natürlich nie veröffentlicht – aber wie hätte<br />
eine Redakteurin einer Tageszeitung reagiert? Die<br />
Zahl wäre wohl vermutlich ins Blatt gekommen<br />
und vom nächsten womöglich schneller als gedacht<br />
abgeschrieben worden ... Doch ich möchte<br />
hier keinerlei Kollegenschelte betreiben – denn<br />
auch die Neunkircher Straßenbahn AG nahm es mit<br />
Zahlen nicht so genau. Für den letzten Betriebstag<br />
1978 verkaufte sie Fahrscheine mit dem Aufdruck<br />
„11,5 Prozent Steigung“ … Ergo: Drum prüfe gut,<br />
wer etwas auf oder abschreibt … ANDRÉ MARKS<br />
<strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 11 | 2014<br />
21
Betriebe<br />
Das Gefälle in der Stuttgarter Alexanderstraße beträgt 8,5 Prozent. Am 19. April 2007 war<br />
noch eine GT4-Doppeltraktion unterwegs, die flott die Straße hinab fuhr BERNHARD KUSSMAGK (3)<br />
Am 17. April 1999 schleicht der zweiachsige Tw 5 der<br />
Tranvia Blau in Barcelona die Avenida del Tibidabo vorsichtig<br />
bergab. Das Gefälle beträgt hier acht Prozent<br />
Im österreichischen Gmunden erklimmen<br />
die Wagen bis zu zehn Prozent Steigung,<br />
wie ein Blick am 9. April 1998 in die Alois-<br />
Kaltenbruner-Straße absolut glaubwürdig<br />
verdeutlicht<br />
Metern und weist an mehreren Stellen eine<br />
Steigung von 8,5 Prozent auf. Sie ist der Anwärter<br />
für den weltweit ersten Platz „Überwindung<br />
des größten Höhenunterschiedes<br />
einer städtischen Straßenbahnlinie“.<br />
Noch anzumerken ist, dass es im andalusischen<br />
Granada von 1907 bis 1944 eine<br />
Zahnradstraßenbahnlinie gab, die nur einen<br />
Kilometer lang war und das Zentrum mit<br />
der weltberühmten Alhambra verband.<br />
Russland<br />
In der Stadt Smolensk gibt es eine <strong>Steil</strong>strecke,<br />
die nach verschiedenen Angaben zwischen<br />
elf und zwölf Prozent Steigung aufweist.<br />
Vor dem Befahren des Gefälles<br />
werden die Bremsen jedes Mal durch ein<br />
spezielles Prozedere vom Personal überprüft.<br />
Die 1973 eröffnete Probestrecke der Waggonfabrik<br />
in Ust-Kataw im mittleren Ural,<br />
die einige Zehntausende von Straßenbahn-<br />
22 <strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 11 | 2014
<strong>Steil</strong>ste Strecken<br />
wagen für die Sowjetunion baute, hat eine<br />
Steigung von 11,2 Prozent. Auf dieser Strecke<br />
gab es jahrzehntelang auch öffentlichen<br />
Fahrgastverkehr, der jedoch 1997 endete.<br />
Belgien<br />
Insbesondere im Überlandstraßenbahnnetz<br />
von Charleroi gab es viele steigungsreiche<br />
Strecken, die seit Jahrzehnten stillgelegt sind.<br />
Auch in Liège und in Verviers gab es sehr steile<br />
Strecken. Und selbst in der Hauptstadt<br />
Brüssel gibt es einige steile Strecken, insbesondere<br />
die Linie 92 erklimmt westlich der Place<br />
de Saint-Job bis heute eine enorme Steigung.<br />
Österreich<br />
Die 2,3 Kilometer lange Gmundener Straßenbahn<br />
im Salzkammergut ist aufgrund ihrer<br />
Länge bzw. Kürze sowie des fünf Triebwagen<br />
umfassenden Wagenparks eine der<br />
kleinsten Trams der Welt, aber sie ist auch<br />
gleichzeitig auf einem längeren Abschnitt<br />
sehr steil, beträgt doch der Gradient in der<br />
Alois-Kaltenbruner-Straße exakt zehn Prozent.<br />
70 Kilometer von Gmunden entfernt<br />
geht es im oberösterreichischen Linz allerdings<br />
deutlich steiler zu, denn hier verkehrt<br />
die Pöstlingbergbahn auf drei Abschnitten<br />
mit 11,2 Prozent Steigung. Nach ihrer Umspurung<br />
von 1.000 auf 900 mm in den Jahren<br />
2008/09 integrierten sie die Linzer Linien<br />
am 29. Mai 2009 als Linie 50 ins<br />
städtische Straßenbahnnetz und verlängerte<br />
sie bis in die Innenstadt zum Hauptplatz. Bei<br />
dieser Umspurung entstand durch die an einigen<br />
Stellen leicht veränderte Trassierung<br />
eine noch größere Steigung als zuvor, denn<br />
der Einsatz der neuen Gelenkwagen erforderte<br />
die Abflachung der Kuppen und Wannen.<br />
Gern wird die Pöstlingbergbahn mit<br />
dem Titel „steilste Adhäsionsbahn Europas“<br />
präsentiert, denn es wird –zu Recht – darauf<br />
verwiesen, dass andere Bahnen zwar steiler<br />
wären, aber die Pöstlingbergbahn kilometerlang<br />
eine starke Steigung aufweist, die im<br />
Durchschnitt 10,5 Prozent beträgt. Nur an<br />
den Ausweichstellen ist die Steigung mit drei<br />
bis 3,9 Prozent deutlich moderater.<br />
Frankreich<br />
Von den zahlreichen Trambetrieben bzw.<br />
straßenbahnähnlich betriebenen Überlandbahnen<br />
in Frankreich gab es auf der mit einer<br />
Zahnstange ausgerüsteten Straßenbahn<br />
in Laon den steilsten Adhäsionsbetrieb: Mit<br />
1.000 Millimeter Spurweite verband sie auf<br />
1,5 Kilometer Länge von 1899 bis 1971 den<br />
Bahnhof mit der Innenstadt von Laon – und<br />
bewältigte dabei bergwärts stets im Haftreibungsbetrieb<br />
fahrend eine maximale Steigung<br />
von 13 Prozent. Die Zahnstange diente<br />
dann bei Talfahrten als Betriebsbremse.<br />
Ohne Zahnstangen ging es bei der regel-<br />
<strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 11 | 2014<br />
23
Betriebe<br />
<strong>Steil</strong>e im Adhäsionsbetrieb befahrene Straßenbahnstrecken im<br />
Kontinent Land Stadt Steigung in %<br />
Afrika Algerien Constantine 8,0<br />
Amerika Brasilien Campos do Jordão – Pindamonhangaba 10,5<br />
USA Pittsburgh (derzeit nur Betriebsstrecke) 9,15<br />
Europa Deutschland Augsburg 10,637*<br />
Deutschland Mainz 9,55<br />
Deutschland Stuttgart (Stadtbahn) 8,5<br />
Deutschland Ulm 7,7<br />
Deutschland Würzburg 9,1<br />
Frankreich Brest 8,6<br />
Großbritannien Sheffield 10,0<br />
Österreich Gmunden 10,0<br />
Österreich Linz 11,2<br />
Portugal Lisboa (Lissabon) 14,9<br />
Russland Smolensk 11,0 bis 12,0 **<br />
Schweiz Zürich 7,7<br />
Spanien Barcelona 8,0<br />
Spanien Santa Cruz de Tenerife 8,5<br />
Tschechien Liberec 9,7<br />
* Die Strecke am Perlachberg in Augsburg wird nur talwärts befahren, es handelt sich also um eine<br />
Gefällestrecke. Alle anderen erwähnten Strecken werden sowohl berg- als auch talwärts befahren<br />
** Die Angaben schwanken in der Literatur<br />
spurige Straßenbahn in Le Havre. Auf der<br />
1912 eröffneten und 2,45 Kilometer langen<br />
Linie 1/8 vom Staatsbahnhof durch die Rue<br />
Clovis über Cimetière Sainte-Marie bis zum<br />
Stadtpark Hallates erreichte der steilste Abschnitt<br />
eine Steigung von 11,6 Prozent. Diese<br />
Strecke wurde im April 1942 letztmalig<br />
vollständig befahren, im selben Monat<br />
richtete die Deutsche Wehrmacht in<br />
einem Straßenbahntunnel ein Munitionsdepot<br />
ein. Nach dem Zweiten<br />
Weltkrieg ersetzten in der zu 72 Prozent<br />
zerstörten Stadt neue Obusse die<br />
Straßenbahn.<br />
In Lyon gab es bis 1957 ein großes Straßenbahnnetz<br />
sowie einige lange Überlandstrecken<br />
jeweils mit 1.000 und mit 1.435<br />
Millimeter Spurweite. Im Stadtnetz erreichte<br />
die äußerst bogenreiche Linie 6 vom Plateau<br />
de la Croix Rousse zur Place Du Pont mit elf<br />
Prozent das stärkste Gefälle. Diese insgesamt<br />
5,5 Kilometer lange eingleisige Strecke diente<br />
– wie in Augsburg – allerdings nur Talfahrten,<br />
bergwärts war ein Gleis durch eine<br />
andere Straße verlegt, dieses wies eine maximale<br />
Steigung von neun Prozent auf.<br />
Den nächsten Platz belegte einst Marseille,<br />
wo die 1.430-millimetrige Straßenbahn<br />
bis 1944 unter anderem eine 10,1-<br />
Prozent-Rampe erklomm. Berücksichtigt<br />
man auch elektrische Kleinbahnen mit straßenbahnähnlichem<br />
Betrieb, dann gehört als<br />
nächstes die zwischen 1899 und 1933 betriebene<br />
Ausflugsstrecke von Türkheim<br />
zum Wallfahrtsort Drei Ähren (Trois Épis)<br />
im Elsass angeführt. Ihre größte Steigung<br />
betrug 9,8 Prozent.<br />
Die meterspurige Straßenbahn von Nizza<br />
war auch für die Linie von Monte Carlo<br />
nach Monaco zuständig, die eine maximale<br />
Neigung von 9,3 Prozent überwand. Die<br />
In Linz ist es am 16. März 2008 an der Ausweiche<br />
Schableder der Pöstlingbergbahn ablesbar:<br />
Die Haltestelle hat eine Steigung von<br />
3,9 Prozent, die Strecke steigt anschließend<br />
mit 10,5 Prozent an<br />
BERNHARD KUSSMAGK<br />
1932 stillgelegte Straßenbahn in Lourdes<br />
hatte eine Steigung von bis zu 9,2 Prozent<br />
zu bewältigen, während die Straßenbahn in<br />
Rouen einige steile Linien betrieb, die maximal<br />
9,0 Prozent Steigung erreichten.<br />
Der heutige Rekordhalter Frankreichs befindet<br />
sich an der Atlantikküste. Die im Jahr<br />
2012 eröffnete Tram in Brest befährt mehrere<br />
steile Rampen, die größte Steigung befindet<br />
sich in der Rue Saint Exupéry. Dort<br />
erklimmen die Wagen vom Typ Citadis 302<br />
immerhin 8,6 Prozent.<br />
Tschechische Republik<br />
In der tschechischen Hauptstadt Prag geht<br />
es vom Zentrum an der Moldau aus an vielen<br />
Stellen die Berghänge <strong>hinauf</strong>. Dabei bewältigen<br />
die Prager Wagen auf einigen Linien<br />
starke Steigungen, 8,2 Prozent sind es<br />
zum Beispiel längs der Straße Trojská. Im<br />
nordböhmischen Reichenberg (Liberec) hat<br />
die „tramvaj“ sogar 9,7 Prozent zu erklimmen.<br />
Dieses steilste Stück der Straßenbahn<br />
befindet sich zwischen Botanická (Zoo) und<br />
Lidové Sady (Volksgarten). An der Haltestelle<br />
Riegrova muss der talwärts fahrende<br />
Zug anhalten (Zwangshaltestelle). Die Steigung<br />
in Richtung Horní Hanychov (Oberhanichen)<br />
verläuft mit etwa 8,4 Prozent relativ<br />
konstant, talwärts fahrende Bahnen<br />
müssen aber an der Maladoubská einen<br />
Zwangshalt einlegen.<br />
Die einst steilste Straßenbahn in Böhmen<br />
und Mähren gab es in Gablonz (Jablonec<br />
nad Nisou). Deren steilstes Streckenstück<br />
befand sich mit 10,85 Prozent Neigung<br />
westlich vom Rathaus der Stadt am Markt.<br />
Dieser Abschnitt war von 1904 bis 1965 in<br />
Betrieb. Die Aussiger Straßenbahn besaß<br />
an der Strecke nach Buckau (Bukov)<br />
und Tellnitz (Telnice) eine maximale<br />
Neigung von 6,35 Prozent, bei Arbesau<br />
(Varvažov) aber eine maximale Neigung<br />
von 9,35 Prozent im Trassenverlauf.<br />
Portugal<br />
Die Straßenbahnen in Coimbra, Porto sowie<br />
in der Hauptstadt Lissabon verfügten<br />
einst über mehrere überdurchschnittlich<br />
steile Streckenabschnitte. Während Coimbra<br />
seinen Straßenbahnbetrieb 1980 aufgab<br />
und Porto ihn in einem jahrzehntelangen<br />
Schrumpfungsprozess in einen musealen Betrieb<br />
überführte, überlebten immerhin fünf<br />
Linien des einst großen Netzes in Lissabon.<br />
Einige der steilen Strecken sind teilweise<br />
Nachfolger ehemaliger Kabelstraßenbahnlinien.<br />
Mehrere der von den Linien 12, 18<br />
und 25 befahrenen Streckenabschnitte haben<br />
weit über zehn Prozent Steigung. Auf<br />
der bekannten Linie 28 gibt es diverse sehr<br />
steile Abschnitte, wobei der in der Calçada<br />
Nova de São Francisco als die steilste Straßenbahnstrecke<br />
der Welt gilt. Auf dem etwa<br />
130 Meter langen und gekrümmten Ab-<br />
24 <strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 11 | 2014
<strong>Steil</strong>ste Strecken<br />
Die steilste Straßenbahnstrecke im heutigen Frankreich befindet sich in Brest in der Rue Saint Exupéry. Hier geht es 8,6 Prozent <strong>hinauf</strong> bzw. hinab.<br />
Am 3. September 2013 hat gerade ein Citadis 302 die Haltestelle Mac Orlan verlassen<br />
BERNHARD KUSSMAGK<br />
Die steilsten in der Schweiz<br />
1964 fuhr die letzte Straßenbahn in Lausanne, sie<br />
hatte an einigen Stellen des Netzes Steigungen<br />
bis 11,2 Prozent zu erklimmen und war damit<br />
Spitze in der Schweiz. Das umfangreiche Straßenbahnnetz<br />
wurde durch das größte Obusnetz<br />
des Landes abgelöst, das ebenfalls starke Steigungen<br />
aufweist.<br />
Die 1965 stillgelegte Straßenbahn in Fribourg<br />
hatte hingegen „nur“ eine Maximalsteigung von<br />
10,1 Prozent zu bewältigen und Luganos letzte Straßenbahn,<br />
die bereits 1959 fuhr, hatte bis 9,3 Prozent<br />
starke Steigungen. Immerhin 8,7 Prozent erklomm<br />
die 1960 eingestellte Straßenbahn in Spiez.<br />
Einige durchaus steile Strecken werden nach wie<br />
vor in Zürich bedient. Zum Albisgüetli geht es auf einer<br />
Strecke von 400 Metern Länge mit 7,7 Prozent<br />
bergauf, die Strecke zum Zoo neigt sich bis zu 7,5<br />
Prozent und 7,3 Prozent sind es in der Leonhard-<br />
strasse. Andere Abschnitte mit beachtlichen Steigungen<br />
von 9,6 Prozent und 10,9 Prozent sind dagegen<br />
seit langem eingestellt. Das 1930 stillgelegte<br />
637 Meter lange Doldertram (ohne Verbindung<br />
zum Zürcher Straßenbahnnetz) kraxelte auf einer<br />
9,8-prozentigen Rampe bergan. Als Besonderheit<br />
verfügte der einzige Wagen über eine automatische<br />
Geschwindigkeitsüberwachung, die bei zu schneller<br />
Talfahrt die Notbremsung einleitete. BEKUS<br />
Zürich: Diese<br />
BBC-Werksaufnahme<br />
zeigt dem<br />
einzigen Wagen<br />
des Doldertrams<br />
vor dem Dolder<br />
Grand Hotel in<br />
Zürich<br />
SLG. RICHARD GERBIG<br />
Die Straßenbahn<br />
im schweizerischen<br />
Fribourg (Freiburg)<br />
hatte Strecken -<br />
abschnitte bis zu<br />
10,1 Prozent zu<br />
bewältigen<br />
SLG. BERNHARD KUSSMAGK<br />
<strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 11 | 2014<br />
25
Betriebe<br />
Fast genauso steil wie die Calçada Nova de São<br />
Francisco ist die Calçada de Santo André in Lissabon,<br />
hier an der Ecke Calçada da Graça am 24. April 1984,<br />
wo die Linie 12 einen Sattelpunkt erreicht<br />
26 <strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 11 | 2014
<strong>Steil</strong>ste Strecken<br />
Lissabon: Der zweiachsige Tw 573 erklimmt am 6. Februar 2008 die steilste Straßenbahnstrecke der Welt, denn er ist auf der Linie 28 auf der<br />
bogenreichen Calçada Nova de São Francisco in der portugiesischen Hauptstadt unterwegs BERNHARD KUSSMAGK (3)<br />
schnitt entlang dieser Straße beträgt die<br />
Durchschnittssteigung 13 Prozent, das Ganze<br />
kulminiert am oberen Ende, dort beträgt<br />
die Steigung – gemäß Mitteilung der Verkehrsbetriebe<br />
Carris – in einem engen S-Bogen<br />
unfassbare 14,9 Prozent: Weltrekord!<br />
Portos Straßenbahnen erklimmen wegen<br />
der Stilllegung diverser Streckenabschnitte<br />
derzeit „nur noch“ maximal sieben Prozent<br />
Steigung.<br />
Großbritannien<br />
In Sheffield (South Yorkshire) geht es überall<br />
bergauf und bergab, denn die Stadt liegt in<br />
einem sehr hügeligen Terrain. Die 1994 eröffnete<br />
Straßenbahn („Supertram“) erreicht an<br />
der steilsten Stelle eine Neigung von zehn Prozent.<br />
Noch steiler ging es einst in Halifax (West<br />
Yorkshire) zu. Die 1939 eingestellte Tram befuhr<br />
dort eine 10,4-prozentige Rampe.<br />
Auch die Linie 18 in Lissabon weist sehr viele steile Abschnitte auf, ein längerer befindet sich<br />
in der Calçada da Ajuda, hier aufgenommen am 26. April 1989 mit Tw 275<br />
Steigungsstrecken<br />
auf anderen Kontinenten<br />
Im nordafrikanischen Algerien befährt die<br />
im Jahr 2013 eröffnete Straßenbahn in<br />
Constantine fast ausschließlich Steigungsbzw.<br />
Gefälleabschnitte. Die größte Neigung<br />
beträgt dabei acht Prozent.<br />
In Südafrika erklommen die Triebwagen<br />
auf der bis 1930 betriebenen Straßenbahnstrecke<br />
Kapstadt – Camps Bay bis zu 11,1<br />
Prozent.<br />
In Brasilien gibt es die landschaftlich reizvolle<br />
Überlandstraßenbahnstrecke von<br />
Campos do Jordão nach Pindamonhangaba.<br />
Sie führt längere Zeit über starke Steigungen,<br />
an einer Stelle soll der Gradient<br />
10,5 Prozent erreichen. Die Strecke überwindet<br />
eine beachtliche Höhendifferenz von<br />
etwa 1.050 Metern. Sie ist der Anwärter für<br />
den weltweit ersten Platz „Überwindung<br />
des größten Höhenunterschiedes einer<br />
Überlandstraßenbahnlinie“. Auf dem – mit<br />
1924 von MAN gebauten Vierachsern befahrenen<br />
– innerstädtischen Abschnitt von<br />
Campos do Jordão nach Emílio Ribas sind<br />
hingegen kaum Steigungen zu bewältigen.<br />
<strong>Steil</strong>e Trams in den USA<br />
Bereits 1888 baute Frank Julian Sprague in<br />
der Stadt Richmond das erste zusammenhängende<br />
Straßenbahnnetz mit Oberlei-<br />
<strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 11 | 2014<br />
27
Betriebe<br />
Die Straßenbahn auf der spanischen Insel Teneriffa hat eine enorme Höhendifferenz zu überwinden. Auf der Avenida de Angel Romero in Santa<br />
Cruz de Tenerife an der Brauerei erklimmt Tw 20 am 29. November 2008 die Steigung BERNHARD KUSSMAGK (2)<br />
tungsbetrieb der Vereinigten Staaten. Die<br />
Besonderheit waren die hügeligen Strecken<br />
mit Steigungen bis zu zehn Prozent, deren<br />
anstandslose Bewältigung viele Menschen<br />
und Ingenieure rasch überzeugte, sich im<br />
Land herumsprach und den Siegeslauf der<br />
elektrischen Straßenbahn in den USA protegierte.<br />
In den Vereinigten Staaten gab es in der<br />
ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts eine große<br />
Anzahl an Straßenbahnbetrieben sowie<br />
sehr viele Überlandstraßenbahnen, darunter<br />
mehrere mit starken Steigungen. Hervorstechend<br />
waren die Betriebe in Lawrence<br />
(Kansas) mit 14,0 Prozent, Akron (Ohio)<br />
mit 13,5 Prozent, Scranton (Pennsylvania)<br />
mit 13,0 Prozent sowie Pittsburgh (Pennsylvania)<br />
mit seinen vielen steigungsreichen<br />
Strecken bis 12,2 Prozent, erreicht auf der<br />
1966 eingestellten Linie 21 („Fineview“) in<br />
der Henderson Street zwischen Federal<br />
Street und Boyle Street.<br />
In Gleadless Town End ist die Steigung<br />
der Sheffielder Tram gut erkennbar. Am<br />
23. September 1997 ist Tw 06 soeben an<br />
der Haltestelle angekommen<br />
Die derzeit steilste Strecke in den USA<br />
befindet sich noch immer in Pittsburgh,<br />
wird aber gegenwärtig regulär nicht befahren.<br />
Es handelt sich um die teilweise<br />
9,15 Prozent steile Linie 52, die aufgrund<br />
von Sparmaßnahmen seit März 2011 eingestellt<br />
ist. Sie wird jedoch für Umleitungsfahrten<br />
in betriebsfähigem Zustand<br />
erhalten und vermutlich eines Tages wieder<br />
im Regelbetrieb befahren werden.<br />
BERNHARD KUSSMAGK<br />
Danksagung und Anregung<br />
Mein Dank für ihre Unterstützung bei der Recherche<br />
für diesen Beitrag geht an Peter Sohns<br />
in Hannover, der diverse Daten zur Verfügung<br />
stellte, sowie an Richard Gerbig in Zürich, der<br />
sein Wissen insbesondere zu den Schweizer<br />
Straßenbahnen weitergab. Weiterhin danke ich<br />
Georges Muller aus Straßburg, Peter Wöhl von<br />
den Stadtwerken Augsburg, Helge Mai aus Dresden<br />
sowie mehreren Mitarbeitern der Verkehrsbetriebe<br />
in Gera, Mainz, Würzburg und Lissabon<br />
u.v.a.m. für ihre Auskünfte.<br />
Als Ergänzung zu dieser Darstellung über die<br />
steilsten Straßenbahnen im Adhäsionsbetrieb<br />
sei auf den Beitrag „Zahn um Zahn“ im STRA -<br />
SSENBAHN <strong>MAGAZIN</strong> 4/2010 (Seiten 64ff) hingewiesen,<br />
der ausführlich über Zahnradstraßenbahnen<br />
berichtet.<br />
BEKUS<br />
28 <strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 11 | 2014
Nächster Halt: …<br />
Glatte Betongebäude und moderne Glasfassaden prägen im Augsburger Stadtteil Lechhausen die Haltestelle „Schlößle“ der Linie 1. Aber wieso<br />
nennen die Einheimischen und die Stadtwerke Augsburg diesen Punkt dann trotzdem so ...?<br />
WINFRIED WOLFF<br />
Nächster Halt:<br />
Schlößle<br />
Am früheren Marktplatz des bevölkerungsreichsten<br />
Augsburger Stadtteils befindet sich<br />
die Haltestelle „Lechhausen Schlößle“ der Straßenbahnlinie<br />
1. Dorthin hatte die Nürnberger<br />
Firma Schuckert & Co. im Jahr 1898 die Strecke<br />
von der Alten Schmiede – auf Höhe der<br />
heutigen Station Lechhausen Brücke – verlängert,<br />
ehe die Städtische Straßenbahn Augsburg<br />
das Streckenende 1927 zur Stätzlinger Straße<br />
verschob. Inzwischen befindet sich dieses am<br />
Neuen Ostfriedhof, für einen Weiterbau zum<br />
Bahnhof Hochzoll liegen umstrittene Planungen<br />
vor.<br />
Die heute in Straßenmitte gelegenen, mit Wetterschutz,<br />
Fahrkartenautomat und Abfahrtszeitanzeigen<br />
ausgestatteten Bahnsteige der<br />
Halte stelle sind auf die in Augsburg knapp 42<br />
Meter langen Combinos ausgelegt und werden<br />
von Stadt- und Regionalbussen mitgenutzt. Für<br />
die im 5-Minuten-Takt hier von der Neuburger<br />
in die Blücherstraße abbiegenden Linienwagen<br />
besteht eine Ampelvorrangschaltung. Aber ein<br />
„Schlösschen“ sucht man im Umfeld der Haltestelle<br />
indes vergebens! Der Name leitet sich<br />
von einem um 1685 in diesem Bereich errichteten<br />
Zollgebäude ab – war Augsburg doch bis<br />
1806 als freie Reichsstadt eine Grenzstation zu<br />
Bayern! Im Laufe der Jahrhunderte wurde das<br />
Zollgebäude mit Erkern und Türmchen ausgeschmückt<br />
und von der Bevölkerung daher liebevoll<br />
als „Schlößle“ bezeichnet.<br />
Allerdings brach man 1969 das zu diesem Zeitpunkt<br />
verwahrloste Gebäude ab und ersetzte<br />
es durch einen an dieser Stelle gestalterisch völlig<br />
deplazierten fünfstöckigen Sichtbeton-<br />
Zweckbau mit Geschäftsräumen und Parkdecks.<br />
Der wenig später ebenfalls erfolgte<br />
Abbruch der gegenüberliegenden Gastwirtschaft<br />
„Sonne“ beraubte den Platz dann endgültig<br />
seiner historischen Identität. Er behielt<br />
jedoch den Namen „Schlößle“ bis heute in alter<br />
Rechtschreibung. Ob es von dieser Haltestelle<br />
zum seit langem diskutierten Bau einer Zweigstrecke<br />
in den Nachbarstadtteil Hammerschmiede<br />
kommen wird, ist übrigens unverändert<br />
ungewiss.<br />
WINFRIED WOLFF<br />
<strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 11 | 2014<br />
29
Betriebe<br />
Über Höhen<br />
und Tiefen<br />
120 Jahre Straßenbahn in<br />
Zwickau Auch der<br />
Betrieb im westsächsischen<br />
Zwickau feierte im diesem<br />
Jahr ein rundes Jubiläum:<br />
Seit dem 6. Mai 1894 ist die<br />
Straßenbahn in der Stadt<br />
unterwegs, die sich schon<br />
kurz danach zu einem<br />
Zentrum des Automobilbaus<br />
entwickelte …<br />
Aufgrund der Steigung in der Bahnhofstraße<br />
kam in Zwickau der Bau<br />
einer Pferdebahn nicht zustande.<br />
Die Stadtverwaltung war gezwungen,<br />
das Vorhaben 1890 zu den Akten zu<br />
legen. Anfang des Jahres 1892 suchte das<br />
Konsortium aus den Firmen Schuckert &<br />
Co. aus Nürnberg und Leo Arnoldi aus<br />
Mainz beim Rat der Stadt um die Erlaubnis<br />
zum Bau einer elektrischen Straßenbahn<br />
und eines Elektrizitätswerkes. Letzteres sollte<br />
gleichzeitig zur Versorgung der Bevölkerung<br />
mit elektrischem Licht dienen. Diese<br />
Angebote stießen in Zwickau auf Zustimmung<br />
– und so unterzeichneten der Oberbürgermeister<br />
und das Konsortium im Dezember<br />
1892 einen diesbezüglichen Vertrag.<br />
Nach der Einigung auf die Linienführung<br />
in der Innenstadt begann im Oktober 1893<br />
der Gleisbau vom Zwickauer Bahnhof zum<br />
Hauptmarkt. Als Spurweite wählte das<br />
Konsortium 1.000 Millimeter. Im April<br />
1894 fanden Versuchsfahrten mit den ersten<br />
beiden von MAN gelieferten zweiachsigen<br />
Triebwagen statt.<br />
Die ersten Betriebsjahre<br />
Die Eröffnung des ersten Abschnittes vom<br />
Bahnhof bis in die Innenstadt fand am 6. Mai<br />
1894 statt. Ab dem 19. Juli pendelte die<br />
Straßenbahn eingleisig auf etwa vier Kilometer<br />
Länge bis in den Stadtteil Schedewitz.<br />
Für den Betrieb standen anfänglich elf<br />
Triebwagen mit 16 Sitz- und elf Stehplätzen<br />
zu Verfügung. Die Fahrzeuge waren 6.200<br />
Millimeter lang, maximal 1.850 Millimeter<br />
breit und ihr Achsabstand betrug 1.570<br />
Millimeter. Für ihre nächtliche Unterstel-<br />
30 <strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 11 | 2014
Zwickau<br />
Die ersten Triebwagen der Zwickauer Straßenbahn lieferte die Firma MAN nach Sachsen, hier<br />
Tw 1 in den ersten Betriebsjahren auf der Schneeberger Straße<br />
SLG. SIGURD HILKENBACH<br />
Fahrzeugbeschaffungen der Anfangsjahre<br />
Betriebs-Nr. Anzahl Baujahr Hersteller Bemerkungen<br />
Triebwagen<br />
1–11 11 1894 MAN, Nürnberg elektr. Teil Schuckert<br />
15–19 5 1897/98 MAN, Nürnberg elektr. Teil Schuckert<br />
20–25 6 1900 Gothaer Waggonfabrik AG elektr. Teil Schuckert<br />
32–38 7 1900 MAN, Nürnberg elektr. Teil Schuckert<br />
40–42 3 1910 MAN, Nürnberg elektr. Teil SSW<br />
43–45 3 1911 MAN, Nürnberg elektr. Teil SSW<br />
Beiwagen<br />
6–11 6 1894 MAN, Nürnberg bis 1911/25 Tw 6–11<br />
13, 14 2 1897 Bothmann & Glück, Gotha<br />
15–19 5 1897/98 MAN, Nürnberg bis 1925 Tw 15–19<br />
21 1 1900 Gothaer Waggonfabrik AG bis 1926 Tw 21<br />
26–28 3 1900 Sächsische Waggonfabrik Werdau<br />
29–31 3 1900 Sächsische Waggonfabrik Werdau Sommerwagen<br />
Aus der Gewandhausstraße kommend erreichen<br />
am 10. Juni 2014 zwei KT4D den Zwickauer<br />
Hauptmarkt, den das im Jahr 1525 gebaute<br />
Gewandhaus dominiert, rechts das<br />
Rathaus ANDRÉ MARKS; DER FAHRSCHEIN STAMMT AUS<br />
DER SAMMLUNG VON SIGURD HILKENBACH<br />
lung und Unterhaltung hatte das Konsortium<br />
1894 ein Depot auf dem Gelände des<br />
Elektrizitätswerkes in der Stiftstraße errichten<br />
lassen. Es verfügte anfangs über fünf<br />
Gleise sowie eine Schmiede und Tischlerei.<br />
Im ersten Betriebsjahr beförderte die<br />
Zwickauer Straßenbahn 1,27 Millionen<br />
Fahrgäste. Zum 1. Januar 1895 übernahm<br />
die Zwickauer Elektrizitätswerk- und Straßenbahn-AG<br />
die Betriebsführung der Straßenbahn.<br />
Diese mit ZESAG abgekürzte Gesellschaft<br />
erweiterte in den folgenden Jahren<br />
das Netz kontinuierlich. Dazu eröffnete sie<br />
am 16. Oktober 1897 die Linie Bosestraße –<br />
Marienthal – Lindenhof, verlängerte die Linie<br />
von Schedewitz am 3. April 1900 zunächst<br />
bis Cainsdorf und am 2. Juni 1900<br />
bis in die Stadt Wilkau, eröffnete am 29.<br />
November 1900 die Linie Bosestraße – Pölbitz<br />
und nahm schließlich am 7. Oktober<br />
1904 die Verlängerung der Marienthaler Linie<br />
vom Lindenhof bis zum Gasthof Marienthal<br />
in Betrieb.<br />
Zur Bewältigung des dadurch gestiegenen<br />
Verkehrs beschaffte die ZESAG zwischen<br />
1897 und 1900 bei verschiedenen Herstellern<br />
neue Fahrzeuge, darunter auch zwei<br />
1897 von Bothmann & Glück in Gotha gebaute<br />
Beiwagen sowie drei Sommerwagen –<br />
siehe Tabelle. Der Fahrzeugpark umfasste<br />
danach 29 Trieb- und acht Beiwagen. Für<br />
dessen Unterhaltung entstand 1900 in Neubockwa<br />
ein mit einer Zugangsschiebebühne<br />
ausgestattetes Straßenbahndepot, das die<br />
ZESAG zehn Jahre später erweiterte. Im<br />
Jahr 1902 begann der zweigleisige Ausbau<br />
des Straßenbahnnetzes, schwerpunktmäßig<br />
im Stadtgebiet. Zum 1. Januar 1914 übernahm<br />
die Stadt Zwickau das Elektrizitätswerk<br />
und den Straßenbahnbetrieb in eigene<br />
Hand. In diesem Jahr beförderte die Straßenbahn<br />
4,68 Millionen Fahrgäste.<br />
Die Zwischenkriegs- und<br />
zweite Kriegszeit<br />
Nach den beschwerlichen Kriegs- und Nachkriegsjahren<br />
begann die Stadt Zwickau in<br />
den 1920er-Jahren wieder in das Straßenbahnetz<br />
zu investieren. So setzte sie ab 1921<br />
den zweigleisigen Ausbau fort. Im gleichen<br />
<strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 11 | 2014<br />
31
Betriebe<br />
Jahr fasste sie die Linien nach Pölbitz und<br />
Marienthal zusammen und verlängerte diese<br />
Strecke später von Marienthal um 1,8 Kilometer<br />
bis zum Krankenstift (Heinrich-<br />
Braun-Krankenhaus) nach Westen. Dieser<br />
Abschnitt ging am 6. November 1924 in Betrieb.<br />
Von der Ende 1919 eingestellten Freiberger<br />
Straßenbahn<br />
übernahm<br />
der Zwickauer<br />
Betrieb<br />
1921/22 sieben<br />
1902/03 von Herbrand<br />
in Köln gebaute<br />
Triebwagen mit AEG-<br />
Motoren. 1926 beschaffte<br />
die Stadt Zwickau dann zehn<br />
neue Triebwagen von der<br />
Sächsischen Waggonfabrik in Werdau und<br />
zehn aus heimischer Produktion von der<br />
Zwickauer Fahrzeugfabrik vormals Schumann<br />
AG. Die elektrische Ausrüstung für<br />
diese Fahrzeuge steuerte das Sachsenwerk<br />
aus Niedersedlitz bei, weshalb sie die Personale<br />
„Sachsenwerktriebwagen“ nannten.<br />
Bei den sechs 1928 von der Christoph &<br />
Unmack AG in Niesky und den 14 in<br />
Zwickau 1928/29 nachgebauten Niederflurtiefbodenbeiwagen<br />
handelte es sich um<br />
die modernsten ihrer Zeit – siehe Kasten.<br />
Bereits im August 1926 hatte zuvor die<br />
Linienbezeichnung mit Ziffern die bisherige<br />
Kennzeichnung mittels Farben abgelöst.<br />
Den damaligen Verlauf der vier Linien gibt<br />
der andere Kasten wieder. Außerdem entstand<br />
zwischen 1926 und 1928 eine neue<br />
Wagenhalle an der Schlachthofstraße. Nach<br />
Inbetriebnahme<br />
der dortigen<br />
Werkstatt zog die<br />
Straßenbahn aus<br />
dem Depot an der<br />
Stiftstraße alle Wagen<br />
ab – es diente ab 1928<br />
zur Reparatur von<br />
Omnibussen, die seit<br />
1926 das städtische<br />
Nahverkehrsangebot in<br />
Zwickau ergänzen.<br />
Zum 1. Januar 1929 erfolgte<br />
abermals ein Rechtsträgerwechsel.<br />
Die Straßenbahn war nun in die<br />
Energie- und Verkehrs-Aktiengesellschaft<br />
Westsachsen – kurz EVAWE –<br />
integriert, die Stadtverwaltung hielt allerdings<br />
die Hälfte der Aktien. In diesem Jahr fuhren<br />
Liniengrafik von 1894 bis zum Stand Anfang der<br />
1980er-Jahre. Gestrichelte Linien waren 1981<br />
bereits eingestellt<br />
GRAFIK: KLAUS REICHENBACH<br />
9,14 Millionen Fahrgäste mit der Zwickauer<br />
Straßenbahn. Die EVAWA setzte den zweigleisigen<br />
Ausbau des Netzes fort, verlängerte<br />
aber auch verschiedene Ausweichen. Im Zusammenhang<br />
mit dem Bau des neuen Hauptbahnhofes<br />
entstand eine Gleisschleife, die am<br />
17. Dezember 1936 in Betrieb ging. Ab 1. Dezember<br />
1938 verkehrten in Zwickau auch O-<br />
Busse.<br />
Während der Kriegsjahre fuhr die Zwickauer<br />
Straßenbahn auf Verschleiß. Die Linien<br />
1 und 2 stellte die EVAWE 1943 ein, um<br />
auf den Linien 3 und 4 einen dichteren Takt<br />
zu ermöglichen. Im 50. Betriebsjahr beförderte<br />
die Straßenbahn dennoch 17,5 Millionen<br />
Fahrgäste – so viele wie niemals<br />
zuvor. Nach der Bombardierung<br />
Zwickaus stellte die EVAWA Mitte<br />
April 1945 den Betrieb auf den<br />
verbliebenen beiden Linien ein.<br />
Die Nachkriegsjahre<br />
Bereits vor der bedingungslosen Kapitulation<br />
der Deutschen Wehrmacht nahm die<br />
Zwickauer Straßenbahn am 4. Mai 1945<br />
auf Befehl der damals amerikanischen<br />
Besatzungsmacht den Betrieb auf den Linie<br />
3 und 4 wieder auf. Doch es begann<br />
eine Zeit der Provisorien. Nur nach<br />
und nach konnte der Straßenbahnbetrieb<br />
mit dem vorhandenen Material<br />
wieder in Gang gebracht werden. Nach<br />
einem Zwischenschritt übernahm per 1.<br />
Januar 1951 der VEB (K) Verkehrsbetriebe<br />
der Stadt Zwickau die Betriebsführung der<br />
Ein Dreiwagen-Zug bedientam 12. Juni 1987 die Haltestelle Neumarkt/Bosestraße. Neben den zweiachsigen<br />
Gothawagen unterschiedlichen Typs gab es in Zwickau auch Rekowagen NORBERT KUSCHINSKI<br />
Technische Daten der 20<br />
Niederflurtiefboden beiwagen<br />
der Bauart Niesky<br />
Länge über Kupplung:..............10.900 mm<br />
Länge über Stirnbleche: ............10.000 mm<br />
Länge über Rammbohle: ...........10.200 mm<br />
größte Breite: .......................2.090 mm<br />
Höhe SO bis Oberkante Dach:........3.195 mm<br />
durchgehende Wagenfußbodenhöhe:...500 mm<br />
Breite Mitteleinstiegstür: ............1.530 mm<br />
Achsstand: .........................3.600 mm<br />
Platzangebot:<br />
.........30 Sitzplätze (quer) und 17 Stehplätze<br />
Lieferungen:<br />
1928 .....................Tw 101 bis 106 –<br />
Christoph & Unmack AG Niesky<br />
1928...........Tw 107 bis 113 – Zwickauer<br />
Fahrzeugfabrik, vorm. Schumann AG<br />
1929...........Tw 114 bis 120 – Zwickauer<br />
Fahrzeugfabrik, vorm. Schumann AG<br />
32 <strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 11 | 2014
Zwickau<br />
Blick vom Georgenplatz in den Peotenweg in den 1920er-Jahren. Die „Sachsenwerktriebwagen“<br />
haben niederflurige Beiwagen vom Typ Niesky im Schlepp SLG. SIGURD HILKENBACH<br />
Straßenbahn und des städtischen Bus- und<br />
Obusverkehrs.<br />
Die Straßenbahn war in dieser Zeit der<br />
Hauptverkehrsträger in der Bergbaustadt.<br />
Im Laufe der nachfolgenden Jahre erfolgten<br />
zahlreiche Rekonstruktionen und Erweiterungen.<br />
Hierzu zählte die Errichtung von<br />
Wendeschleifen an der Paulusstraße, am<br />
Heinrich-Braun-Krankenhaus sowie in Pölbitz<br />
einschließlich Verlängerung. Auch der<br />
Neubau von Gleichrichterunterwerken ist<br />
hier zu erwähnen.<br />
Ab 1951 trafen so genannten LOWA-Wagen<br />
in Zwickau ein (Typen ET50/W200 und<br />
W252a, ET54 sowie EB50/W200). Außerdem<br />
übernahmen die Verkehrsbetriebe gebrauchte<br />
Fahrzeuge aus Cottbus, von der BVG Ost sowie<br />
von der 1960 stillgelegten Straßenbahn<br />
Hohenstein-Ernstthal – Oelsnitz (Erzgeb). Ab<br />
1959 kamen neuartige zweiachsige Gotha-<br />
Trieb- und -Beiwagen zum Einsatz. In den<br />
Jahren danach folgten Gotha-Gebrauchtfahrzeuge<br />
einschließlich Nachfolgetypen, die<br />
schwerpunktmäßig von den Verkehrsbetrieben<br />
Halle sowie Plauen kamen. Außerdem gelangten<br />
mehrere so genannten Rekowagen<br />
(Typen TE70/1 und BE70/1) nach Zwickau.<br />
Die 1970er-Jahre:<br />
ein schwieriges Jahrzehnt<br />
In den Jahren 1966/67 stellten die Verkehrsbetriebe<br />
den Schaffnerbetrieb ein, danach<br />
gab es in den Wagen Zahlboxen und<br />
später Druckentwerter (Starenkästen). In<br />
den 1980er-Jahren ersetzten sie mechanische<br />
Lochentwerter (heute sind die Wagen<br />
mit elektronischen Druckentwertern der<br />
zweiten Generation ausgestattet).<br />
Linienverlauf ab August 1926<br />
Linie 1 (ex weiße Linie) Zwickau Hbf – Hauptmarkt – Schedewitz (Stadtgrenze) 3,56 km<br />
Linie 2 (ex rote Linie) Pölbitz (Neue Welt) – Poetenweg – Marienthal (Paulusstraße) 5,13 km<br />
Linie 3 (ex grüne Linie) Zwickau Hbf – Hauptmarkt – Schedewitz – Wilkau 7,24 km<br />
Linie 4 (ex blaue Linie) Pölbitz (Neue Welt) – Poetenweg – Neues Krankenstift 7,00 km<br />
In den 1970er-Jahren erlebte der Straßenbahnbetrieb<br />
einen Niedergang. Es blieb<br />
nur die Linie 4 (Pölbitz – Krankenhaus) in<br />
Betrieb, die Linie 3 (Zwickau Hbf – Hauptmarkt<br />
– Wilkau-Haßlau) wurde 1975 in<br />
zwei Etappen eingestellt. Der Zustand der<br />
Gleisanlage ließ einen sicheren Betrieb nicht<br />
mehr zu, eine Omnibuslinie übernahm die<br />
Anlässlich des Jubiläums „120 Jahre Zwickauer Straßenbahn“ war am 14. Juni 2014 auch die<br />
aus dem Tw 7 II und Bw 17 II gebildete historische Straßenbahngarnitur im Einsatz UWE MÖCKEL<br />
<strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 11 | 2014<br />
33
Betriebe<br />
Bis zur Haltestelle Zentrum fahren seit 1999 nicht nur meterspurigen Straßenbahnwagen, sondern auch RegioSprinter der regelspurigen Vogtlandbahn.<br />
Vor der hier am 30. November 2008 fotografierten Haltestelle liegt dazu ein Dreischienengleis<br />
JENS PERBANDT<br />
Der von der Firma IFTEC gebaute Schneepflug 201 und der als Schienenschleifwagen 200 genutzte<br />
KT4D dienen der SVZ als Sonderfahrzeuge, hier am 14. Juni 2014 im Depot UWE MÖCKEL<br />
Aufgaben der Straßenbahn. Fast wäre auch<br />
der restliche Zwickauer Straßenbahnbetrieb<br />
eingestellt worden. Die Beschaffung von<br />
Kraftomnibussen war in dieser Zeit einfacher<br />
als einen Straßenbahnbetrieb zu betreiben.<br />
Mangels Ersatzteilen endete zudem<br />
offiziell am 31. August 1977 der Obusbetrieb<br />
in Zwickau. Danach bedienten Kraftomnibusse<br />
die Linie in den Stadtteil Weißenborn.<br />
Anfang der 1980er-Jahre begann<br />
auch in Zwickau ein Umdenken zu Gunsten<br />
der Straßenbahn als optimales schienengebundenes<br />
Personennahverkehrsmittel für<br />
Städte in Zwickaus Größe. Der Verkehrsbetrieb<br />
wurde am 1. Februar 1982 dem VE<br />
Verkehrskombinat Karl-Marx-Stadt zugeordnet<br />
und nun als VEB Städtischer Nahverkehr<br />
Zwickau bezeichnet. Die Folge war<br />
auch die Einführung eines neuen Betriebsnummernsystems<br />
für alle Fahrzeuge.<br />
Am Rande Zwickaus entstand das große<br />
Wohngebiet Eckersbacher Höhe, welches<br />
durch eine 3,5 Kilometer lange Straßenbahnstrecke<br />
erschlossen werden sollte – was<br />
aber letztendlich bis 1992 dauern sollte.<br />
Vorher reaktivierte der VEB Städtischer<br />
Nahverkehr am 2. Januar 1989 den Abschnitt<br />
zum Zwickauer Hauptbahnhof als<br />
neue Linie 1 Pölbitz – Hbf (diese bestand bis<br />
zur Inbetriebnahme der Eckersbacher Linie<br />
im September 1992).<br />
Am 29. Juni 1987 traf von der Plauener<br />
Straßenbahn ein erster Kurzgelenkwagen<br />
des Tatra-Typs KT4D für Probefahrten in<br />
Zwickau ein. Das Fahrzeug bewährte sich,<br />
woraufhin ČKD zwischen dem Jahreswechsel<br />
1987/88 und Mai 1988 insgesamt 27<br />
solche Wagen lieferte. Diese Anzahl lag<br />
deutlich über dem Zwickauer Bedarf, woraufhin<br />
das Kombinat 1989 zehn Stück<br />
nach Plauen verfügte. Doch 1990 trafen<br />
dann nochmals fünf Kurzgelenkwagen fabrikneu<br />
in Zwickau ein.<br />
Die 1990er-Jahre<br />
Die politische Wende brachte auch einen<br />
abermaligen Rechtsträgerwechsel mit sich.<br />
Im April 1990 löste sich der VEB Städtischer<br />
Nahverkehr Zwickau aus dem Verkehrskombinat<br />
Karl-Marx-Stadt. Seit Juli<br />
1991 wird er als Städtische Verkehrsbetriebe<br />
Zwickau GmbH (SVZ) geführt.<br />
Diese nahmen am 19. September 1992 die<br />
neue Linie 1 vom Neumarkt zum Stadtteil<br />
Eckersbach in Betrieb. 1993/94 trafen zwölf<br />
34 <strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 11 | 2014
Zwickau<br />
von MAN gebaute Niederflurwagen vom<br />
Typ GT6NF-M in Zwickau ein und verdrängten<br />
nach anfänglichen Problemen<br />
rasch die noch vorhandenen Zweiachser.<br />
Der letzte traditionelle Gotha-Straßenbahnzug<br />
verkehrte in Rahmen einer Abschiedsfahrt<br />
am 28. Oktober 1995. Mehr<br />
als 35 Jahre hatten solche Fahrzeuge das<br />
Bild der Zwickauer Straßenbahn geprägt.<br />
Alle 23 vorhandenen KT4D unterzogen die<br />
SVZ zwischen 1992 und 1996 hingegen einer<br />
Modernisierung, ab 2001 erhielten sie<br />
Choppersteuerungen (BA Alsthom TV Progress).<br />
Von diesen Kurzgelenktriebwagen<br />
ist bisher ein Exemplar verschrottet worden<br />
(Tw 327, ex Plauen, in diesem Jahr) – der<br />
Tw 935 steht aktuell zur vollständigen Zerlegung<br />
bereit.<br />
Zwischenzeitlich ließen die SVZ ab 1991<br />
das Betriebsgelände an der Schlachthofstraße<br />
in einen reinen Straßenbahnbetriebshof<br />
umgestalten. Die eigentliche Rekonstruktion<br />
des Hofes war im Juni 1998 abgeschlossen.<br />
Seitdem ist das Unternehmen auch für<br />
den Einsatz und die Instandsetzung der neuen<br />
Stadtbahnwagengeneration ausgestattet.<br />
Nach etwa neun Jahren Bauzeit erfolgte im<br />
Juli 1995 zudem die Fertigstellung und Inbetriebnahme<br />
eines großzügigen Kraftomnibusbetriebshofes<br />
in der Zwickauer Bürgerschachtstraße.<br />
Gemäß des „Zwickauer Modells“ nutzen<br />
seit 28. Mai 1999 die meterspurige Straßenbahn<br />
und die regelspurige Vogtlandbahn<br />
zwischen den Haltestellen Zentrum<br />
und Zwickau Stadthalle im Stadtteil Schedewitz<br />
ein 1,5 Kilometer langes Dreischienengleis.<br />
Seitdem kommen RegioSprinter<br />
bis an den Rand des Zwickauer Zentrums.<br />
Wenige Monate danach eröffneten die SVZ<br />
am 1. Oktober 1999 für die Linie 3 (Eckersbach<br />
– Stadthalle) ab der Haltestelle Neumarkt<br />
einen Neubauabschnitt durch die Innenstadt.<br />
Die Entwicklung<br />
im neuen Jahrtausend<br />
Seine heutige Ausdehnung erreichte das<br />
Zwickauer Straßenbahnnetz mit der Inbetriebnahme<br />
des Abschnittes Stadthalle –<br />
Neuplanitz der Linie 3 am 11. Dezember<br />
Verwendete Quellen<br />
• Münch/Langele: „75 Jahre Zwickauer<br />
Straßenbahn“, VEB Verkehrsbetriebe der<br />
Stadt Zwickau, Zwickau 1969<br />
• Straßenbahnarchiv, Band 3, Verlag Transpress,<br />
Berlin 1984<br />
• Festschrift „100 Jahre Straßenbahnbetrieb<br />
in Zwickau“, Städtische Verkehrsbetriebe<br />
Zwickau GmbH, Zwickau 1994<br />
• private Sammlung Peter Kalbe<br />
Das Liniennetz 2014<br />
Linie 3 Eckersbach – Neumarkt – Hauptmarkt – Stadthalle – Neuplanitz 10,6 km<br />
Linie 4 Pölbitz – Neumarkt – Georgenplatz – Marienthal – Städtisches Klinikum 8,2 km<br />
Linie 5 Städtisches Klinikum – Marienthal – Georgenplatz – Zwickau Hbf o.A.<br />
Linie 7 Pölbitz – Neumarkt – Georgenplatz – Zwickau Hauptbahnhof 4,8 km<br />
Aktueller Liniennetzplan der SVZ GRAFIK: ROBERT SCHWANDL (AUS SCHWANDL’S TRAM ATLAS DEUTSCHLAND 2012)<br />
2005. Andere Projekte aus der Nachwendezeit<br />
sind bisher nicht zur Ausführung gekommen.<br />
Dazu zählen eine immer wieder<br />
diskutierte Strecke nach Oberplanitz sowie<br />
eine Linie zum VW-Werk nach Mosel.<br />
Per 13. Dezember 2009 trat eine Liniennetzänderung<br />
in Kraft. Diese umfasste die<br />
Einstellung der bisherigen Linie 1 von<br />
Eckersbach zum Hauptbahnhof und die<br />
Einführung der Linie 5 zwischen Hauptbahnhof<br />
und Städtischem Klinikum sowie<br />
der Linie 7 zwischen Pölbitz und Hauptbahnhof.<br />
Aktuell umfasst das Zwickauer Liniennetz<br />
61 Haltestellen; die Linien 3 und 4 verkehren<br />
täglich und die Linien 5 und 7 montags<br />
bis freitags von 6 bis 18 Uhr.<br />
Für den Betrieb stehen die zwölf Niederflurwagen<br />
901 bis 912 vom Typ GT6NF-M<br />
sowie 21 modernisierte Kurzgelenkwagen<br />
vom Typ KT4D (Tw 928 bis 934 und 936 bis<br />
949) zur Verfügung. Bei Tw 935 hat die Zerlegung<br />
begonnen. Mit den übrigen 21 Straßenbahnwagen<br />
und 26 Bussen befördern die<br />
SVZ täglich etwa 32.000 Fahrgäste.<br />
Als Sonderfahrzeuge sind der aus einem<br />
Plauener KT4D entstandene Schienenschleifwagen<br />
200 und ein von der Firma IF-<br />
TEC gebauter Schneepflug vorhanden. Der<br />
historische Wagenpark setzt sich aus dem<br />
bis 1968 in Plauen eingesetzten Tw 7 II und<br />
aus dem ursprünglich an die Eßlinger Städtische<br />
Straßenbahn gelieferten Bw 17 II (beide<br />
Baujahr 1912) sowie aus dem Tw 92 und<br />
dem Bw 133 (beide Gotha 1960, Typen<br />
„T59“ bzw. „B59“) zusammen. Ihr 120.<br />
Jubiläum feierten die SVZ am 14. Juni<br />
2014 gemeinsam mit dem Verein „Freunde<br />
des Nahverkehrs Zwickau e.V.“ mit einem<br />
Tag der offenen Tür im Straßenbahnbetriebshof<br />
an der Schlachthofstraße.<br />
PETER KALBE/ANDRÉ MARKS<br />
<strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 11 | 2014<br />
35
Betriebe<br />
Zurück in die Zukunft<br />
Besançon wieder mit Straßenbahn Nach 62 Jahren schienenfreier Zeit rollen seit dem 30. August<br />
im Osten Frankreichs wieder Straßenbahnen durch die Innenstadt von Besançon, dem Verwaltungssitz<br />
des Départements Doubs. Aber welche Besonderheiten weist das neue Netz auf?<br />
Besançon ist der Hauptort der Region<br />
Franche-Comté und hat gut<br />
115.000 Einwohner, im Ballungsraum<br />
leben etwa 245.000 Menschen.<br />
Die malerische Altstadt liegt in einer<br />
Schlaufe des Doubs, der teilweise im tiefen<br />
Einschnitt fließt. Die Stadt wird als grünste<br />
des Landes bezeichnet, die Lebensqualität<br />
ist besonders hoch. Die gewaltigen Befes -<br />
tigungen, die auf den französischen Festungsbaumeister<br />
Vauban zurückgehen, sind<br />
seit 2008 als UNESCO-Weltkulturerbe anerkannt.<br />
Durch die Straßen von Besançon<br />
verkehrte bereits ab dem 21. März 1897<br />
eine Tram. Doch dem Trend der damaligen<br />
Zeit folgend, endete ihr Betrieb am 24. Dezember<br />
1952.<br />
Die Ausgangssituation<br />
für den Neubau<br />
In den vergangenen Jahrzehnten bestand<br />
der ÖPNV von Besançon neben einer<br />
Standseilbahn ausschließlich aus einem<br />
Bussystem, das in seiner Leistungsfähigkeit<br />
ausgereizt war. Deshalb suchte die Stadtverwaltung<br />
nach einer Möglichkeit, einen<br />
deutlich besseren Service anzubieten und<br />
den Autoverkehr zu reduzieren, um die Lebensqualität<br />
in Besançon weiter zu steigern.<br />
Ein Konzept von 2005 sah den Bau<br />
von zwei Obuslinien mit separaten Trassen<br />
vor. Dadurch sollten die Reisegeschwindigkeit<br />
erhöht und der Komfort verbessert<br />
werden. Man rechnete mit 25.000 bis<br />
30.000 Fahrgästen täglich. Bekannt war<br />
aber, dass ein entsprechendes Tramsystem<br />
40.000 bis 50.000 Fahrgäste pro Tag anziehen<br />
würden.<br />
Nach einer längeren Erörterungsphase<br />
entschieden sich die Stadtväter für eine Straßenbahn<br />
mit zwei Linien. Das Projekt wurde<br />
im Juni 2008 mit einem Investitionsvolumen<br />
von 228 Millionen Euro (plus/minus<br />
fünf Prozent) geplant. Während der 2011<br />
gestarteten Bauphase kamen letztendlich jeweils<br />
drei Prozent hinzu, so dass bis 2015<br />
mit einer Summe von 256 Millionen Euro<br />
gerechnet wird.<br />
Ursprünglich sollte die für derartige Vorhaben<br />
in Frankreich notwendige „Déclaration<br />
d’utilité publique“ (Gemeinnützigkeitserklärung)<br />
im Frühjahr 2010 unterzeichnet<br />
werden, um die Tram im Frühjahr 2014 eröffnen<br />
zu können. Da das Kulturministerium<br />
allerdings wegen der Oberleitung in der<br />
Altstadt ästhetische Bedenken äußerte, wurden<br />
die Planungen unterbrochen. Die Alternative<br />
wäre ein APS-Unterleitungssystem<br />
gewesen, was aber zu teuer erschien. So gab<br />
es Modifizierungen im Trassenverlauf, die<br />
Tram sollte nun nicht mehr unmittelbar<br />
durch das Zentrum der Altstadt, sondern lediglich<br />
am Rand entlang geführt werden.<br />
Schließlich legte man Ende 2009 den neuen<br />
Streckenverlauf fest. Die Planungen<br />
konnten im Januar 2011 abgeschlossen<br />
werden und am 15. Juni 2011 unterschrieb<br />
der Präfekt des Département Doubs die<br />
„Déclaration“.<br />
36 <strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 11 | 2014
Frankreich: Besançon<br />
LINKS Im Zentrum<br />
passiert die Tram<br />
enge Straßen mit<br />
alten Bürgerhäusern<br />
und prächtigen<br />
Jugendstilfassaden,<br />
am Rand ist sie in<br />
Neubauvierteln mit<br />
viel Grün wie hier<br />
an der Haltestelle<br />
CHRU Minjoz<br />
unterwegs<br />
RECHTS Die Altstadt<br />
von Besançon liegt<br />
in der Schleife des<br />
Doubs und wird<br />
nicht von der Tram<br />
direkt durchquert,<br />
sondern nur am<br />
Rand durch die Haltestellen<br />
Chamars,<br />
Révolution und République<br />
bedient<br />
GRAFIK: ROBERT SCHWANDL<br />
Schon zuvor hatte im März 2011 der Bau<br />
des Tramsystems begonnen. Bis zum Herbst<br />
2013 waren alle Gleisanlagen verlegt und<br />
gleichzeitig der Umbau der von den Trams<br />
zu durchfahrenden Straßenzüge abgeschlossen.<br />
Dort hatte die Stadtverwaltung<br />
viel Grün pflanzen und den Individualverkehr<br />
viele Verkehrsflächen an die Straßenbahn<br />
abtreten lassen.<br />
Die Eröffnung der Straßenbahn<br />
Am 30. August 2014 eröffnete der Bürgermeister<br />
mit einem Festakt auf der Place de la<br />
Révolution um 10.45 Uhr die Tram. Das gesamte<br />
Wochenende lang durften alle Interessierten<br />
jede Bus- und Tramlinie kostenlos<br />
benutzen, an vielen Haltestellen gab es Animationen<br />
und den Abend des 30. August beschloss<br />
ein großes Feuerwerk über dem<br />
Doubs. Die 13,6 Kilometer lange Linie T1<br />
von Hauts du Chazal nach Chalezeule verläuft<br />
in West-Nordost-Richtung und bedient<br />
29 Haltestellen. Zwischen den benachbarten<br />
Haltestellen Croix de Palente<br />
und Lilas gibt es einen eingleisigen Abschnitt.<br />
Verstärkt wird die T1 im westlichen<br />
Abschnitt durch die Linie T2, die an der<br />
Haltestelle Parc Micaud die Strecke der T1<br />
verlässt und zum Gare (Bahnhof) Viotte abzweigt,<br />
wobei sie auf der 900 Meter langen<br />
Strecke zwei Haltestellen bedient.<br />
Der Betrieb<br />
Beide Linien werden im Berufsverkehr im<br />
10-Minuten-Takt, sonst im 12-Minuten-<br />
Takt, betrieben. Die spanische Firma CAF<br />
lieferte für 34,4 Millionen Euro 19 niederflurige<br />
Urbos 3, die 23 Meter lang und 2,4<br />
Am Ende der Eröffnungsrede des Bürgermeisters auf der Place de la Révolution fliegt unter t osendem<br />
Beifall der Bevölkerung Konfetti durch die Luft BEIDE FOTOS VOM 30. AUGUST 2014: BERNHARD KUSSMAGK<br />
Meter breit sind. 132 Fahrgäste können<br />
mitfahren, für 38 von ihnen gibt es Sitzplätze.<br />
Die recht kurzen Fahrzeuge können<br />
im Bedarfsfall auf fünf Segmente verlängert<br />
werden. Die Haltestellen sind bereits in entsprechender<br />
Länge errichtet worden.<br />
Bei einer Höchstgeschwindigkeit von 70<br />
km/h erreichen die Urbos 3 eine Reisegeschwindigkeit<br />
von 20 km/h. Es gibt fünf<br />
P+R-Plätze mit insgesamt 630 Stellplätzen,<br />
eine Erweiterung auf 1.030 ist vorgesehen –<br />
außerdem ist eine südwestliche Streckenverlängerung<br />
geplant. Mittelfristig soll eine dritte<br />
Linie ab 2025 Chalezeule mit dem Technologiepark<br />
westlich des Hauptbahnhofs<br />
Viotte verbinden. BERNHARD KUSSMAGK<br />
Daten & Fakten:<br />
Straßenbahn Besançon<br />
Eröffnung: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30.08.2014<br />
Betreiber: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Transdev<br />
Name des Verkehrsbetriebes: . . . . . . . . . . Ginko<br />
Spurweite: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.435 mm<br />
Länge: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14,5 km<br />
Anzahl Linien:. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2<br />
Anzahl Haltestellen: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31<br />
Depots: . . . . . . . . . . . . . . . 1 in Hauts du Chazal<br />
Anzahl Fahrzeuge: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19<br />
Typ: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Urbos 3<br />
Hersteller: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . CAF<br />
<strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 11 | 2014<br />
37
Betriebe<br />
Von 1885 bis 1960 wies sie eine<br />
Spurweite von 760 Millimeter auf – die<br />
Straßenbahn in Sarajevo. Der hier in den<br />
1950er-Jahren fotografierte Tw 65 I war<br />
1930 in eigener Werkstatt aus dem<br />
1909 vermutlich in Graz gebauten Bw 2<br />
entstanden. Der Triebwagen blieb bis<br />
1960 im Einsatz, zuletzt als Nr. 69<br />
SLG. JAN ČIHÁK<br />
38 <strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 11 | 2014
Sarajevo<br />
Einzigartige<br />
Betriebs geschichte<br />
Die Straßenbahn in Sarajevo (Teil 1) Ihre Anfänge lagen in einer 1885 eröffneten Pferdebahn –<br />
als vierte Stadt in der k. k. Monarchie erhielt Sarajevo zehn Jahre danach eine elektrische Straßenbahn,<br />
ebenfalls mit 760 Millimeter Spurweite. Aber wieso kamen später PCC-Wagen dorthin?<br />
Sarajevo, die Hauptstadt Bosniens und<br />
Herzegowina mit fast 370.000 Einwohnern,<br />
die im Jahr 1461 an Stelle<br />
einer uralten Siedlung von den Türken<br />
gegründet wurde, gehört zu den interessantesten<br />
Städten Europas. Ihre turbulente<br />
und bewegte Geschichte, eine atemberaubende<br />
Gebirgslandschaft, in der diese Stadt<br />
liegt, sowie die kulturelle und architektonische<br />
Vielfältigkeit finden kaum Vergleich.<br />
Am 5. Oktober 1882 erreichte der erste<br />
Dampfzug die Stadt Sarajevo, wobei die<br />
meisten Eisenbahnlinien in Bosnien in der<br />
„bosnischen Spurweite“ von 760 Millimetern<br />
entstanden. Die Ursache dafür war wirtschaftlicher<br />
sowie geographischer Natur,<br />
denn für dieses relativ dünn besiedelte Land<br />
mit vielen Gebirgszügen und tiefen Tälern<br />
stellten schmalspurige Eisenbahnstrecken die<br />
kostengünstigste Lösung dar. Der Bahnhof<br />
Sarajevo der k. k. Bosnabahn befand sich im<br />
heutigen Stadtteil Dolac Malta, nördlich der<br />
Straßenbahnhaltestelle „Socijalno“.<br />
Der Bau der Pferdestraßenbahn<br />
Zwei Jahre später beschloss die Stadtverwaltung,<br />
eine „Pferdebahn“ zu errichten,<br />
die sowohl dem Güterverkehr als auch dem<br />
Personenverkehr zwischen dem Bahnhof<br />
und der Innenstadt dienen sollte. Die gesamte<br />
Gleislänge inklusive zahlreicher Rangiergleisen,<br />
Gütergleisen und Ausweichen<br />
erreichte 3,435 Kilometer, die Spurweite betrug<br />
760 Millimeter. Die ab Oktober 1884<br />
gebaute Strecke verlief vom Bahnhof der k.<br />
k. Bosnabahn, wo ein einfacher Umstieg<br />
von den Dampfzügen möglich war, zum<br />
Marienhof (heute Marijin) und weiter am<br />
Militärkrankenhaus vorbei durch die Ćemaluša-Straße<br />
(heute Maršala Tita-Straße)<br />
bis in die Ferhadija-Straße und zum Stadtbahnhof<br />
am heutigen Platz „Trg Oslobodenja<br />
– Alija Izetbegović“. Für den Verkehr<br />
beschaffte die Stadtverwaltung von der<br />
Waggonfabrik Weitzer in Graz vier zweiachsige<br />
Personenwagen mit je 14 Sitzplätzen<br />
und zwei Wagenklassen. Die auch für<br />
den Betrieb der Pferdestraßenbahn zuständige<br />
Direktion der k. k. Bosnabahn ließ die<br />
Strecke so errichten, dass sie auch für den<br />
Einsatz mit schweren Dampflokomotiven<br />
bis ins Stadtzentrum geeignet war.<br />
Die feierliche Eröffnung der Pferdestraßenbahn<br />
fand am 1. Januar 1885 statt. Bereits<br />
kurze Zeit später nutzten sie täglich<br />
ungefähr 300 Fahrgäste. Die Wagen waren<br />
von 5 bis etwa 23 Uhr anfangs im Stundentakt,<br />
ab 1892 noch häufiger unterwegs.<br />
Aufgrund der grünen Lackierung der Zweiachser<br />
erhielt die Bahn bald den Spitznamen<br />
„grüner Drache“. Den ebenso mit Pferden<br />
geführten Güterverkehr nahm die Bosnabahn<br />
am 1. Februar 1885 auf. Anlässlich<br />
der Betriebseröffnung entstand sogar eine<br />
Musikkomposition – die schnelle Polka<br />
„Sarajevski tramvaj“ (Sarajevoer Straßenbahn)<br />
erfreute sich angeblich einer großen<br />
Beliebtheit.<br />
Die elektrische Straßenbahn<br />
In der ersten Hälfte der 1890er-Jahre beschlossen<br />
die k. und k. Behörden die Elektrifizierung<br />
der Straßenbahn in Sarajevo.<br />
Als vierte Stadt in der Donaumonarchie<br />
nahm sie am 1. Mai 1895 den elektrischen<br />
Betrieb auf, betrieben unverändert von den<br />
k. k. Bosnabahnen. Die Betriebsspannung<br />
betrug 300 V Gleichstrom und die Oberleitung<br />
speiste ein zuvor fertiggestelltes Kohlenkraftwerk<br />
in der Hiseta-Straße, das außerdem<br />
auch den Strom für die öffentliche<br />
Beleuchtung und später auch für Haushalte<br />
und Privatfirmen lieferte. Die fünf von<br />
der Firma Weitzer in Graz gebauten und mit<br />
elektrischen Ausrüstungen von Siemens &<br />
Halske versehenen Triebwagen befuhren<br />
zunächst eine neu errichtete Strecke vom<br />
Vor dem Bahnhof der k. k. Bosnabahn wartet die Pferdebahn. Wie die elektrische Straßenbahn<br />
war sie von der Bosnabahndirektion betrieben worden<br />
SLG. ALFRED MOSER<br />
<strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 11 | 2014<br />
39
Betriebe<br />
Der 1895 von der Grazer Wagen- und Waggonfabrik<br />
Weitzer (mechanischer Teil) und<br />
Siemens & Halske Wien (elektrischer Teil)<br />
gebaute Tw 14 auf der Kai-Linie<br />
SIEMENS CORPORATE ARCHIVES, SLG. WOLFGANG-D. RICHTER (2)<br />
Marienhof am Kai des Flusses Miljacka entlang<br />
bis zur Lateiner Brücke. Sie verkehrten<br />
täglich von 6 bis 22:20 Uhr im 20-Minuten-<br />
Takt. Außer dem Kraftwerk war 1895 auch<br />
ein neuer Betriebshof entstanden, er befand<br />
sich auf dem Eisenbahngelände in unmittelbarer<br />
Nähe des Bahnhofes der k. k. Bosnabahn<br />
am westlichen Stadtrand.<br />
Am 1. Juni des gleichen Jahres war auch die<br />
Elektrifizierung der restlichen Strecke vom<br />
Bahnhof der Eisenbahn zum Stadtbahnhof<br />
abgeschlossen, womit der Pferdebahnbetrieb<br />
endete. Die erste elektrische Güterlokomotive<br />
nahm die Staatsbahnverwaltung am 1. September<br />
1895 in Betrieb, sie war von Siemens<br />
& Halske, Wien geliefert worden. Dabei handelte<br />
es sich zugleich um die erste schmalspurige<br />
elektrische Lokomotive im Stadtverkehr<br />
in Österreich-Ungarn. Später kamen noch<br />
zwei weitere Lokomotiven hinzu.<br />
Vermutlich bereits im ersten Betriebsjahr<br />
ersetzten auf den Straßenbahnwagen neue<br />
Bügelstromabnehmer die ursprünglich vorhandenen<br />
Stangenstromabnehmer.<br />
Im Jahre 1896 reisten durchschnittlich<br />
2.440 Fahrgäste mit der Straßenbahn, die<br />
im Mittelmaß außerdem 19 Güterwagen<br />
pro Tag beförderte – mit steigender Tendenz.<br />
Am 1. Dezember 1897 nahmen die<br />
Behörden die von der Lateiner Brücke zum<br />
damaligen Rathaus (Vijećnica) verlängerte<br />
Kailinie in Betrieb, am 1. April 1898 kam<br />
die neue Strecke von der Landesbank zur<br />
Nordseite der katholischen Kathedrale hinzu.<br />
Im Jahre 1899 verdichtete die Straßenbahn<br />
den Takt auf 15 Minuten, ihren Betrieb<br />
stellten 37 Angestellte sicher, wovon<br />
zwölf als Triebwagenführer und zwölf als<br />
Schaffner arbeiteten.<br />
1956 betriebene Straßenbahnlinien<br />
(760 mm Spurweite)<br />
Linie 1:<br />
Linie 2:<br />
Linie 3:<br />
Baščaršija – Neuer Bahnhof<br />
Baščaršija – Alter Bahnhof<br />
Vije ’cnica – Dolac Malta<br />
Im Jahre 1909 verfügte der Straßenbahnbetrieb<br />
über 16 Triebwagen, acht Beiwagen<br />
und drei elektrische Güterlokomotiven. Sie<br />
fuhren auf eingleisigen Strecken mit Ausweichen<br />
im 15-Minuten-Takt, von den Personalen<br />
an den Ausweichen übergebene farbige<br />
Signalstäbe verhinderten Zusammenstöße.<br />
Der Erste Weltkrieg suchte Bosnien und<br />
Herzegowina schwer heim. Aufgrund der<br />
Vernachlässigungen von Fahrzeugen und<br />
Gleisanlagen waren ab 1917 Betriebseinschränkungen<br />
unumgänglich, was zu beträchtlichen<br />
Verkehrsproblemen führte.<br />
Nach dem Ende der Donaumonarchie<br />
Nach dem Ende der Donaumonarchie erklärte<br />
sich der neu gegründete Staat der<br />
Slowenen, Kroaten und Serben zum<br />
Rechts- und Eigentumsnachfolger der k. k.<br />
Bosnabahnen. In der Praxis dürften die Beschäftigten<br />
der Straßenbahn auf Kosten<br />
der Stadtverwaltung gearbeitet haben. Ab<br />
1922 befand sich die Straßenbahn im Eigentum<br />
der Städtischen Sparkasse von Sa-<br />
40 <strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 11 | 2014
Sarajevo<br />
Sowohl den Triebwagen 15 als auch die Ellok 1 für<br />
den Güterverkehr auf der Straßenbahn Sarajevo stellten die<br />
k. k. Bosnabahnen 1895 in Dienst. Bei der Ellok handelte es sich um<br />
die erste schmalspurige elektrische Lokomotive im Stadtverkehr in der Donaumonarchie<br />
rajevo. Unter deren Leitung wurde sie in<br />
den 1920er- und 1930er-Jahren erneuert<br />
und erweitert, außerdem wuchs der Wagenpark<br />
und es gab einen 12-Minuten-,<br />
bzw. in den späteren Jahren sogar einen<br />
6-Minuten-Takt.<br />
Im Jahr 1923 ging zunächst die neue<br />
Strecke Rathaus (Vijećnica) – Altmarkt<br />
(Baščaršija) – Katholische Katedrale in Betrieb,<br />
wobei der Abschnitt Vijećnica –<br />
Baščaršija nur für Betriebsfahrten diente.<br />
Die globale wirtschaftliche Krise Ende der<br />
1920er-Jahre hatte auch auf den Straßenbahnbetrieb<br />
von Sarajevo harte Auswirkungen,<br />
denn angeblich sanken die Fahrgastzahlen<br />
zeitweise so stark, dass an<br />
manchen Tagen nur ein oder gar kein Fahrgast<br />
befördert wurde. 1926 nahm die Straßenbahn<br />
die knapp einen Kilometer lange<br />
Neubaustrecke vom Stadtteil Dolac Malta<br />
nach Čengić Vila in Betrieb. Schon zehn Jahre<br />
später legte sie diesen eingleisigen Abschnitt<br />
jedoch still. Dafür entstand 1936 ein<br />
neuer Betriebshof im Stadtzentrum (heute<br />
Kotromaníća-Straße gegenüber dem Parlamentsgebäude).<br />
Kurz vor dem Zweiten Weltkrieg standen<br />
für den Personenverkehr 14 Trieb- und<br />
zwölf Beiwagen zur Verfügung. Auf der<br />
Kailinie bestand ein 12-Minuten-Takt, auf<br />
der Linie Baščaršija – Bahnhof fuhr die<br />
Tram alle sechs Minuten.<br />
Im Zweiten Weltkrieg wurde der Straßenbahnverkehr<br />
erneut stark vernachlässigt<br />
und verschlissen. Nach 1945 endete der Güterverkehr.<br />
Während der sozialistischen Zeit<br />
Nach dem Krieg wurden Bosnien und Herzegowina<br />
Teil des sozialistischen Jugoslawiens<br />
unter der Führung der kommunistischen<br />
Partei und des Partisanenanführers<br />
Josip Broz Tito. Bald darauf begann eine in<br />
der Region nie dagewesene Entwicklung<br />
und Industrialisierung, die mit einem<br />
sprunghaften Bevölkerungszuwachs verbunden<br />
war. Hatte Sarajevo vor dem Zweiten<br />
Weltkrieg etwa 60.000 Einwohner, so<br />
erhöhte sich die Einwohnerzahl in den<br />
1950er-Jahren bereits auf 200.000.<br />
Im Jahre 1953 übernahm die Straßenbahn<br />
den Wagenpark der stillgelegten 760-mm-<br />
Kleinbahn Piran – Portorož (heute Slowenien).<br />
Über die 1956 betriebenen Linien informiert<br />
der Kasten auf dieser Doppelseite. Für deren<br />
Betrieb standen 22 Trieb- und 22 Beiwagen<br />
zur Verfügung, sie fuhren alle fünf bis acht Minuten<br />
teilweise als Dreiwagenzügen.<br />
Doch die schmalspurige Straßenbahn mit<br />
ihren kleinen, teilweise über 50 Jahre alten<br />
und langsamen Fahrzeugen hielt mit den<br />
Bedürfnissen des Massenverkehrs nicht<br />
Schritt. Daher plante die Stadtverwaltung<br />
anfangs eine Art normalspurige S-Bahn, die<br />
den Vorort Ilidža mit dem Stadtteil Dolac<br />
Malta verbinden sollte, wo ein Anschluss an<br />
die bestehende schmalspurige Straßenbahn<br />
vorgesehen war.<br />
Auf der S-Bahn sollten die Neubaufahrzeuge<br />
aus jugoslawischer Produktion zum<br />
Einsatz kommen. Doch völlig unerwartet<br />
bestand dann die Möglichkeit, eine große<br />
<strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 11 | 2014<br />
41
Betriebe<br />
Die Haltestelle Baščaršija mit der Moschee im Hintergrund gehört zu den beliebtesten Fotomotiven in Sarajevo. Hier entstand am 13. Juli 1976<br />
diese Aufnahme des 1967 gebauten Tw 121 vom Typ T3YU R. STEVENS, SLG. RICHARD GERBIG (3)<br />
Netz der 760-millimetrigen Straßenbahn von<br />
Sarajevo in seiner größten Ausdehnung nach<br />
Einweihung des neuen Bahnhofs 1947 – 1960<br />
GRAFIK: HARALD SÜSS<br />
Anzahl gebrauchter PCC-Wagen aus Washington<br />
D. C. zu einem eher symbolischen<br />
Preis zu erwerben. Diese Gelegenheit ließ<br />
sich die Stadtverwaltung von Sarajevo nicht<br />
entgehen.<br />
Die Umspurung und<br />
Wiederinbetriebnahme<br />
Sie beschloss, den gesamten Straßenbahnverkehr<br />
der Stadt auf Normalspur umzustellen<br />
und bis nach Ilidža zu verlängern.<br />
Dazu begannen 1958 die Vorbereitungen<br />
und Bauarbeiten – die Betriebsspannung<br />
sollte 600 Volt betragen und den Strom das<br />
Wasserkraftwerk in Jablanica liefern. Aus<br />
den USA trafen in mehreren Lieferungen<br />
letztendlich knapp 80 Wagen ein, wovon<br />
die Straßenbahn Sarajevo allerdings nur 71<br />
Wagen als Tw 1 bis 71 in Betrieb nahm, die<br />
übrigen Fahrzeuge dienten als Ersatzteilspender.<br />
Am 9. Oktober 1960 fand der feierliche<br />
Abschied mit der schmalspurigen<br />
Straßenbahn statt, an dem über 50.000 Bewohner<br />
Sarajevos teilgenommen haben sollen.<br />
Wenige Stunden nach der Betriebseinstellung<br />
begannen mit hohem Zeitdruck die Arbeiten<br />
zur Umspurung sämtlicher bisherigen<br />
Straßenbahnstrecken. Dabei wurde die Streckenführung<br />
vereinfacht – die zweigleisige<br />
Strecke nach Baščaršija mitsamt der Wen-<br />
Anfang der 1960er-Jahre befahrene<br />
Linien (1.435 mm Spurweite)<br />
Linie 1: Baščaršija – Neuer Bahnhof (sechs Kurse)<br />
Linie 2: Baščaršija – Čengić Vila (15 Kurse)<br />
Linie 3: Baščaršija – Ilidža (24 Kurse)<br />
deschleife wurde aufgelassen und stattdessen<br />
entstand der eingleisige Innenstadtring<br />
Skenderija – Vijećnica – Baščaršija – Skenderija,<br />
der bis heute unverändert gegen Uhrzeigersinn<br />
befahren wird. Bereits am<br />
28. November 1960 fand die feierliche Eröffnung<br />
des normalspurigen Straßenbahn-<br />
42 <strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 11 | 2014
Sarajevo<br />
Literaturtipp<br />
Auf den in Usti nad Labem (Aussig) in der Tschechischen<br />
Republik lebenden Autor dieses Beitrages,<br />
Jan Čihák, wurde das <strong>STRASSENBAHN</strong> MA-<br />
GAZIN aufmerksam, als im vorigen Jahr das<br />
maßgeblich von ihm verfasste Buch „Sarajevo<br />
Straßenbahn und Trolleybus“ im österreichischen<br />
Verlag „bahnmedien.at“ erschien. Diese im SM<br />
2/2014 auf Seite 79 vorgestellte Monographie<br />
bildete die Grundlage für die hier aktuell vorgestellten<br />
Texte. Das Buch ist unverändert beim Verlag<br />
in Wien wie auch bei Händlern in Deutschland<br />
erhältlich – weitere Informationen dazu<br />
unter anderen auf www.bahnmedien.at AM<br />
betriebes statt, am darauffolgenden „Tag<br />
der Republik“, den 29. November, begann<br />
der regelmäßige Linienverkehr auf der Linie<br />
1 Baščaršija – Neuer Bahnhof (heutiger<br />
Bahnhof in Sarajevo) mit sechs Kursen und<br />
auf Linie 2 Baščaršija –Čengić Vila mit neun<br />
Kursen. Aufgrund verschiedener Kinderkrankheiten<br />
nahm die Straßenbahn den<br />
durchgehenden Verkehr bis nach Ilidža jedoch<br />
erst im Februar 1961 auf.<br />
In den folgenden Jahren gewann die neue<br />
Straßenbahn an Zuverlässigkeit und auch<br />
an Beliebtheit, die Fahrgastzahlen wuchsen<br />
weiter. Gefahren wurde mit bis zu 70 km/h<br />
auf einer freizügig angelegten Schnellbahnstrecke<br />
nach Ilidža, der Gesamttakt betrug<br />
in den HVZ sogar imposante ein bis zwei<br />
Minuten. Ausländische Besucher beschrieben<br />
die Auslastung der Fahrzeuge als „rappelvoll“.<br />
Um die Kapazität der Fahrzeuge zu erhöhen,<br />
baute der Straßenbahnbetrieb im<br />
Jahr 1964 versuchsweise aus zwei PCC-Wagen<br />
einen ersten Gelenkwagen. Der dabei<br />
entstandene sechsachsige Tw 100 bewährte<br />
sich bei den Testfahrten gut, woraufhin<br />
die eigenen Werkstätten der Straßenbahn<br />
auf diese Weise in den nächsten Jahren<br />
acht weitere Gelenkwagen (Tw 101 bis<br />
108) herstellten.<br />
Die Fahrzeugvielfalt steigt<br />
Nach dem Bau der ersten Wendeschleife (in<br />
Skenderija) erweiterte sich das Liniennetz<br />
1965 um die Linie 6 Ilidža – Skenderija.<br />
Zwei Jahre danach eröffnete die Straßenbahn<br />
im Stadtteil Alipašin most einen neuen<br />
Betriebshof. Damit entspannte sich die<br />
seit 1960 kritische Lage, stand für den Regelspurbetrieb<br />
doch sieben Jahre lang lediglich<br />
der Betriebshof der ehemaligen schmalspurigen<br />
Straßenbahn zur Verfügung.<br />
Dieser bot lediglich für zwölf PCC-Wagen<br />
Platz, die benachbarte Werkstatt konnte<br />
maximal zwei bis drei weitere Wagen aufnehmen<br />
– alle übrigen Fahrzeuge standen<br />
bis 1967 nachts direkt auf den Straßen.<br />
Im Herbst 1967 trafen bei der Straßenbahn<br />
Beim Tw 108 handelt es sich um einen von neun in den eigenen Werkstätten der Straßenbahn<br />
Sarajevo gebauten Gelenkwagen aus jeweils zwei PCC-Wagen, hier am 13. Juli 1976 in Ilidža<br />
Zu den von der Straßenbahn Sarajevo gebraucht aus Washington D. C. übernommenen amerikanischen<br />
PCC- Wagen gehört der Tw 39. Am 13. Juli 1976 stand er in Nova Stanica<br />
Sarajevo die ersten fabrikneuen Regelspurfahrzeuge<br />
ein – zwei vierachsige Tatrawagen<br />
vom Typ T3YU. In den nächsten zwei Jahren<br />
lieferte ČKD Tatra weitere 18 Wagen des gleichen<br />
Typs (Tw 120 bis 139), die – genau wie<br />
die PCC-Wagen – auf den ersten Blick durch<br />
ihren Stromabnehmer am Heckteil auffielen.<br />
Bei der Inbetriebnahme der PCC- Wagen in Sarajevo<br />
wurden die Stangenstromabnehmer<br />
durch strapazierfähigere Pantographen ersetzt,<br />
die auf die gleiche Stelle, also am Heckteil,<br />
montiert wurden. Dadurch konnten aufwändige<br />
Änderungen in der Verkabelung vermieden<br />
werden. Aus verkehrstechnischen Gründen<br />
wurden auch die tschechoslowakischen<br />
Straßenbahnwagen mit Pantographen am<br />
Heckteil bestellt.<br />
JAN ČIHÁK<br />
Teil 2 stellt die weitere Entwicklung der<br />
Straßenbahn in Sarajevo bis heute vor.<br />
<strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 11 | 2014<br />
43
Betriebe<br />
Regio-Tram statt<br />
Zahnradbahn<br />
Projekt Durchmesserlinie Trogen – St. Gallen – Appenzell In der Ostschweiz entsteht<br />
bald eine etwa 30 Kilometer lange Regio-Tram. Sie wird sowohl historisches Straßenbahntrassee<br />
als auch klassische Eisenbahnstrecken nutzen. Aber was ist genau für dieses Vorhaben geplant?<br />
Noch pendelt die elektrisch betriebene<br />
meterspurige Trogenerbahn<br />
zwischen Trogen und St. Gallen<br />
und fährt dabei auf einem Reststück<br />
der am 30. September 1957 endgültig<br />
eingestellten Straßenbahn St. Gallen durch<br />
die Innenstadt des Hauptortes des ostschweizerischen<br />
Kantons zum Bahnhof St.<br />
Gallen. Derzeit endet die Trogenerbahn also<br />
neben den Zügen aus Appenzell, die aus der<br />
Gegenrichtung kommen. Bis Ende des Jahres<br />
2017 sollen jedoch beide Bahnen miteinander<br />
verknüpft sein, womit auch für die<br />
Fahrgäste aus dem Appenzellerland eine<br />
umsteigefreie Verbindung in die Innenstadt<br />
St. Gallens entsteht.<br />
Hintergründe und Konzept<br />
Steigende Mobilitätsbedürfnisse und Kapazitätsengpässe<br />
in den Hauptverkehrszeiten<br />
führten bei den Appenzeller Bahnen (AB)<br />
zur Überlegung, nicht mehr punktuelle Einzelmaßnahmen,<br />
sondern mit dem Konzept<br />
einer Durchmesserlinie kundenfreundliche<br />
Transportketten und effiziente Betriebsformen<br />
zu forcieren. Das Konzept besteht aus<br />
dem Zusammenschluss ihrer beiden heute<br />
getrennt betriebenen Meterspur-Linien, die<br />
125-jährige Gaiserbahn (St. Gallen – Teufen<br />
– Bühler – Gais – Appenzell) und die Trogenerbahn<br />
(St. Gallen – Speicher – Trogen).<br />
Mit der Durchmesserlinie können die AB<br />
die zwingend notwendige Modernisierung<br />
des Rollmaterials und der Infrastruktur optimal<br />
umsetzen und somit die Voraussetzungen<br />
für eine spürbare Angebotsverbes-<br />
Derzeit enden die Züge aus dem<br />
Appenzellerland und aus Trogen<br />
in St. Gallen am Nebenbahnhof<br />
ROBERT SCHREMPF<br />
44 <strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 11 | 2014
AB-Bahnhof St.Gallen<br />
Umbau zum<br />
Durchgangsbahnhof<br />
Güterbahnhof<br />
Kreuzungs- und<br />
Haltestelle<br />
St.Gallen<br />
Güterbahnhof<br />
Lustmühle<br />
Verlängerung der<br />
Kreuzungsstelle<br />
Schülerhaus<br />
Verlängerung der Haltestelle<br />
und Wendemöglichkeit<br />
Spisertor<br />
Riethüsli<br />
Lustmühle<br />
Schülerhaus<br />
Birnbäumen<br />
Ruckhalde<br />
Neubaustrecke mit<br />
Tunnel Ruckhalde<br />
und Haltestelle<br />
Riethüsli<br />
Schützengarten<br />
Verlängerung der<br />
Haltestelle<br />
Schützengarten<br />
Speicher<br />
Trogen<br />
Schweiz: St. Gallen<br />
Teufen<br />
Skizze des geplanten Verlaufes der Durchmesserlinie<br />
Trogen – St. Gallen – Appenzell und geplante<br />
Baumaßnahmen GRAFIK: APPENZELLER BAHNEN<br />
serung schaffen. Dazu gehören ein Viertelstundentakt<br />
zwischen Trogen und Teufen,<br />
Eilzüge von Appenzell nach St. Gallen, die<br />
Reduktion der Reisezeiten sowie umsteigefreie<br />
Fahrten ins Stadtzentrum. Eine Marktanalyse<br />
der ETH Zürich prognostizierte auf<br />
diese Weise eine Zunahme der Fahrgastzahlen<br />
um rund 50 Prozent.<br />
Bislang haben die beiden Bahnen bis auf<br />
die Spurweite wenig Gemeinsames. Neben<br />
dem Ersatz des Zahnradstreckenabschnitts<br />
auf der Strecke nach Appenzell vor der Haltestelle<br />
Riethüsli durch den Bau des Ruckhalde-Tunnels<br />
müssen die Wagenbreite, das<br />
Rad-Schiene-System und die Fahrdrahtspannung<br />
vereinheitlicht werden. Derzeit<br />
fahren die Züge nach Appenzell mit 1.500<br />
Volt Gleichstrom, die Triebwagen der Trogenerbahn<br />
in St. Gallen aufgrund der teils<br />
parallel verlaufenden Obusfahrleitung mit<br />
600 Volt und außerhalb der Stadt mit 1.000<br />
Volt. Die Spannung im letzteren Streckenabschnitt<br />
wird auf 1.500 Volt erhöht. Zur<br />
Gewährleistung der durchgehenden Befahrbarkeit<br />
der Gleisanlagen setzen die AB<br />
künftig Radprofile nach dem Karlsruher<br />
Modell ein und passen die Weichen an.<br />
Fahrplanplanung und<br />
Infrastrukturausbau<br />
Für den geplanten Viertelstundentakt sind<br />
die Voraussetzungen auf der Strecke St. Gallen<br />
– Trogen bereits erfüllt. Zwischen St.<br />
Gallen und Gais sind neue Kreuzungsstellen<br />
zu errichten oder bestehende zu verlängern<br />
(siehe Skizze). Das bedeutendste Teilprojekt<br />
stellt der Bau eines 705 Meter langen Tunnels<br />
mit 80 Promille Maximalsteigung dar,<br />
welcher die 940 Meter lange Zahnradstrecke<br />
in der St. Galler Ruckhalde ersetzt. Mit<br />
dem Wegfall der Zahnradstrecke können<br />
die AB kostengünstigeres,<br />
neues Rollmaterial (Regio-<br />
Trams) beschaffen. Fahrzeuge ohne<br />
Zahnrad sind leichter und benötigen weniger<br />
Unterhalt. Die größten wirtschaftlichen<br />
Einsparungen werden aber durch den Wegfall<br />
von Standzeiten am Bahnhof St. Gallen<br />
erreicht. Dank dem guten Kosten-Nutzenverhältnis<br />
beteiligt sich der Bund mit rund<br />
45 Prozent der Investitionskosten,<br />
die insgesamt 90<br />
Millionen Schweizer<br />
Franken betragen.<br />
Die verbleibenden<br />
Kosten tragen<br />
die Appenzell<br />
Kantone<br />
Appenzell Ausserrhoden,<br />
Appenzell Innerrhoden<br />
und St. Gallen.<br />
Neues Fahrzeugkonzept<br />
Stadler Rail liefert bis 2017 sieben Niederflurtrams<br />
des Typs „Tango“. Damit setzen<br />
die AB auf bewährte Technik, Fahrzeuge<br />
gleichen Typs beschaffen auch die Basel-<br />
Bühler<br />
landtransport BLT (38 Wagen) und<br />
den Genfer Verkehrsbetrieben TPG<br />
(32 Wagen). Die<br />
Gais<br />
sechsteiligen Zweirichtungs-Triebwagen<br />
(Typ ABe 8/12)<br />
werden eine Länge von 50<br />
Meter und eine Breite von<br />
2,40 Metern aufweisen. Das<br />
Platzangebot umfasst 133 Sitzplätze<br />
in der 2. Klasse und zwölf Sitzplätze<br />
in der 1. Klasse. Die jeweils vier<br />
Türen pro Wagenseite befinden sich<br />
im Niederflurbereich. Aufgrund den<br />
längeren Überlandstrecken und dem<br />
hohen touristischen Potential lassen<br />
die AB das Interieur ihrer Tango-<br />
Trams mit Komfortelementen einer Eisenbahn<br />
und mit luftgefederten Drehgestellen<br />
ausstatten. Als weitere<br />
Ausstattungsmerkmale sind Klapptritte zur<br />
Spaltüberbrückung beim Einstieg, eine vollständige<br />
Klimatisierung, moderne Fahrgastinformation<br />
oder großzügige Multifunktionsabteile<br />
zu nennen. Aus<br />
Platzgründen verzichten die AB auf den Ein-<br />
Das endgültige Design der neuen Tangos ABe<br />
8/12 für die Appenzeller Bahnen (AB) wird im<br />
Projektverlauf noch festgelegt RAFIK: STADLER RAIL<br />
<strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 11 | 2014<br />
45
Betriebe<br />
Seit Stilllegung der Straßenbahn führen die Verkehrsbetriebe St. Gallen den ÖPNV in der<br />
Kantonshauptstadt St. Gallen mit Obussen durch<br />
PHILIPP KRAMMER<br />
St. Gallen und die Straßenbahn<br />
Das heute rund 74.000 Einwohner zählende Agglomerationszentrum<br />
St. Gallen verfügte ab 1897<br />
über eine elektrische Straßenbahn; Linie für Linie<br />
stellten die Verkehrsbetriebe der Stadt St. Gallen<br />
ihren Betrieb ab 1950 auf Oberleitungsbusse um.<br />
Von der Straßenbahn blieb letztendlich der Abschnitt<br />
Brühltor – Bahnhof, den die Trogenerbahn<br />
seit 1903 befährt. Doch in den vergangenen Jahren<br />
verstärkten sich die Verkehrsprobleme, weshalb<br />
die Stadt St. Gallen die Machbarkeit der Wiedereinführung<br />
einer Straßenbahn prüfen ließ.<br />
Zwischenzeitlich bewältigten die Verkehrsbetriebe<br />
St. Gallen (VBSG) das hohe Fahrgastaufkommen<br />
mit dem Einsatz von Doppelgelenk-Obusse. ROS<br />
bau einer Toilette und errichten stattdessen<br />
stationäre WC-Anlagen an den Haltestellen.<br />
Option für weitere fünf Tango<br />
Aus allen untersuchten Fahrplanszenarien<br />
mit dem Planungshorizont 2030 hat sich gezeigt,<br />
dass mit zwölf Triebwagen inklusive<br />
Reserve die Nachfrage abgedeckt werden<br />
kann. Die anderen fünf Kompositionen<br />
werden voraussichtlich aus den 2004 bis<br />
2008 von Stadler gelieferten Niederflur-<br />
Triebzügen der Trogenerbahn (Be 4/8 Nr.<br />
31 bis 35) gebildet, die um einen vierten<br />
Wagenteil verlängert werden sollen. Zurzeit<br />
prüfen die AB noch einen Verkauf dieser<br />
Triebzüge, dann könnten die AB für eine<br />
einheitliche Flotte die Bestellung auf zwölf<br />
Tango-Trams erhöhen. Interesse zeigen die<br />
Neuenburger Verkehrsbetriebe „transN“<br />
(Transports Publics Neuchâtelois SA), die<br />
damit ihre Tram 2000 – Kompositionen der<br />
einzig verbliebenen Tramlinie 215 (Place<br />
Pury – Boudry) günstig durch Niederflurwagen<br />
ersetzen könnten.<br />
Hauptwerkstatt für<br />
Durchmesserlinie in Herisau<br />
Die Appenzeller Bahnen und die Schweizerische<br />
Südostbahn AG arbeiten künftig<br />
bei der Rollmaterial-Instandhaltung eng<br />
zusammen. Die beiden Bahnen errichten<br />
bis Ende 2016 in Kooperation eine neue<br />
Werkstätte am Standort Herisau. Die AB<br />
betreiben zurzeit Werkstätten in Herisau,<br />
Speicher, Gais und Heiden. Künftig soll die<br />
Fahrzeuginstandhaltung in Herisau erfolgen,<br />
für den Tages- und Wochenunterhalt<br />
der Triebwagen der DML bleibt die Werkstätte<br />
in Speicher erhalten.<br />
Im Herbst 2017 soll die neue Regio-Tram<br />
in der Agglomeration St. Gallen nach dreijähriger<br />
Bauzeit den Betrieb aufnehmen.<br />
Erste Bauarbeiten haben in diesem Jahr mit<br />
dem Voreinschnitt des Ruckhaldetunnels<br />
begonnen.<br />
ROBERT SCHREMPF<br />
Noch fahren solche Zahnradbahn-Kompositionen<br />
auf der zukünftigen Regio-Tram-Strecke<br />
durch die Ortschaft Teufen nach Appenzell,<br />
Ende 2017 werden diese durch die<br />
Tango-Trams abgelöst<br />
ROBERT SCHREMPF<br />
46 <strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 11 | 2014
Schweiz: St. Gallen<br />
8S<br />
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Der Triebwagen<br />
Be 4/8 Nr. 34 der Trogenerbahn<br />
passiert in<br />
St. Gallen die Haltestelle<br />
Marktplatz,<br />
künftig erreichen auch<br />
die Fahrgäste aus dem<br />
Appenzellerland ohne<br />
Umsteigen das<br />
Stadtzentrum<br />
ROBERT SCHREMPF<br />
Der geplante Ruckhaldetunnel<br />
in St.<br />
Gallen wird den bisherigen<br />
Zahnstangenabschnitt<br />
der Appenzeller<br />
Bahnen<br />
ersetzen<br />
GRAFIK: APPENZELLER BAHNEN<br />
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Die Trogenerbahn<br />
Die Trogenerbahn – amtlich mit TB abgekürzt – ist<br />
eine ehemalige Bahngesellschaft, die eine elektrische<br />
meterspurige Eisenbahn vom Bahnhof St. Gallen<br />
über Speicher nach Trogen – wo sich auch der<br />
Unternehmenssitz befand – sowie ein Elektrizitätswerk<br />
betrieb. Gegründet wurde die Gesellschaft<br />
am 26. Juli 1900 als „Strassenbahn St. Gallen–<br />
Speicher–Trogen“, letztendlich führte sie den Betrieb<br />
jedoch wie bei einer Eisenbahn und in der<br />
Rechtsform einer AG. Eigentümer der Trogenerbahn<br />
AG waren der Bund (Mehrheitseigner mit 37,2 Prozent),<br />
die Kantone St. Gallen und Appenzell Ausserrhoden,<br />
die durchfahrenen Gemeinden St. Gallen,<br />
Speicher und Trogen sowie private Investoren.<br />
Per Fusionsvertrag vom 4. Mai 2006 verschmolz sie<br />
gemeinsam mit der Rorschach-Heiden-Bergbahn<br />
und der Bergbahn Rheineck-Walzenhausen in das<br />
Unternehmen Appenzeller Bahnen (AB). Von den<br />
AB wird der Abschnitt St. Gallen – Trogen unverändert<br />
als Trogenerbahn bezeichnet. ROS/AM<br />
Jetzt testen!<br />
<strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 11 | 2014<br />
www.strassenbahn-magazin.de/ 47<br />
epaper
Fahrzeuge<br />
Laufsteg für Flirts<br />
Die Stadler Rail Group präsentierte den von Stadler Minsk in Weißrussland<br />
gebauten breitspurigen „Metelica“ SEBASTIAN SCHRADER (4)<br />
Die ukrainische Firma Electron und die Trans Tec Vetschau GmbH<br />
zeigten den in Lemberg für St. Petersburg gebauten „Omnitram“<br />
48 <strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 11 | 2014
InnoTrans 2014<br />
& Co.<br />
Stelldichein moderner Trams auf der InnoTrans<br />
2014: Links der „Tramino“ von Solaris, in der Mitte<br />
der finnische „Artic“ und rechts der „Fokstrot“<br />
von PESA aus Polen<br />
Die koreanische Firma Woojin Industrial Systems stellte ihre Anwendungen für Einschienenbahnen<br />
vor, während Bombardier im Freigelände die Einschienenbahn für Riad 1:1 zeigte<br />
Die InnoTrans-Neuheiten<br />
2014 Ende August fand auf<br />
dem Messegelände am Funkturm<br />
in Berlin die Leistungsschau<br />
der Hersteller von Schienenfahrzeugen<br />
statt. Dabei<br />
überraschte nicht nur die Anzahl,<br />
sondern auch die Vielfalt<br />
der vorgestellten Wagen …<br />
Die inzwischen zehnte Fachmesse<br />
für Schienverkehrsmittel „Inno-<br />
Trans“ in Berlin brach alle Rekorde:<br />
Vom 23. bis zum 26. August<br />
präsentierten sich 2.758 Aussteller aus 55<br />
Ländern mit 145 Fahrzeugen auf dem Gelände<br />
am Funkturm. Insgesamt 138.872<br />
Fachbesucher aus über 100 Ländern besichtigten<br />
die Leitmesse, weitere 15.000 Eisenbahn-<br />
und Nahverkehrsfreunde nutzten<br />
die beiden anschließenden Publikumstage<br />
für einen Besuch der 102.843 Quadratmeter<br />
großen Ausstellungsfläche. Gegenüber<br />
der InnoTrans 2012 war das ein Ausstellerund<br />
Besucherplus von etwa zehn Prozent.<br />
Zugenommen haben aber auch der Zuspruch<br />
ausländischer Besucher, die genutzte<br />
Ausstellungsfläche sowie die Anzahl der<br />
vorgestellten Weltneuheiten.<br />
Mit 17 kompletten Straßenbahnwagen,<br />
zwei U-Bahnzügen sowie einer Monorailbahn<br />
war der Anteil an spurgeführten Fahrzeugen<br />
für den ÖPNV ebenfalls höher als<br />
vor zwei Jahren. Damals präsentierten die<br />
Hersteller auf der InnoTrans zwölf Trams<br />
und einen Metrozug – einen Überblick über<br />
alle in diesem Jahr ausgestellten Trams bietet<br />
die Tabelle in diesem Beitrag.<br />
Der „Ausländeranteil“<br />
in Berlin wächst …<br />
Bemerkenswert hoch war die große Anzahl<br />
an im Ausland gefertigten Fahrzeugen bzw.<br />
von bisher in Deutschland bisher nicht präsenten<br />
Typen. So zeigten zum Beispiel gleich<br />
zwei türkische Unternehmen ihre aktuellen<br />
Entwicklungen. Die finnische Firma Transtech<br />
stellte einen für den Verkehrsbetrieb<br />
der Stadt Helsinki gefertigten Gelenkwagen<br />
vom Typ „Artic“ vor. Besonders auffällig<br />
war dessen dezentes Design mit einem<br />
Holzimitat als Zierleisten. Das Unternehmen<br />
gab inzwischen bekannt, dass der Wagen<br />
am 20. Oktober bei der Würzburger<br />
Straßenbahn in Deutschland im Einsatz erlebt<br />
werden kann.<br />
Der von Vossloh Espana ausgestellte<br />
Tramlink der Rostocker Straßenbahn AG<br />
(RSAG-Typ 6N2) überraschte die Messebesucher<br />
vor allem mit seiner Innenraumge-<br />
<strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 11 | 2014<br />
49
Fahrzeuge<br />
BFG International zeigte ein Alstom-Kopfmudul für die neue Tram in Avignon (links). Rechts daneben der für Bursa bestimmte „Silkworm“<br />
des türkischen Herstellers Durmazlar. Unter ein „ForCity Classic“ von Skoda für Konya in der Türkei<br />
staltung – sowohl der geräumigen und fahrpersonal-<br />
wie fahrgastfreundlichen Einrichtung<br />
wie auch Deckenbeklebung, die einen<br />
Ostseehimmel wiedergibt. Die Techniker<br />
begutachteten den Akkupack, der als Energiesammler<br />
gedacht ist, um ggf. stromlose<br />
Abschnitte (wie etwa Parkanlagen) zu überbrücken.<br />
Den im ukrainischen Lemberg für die<br />
Straßenbahn im russischen St. Petersburg<br />
montierten dreiteiligen Gelenktriebwagen<br />
vom Typ „Omnitram“ mit Komponenten<br />
und Ingeneering aus Fetschau und Dessau<br />
untersuchten viele Besucher interessiert auf<br />
seine Verarbeitungsqualität und technischen<br />
Lösungen als Einrichtungswagen.<br />
Das bereits erwähnte Einschienenfahrzeug<br />
von Bombardier Transportation sorgte erwartungsgemäß<br />
ebenfalls für viel Aufmerksamkeit.<br />
Der vorgestellte Wagen vom Typ<br />
Innovia Monorail 300 ist für fahrerlosen Betrieb<br />
und enge Bogenradien ausgelegt. Neben<br />
dieser Technologie stellte der kanadische<br />
Konzern auch sein Primove-System vor, bei<br />
welchem der Betriebsstrom nicht von einer<br />
Oberleitung, sondern von unter der Fahrbahn<br />
verlegten Induktionsschlaufen aufgenommen<br />
wird. War ursprünglich geplant,<br />
diese Entwicklung im großen Umfang für<br />
Straßenbahnen mit ihrem geringen Rollwiderstand<br />
nutzbar zu machen, so stellte Bombardier<br />
auf der diesjährigen InnoTrans zwei<br />
mit derartiger Technik ausgestattete E-Busse<br />
für aktuell in Deutschland laufende Projekte<br />
vor. Der Hersteller betonte dabei vor<br />
allem die Möglichkeit zur Hochleistungs-<br />
Stromaufladung an günstigen Punkten entlang<br />
von Busstrecken als Vorteil.<br />
Außerdem präsentierte Bombardier natürlich<br />
auch einen klassischen Straßenbahnwagen<br />
– einen Flexity 2 für den flämischen<br />
Verkehrsbetreiber De Lijn. Insgesamt 48 dieser<br />
geräumigen Niederflurfahrzeuge werden<br />
bald das Stadtbild von Gent und Antwerpen<br />
prägen. Wagen dieses Typs beziehen außerdem<br />
gerade die Gold Coast in Australien<br />
und das britische Blackpool. Nicht nur die<br />
bayerischen Besucher begutachteten den von<br />
Siemens für die Münchner U-Bahn gebauten<br />
U2-Zug und dessen Avenio.<br />
Platz für alle Spurweiten<br />
und Sonderfahrzeuge<br />
Die Stadler Rail Group präsentierte in Berlin<br />
den Prototyp eines dreiteiligen Gelenktriebwagens<br />
für 1.524 Millimeter Spurweite<br />
mit 100 Prozent Niederfluranteil für den<br />
GUS-Markt. Das Fahrzeug mit dem Markennamen<br />
„Metelica“, was übersetzt<br />
Schneesturm oder Blizzard heißt, hat das<br />
neu gegründete weißrussische Tochterunternehmen<br />
Stadler Minsk entwickelt. Die<br />
Wagen können als Ein- oder Zweirichtungsfahrzeuge<br />
bestellt werden.<br />
Innenraum des von Skoda Transportation für die türkische Stadt Konya<br />
gebauten ForCity Classic<br />
FRANK HEILMANN<br />
Abladen des „Jazz Duo“ von PESA für die polnische Hauptstadt Warschau.<br />
Dort führt der Verkehrsbetrieb die Wagen als Typ 128N<br />
50<br />
<strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 11 | 2014
InnoTrans 2014<br />
Die Leipziger Firma HeiterBlick stellte einen für die üstra in Hannover gebauten TW3000 vor, rechts des Hochflurwagens zeigte Alstom einen<br />
niederflurigen Citadis Compact für die südfranzösische Stadt Aubagne SEBASTIAN SCHRADER (5)<br />
Neben den Herstellern von fertigen Zügen<br />
bzw. Gelenktriebwagen waren auch<br />
wieder Produzenten von Einzelkomponenten<br />
und Sonderfahrzeugen auf der Inno-<br />
Trans vertreten. Darunter befanden sich<br />
Zweiwege-Lkw zum Beispiel für die Rheinbahn,<br />
aber auch ein Zweiwegefahrzeug zur<br />
Schieneninspektion von Eurailscout. Vossloh<br />
Rail Services präsentierte sein Hochgeschwindigkeitsschleifgerät<br />
„HSG City“, das<br />
als Anhänger für Stadtverkehre konzipiert<br />
ist und bei der Rheinbahn seit kurzem im<br />
Einsatz steht.<br />
ANDRÉ MARKS<br />
In der Rubrik „Fahrzeuge“ werden im<br />
STRAS SENBAHN <strong>MAGAZIN</strong> in den<br />
nächsten Ausgaben schrittweise die interessantesten<br />
InnoTrans-Stadt- und Straßenbahn-Neuheiten<br />
ausführlich vorgestellt.<br />
Freuen Sie sich auf Zeichnungen, Hintergrundinfos<br />
sowie – falls die Wagen schon<br />
im Einsatz stehen – auf Einsatzbilder der<br />
neuen Fahrzeuge bei ihren jeweiligen Eigentümern.<br />
Zur InnoTrans 2014 ausgestellte Straßenbahnfahrzeuge sowie U-Bahnwagen und Sonderfahrzeuge<br />
Firma Fahrzeug für Stadt Bemerkung<br />
Alstom Citadis Compact Aubagne Niederflurgelenktriebwagen<br />
AnsaldoBreda Metrowagen Kopenhagen 3-Wagenzug für fahrerlosen Betrieb<br />
Bombardier Transportation Flexity 2 Gent (Belgien) klassischer Niederflurwagen für de Lijn, Belgien<br />
Innovia 300 Riad Einschienenbahn für King Abdullah Financial District<br />
(Solaris Urbino 18 elecctric Braunschweig Bus mit Primove-Technik)<br />
(Hess Swiss Primove Mannheim Bus mit Primove-Technik)<br />
Durmazlar (Türkei) LRV-Stadtbahnwagen Bursa (Türkei) Prototyp auf B-Wagen-Basis mit Siemens-Technik<br />
Silkworm Bursa (Türkei) niederfluriger Zweirichtungsgelenktriebwagen<br />
HeiterBlick Leipzig TW3000 Hannover Hochflurwagen, Tw 3018 der üstra<br />
Istanbul Ulasim (Türkei) Hochflur-Triebwagen (bisher ohne) geeignet für Straßenbahn- und U-Bahnstrecken<br />
PESA Jazz Duo Warschau Typ 128N, niederfluriger Zweirichtungsgelenktriebwagen<br />
Fokstrot Moskau Lizenzfertigung aus Russland<br />
Siemens Avenio München Niederflurwagen Nr. 2806 der MVG<br />
C2 München U-Bahnzug der MVG<br />
(Inspiro Metro Kuala Lumpur, Malaysia 1 : 1-Modell Triebkopf)<br />
Skoda Transportation ForCity Classic Konya (Türkei) –<br />
Solaris Tramino Braunschweig –<br />
Stadler Metelica Minsk Lizenzproduktion in Weißrussland<br />
(IK Berlin Berlin 1 : 20-Modell U-Bahnwagen)<br />
(Flirt Lodz ebenfalls nur Modell!)<br />
Trans Tec/Electron Omnitram St. Petersburg produziert in Lviv (Lemberg)<br />
Transtech Oy, Helsinki Artic Helsinki Tw 402 der HKL<br />
Vossloh Espana CityLink NET 2012 Karlsruhe Tw 329 der VBK<br />
TramLink 6N2 Rostock Tw 608 der RSAG, in Zusammenarbeit mit Kiepe<br />
Vossloh Kiepe B-Wagen Bonn modernisierter B-Wagen Nr. 7463 der SWB<br />
<strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 11 | 2014<br />
51
Fahrzeuge<br />
Als es auf die<br />
Größe ankam<br />
In der Bauform mit Mitteleinstieg<br />
waren die fünf im Jahre 1925<br />
gelieferten Danziger Triebwagen<br />
einzigartig. Man beachte auch die<br />
getrennten Ein- und Ausstiege<br />
FRIEDRICH GRÜNWALD, BILDARCHIV VDVA<br />
Maximumwagen in Mitteldeutschland und im alten Ostdeutschland Auch in Städten wie<br />
Breslau, Danzig, Magdeburg und Schwerin sammelten die Betriebe vor etwa einem Jahrhundert ihre<br />
Erfahrungen mit den ungewöhnlichen Vierachsern. Die Fahrzeuge bewährten sich unterschiedlich …<br />
Schon in den Anfangsjahren des elektrischen<br />
Straßenbahnbetriebes gab es<br />
nicht nur in Deutschland zahlreiche<br />
Versuche, die Beförderungskapazität<br />
durch größere Fahrzeuge zu erhöhen. Sie<br />
zielten in erster Linie auf eine Verlängerung<br />
des Wagenkastens, denn in der Breite und<br />
Höhe setzten das Lichtraumprofil und die<br />
Fahrleitungshöhe feste Grenzen. Doch die<br />
anfangs üblichen zweiachsigen Untergestelle<br />
waren nicht unbegrenzt verlängerbar – vor<br />
allem aufgrund des Ausschlages in Bögen<br />
und des Fahrverhaltens. Abhilfe versprach<br />
man sich von Drehgestellwagen.<br />
Dazu entwickelte John A. Brill in den<br />
USA 1890 eine besondere Bauart in Form<br />
des Maximum-Traktion-Gestells, bei dem<br />
der angetriebene Radsatz mit großem<br />
Durchmesser und ein mitlaufender Radsatz<br />
mit deutlich kleinerem Durchmesser in einem<br />
drehzapfenlosen Gestell vereinigt waren<br />
– siehe SM 6/2012, Seiten 44/45.<br />
Diese Bauform übernahmen auch europäische<br />
Hersteller. Für deutsche Betriebe<br />
entstanden zwischen 1897 und 1919 insgesamt<br />
1.684 solche später „Maximum-Triebwagen“<br />
genannte Fahrzeuge – davon allein<br />
726 für Betriebe in Berlin und 550 für München<br />
– siehe Literaturhinweis. Die übrigen<br />
408 Wagen bezogen mehr als zwei Dutzend<br />
deutsche Betriebe in 24 anderen Städten<br />
zwischen Freiburg im Breisgau und Danzig.<br />
Dieser Beitrag stellt die Lieferung der Fahrzeuge<br />
und ihren Einsatz in den einst ostdeutschen<br />
und in den mitteldeutschen Städten<br />
in alphabetischer Reihenfolge vor,<br />
ausgenommen Berlin, Leipzig und Kattowitz.<br />
Lieferungen nach Breslau<br />
Die aus der 1876 eröffneten Pferdebahn<br />
hervorgegangene Breslauer Straßen-Eisenbahn-Gesellschaft<br />
(B.S.E.G) stellte ihre Linien<br />
1900/01 auf elektrischen Betrieb um.<br />
Eine zweite Gesellschaft, die Elektrische<br />
Straßenbahn Breslau (E.S.B.), eröffnete sofort<br />
Strecken im elektrischen Betrieb. 1902<br />
kam mit der von der Stadt betriebenen Städtischen<br />
Straßenbahn Breslau (S.S.B.) ein<br />
drittes Unternehmen hinzu. 1911 (B.S.E.G)<br />
bzw. 1924 (E.S.B.) wurden die Betriebe unter<br />
dem Dach der S.S.B. zu einem einheitlichen<br />
Unternehmen vereinigt.<br />
Für ihre auf elektrischen Betrieb umgerüsteten<br />
Linien beschaffte die B.S.E.G. in<br />
den Jahren 1900/01 insgesamt 150 Triebwagen,<br />
darunter waren 50 von Falkenried<br />
gebaute Maximumwagen (Nr. 301 bis 350).<br />
Die Eisenwerke Gustav Trelenberg in Breslau<br />
lieferten die Drehgestelle. Mit ihrem<br />
achtfenstrigen Wagenkasten und offenen<br />
Plattformen ähnelten sie den zur gleichen<br />
Zeit in Berlin zum Einsatz gebrachten Vierachsern.<br />
Zu Beginn der 1930er-Jahre erfolgte<br />
ein Umbau auf geschlossene Plattformen<br />
mit Schleppdach, während der<br />
52 <strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 11 | 2014
Deutsche Maximumwagen<br />
Kriegszeit die Umstellung von Stange auf<br />
Bügelbetrieb.<br />
Nach Wiederaufnahme des Betriebes unter<br />
polnischer Verwaltung nach Kriegsende<br />
1945 kam ein Teil der Maximumtrieb -<br />
wagen zunächst nach Warschau, ein Teil<br />
kehrte von dort aber zu Beginn der 1950er-<br />
Jahre wieder nach Schlesien zurück. Die<br />
Fahrzeuge standen bis etwa Ende der<br />
1950er-Jahre im Einsatz, danach gingen sie<br />
in den Schrott.<br />
Danzig<br />
Für die Einführung des elektrischen Betriebes<br />
1895 übernahm die Allgemeine Lokalund<br />
Straßenbahngesellschaft Berlin das private<br />
Pferdebahnunternehmen. 1899 entstand<br />
die Danziger Elektrische Straßenbahn,<br />
ab 1903 alleiniger Betreiber des<br />
elektrischen Normalspurnetzes. 1901 lieferte<br />
Herbrand in Köln-Ehrenfeld eine erste<br />
Serie vierachsiger Maximumtriebwagen<br />
nach Danzig, denen 1903/04 noch vier weitere<br />
folgten. Zumindest die erste Serie von<br />
22 Triebwagen (Nr. 104 bis 125) hatte einen<br />
fünffenstrigen Wagenkasten und Laternendach.<br />
Ebenfalls um Maximumwagen handelte<br />
es sich bei den 1903/04 von Herbrand gelieferten<br />
fünf Fahrzeugen Nr. 231 sowie 140<br />
bis 143. Über ihr Aussehen liegen keine weiteren<br />
Informationen vor.<br />
Für die sieben in den Jahren 1908 bis<br />
1912 beschafften Maximumvierachser Nr.<br />
151 bis 157 wird Kummer in Niedersedlitz<br />
bei Dresden als Erbauer genannt, dahinter<br />
dürften aber eher die von Kummer gegründeten<br />
Nordischen Elektrizitäts- und Stahlwerke<br />
gestanden haben. Auch diese Wagen<br />
hatten einen Kasten mit fünf großen Seitenfenstern<br />
und Laternendach.<br />
Von den sechs im Jahre 1914 in Falkenried<br />
gebauten Wagen Nr. 233 bis 238 sind<br />
keine Detailunterlagen bekannt, bei den<br />
fünf im Jahre 1925 in der Danziger Waggonfabrik<br />
entstandenen Triebwagen Nr. 240<br />
bis 244 handelte es sich um Maximumwagen<br />
mit Mitteleinstieg. Sie hatten ein sehr<br />
stark abgesenktes Mittelteil mit getrennten<br />
Ein- und Ausstiegen und zu beiden Seiten<br />
hin Fahrgasträume mit je drei Seitenfenstern<br />
und ein Tonnendach. Etwa 1930 erhielten<br />
die Triebwagen aus der Zeit vor dem Ersten<br />
Weltkrieg geschlossene Plattformen.<br />
Der deutsche Fahrzeugpark blieb – sofern<br />
er den Zweiten Weltkrieg überstanden hatte<br />
– bis in die 1960er-Jahre im Einsatz, die<br />
älteren Maximumwagen schieden aber<br />
schon sehr früh aus dem Bestand aus.<br />
Überlandbahn Halle – Merseburg<br />
Als Grundausstattung für die Überlandbahn<br />
Halle – Merseburg lieferte die Waggonfabrik<br />
Lindner in Ammendorf im Jahre 1902<br />
zwölf vierachsige Triebwagen mit Maxim-<br />
Nach einem Umbau in den 1930er-Jahren besaßen die in Hamburg für Breslau gefertigten Maximumwagen<br />
geschlossene Plattformen und ein bis zu den Wagenenden verlängertes Schleppdach<br />
Danzig: Seitenansicht eines Maximumwagens der ersten Lieferung von 22 Wagen 1901 auf einer<br />
Fabrikaufnahme der Kölner Waggonfabrik Herbrand SLG. P. H. PRASUHN, ARCHIV AXEL REUTHER (2)<br />
Überlandbahn Halle – Merseburg: In den 1950er-Jahren waren die Maximumwagen auch mit LOWA-<br />
Beiwagen unterwegs. Der in Merseburg fotografierte Tw 602 trug 1902 die Nr. 9 SLG. LUDGER KENNING<br />
<strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 11 | 2014<br />
53
Fahrzeuge<br />
umgestellen und sechs zweiachsige Beiwagen.<br />
Die 10,80 Meter langen Triebwagen<br />
Nr. 1 bis 12 besaßen einen fünffenstrigen<br />
Wagenkasten mit jeweils einem kleinen<br />
Fenster zu den Plattformen hin und drei<br />
großen Fenstern dazwischen. Es gab 30<br />
Sitzplätze. Für jede Fahrtrichtung besaßen<br />
sie einen Stangenstromabnehmer. Sie waren<br />
mit zwei Motoren zu je 38,5 Kilowatt ausgestattet<br />
– die gesamte elektrische Ausrüstung<br />
stammte von der AEG. Unter dem<br />
neuen Eigentümer ab 1919, der Merseburger<br />
Überlandbahnen AG (MÜBAG), erfolgte<br />
ein Umbau von fünf Einheiten in Beiwagen,<br />
was bei solchen eine äußerst selten<br />
anzutreffende Bauform darstellte. Die letzten<br />
Triebwagen standen, sofern sie nicht in<br />
Arbeitsfahrzeuge umgebaut wurden, bis in<br />
die 1960er-Jahre im Einsatz.<br />
Köslin<br />
Die seit 1911 im pommerschen Köslin verkehrende<br />
innerstädtische Straßenbahn erhielt<br />
zwei Jahre später durch Umbau der<br />
Dampfkleinbahn nach Großmöllen für<br />
elektrischen Betrieb auch eine 14,5 Kilometer<br />
lange Überlandstrecke. Die Strandbahn<br />
genannte Linie lebte in erster Linie vom Saisongeschäft<br />
mit Badegästen, weshalb die<br />
Anschaffung von Fahrzeugen mit hohem<br />
Fassungsvermögen sinnvoll erschien. Die<br />
Waggonfabrik Wismar lieferte 1913 vier<br />
Trieb- und vier Beiwagen vierachsiger Bauart.<br />
Die 12,84 Meter langen Fahrzeuge mit<br />
einem siebenfenstrigen Wagenkasten waren<br />
im Wesentlichen bauartgleich, unterschieden<br />
sich aber in der Untergestellbauart,<br />
denn die Triebwagen Nr. 15 bis 18 verfügten<br />
über Maximum-Gestelle und die Beiwagen<br />
liefen auf gleichrädrigen Untergestellen.<br />
Mit zwei Mal 44 Kilowatt waren die<br />
Triebwagen stark genug, in der Hochsaison<br />
auch mehrere Beiwagen auf der flachen<br />
Strecke zu ziehen.<br />
Die mit Zweiachsern bediente Stadtbahn<br />
stellte nach 25-jähriger Betriebszeit 1937<br />
den Betrieb ein, ein Jahr später folgte nach<br />
der Saison 1938 auch die Strandbahn. Die<br />
Maximum-Triebwagen fanden darauf hin<br />
im oberschlesischen Kattowitz eine neue<br />
Heimat.<br />
Magdeburg<br />
In ihrer ursprünglichen Bauform nur eine<br />
relativ kurze Einsatzzeit war den 20 Maximum-Triebwagen<br />
beschieden, welche die<br />
Waggonfabrik Falkenried 1899 an die Magdeburger<br />
Straßenbahn lieferte. Die Tw 101<br />
bis 120 waren dem Berliner Modellwagen<br />
Nr. 1000 der Großen Berliner Straßenbahn-<br />
Gesellschaft nachkonstruiert und besaßen<br />
offene Plattformen und im Fahrgastraum<br />
fünf gleichgroße Seitenfenster sowie Längsbänke<br />
für 28 Fahrgäste. Da die Union Elektricitäts-Gesellschaft<br />
(UEG) mit Sitz in<br />
Berlin über die Hamburger Straßen-Eisenbahn-Gesellschaft<br />
(SEG) direkt an deren<br />
Magdeburg: An der Endstelle Sudenburg haben sich um 1900 das Personal und Passanten vor dem<br />
1899 in Hamburg gebauten Maximum-Triebwagen 102 fotografieren lassen SLG. WILLI BAUMGARTEN<br />
„Unternehmenssparte“ Waggonfabrik Falkenried<br />
beteiligt war, rüstete entsprechend<br />
die UEG die in Hamburg angefertigten<br />
Waggons elektrisch aus – dazu erhielten sie<br />
je zwei Motoren vom Typ General Electric-<br />
Motore G.E. 52 mit 21 Kilowatt Leistung.<br />
Zum Einsatz kamen die Fahrzeuge in<br />
Magdeburg teils auch mit den von der Herrenkrug-Dampfbahn<br />
stammenden vierachsigen<br />
Beiwagen sowie mit für den elektrischen<br />
Betrieb angepassten ehemaligen<br />
Pferdebahnwagen, darunter auch offenen<br />
Sommerwagen. Da die Triebwagen als entgleisungsfreudig<br />
galten, bot sie der Betrieb<br />
1908 der Leipziger Außenbahn AG an.<br />
(Über die Gesellschaft für elektrische Unternehmungen,<br />
abgekürzt mit Gesfürel, gehörte<br />
diese zur AEG, in der die UEG 1904<br />
aufgegangen war.) Eine Abgabe der Fahrzeuge<br />
nach Leipzig kam jedoch nicht zustande.<br />
Im Jahr 1919 setzte die Waggonfabrik<br />
Dessau einen verunfallten Wagen auf<br />
ein zweiachsiges Untergestell mit einem<br />
Radstand von drei Metern. Die Ergebnisse<br />
dieses Umbaus befriedigten offenbar, denn<br />
im Jahre 1925 ließ die Magdeburger Straßenbahn<br />
auch die übrigen 19 Wagen in<br />
Zweiachser umbauen. Dabei erhielten sie<br />
Bisher erschienene Beiträge<br />
von Axel Reuther:<br />
• SM 6/2012 „Große Wagen zu kleinen Preisen“,<br />
Berlins Maximum-Drehgestell-Wagen<br />
(Teil 1)<br />
• SM 7/2012 „Noch lange offen“, Der Berliner<br />
Maximumwagen, Teil 2<br />
• SM 1/2013 „Auf großem Rad durch Bayerns<br />
Herz“, Münchens Maximum-Drehgestell-Triebwagen<br />
(Teils 1)<br />
• SM 2/2013 „Schluss mit Olympia“, Münchens<br />
Maximum-Drehgestell-Tw nach 1945<br />
54 <strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 11 | 2014
Deutsche Maximumwagen<br />
LINKS In einem Katalog<br />
für ihre Erzeugnisse<br />
warb die<br />
Waggon fabrik Wismar<br />
auch mit den<br />
für Köslin im Jahre<br />
1913 gebauten Maximumwagen<br />
WERKFOTO WAGGONFABRIK<br />
WISMAR, SLG. AXEL REUTHER<br />
UNTEN Magdeburg:<br />
Auf Linie 2 fährt der<br />
1928 zum Zweiachser<br />
umgebaute<br />
Tw 48 III ehemalige<br />
Maximum-Trieb -<br />
wagen 1963 mit<br />
zwei LOWA-Bei wagen<br />
als „Zz“-Zug. Der<br />
Wagenkasten des<br />
1899 in Hamburg<br />
gebauten Trieb -<br />
wagens war 1953<br />
in Werdau<br />
erneuert worden<br />
WOLFGANG SCHREINER/<br />
SAMMLUNG IGNAH<br />
Lieferungen von Maximumwagen nach Ost- und Mitteldeutschland (ohne Berlin)<br />
Stadt Spurweite Zahl Baujahr Hersteller 1. Betriebs- Bemerkungen<br />
in mm mech. Teil elektr. Teil nummern<br />
Breslau 1.435 50 1901 Falkenried/Tr. o. A. 301–350<br />
Danzig 1.435 22 1901 Herbrand o. A. 104–125<br />
1 1903 Herbrand o. A. 231<br />
4 1904 Herbrand o. A. 140–143<br />
2 1908 Ku./Falkenried o. A. 151–152<br />
5 1912 Ku./Falkenried o. A. 153–157<br />
6 1914 Falkenried o. A. 233–238<br />
5 1925 Danziger WF o. A. 240–244 mit Mitteleinstieg<br />
Summe 45<br />
Halle – Merseburg 1.000 12 1902 G. Lindner AG AEG 1–12<br />
Köslin 1.435 4 1913 WF Wismar AEG 15–18 1938 nach<br />
Kattowitz<br />
Leipzig 1.458 10 1909 Nordw. Bremen AEG 101–110 Typ 24<br />
10 1909 Falkenried AEG 111–120 Typ 24<br />
Summe 20<br />
Magdeburg 1.435 20 1899 Falkenried/BSI UEG 101–120 Typ 2, 1925 Umbau<br />
in 2x-Tw<br />
Schwerin 1.435 2 1911 WF Wismar B 24–25<br />
Strausberg 1.435 3 1920 WF Wismar B 1–3<br />
1 1925 SWF Werdau B 9<br />
Summe 4<br />
Gesamtsumme 157<br />
Hersteller/Ausrüster*:<br />
AEG/A* = Allgemeine Elektrizitätsgesellschaft Berlin; B* = Bergmann Elektrizitätsgesellschaft Berlin; BSI = Bergische Stahl-Industrie-<br />
Gesellschaft Remscheid; Ku = Kummer, Niedersedlitz bei Dresden; Tr = Eisenwerke Gustav Trelenberg, Breslau<br />
<strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 11 | 2014<br />
55
Fahrzeuge<br />
In einem Herstellerkatalog<br />
ist einer der<br />
beiden Schweriner<br />
Maximumtriebwagen<br />
mit einer Seitenansicht<br />
zu finden<br />
WERKFOTO WAGGONFABRIK<br />
WISMAR, SLG. AXEL REUTHER<br />
gleichzeitig geschlossene Plattformen. Mit<br />
dem zweiachsigen Fahrwerk kamen die letzten<br />
Wagen bis 1967 zum Einsatz, eine Umstellung<br />
auf Zahlboxbetrieb und eine 24-V-<br />
Kleinspannungsanlage unterblieb.<br />
Schwerin<br />
Im Jahre 1911 beschaffte auch die Städtische<br />
Straßenbahn Schwerin zu Versuchszwecken<br />
zwei vierachsige Triebwagen mit<br />
Maximumgestellen (Nr. 24 und 25). Es sollten<br />
bis zur Lieferung der Tatra-Wagen die<br />
einzigen Vierachser in Schwerin bleiben,<br />
was Rückschlüsse auf die Zufriedenheit mit<br />
der Bauart zulässt. Hersteller der Wagen<br />
war die Waggonfabrik Wismar, die elektrische<br />
Ausrüstung lieferte Bergmann in Berlin.<br />
Der Fahrgastraum der 10,60 Meter langen<br />
Fahrzeuge besaß fünf mit breiten Stegen<br />
getrennte Fenster und bot 30 Sitzplätze. Gebremst<br />
wurde mit Druckluft. Zunächst mit<br />
zwei Lyrabügeln ausgestattet, erhielten die<br />
Wagen später einen mittig aufgesetzten<br />
Scherenstromabnehmer. Im Jahr 1940 gelangten<br />
die unbeliebten Wagen im Rahmen<br />
des Hilfsprogramms für oberschlesische Betriebe<br />
nach Kattowitz.<br />
Strausberg<br />
Im Jahre 1920 wurde die bei Berlin gelegene<br />
Strausberger Eisenbahn elektrifiziert und<br />
1921 auf einen straßenbahnähnlichen Betrieb<br />
umgestellt. Für den elektrischen Betrieb<br />
lieferte die Waggonfabrik Wismar drei<br />
Trieb- und vier Beiwagen. Ein Jahr später<br />
folgte als Besonderheit ein zweiachsiger<br />
Postbeiwagen. Die Triebwagen Nr. M1 bis<br />
M3 waren mit Maximum-Gestellen ausgestattet,<br />
was zum Zeitpunkt der Anschaffung<br />
für ein neues Fahrzeug selten war. Es kostete<br />
jedenfalls einige Mühen, die Bergische<br />
Stahlindustrie überhaupt noch einmal zum<br />
Bau derartiger Untergestelle zu bewegen.<br />
Die elektrische Ausrüstung der 12,50 Meter<br />
langen Triebwagen lieferten die Bergmann<br />
Elektrizitätswerke in Berlin. Die beiden Mo-<br />
toren hatten jeweils 37 Kilowatt Leistung.<br />
Im Jahr 1925 stockte die Strausberger Eisenbahn<br />
ihren Fahrzeugpark um einen<br />
Trieb- und zwei Beiwagen auf. Erbauer war<br />
nunmehr die Sächsische Waggonfabrik in<br />
Werdau. Der als Tw 9 eingereihte Triebwagen<br />
besaß ebenfalls Maximum-Untergestelle.<br />
Einer der Triebwagen der Erstlieferung<br />
erhielt später stärkere 60-Kilowatt-Motoren.<br />
Er blieb bis in die 1980er-Jahre erhalten,<br />
da er eigentlich als historisches Fahrzeug<br />
vorgesehen war – doch 1988 erfolgte<br />
sein Abbruch. Die beiden anderen Triebwagen<br />
schieden 1958 und 1971 nach einem<br />
Unfall bzw. Brand aus, den Wagen von<br />
1925 ließ das Unternehmen 1968 verschrotten.<br />
AXEL REUTHER<br />
In das Kapitel zu den Magdeburger Wagen<br />
sind umfangreiche Hinweise von Ralf Kozica<br />
eingearbeitet, wofür ihm die Redaktion dankt.<br />
Fortsetzungen zu den nach Leipzig und Westdeutschland<br />
gelieferten Wagen folgen.<br />
Strausberg: Der 1920 in Wismar gebaute Tw 3 der Strausberger Eisenbahn war im Juni 1970 am<br />
Depot mit zwei Beiwagen abgestellt. Ein Jahr später schied er aus WOLFGANG SCHREINER, SLG. DVN BERLIN<br />
Literaturtipps<br />
• Bufe, S.: Straßenbahnen in Schlesien,<br />
Egglham 1992<br />
• Bufe, S.: Straßenbahnen in West- und Ostpreußen,<br />
Stuttgart 1985<br />
• Drewelow, K. H., Krüger, W.: Straßenbahnen<br />
in Pommern, Egglham o.J.<br />
• Groppa, K.: Einst 2PS heute Tatrazug – zur<br />
Geschichte der Schweriner Straßenbahn,<br />
Schwerin 1988<br />
• Günther, K.: Magdeburger Straßenbahnen,<br />
Aachen 1999<br />
• Köhler, I.: Strausberger Eisenbahn. Von<br />
Dampfzügen, Bullen ..., Berlin 1993<br />
• Koffmann, J. L.: Das Maximum-Drehgestell,<br />
in: <strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 13, 8/1974<br />
• Koffmann, J. L.: John A. Brills Maximum<br />
Traction Drehgestell, in: Der Stadtverkehr,<br />
Heft 10/1978<br />
56 <strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 11 | 2014
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Fahrzeuge<br />
Ein Mannheimer<br />
kommt heim<br />
Am 17. Dezember 2013 kehrte der in Helsinki als Tw 154 geführte ex<br />
Mannheimer Tw 455 an seinen ursprünglichen Einsatzort zurück. Die Abladung<br />
erfolgte im Mannheimer Betriebshof Möhlstraße YANNICK SCHÄFFNER<br />
Die Rettung eines GT6 Typ Mannheim Kurz vor Weihnachten 2013 kehrte ein Düwag-GT6<br />
vom Typ Mannheim aus Helsinki in die kurpfälzische Metropole zurück. Aber welche Vorgeschichte<br />
hat der Tw 455 und was hat die IG Nahverkehr Rhein-Neckar e.V. (IGN) mit ihm vor?<br />
In den Jahren 1958 bis 1967 modernisierte<br />
die Mannheimer Straßenbahn, die<br />
bis zur Betriebstrennung 1965 als „Verkehrsbetriebe<br />
Mannheim-Ludwigshafen“,<br />
danach als „Stadtwerke Mannheim –<br />
Verkehrsbetriebe“ firmierte, ihren Fuhrpark<br />
grundlegend. Das Unternehmen beschaffte<br />
in dieser Zeit die deutschlandweit größte<br />
Stückzahl klassischer Düwag-Gelenkwagen.<br />
Es baute mit den 139 Sechsachsern einen<br />
Wagenpark auf, der weitgehend typenrein<br />
und auf dem Stand der Zeit war. Ab 1967<br />
zählten neben den Düwag-Gelenkwagen<br />
nur noch wenige Trieb- und Beiwagen des<br />
Verbandstyps zum Betriebsbestand. Sie waren<br />
aufgrund fehlender Wendeschleifen<br />
bzw. durch die Tunnelbaustelle auf dem<br />
Luisenring bedingten Umsetzendstellen<br />
noch unverzichtbar. Da deren Ablösung allerdings<br />
bereits absehbar war und zudem<br />
die Eröffnung der stadtbahnartig trassierten<br />
Neubaustrecke in die Trabantenstadt Vogelstang<br />
anstand, orderten die Verkehrsbetriebe<br />
Mannheim Ende der 1960er-Jahre<br />
neue Fahrzeuge …<br />
Entwicklung eines modernen<br />
Straßenbahnwagens<br />
Noch 1967 hatte die Düwag 15 Gelenkwagen<br />
des Standardtyps nach Mannheim geliefert.<br />
Es waren die ersten der nordbadischen<br />
Großstadt, die bereits ab Werk für<br />
schaffnerlosen Betrieb ausgelegt waren. Entgegen<br />
dem Streben nach einem möglichst<br />
einheitlichen Fuhrpark bewiesen die Verkehrsbetriebe<br />
Mannheim danach Mut und<br />
entwickelten in Zusammenarbeit mit der<br />
Düwag einen modernen Straßenbahnwagen,<br />
der weitestgehend den Empfehlungen<br />
des Verbandes Öffentlicher Verkehrsbetriebe<br />
(VÖV) entsprach, wie es Düwag-Direktor<br />
Werner Brand 1970 in einem Fachmagazin<br />
beschreibt.<br />
Dieses fortan als „Typ Mannheim“ bezeichnete<br />
Fahrzeug stellte eine Überarbeitung<br />
des klassischen Sechsachsers dar. Die Verkehrsbetriebe<br />
Mannheim orderten insgesamt<br />
20 Wagen dieses Typs und reihten die zwischen<br />
1969 und 1971 aus Düsseldorf eintreffenden<br />
Fahrzeuge mit den Betriebsnummern<br />
451 bis 470 in den Mannheimer<br />
Bestand ein. Ihren ersten öffentlichen Auftritt<br />
hatten die bis dahin gelieferten Triebwagen<br />
bei Einweihung der bereits erwähnten Vogelstang-Strecke<br />
im Dezember 1969. Bis die<br />
Fahrgäste des planmäßigen Linienverkehrs in<br />
den Genuss der neuartigen Sechsachser kamen,<br />
sollten noch einige Monate vergehen.<br />
Die ersten Einsätze im regulären Liniendienst<br />
fanden im April 1970 statt.<br />
Optisch fiel der „Typ Mannheim“ durch<br />
die geänderte Frontpartie und die größeren<br />
Fenster auf. Diese wurden bis zur Regenrinne<br />
<strong>hinauf</strong>gezogen, um auch stehenden Fahrgästen<br />
einen guten Ausblick zu gewährleisten.<br />
Die Türverglasung hatte die Düwag<br />
ebenfalls erweitert, um aussteigenden Fahrgästen<br />
eine bessere Sicht zu ermöglichen.<br />
Der Innenraum hob sich insofern von dem<br />
58 <strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 11 | 2014
Düwag-Typ Mannheim<br />
seiner Vorgänger ab, als dass die Sitze in Abteilform<br />
angeordnet waren. Um die Reinigung<br />
zu erleichtern, waren die Sitzbänke an<br />
den Haltestangen an der Decke befestigt.<br />
Das eigentliche Novum war allerdings die<br />
Klimatisierung der Fahrzeuge: Während der<br />
1970 auf der Verkehrsausstellung „Schiene<br />
und Straße“ gezeigte Tw 460 bereits von<br />
Anfang an über eine Klimaanlage verfügte,<br />
waren die restlichen Wagen nur auf deren<br />
späteren Einbau vorbereitet. Dieser erfolgte<br />
anlässlich der Bundesgartenschau 1975.<br />
Im Laufe der Zeit veränderten sich die<br />
Wagen nur geringfügig. Während der Innenraum<br />
keine wesentlichen Veränderungen<br />
erfuhr, ersetzten in den 1980er-Jahren<br />
zwei auseinander liegende Schweinwerfer<br />
die zuvor für diese Fahrzeuge typische Anordnung<br />
der Frontbeleuchtung in Form<br />
eines Zwillingsscheinwerfers. In den<br />
1980er-Jahren rüstete die Mannheimer<br />
Verkehrsgesellschaft (MVG) außerdem ein<br />
Kurzwegregistrier gerät (KWR) sowie die<br />
Geräte für die Induktive Meldeübertragung<br />
(IMU) und die Induktive Zugsicherung<br />
(Indusi) nach. Nachträgliche in die<br />
Türen eingebaute Lichtschranken ersetzten<br />
die Trittstufenkontakte, die besonders<br />
im Winter durch Schmelzwasser und<br />
Streusalz an den Schuhen der Fahrgäste<br />
Türstörungen herbeiführten.<br />
Dass aus gleichem Grund die Trittkästen<br />
an den Türen sehr rostanfällig sind, erkannte<br />
die Düwag bereits bei der Entwicklung<br />
des Fahrzeuges und führte diese deshalb von<br />
Anfang an aus Glasfaserverstärktem Kunststoff<br />
(GfK) aus.<br />
Zwischen 1969 und 1971 trafen die 20 Gelenkwagen vom Typ Mannheim per Eisenbahn in Mannheim<br />
ein, hier die Abladung des Tw 456 im Betriebshof Möhlstraße WERNER RABE, SLG. YANNICK SCHÄFFNER<br />
Übersichtsplan der Düwag-Triebwagen vom Typ Mannheim. Der sechsachsige Gelenkwagen<br />
misst über Puffer knapp 20 Meter<br />
SLG. YANNICK SCHÄFFNER<br />
Sechsachser-Einsatzgebiet<br />
schrumpft durch Netzreform<br />
Das Betriebskonzept der Verkehrsbetriebe<br />
sah ab den 1960er-Jahren vor, kleine Fahrzeugeinheiten<br />
in dichten Taktabständen einzusetzen.<br />
Dies war auch nötig, denn ein<br />
Sechsachser konnte nicht die gleiche Anzahl<br />
von Fahrgästen aufnehmen wie Zwei- oder<br />
Dreiwagenzüge aus Zweiachsern.<br />
Doch zeigte sich schon Ende der 1980er-<br />
Jahre, dass dies wirtschaftlich für einen<br />
Straßenbahnbetrieb nicht mehr vertretbar<br />
war. Das Defizit der MVG war auf circa<br />
100 Millionen Mark jährlich angewachsen.<br />
Also setzte die MVG auf längere Fahrzeugeinheiten,<br />
wofür sie 1991/92 alte Sechsachser<br />
um ein niederfluriges Mittelteil ergänzte.<br />
In den Jahren 1994/95 beschaffte<br />
Mannheim 50 je 30 Meter lange Niederflurwagen,<br />
die den größten Teil der Sechsachser<br />
ersetzen sollten.<br />
Das alte Linienkonzept mit mehreren Linien<br />
im 15-Minuten-Takt je Ast wich 1995<br />
einem neuen Liniennetz, das je Streckenast<br />
nur noch eine Linie im 10-Minuten-Takt<br />
vorsah. Hierfür wiesen die verbliebenen<br />
Sechsachser ein zu geringes Fassungsvermögen<br />
auf, was ihr Einsatzfeld stark einschränkte.<br />
Einsatzende und Ausverkauf<br />
Neben zahlreichen Sechsachsern des Standardtyps<br />
verkaufte die MVG in den Jahren<br />
1994 bis 1996 acht der 20 Wagen vom Typ<br />
Mannheim. Dabei gelangten drei Fahrzeuge<br />
ins sächsische Görlitz und fünf in die kroatische<br />
Hauptstadt Zagreb. Neben einigen<br />
Verstärkerfahrten waren die in Mannheim<br />
gebliebenen zwölf Wagen vor allem auf der<br />
Linie 2 (Feudenheim – Neckarstadt West)<br />
anzutreffen. Ab 2002 eintreffende Rhein-Neckar-Variobahnen<br />
verdrängten die „Mannheimer“<br />
nach und nach. Als die MVV Verkehr<br />
AG am 15. Juni 2003 das 125. Jubiläum<br />
der Mannheimer Straßenbahn feierte,<br />
waren auf der Linie 2 noch einmal ausschließlich<br />
Sechsachser des Typs Mannheim<br />
unterwegs. Sie trugen ein Transparent, dass<br />
es sich um den letzten Einsatztag der sechsachsigen<br />
Fahrzeuge in Mannheim handele.<br />
Während fünf Triebwagen schon seit 2002<br />
im aufgegebenen Betriebshof Luzenberg standen<br />
und 2005 in den Schrott gingen, blieb Tw<br />
451 vorerst als Fahrschulwagen erhalten. Die<br />
Tw 453 bis 457 sowie 470 lagerte die Verkehrsgesellschaft<br />
nach kurzer Abstellzeit im<br />
stillgelegten Ludwigshafener Betriebshof<br />
Luitpoldhafen nach Edingen hinter die OEG-<br />
Wagenhalle aus. Im Jahr 2005 verkaufte die<br />
<strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 11 | 2014<br />
59
Fahrzeuge<br />
Daten & Fakten: Tw 455<br />
Hersteller: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Düwag<br />
Baujahr: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1969<br />
Typ: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . GT6 „Mannheim“<br />
Länge Wagenkasten: . . . . . . . . . . . . 19.095 mm<br />
Breite:. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.200 mm<br />
Einsatz in Mannheim als Tw 355:. . . 1969 bis 2003<br />
Einsatz in Helsinki als Tw 154: . . . 2005 bis 2013<br />
Rückkehr nach Mannheim:. . . . . . . . 17.12.2013<br />
Am 14. September 1984 begegnete Tw 455 an der Moltkestraße dem Tw 374 des GT6-Standardtyps.<br />
Tw 455 verfügte damals noch über die Düwag-Raute<br />
RALPH DISSINGER<br />
Rhein-Neckar-Verkehr GmbH (RNV) die Tw<br />
451, 453, 455, 456 und 457 nach Helsinki,<br />
wo der Verkehrsbetrieb in der finnischen<br />
Hauptstadt aufgrund mittelfristiger Fahrzeugengpässe<br />
aufgrund der mangelnden Wintertauglichkeit<br />
der dortigen Variobahnen auf<br />
der Suche nach robusteren Fahrzeugen war.<br />
Die beiden übrigen „Mannheimer“, die Tw<br />
454 und 470, gingen 2004/05 in Edingen den<br />
Weg des alten Eisens. Somit war in Mannheim<br />
kein einziger Vertreter des Typs Mannheim<br />
mehr vorhanden. Bei der Verkehrsgesellschaft<br />
Görlitz (VGG) schieden die drei<br />
Wagen vom Typ Mannheim schon nach wenigen<br />
Jahren aus dem Linieneinsatz aus. Den<br />
ehemaligen Tw 465 ließ die Gesellschaft im<br />
Jahr 2000 zum Partywagen „Hopfenexpress“<br />
umbauen, die beiden anderen Wagen hingegen<br />
2003 verschrotten. Die fünf nach Zagreb gelangten<br />
Fahrzeuge erhielten dort eine Neugestaltung<br />
des Innenraums und fahren heute teilweise<br />
im ostkroatischen Osijek.<br />
Ein „Mannheimer“<br />
soll zurückkommen<br />
Vier der fünf nach Helsinki verkauften Wagen<br />
ließ der Verkehrsbetrieb der Stadt Helsinki<br />
(HKL) nur geringfügig umbauen und<br />
setzte sie als Tw 151 bis 154 ein (der Tw<br />
451 diente als Ersatzteilspender). Als sich<br />
deren Einsatzende 2012 abzeichnete, erkannten<br />
die Mitglieder der Interessengemeinschaft<br />
Nahverkehr Rhein-Neckar e.V.<br />
(IGN) die Möglichkeit, ein solches Fahrzeug<br />
als Museumswagen zu sichern. Daraufhin<br />
trat der Verein mit dem HKL in Kontakt.<br />
Der Verkehrsbetrieb erklärte sich bereit, das<br />
Vorhaben zu unterstützen und einen Wagen<br />
kostenlos abzugeben.<br />
Nachdem die Rhein-Neckar-Verkehr<br />
GmbH (RNV), die seit 2005 den Betrieb der<br />
Straßenbahnen in Mannheim, Ludwigshafen<br />
und Heidelberg sowie auf den Überlandbahnen<br />
OEG und RHB abwickelt, ihre<br />
Zustimmung gegeben hatte, begann die Suche<br />
nach einer Spedition, die in der Lage<br />
war, einen Gelenktriebwagen von Helsinki<br />
nach Mannheim zu transportieren. Im Sommer<br />
2013 begann der Verein mit der Einholung<br />
von Angeboten. Sie bewegten sich jeweils<br />
im Bereich von 20.000 Euro. Da die<br />
Mittel der Straßenbahnfreunde derzeit<br />
durch die Restaurierung des Heidelberger<br />
Tw 44 (Baujahr 1925) beim Geraer Ver-<br />
kehrsbetrieb gebunden sind, versuchten einige<br />
Mitglieder den nötigen Betrag privat<br />
aufzubringen. Auf Spenden außerhalb des<br />
Vereins konnte nur in sehr geringem Maße<br />
zurückgegriffen werden.<br />
Eine glückliche Fügung war es, als der<br />
HKL vorschlug, die Leerfahrt eines finnischen<br />
Tiefladers nach Deutschland für die<br />
Überführung zu nutzen. Da einige HKL-<br />
Fahrzeuge aus den 1980er-Jahren in Halberstadt<br />
eine Komplettsanierung erhalten,<br />
bot die Geschäftsleitung in Helsinki dem<br />
deutschen Verein an, dass er lediglich den<br />
Umweg des Lkw über Mannheim zur Abholung<br />
eines überarbeiteten Wagens aus<br />
Halberstadt zahlen müsse. Darauf gingen<br />
die Straßenbahnfreunde ein. Ein Mitglied<br />
der IGN reiste daraufhin nach Helsinki, um<br />
den zur Abgabe auserkorenen Tw 154 (ex<br />
MVG-Tw 455, Baujahr 1969) zu besichtigen<br />
und die Details abzusprechen. Die übrigen<br />
„Mannheimer“ ließ der HKL bis Ende<br />
2013 zerlegen.<br />
Ein vorgezogenes<br />
Weihnachtsgeschenk<br />
Am Abend des 17. Dezember 2013 traf der<br />
Tw 154 auf einem finnischen Tieflader im<br />
Mannheimer Betriebshof Möhlstraße ein,<br />
von wo aus er bis 2003 im Linienverkehr<br />
eingesetzt worden war. Für die Mitglieder<br />
der IGN war das eine Art „vorgezogenes<br />
Weihnachtsgeschenk“. Tags darauf gleisten<br />
Mitarbeiter der RNV-Schwerpunktwerkstatt<br />
In Ludwigshafen montierten Mitglieder der IG Nahverkehr Rhein-Neckar<br />
e.V. (IGN) im Januar dieses Jahr einen noch vorhandenen Scherenstromabnehmer<br />
auf dem Tw 455 YANNICK SCHÄFFNER (2)<br />
Der Tw 455 nach seiner Rückkehr am 17. Dezember 2013 in Mannheim:<br />
Die Finnen haben neben einigen Ersatzteilen auch mehrere Dachaufbauten<br />
im Inneren des Wagens nach Deutschland gebracht<br />
60<br />
<strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 11 | 2014
Düwag-Typ Mannheim<br />
Erinnerung an Einsatz in Finnland: Am 11. Dezember 2009 entstand diese Aufnahme des in Helsinki als Tw 154 geführten ex Mannheimer<br />
Tw 455 an der Haltestelle Hakaniemi. Insgesamt gab es fünf Wagen vom Typ Mannheim in Helsinki<br />
RALPH DISSINGER<br />
den Sechsachser wieder auf. Zur Freude des<br />
Vereins hatten die HKL-Mitarbeiter im Innenraum<br />
des Wagens noch einige Teile des in<br />
Helsinki verbliebenen Tw 153 (ex MVG<br />
457) mitgeliefert. Denn insbesondere spezielle<br />
Bauteile für die Klimaanlage oder die<br />
gewölbten Heckscheiben sind nur schwer zu<br />
beschaffen.<br />
Vom Betriebshof Möhlstraße gelangte<br />
das Fahrzeuge anschließend in den Ludwigshafener<br />
Betriebshof Rheingönheim,<br />
wo ihm die RNV als Nachfolgeunternehmen<br />
der Mannheimer Verkehrsgesellschaft<br />
einen geschützter Platz in der Wagenhalle<br />
zur Verfügung gestellt hat. Dort montierten<br />
die Mitglieder der IGN im Januar dieses<br />
Jahres einen noch vorhandenen Scherenstromabnehmer<br />
(in Finnland waren die<br />
Wagen mit Einholmstromabnehmern unterwegs).<br />
Seitdem die Vereinsmitglieder einen<br />
für 600 Volt Spannung ausgelegten<br />
finnischen Umformer gegen einen für die<br />
im RNV-Netz gebräuchlichen 750 Volt geeigneten<br />
getauscht haben, kann sich der<br />
Tw 455 wieder aus eigener Kraft bewegen.<br />
Angestrebt ist nun eine betriebsfähige Aufarbeitung<br />
gemäß BOStrab im jetzigen äußerlichen<br />
Zustand. Langfristig ist hingegen<br />
vorgesehen, das Fahrzeug wieder in seinen<br />
Mannheimer Urzustand zurückzuversetzen.<br />
Hierzu sind die Mitglieder der IGN<br />
jedoch auf Spenden und Helfer ange -<br />
wiesen.<br />
YANNICK SCHÄFFNER<br />
Kontodaten für Spenden<br />
Zur Aufarbeitung des letzten Mannheimer Gelenkwagens<br />
vom Typ „Mannheim“ in Mannheim<br />
nehmen die Mitglieder der IGN Rhein-Neckar e.V.<br />
gern Spenden entgegen. Die Bankdaten lauten:<br />
Kontoinhaber: . . . . . . . . . IGN Rhein-Neckar e.V.<br />
Kontonummer: . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33217811<br />
BLZ: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 670 505 05<br />
Bank: . . . . . . . . . . Sparkasse Rhein Neckar Nord<br />
Stichwort: . . . . . . . Aufarbeitung Typ Mannheim<br />
Da die IGN als gemeinnützig anerkannt ist, sind<br />
Spenden steuerlich absetzbar. Weitere Informationen<br />
gibt es unter www.ign-ev.de<br />
Der von der RNV heute als Fahrschulwagen genutzte ex RHB-Überlandsechsachser 1018 schleppte<br />
am 18. Dezember 2013 den am Vortag nach Mannheim heimgekehrten Tw 455 zu seinem<br />
aktu ellen Stellplatz nach Ludwigshafen, hier an der Haltestelle Rheinstraße YANNICK SCHÄFFNER<br />
<strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 11 | 2014<br />
61
Geschichte<br />
Einst<br />
&Jetzt<br />
Seit der feierlichen Eröffnung am 22. Januar 1898<br />
rollen elektrische Straßenbahnen durch Frankfurt an<br />
der Oder und seit jeher befand sich an der Bachgasse<br />
im Stadtzentrum der Betriebshof, der mit der Ausdehnung<br />
des Netzes und dem zunehmenden Wagenpark<br />
nach und nach vergrößert wurde. Neben einigen<br />
Streckenstilllegungen und Neutrassierungen<br />
kam es insbesondere in den 1980er-Jahren zu mehreren<br />
Streckenverlängerungen, außerdem begann der<br />
Bau eines zweiten Betriebshofs in Neuberesinchen,<br />
von dem der VEB Kombinat Kraftverkehr Stamm -<br />
betrieb Frankfurt (Oder) eine Wendeschleife und<br />
erste Abstellgleise 1988 einweihte.<br />
So stand in der Bachgasse am 17. Juni 1988 der Hof<br />
voll mit diversen Reko- und Gotha-Zweiachsern;<br />
aber auch die ersten KT4D-Gelenkwagen sind zu<br />
sehen. Zwischen 1987 und 1990 trafen insgesamt<br />
34 dieser Tatrawagen in Frankfurt ein.<br />
Die 1990er-Jahre brachten erhebliche Veränderungen,<br />
auch für die Straßenbahn, da der sprunghaft<br />
zunehmende Autoverkehr und die Schließung großer<br />
Unternehmen die ÖPNV-Verkehrsströme deutlich<br />
drosselten und weniger Fahrzeuge benötigt wurden.<br />
So räumte die 1990 gegründete Stadtverkehrsgesellschaft<br />
mbH Frankfurt (Oder) nach Fertigstellung<br />
des Depots in Neuberesinchen das alte an der Bachgasse<br />
im Juni 1999. Es steht heute weitgehend leer<br />
und beherbergt nur noch in einem Teil die Museumswerkstatt<br />
für Technik und Verkehr, vor der am<br />
18. Mai 2012 gerade der vorbildlich restaurierte<br />
Gotha-Zweiwagenzug Tw 49 + Bw 113 auf seine<br />
Abfahrt wartete.<br />
TEXT UND FOTOS: BERNHARD KUSSMAGK<br />
62<br />
<strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 11 | 2014
Einst & Jetzt<br />
<strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 11 | 2014<br />
63
Geschichte<br />
Als die Zeit<br />
stillstand<br />
Die letzten Jahre von Bochums<br />
Linie 305 Bis zum 2. September<br />
1989 verkehrte zwischen der Bochumer<br />
Innenstadt und Herne die Straßenbahnlinie<br />
305. Am gleichen Tag nahm vor<br />
25 Jahren die U35 ihren Betrieb auf.<br />
Zuvor war die Linie 305 eine Hochburg<br />
für klassische Düwag-GT6 …<br />
Am 2. September jährte sich zum 25.<br />
Mal die Umstellung der Straßenbahnlinie<br />
305 zwischen Bochum und<br />
Herne auf die Linie U35. Aus diesem<br />
Anlass gab es 1989 verschiedene Feierlichkeiten<br />
in Herne und auf der Strecke verkehrten<br />
mehrere geschmückte Sonderwagen – danach<br />
endete die bewegte Geschichte dieser Linie:<br />
Etwa ab 1870 wuchsen die Städte an<br />
Rhein und Ruhr stark und unstrukturiert.<br />
Das ursprüngliche Abbaugebiet an der<br />
Ruhr war weitgehend ausgekohlt, so dass<br />
die Unternehmen neue Zechen weiter nördlich<br />
bis zur Lippe hin eröffneten, in ihrem<br />
Gefolge die Schwerindustrie und zahlreiche<br />
Werkssiedlungen. So entstanden neben den<br />
stark wachsenden Städten punktförmig<br />
neue Industriezentren und Wohnviertel in<br />
ansonsten ländlich geprägter Landschaft.<br />
Das neue Verkehrsmittel Straßenbahn ermöglichte<br />
die Erschließung von Stadt und<br />
Land, es setzte ein beispielloser Boom ein,<br />
neue Strecken wurden schnell und günstig<br />
gebaut. Ziel der Kerngemeinden war es vorrangig,<br />
möglichst viele der aufstrebenden<br />
Umlandgemeinden an sich zu binden. So<br />
entstanden zahlreiche kleine und größere,<br />
teilweise kurzlebige Straßenbahnbetriebe,<br />
die im Ergebnis des rasch einsetzenden Konzentrationsprozesses<br />
als Bogestra und Vestische<br />
Straßenbahnen umfangreiche Netze<br />
betrieben. Nachdem in Dortmund und<br />
Duisburg seit 1881 Pferdebahnen verkehrten,<br />
nahm im August 1893 in Essen<br />
die erste elektrische Straßenbahn des<br />
Ruhrgebietes den Verkehr auf. Am 1.<br />
März 1894 fuhr die „Elektrische“ durch<br />
Dortmund.<br />
Dritte elektrisch betriebene<br />
Straßenbahn im „Pott“!<br />
Als dritter elektrischer Straßenbahnbetrieb<br />
entstand im gleichen Jahr die meterspurige<br />
Verbindung Bochum – Herne, welche<br />
64 <strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 11 | 2014
Bochums Linie 305<br />
Eine typische Szene für die Linie 305: Nicht ländlich,<br />
aber auch nicht besonders großstädtisch<br />
prägen die ineinander übergehenden Vorstädte<br />
von Bochum und Herne das Bild.<br />
Tw 29 trug am 28. Juni 1989 auf der Herner<br />
Straße seine ursprüngliche Lackierung<br />
die Firma Siemens & Halske am 23. November<br />
1894 eröffnete und von Anfang an<br />
elektrisch betrieb.<br />
Mitte Januar 1896 übernahm die neu gegründete<br />
Bochum-Gelsenkirchener Straßenbahn<br />
(Bogestra) die Verwaltung der<br />
6,88 Kilometer langen Linie. Am 1. Januar<br />
1908 gliederte die Bogestra die Strecke in<br />
ihr stark anwachsendes Liniennetz voll-<br />
Eingleisig verlief die Umleiterstrecke durch die<br />
Herner Schulstraße und über den Platz an der<br />
Kreuzkirche, den Tw 24 überquerte, bevor er in<br />
die Bochumer Straße wechseln konnte<br />
FOTOS, WENN NICHT ANDERS ANGEGEBEN: CHRISTIAN WENGER<br />
<strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 11 | 2014<br />
65
Geschichte<br />
Mit Vollwerbung für den Getränkehersteller „Schlör“<br />
war der Tw 288 am 15. September 1982 nach Recklinghausen<br />
unterwegs. 1989 sah es hier unverändert<br />
aus – die Zeit stand still<br />
WOLFGANG MEIER<br />
ständig ein. Nach Verkehrsrückgängen<br />
durch den Ersten Weltkrieg setzte der<br />
Boom Anfang der 1920er-Jahre wieder ein.<br />
In dieser Zeit erweiterte die Bogestra das<br />
Netz und baute wichtigsten Strecken aus.<br />
Nach Einführung von Liniennummern bekam<br />
die Strecke Herne – Bochum – Hattingen<br />
die 8 im Bochumer Netz. Die Linie 8a<br />
von Herne zum Bochumer Hauptbahnhof<br />
befuhr in der Bochumer Innenstadt einen<br />
Alternativabschnitt.<br />
Die Nachkriegsentwicklung<br />
Ab 1950 gab es zwischen den beiden Städten<br />
Bochum und Herne wieder einen Gemeinschaftsverkehr<br />
mit den Vestischen Straßenbahnen.<br />
Einen solchen hatte es bereits<br />
von Ende der 1920er-Jahre bis 1939 gegeben.<br />
Die 32,9 Kilometer lange Linie 8 Recklinghausen<br />
– Herne – Bochum – Linden –<br />
Hattingen – Blankenstein war in dieser Zeit<br />
die längste im Ruhrgebiet. Die Linie 18 verstärkte<br />
zwischen Recklinghausen und Linden<br />
auf einen 10-Minuten-Takt und endete<br />
in Dahlhausen. In den 1950er-Jahren reagierten<br />
die Stadtplaner auf die geänderten<br />
66 <strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 11 | 2014
Bochums Linie 305<br />
Unweit des Bergbaumuseums unterquerte<br />
die Linie 305 auf der Herner<br />
Straße die Güterumgehung Bochum<br />
Nord. Der Tw 291 trug am 5. Juli 1989<br />
eine auffällige Werbebeklebung für<br />
einen Tabakhersteller<br />
Wenige Meter vor Erreichen der Wendestelle am Herner Bahnhof verlässt der Triebwagen 8 am<br />
12. Juni 1989 die damals befahrene Umleiterstrecke in der Vinckestraße<br />
Verkehrsbedingungen. Sie ordneten im Zusammenhang<br />
mit dem Neubau des Bochumer<br />
Hauptbahnhofs etwa 800 Meter östlich<br />
des kriegszerstörten Vorgängerbaus das innerstädtische<br />
Straßenbahn- und Straßennetz<br />
neu. Die Bogestra baute dazu die zentralen<br />
Linien aus, weniger frequentierte Tangentiallinien<br />
stellte sie auf Busbetrieb um. Die Linie<br />
Bochum – Herne verlief nun weitgehend<br />
in Mittellage einer vierspurigen Straße.<br />
Doch die Zukunft der Straßenbahn sollte in<br />
Bochum im Tunnel liegen. Zwischen 1979<br />
und 2006 verschwanden alle Straßenbahnstrecken<br />
in der Bochumer Innenstadt unter<br />
der Erde.<br />
Die U35 soll die Linie 8<br />
bzw. Linie (30)5 ablösen<br />
Von den großflächigen Plänen zur Umstellung<br />
auf einen normalspurigen U-Bahnbzw.<br />
Stadtbahnbetrieb blieb nur die U35<br />
zwischen Herne und Bochum-Hustadt.<br />
Baubeginn der weitgehend parallel zur Linie<br />
8 verlaufenden Trasse war Ende 1973 und<br />
brachte dieser in den Folgejahren zahlreiche<br />
Behinderungen. In Herne leitete die Boge-<br />
Stationsnamen der Linien 305 (Ende 70er) und U35 (heute)<br />
GRAFIKEN: SLG. W. MEIER (LINKS)/R. SCHWANDL<br />
<strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 11 | 2014<br />
67
Geschichte<br />
Am 28. Juni 1989 begegneten sich der mit Vollwerbung versehene Düwag-Sechsachser Nr. 281 und der klassisch lackierte Triebwagen 292 an der<br />
Halte stelle Grummer Straße in Bochum Riemke. In der Nähe befindet sich heute das Depot der Fahrzeuge für die U35<br />
stra die Straßenbahn eingleisig mit Ausweiche<br />
durch die Schulstraße und Vinckestraße.<br />
Dieses Provisorium blieb bis zur Umstellung<br />
auf die Stadtbahn. Mit Eröffnung<br />
des ersten Bochumer Tunnelabschnittes im<br />
Mai 1979 tauschte die Bogestra verschiedene<br />
Linienäste. Der Verlauf dieses Tunnels<br />
sah eine Verknüpfung der Linien nach Hattingen<br />
und Gerthe vor, auf dieser Verbindung<br />
verblieb das Liniensignal 8. Seitdem<br />
verkehrte eine Linie 5 (ab 1. Januar 1980 im<br />
VRR als Linie 305 bezeichnet) von Recklinghausen<br />
über Herne und Bochum Hauptbahnhof<br />
über die neugebaute Verbindung<br />
durch die Universitätsstraße nach Hustadt.<br />
Am 4. Oktober 1982 endete der Straßenbahnbetrieb<br />
bei der Vestischen, die Bogestra<br />
nahm daraufhin die Linie 305 im Norden<br />
bis zum Herner Hauptbahnhof zurück.<br />
Nach Fertigstellung der Tunnelabschnitte<br />
Ein Einzelstück blieb<br />
der als einziges älte -<br />
res Fahrzeug rot/weiß<br />
lackierte Triebwagen<br />
290, hier beim Über -<br />
queren einer längst<br />
abgebauten Anschlussbahn<br />
auf der<br />
Stadtgrenze Herne –<br />
Bochum<br />
Ende der 1980er-Jahre präsentierte sich die<br />
Linie 305 wie vor Arbeitsbeginn – wie die<br />
die Aufnahmen dieses Beitrages aus dieser<br />
Zeit beweisen. Nur die noch geschlossenen<br />
Tunneleingänge an den zukünftigen Haltestellen<br />
der U35 ließen vor dem 2. September<br />
1989 die Zukunft erahnen.<br />
Nach der Umstellung auf die U35, die<br />
zwischen Bochum und Herne komplett unterirdisch<br />
verläuft, ließ die Bogestra zuerst<br />
nur die Oberleitungen der eingestellten Linie<br />
305 entfernen. Der Rückbau der Gleise ist<br />
abschnittsweise bis heute noch nicht erfolgt.<br />
Mit der Inbetriebnahme der U35 verkürzte<br />
sich übrigens die Fahrzeit zwischen<br />
Bochum und Herne gegenüber der Linie<br />
305 von 30 auf 14 Minuten. Im Jahr 1993<br />
nahm die Bogestra die Verlängerung der regelspurigen<br />
U35 vom Bochumer Hauptbahnhof<br />
nach Hustadt in Betrieb – die in<br />
den 1960er-Jahren geplanten Erweiterungen<br />
nach Recklinghausen und Witten blieben<br />
hingegen ohne Umsetzung …<br />
CHRISTIAN WENGER<br />
Der Fahrzeugeinsatz<br />
Die Bogestra beschaffte von 1957 bis 1969 insgesamt 91 GT6 in Zweirichtungsausführung.<br />
Diese trafen in Serien ein: Tw 261 bis 298 von 1957 bis<br />
1959, die Tw 1 bis 32 in den Jahren 1961/62 sowie die Tw 33 bis 53 von<br />
1967 bis 1969. Die Wagen der dritten Bauserie ließ die Bogestra in den<br />
1980er-Jahren für den Betrieb im 1984 eröffneten Gelsenkirchener Tunnel<br />
stärker motorisieren. Auf der Linie 305 prägten die älteren, cremefarbenen<br />
GT6 mit grünen Zierstreifen das Bild – ergänzt durch einige Werbewagen.<br />
68 <strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 11 | 2014
Aachen<br />
SLG. REINER BIMMERMANN<br />
Nie wieder Krieg!<br />
Der Zweite Weltkrieg in Aachen vor 70 Jahren In Vorbereitung einer Veröffentlichung<br />
fiel Reiner Bimmermann eine Aufnahme vom Geschehen vor den Toren der Stadt Aachen vor<br />
fast auf den Tag genau sieben Jahrzehnten in die Hände. Doch was hat es damit auf sich?<br />
Aachen im Oktober 1944: Nach den<br />
schweren Luftangriffen der Alliierten<br />
auf die alte deutsche Kaiserstadt<br />
im Vorjahr war die Straßenbahnverwaltung<br />
dazu übergegangen, alle<br />
Fahrzeuge nach Betriebsschluss aus dem<br />
Aachener Talkessel herauszufahren und auf<br />
den acht ins Umland führenden Außenstrecken<br />
abzustellen. Dazu gab es einen genauen<br />
Aufstellplan mit in alle Richtungen verkehrenden<br />
Personalwagen, die die Fahrer<br />
und Schaffner zu ihren Zügen brachten<br />
bzw. abholten.<br />
Auf der Linie 17 nach Altenberg fanden die<br />
im September 1944 auf deutschen Boden eingerückten<br />
amerikanischen Soldaten den<br />
abgestellten Bw 507 der Aachener Straßenbahn<br />
in der Ausweiche Bildchen. Als Propaganda<br />
für die amerikanische Soldatenzeitung<br />
„Stars and Stripes“ beschrieben sie den Zweiachser<br />
mit den Parolen „Aachen Express“,<br />
„Heil Heel“ (im Amerikanischen für „Hallo<br />
Schurke!“) sowie einem Spruch, der übersetzt<br />
„Einwegfahrt – nur nach Berlin“ heißt. In Anlehnung<br />
an die deutschen „Wunderwaffen“<br />
V1 bis V3 trugen die „GIs“ außerdem die Bezeichnung<br />
V13 auf. Danach beluden die Soldaten<br />
den Beiwagen mit Munition und<br />
Sprengstoff, wobei oben abgebildete Propagandaaufnahme<br />
entstand. Anschließend zog<br />
oder schob ein Jeep oder Lkw den Beiwagen<br />
auf dem Bahnkörper etwa einen Kilometer<br />
durch den Aachener Wald bergauf bis zum<br />
Brechpunkt der Strecke an der Waldschenke.<br />
Von dort ließen die Soldaten das Fahrzeug die<br />
fast neun Prozent steile Gefällstrecke in den<br />
Aachener Talkessel hinunterrollen. In der am<br />
Fuß der Steigung gelegenen Ausweiche<br />
Grundhaus explodierte der Wagen und<br />
brannte aus.<br />
Fakt ist, dass das ausgebrannte Gerippe<br />
nach 1945 dort spielenden Jungs als „Abenteuerspielplatz“<br />
diente. Ein noch lebender,<br />
1933 geborener Zeitzeuge bestätigte mir die<br />
Geschichte.<br />
Das Foto des beladenen Beiwagens erschien<br />
am 19. Oktober 1944 in der amerikanischen<br />
Soldatenzeitung „Stars and Stripes“<br />
und ging rund um die Welt. Sogar in<br />
australischen Blättern war der Aachener Beiwagen<br />
im Zusammenhang mit der Einnahme<br />
Aachens als erste deutsche Großstadt zu<br />
sehen. Zwei Tage später war der Zweite<br />
Weltkrieg in Aachen zu Ende. Am 21. Oktober<br />
1944 kapitulieren die letzten deutschen<br />
Soldaten in der total zerstörten alten<br />
Kaiserstadt. REINER BIMMERMANN<br />
<strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 11 | 2014<br />
69
Geschichte<br />
Goldene Zeit für<br />
Beiwagenfreunde<br />
Die Nürnberger Straßenbahn vor 20 Jahren Im März 1994 besuchte ein Oldenburger Nahverkehrsfreund<br />
im Rahmen seiner Bayernreise auch die Frankenmetropole. Hier galt sein Hauptinteresse<br />
den unverwechselbaren Vier- und Sechsachsern. Aber er beobachtete auch andere Dinge …<br />
Im Jahre 1994 kündigten sich bei allen<br />
bayerischen Straßenbahnbetrieben<br />
durchgreifende Änderungen an: Niederflurwagen<br />
waren bestellt, Prototypen<br />
in Augsburg und München bereits unterwegs,<br />
so dass die Betriebe ihr gewohntes<br />
Gesicht verlieren würden. Unter diesen Vorzeichen<br />
beschloss der Oldenburger Straßenbahnfreund<br />
Stefan Hinder sein „Projekt<br />
Bayerntram“: Innerhalb einer sechstägigen<br />
Rundreise besuchte er im März 1994 die<br />
vier bayerischen Straßenbahnbetrieben<br />
Augsburg, München, Nürnberg und Würzburg.<br />
Nachdem der Norddeutsche in den<br />
vergangenen drei Heften die Situation vor<br />
20 Jahren in Würzburg, Augsburg und<br />
München vorstellte, folgen hier nun seine<br />
Eindrücke aus Nürnberg.<br />
Alle ex N6S als Achtachser unterwegs<br />
Nach drei Nächten hieß es am Freitag, dem<br />
25. März 1994, vom Hotelzimmer „mit<br />
Fünfachser-Blick“ in Stadtbergen, Augsburgs<br />
westlicher Nachbarstadt, Abschied zu<br />
nehmen. Am frühen Nachmittag erreichte<br />
ich Nürnberg, die letzte Station meiner<br />
Rundreise. Wie üblich, stellte ich das Auto<br />
an einer Straßenbahn-Endstelle ab – in diesem<br />
Fall war das die Endstation Südfriedhof<br />
der Linie 8. Mit ihr ging es zunächst stadteinwärts,<br />
um das Gepäck in das im Zentrum<br />
gelegene Hotel zu bringen. Den restlichen<br />
Nachmittag verbrachte ich am<br />
70 <strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 11 | 2014
Nürnberg<br />
Mehrere Züge warten am 25. März 1994 in der damaligen Wendeschleife Luitpoldhain. Heute sind<br />
die Endstellen Luitpoldhain und Dutzendteich durch eine Neubaustrecke verbunden<br />
Im Verlauf der damaligen Linie 8 passierte<br />
die Straßenbahn 1994 vom Südfriedhof<br />
kommend zunächst eine Eisenbahnunterführung,<br />
um anschließend auf einer<br />
langen eingleisigen Brücke die weit -<br />
läufigen Anlagen des Nürnberger Rangierbahnhofes<br />
zu überqueren. Im Bild<br />
erklimmt der sechsachsige Tw 312 mit<br />
seinem Beiwagen am 26. März 1994<br />
gerade die Brückenrampe<br />
ALLE FOTOS: STEFAN HINDER<br />
Liniennetz Nürnberg 1994<br />
3 Tiergarten – Ziegelstein<br />
4 Dutzendteich – Thon<br />
6 Westfriedhof – Gibitzenhof<br />
7 Hbf – Bayernstraße<br />
8 Südfriedhof/Worzelsdorfer Straße – Erlenstegen<br />
9 Luitpoldhain – Thon<br />
Knotenpunkt Hauptbahnhof und mit der<br />
Bereisung der Streckenäste nach Dutzendteich,<br />
Luitpoldhain und zur Bayernstraße.<br />
In vielen Punkten ähnelte die Situation<br />
in Nürnberg derjenigen in München:<br />
Längst war die Straßenbahn nicht mehr<br />
Während seines zweitägigen Besuches im März 1994 beobachtete Stefan Hinder an beiden Tagen<br />
in der Schleife Christuskirche jeweils eine aus einem vierachsigen Trieb- und einem Beiwagen<br />
gebildete Garnitur in Bereitschaft. Am 26. März stand dort der Tw 237 mit einem Bw<br />
Hauptträger des ÖPNV, sondern hatte diese<br />
Rolle an U- und S-Bahn abgetreten.<br />
Lange Zeit war ihre Zukunft auch hier unsicher<br />
gewesen. Inzwischen hatte man sich<br />
allerdings zu ihrem Erhalt und Ausbau<br />
bekannt und als äußerlich erkennbares<br />
Zeichen hierfür das Niederflur-Zeitalter<br />
eingeläutet: Die zwölf neuesten Straßenbahnwagen<br />
361 bis 372 – ursprünglich<br />
Stadtbahnwagen vom Typ N6S aus dem<br />
Jahre 1977 – waren in den beiden Vorjahren<br />
mit Niederflur-Mittelteilen zu Achtachsern<br />
erweitert worden. Ihr Haupteinsatzgebiet<br />
war die Linie 6, vereinzelt sah<br />
man sie auch auf der Linie 8. Des Weiteren<br />
waren 14 komplett neue Niederflurwagen<br />
des MAN/AEG-Typs fest bestellt.<br />
Gefälliges Äußeres der Wagen<br />
Dennoch machte die Nürnberger Straßenbahn<br />
einen – nun ja, noch nicht wirklich veralteten,<br />
aber doch schon etwas angestaubten<br />
Eindruck. Das Rückgrat des Wagenparks<br />
bildeten die 56 von MAN in Düwag-Lizenz<br />
gebauten Einrichtungs-Sechsachser, die<br />
durchschnittlich 30 Jahre alt waren (Baujahre<br />
1962 bis 1966). Noch älter waren die<br />
14 noch vorhandenen vierachsigen Groß-<br />
<strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 11 | 2014<br />
71
Geschichte<br />
Ein eigenartiges Konstrukt war die Linie 7, die in ihrem Endabschnitt den 1938 angelegten<br />
Straßenbahntunnel befuhr. Im Bild verlässt Tw 212 II am 25. März 1994 den Tunnel und fährt<br />
in die weitläufige, aber kaum noch genutzte Schleife Bayernstraße ein<br />
raumtriebwagen aus den Jahren 1958 bis<br />
1960. Fast alle Züge waren mit vierachsigen<br />
Beiwagen behängt.<br />
All diesen Wagen gemeinsam war ein typisches,<br />
nur in Nürnberg zu findendes und recht<br />
gefälliges Äußeres, dessen Gestaltung sich zu<br />
dem Ende der 1930er-Jahre projektierten Einheitsstraßenbahnwagen<br />
zurückverfolgen lässt.<br />
Die Nürnberger Straßenbahn hatte damals<br />
eine größere Anzahl Zweiachser als Vorläufer<br />
dieses Typs beschafft (Tw 901 bis 930). Nach<br />
dem Zweiten Weltkrieg legte MAN diese Wagentype<br />
als Einrichtungswagen in modernisierter<br />
und etwas modifizierter Form wieder<br />
auf (Tw 101 bis 125 der 1952 bis 1954), und<br />
diese Wagen standen wiederum äußerlich Pate<br />
für die späteren Großraum- und Gelenkwagen.<br />
Diese boten ansonsten viel vom vertrauten<br />
Düwag-Fahrgefühl, denn die Falttüren<br />
stammten von Düwag, die Drehgestelle mit<br />
Tandemantrieb und die Gelenkkonstruktion<br />
Wagenpark Nürnberg 3/1994 (nur betriebsfähige Wagen des Personenverkehrs)<br />
Tw-Nr. Bauart Hersteller Baujahre Bemerkungen Anzahl<br />
212/13/35/37–39, 4x ER-Tw MAN 1958–60 Tw 212 in Zweitbesetzung 14<br />
241/42/49/50/55, 259/61/68<br />
301–330 6x ER-Gel-Tw MAN 1962/63 Einfachfalttüren vorne; Tw 311 und 328 unfallbeschädigt abgestellt 30<br />
331–356 6x ER-Gel-Tw MAN 1964/66 Doppelfalttüren vorne; Tw 340 und 356 unfallbeschädigt abgestellt 26<br />
361–372 8x ZR-Gel-Tw MAN/Düwag 1977 Typ N8SNf, ex N6S; 1992/93 mit Niederflur-Mittelteil nachgerüstet 12<br />
Gesamt (Triebwagen) 82<br />
Bw-Nr. Bauart Hersteller Baujahre Bemerkungen<br />
1531/33/34/36–42, 1550/52-54/56, 4x ER-Bw MAN 1959–66 – 66<br />
1558–92/95/96, 1598–1601<br />
Gesamt (Trieb- und Beiwagen) 148<br />
Im Hinblick auf starken Berufsverkehr war die Haltestelle Trafowerk an der Strecke zum Südfriedhof dreigleisig angelegt. Am 26. März 1994 hielt<br />
Stefan Hinder hier den sechsachsigen Triebwagen 321 mit einem Beiwagen auf der Linie 8 im Bild fest<br />
72 <strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 11 | 2014
Nürnberg<br />
ebenfalls. Auffällig bei den Sechsachsern war<br />
die dreiflügelige Falttür im Heck.<br />
Schwerpunkt Vierachser<br />
Mein Hauptaugenmerk galt allerdings den<br />
Vierachsern, denn ihr Ersatz in Gestalt der<br />
erwähnten 14 Niederflurzüge war bereits bestellt.<br />
Ihr Einsatzgebiet war recht gestreut;<br />
am Freitag sah ich drei Züge (Tw + Bw) auf<br />
der Linie 8, je einen auf den Linien 4 sowie<br />
9, und ein weiterer Zug stand in Bereitschaft<br />
in der Schleife Christuskirche. Die sicherste<br />
Bank, um Großraumwagen zu erwischen –<br />
allerdings ohne Beiwagen –, war jedoch die<br />
kurze Linie 7. Diese war erst kurz zuvor als<br />
Rest der stillgelegten Linie 13 gebildet worden<br />
und fuhr zwischen Hauptbahnhof und<br />
Bayernstraße. Ihr Endstück war geschichts -<br />
trächtig, denn zwischen Allersberger Straße<br />
und Bayernstraße befuhr sie die erste deutsche<br />
Unterpflasterstraßenbahnstrecke aus<br />
dem Jahre 1938. Die Nationalsozialisten<br />
hatten damals ihren Bau wegen des temporär<br />
hohen Verkehrsaufkommens (Reichsparteitage<br />
…) durchgesetzt. Von hohem Verkehrsaufkommen<br />
konnte allerdings 1994<br />
keine Rede mehr sein – zwei solofahrende<br />
Großraumwagen genügten zur Bedienung<br />
der Linie 7, und die weitläufige, menschenleere<br />
und offenbar langsam verfallende Endstation<br />
wirkte bizarr und bedrückend.<br />
Sonnenschein am letzten Tag<br />
Der letzte Tag meiner Rundreise brachte –<br />
entgegen der Vorhersage – recht viel Sonnenschein.<br />
Trotz des Samstags waren einige<br />
Großraumzüge im Einsatz: zwei auf der Linie<br />
8 und einer auf der Linie 9. Außerdem sah<br />
ich erneut eine Garnitur in Bereitschaft an der<br />
Christuskirche. Zunächst stand eine ausführliche<br />
Bereisung der Linie 8 zum Südfriedhof<br />
auf meinem Programm. Besonders interessant<br />
fand ich die Strecke im Bereich des<br />
Nürnberger Rangierbahnhofes: Die Straßenbahn<br />
unterquerte – vom Südfriedhof kommend<br />
– zunächst eine Eisenbahnstrecke, um<br />
dann eingleisig die weitläufige Brücke über<br />
den Rangierbahnhof zu erklimmen.<br />
Eigenartig wirkte auf mich der Plärrer,<br />
früher ein sehr belebter Verkehrsknoten, im<br />
Jahre 1994 nur noch von ganzen zwei Straßenbahnlinien<br />
bedient. Auf der anschließenden<br />
Umrundung der Nürnberger Burg<br />
erwischte ich auch den Tw 701 (MAN<br />
1913) auf der historischen Burgringlinie,<br />
die damals schon an Wochenenden unter<br />
der Liniennummer 5 verkehrte. Den Abschluss<br />
bildete die Linie 3 zum Tiergarten<br />
mit seiner idyllischen Wendeschleife und<br />
der eingleisig im Richtungsbetrieb befahre-<br />
In Mögeldorf fuhr die damalige Linie 3 zum Tiergarten eingleisig im Richtungsbetrieb. Hier ist<br />
der sechsachsige Tw 332 mit einem Beiwagen stadteinwärts unterwegs<br />
Der Tw 333 fährt mit einem Beiwagen durch<br />
die idyllische Endschleife Tiergarten der dama -<br />
ligen Linie 3. Die Wagen mit und ohne Ganzreklame<br />
hielten sich 1994 in etwa die Waage<br />
<strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 11 | 2014<br />
73
Geschichte<br />
Mit blaugoldener Ganzreklame, aber immerhin regionaltypisch<br />
für Nürnberger Lebkuchen, präsentiert sich der vierachsige Tw 259<br />
mit einem Beiwagen am Morgen des 26. März 1994 auf der Linie 8 an<br />
der Endstelle Südfriedhof/Worzelsdorfer Straße<br />
Und 20 Jahre danach?<br />
In Nürnberg ist das 1994 linienmäßig befahrene<br />
Straßenbahnnetz in den vergangenen 20 Jahren<br />
geschrumpft: von 39,5 auf knapp 34 Kilometer,<br />
die von fünf Straßenbahnlinien befahren werden.<br />
Den kurzen Neubaustrecken von Luitpoldhain<br />
nach Dutzendteich und vom Hauptbahnhof zum<br />
Aufseßplatz stehen die Stilllegung der Strecke<br />
nach Ziegelstein (wegen Erweiterung des U-Bahnnetzes)<br />
und die Verkürzung der Strecke zur Bayernstraße<br />
bis zur Tristanstraße (wegen Baumängeln<br />
am alten Straßenbahntunnel) gegenüber.<br />
Auch die Nordumrundung der Burg vom Friedrich-Ebert-Platz<br />
zum Rathenauplatz wird nicht mehr<br />
linienmäßig, sondern nur noch von der Oldtimer-<br />
Linie 15 befahren. Immerhin scheint der Bau der<br />
lange geplanten Verlängerung von Thon nach Buch<br />
nunmehr unmittelbar bevorzustehen.<br />
Den Wagenpark hat die VAG Nürnberg in den<br />
vergangenen zwei Jahrzehnten komplett erneuert<br />
– auch die mit Niederflurmittelteil nachgerüsteten<br />
Tw 361 bis 372 fahren nicht mehr. Der<br />
Straßenbahn-Fuhrpark umfasst drei verschiedene<br />
Typen von Niederflurwagen. In Summe stehen<br />
48 Triebwagen zur Verfügung – das ist eine<br />
bemerkenswert niedrige Zahl für eine 500.000-<br />
Einwohner-Stadt.<br />
nen Ortsdurchfahrt Mögeldorf. Danach<br />
ging es heim nach Oldenburg.<br />
Heute präsentieren sich alle vier bayerischen<br />
Betriebe in völlig anderem Gewand.<br />
Keinen von ihnen habe ich seit diesen Tagen<br />
im Frühjahr 1994 wieder besucht. Geblieben<br />
sind unwiederbringliche Eindrücke,<br />
zahlreiche Fotos – und die Freude darüber,<br />
auch die unverwechselbaren Nürnberger<br />
Vier- und Sechsachser gerade noch rechtzeitig<br />
erlebt zu haben. STEFAN HINDER<br />
Den Plärrer, früher ein sehr belebter Verkehrsknoten<br />
im Straßenbahnnetz, fuhren<br />
1994 nur noch von zwei Linien an. Hier begegnen<br />
sich die mit Niederflurmittelteil ausgestatten<br />
M6-Tw 361 und 370 auf der Linie 6<br />
74<br />
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Hier endet die kurze Stichstrecke,<br />
die vom Rundkurs abzweigt. Für die<br />
Fahrgäste der Straßenbahn ist ein<br />
Übergang auf die Eisenbahn möglich<br />
Auf dem Streckenabschnitt zum großen Straßenbahnhof treffen wir auf<br />
einen dreiteiligen Dresdner Gelenkzug, der im Eigenbau entstanden ist<br />
Hier sind wir auf dem neu entstandenen Anlagenteil. Ein Linienzug verlässt<br />
das Gleisdreieck, ein Solotriebwagen wartet noch auf Fahrgäste
Anlagenba<br />
Der dreiteilige Gelenkzug fährt in Richtung Stadt. Seit dem Bau des<br />
Gleisdreiecks lassen sich abwechslungsreiche Betriebsabläufe gestalten<br />
Tatütata, die Feuerwehr ist da ... Bus und Tram lassen den Einsatzfahrzeugen<br />
die Vorfahrt. Von einem Balkon aus wird das genau beobachtet<br />
Alte Wikingteile auf<br />
neuem Gleisdreieck<br />
Eine Eisenbahn mit ganz viel Tram n Matthias Bachmann aus Dresden baut die meisten<br />
Straßenbahnteile für seine TT-Anlage selbst. Alte Standmodelle sind dafür oft der Rohstoff<br />
Die Anlage von Matthias<br />
Bachmann aus Dresden ist<br />
keine reine Straßenbahnanlage,<br />
großen Raum nehmen<br />
auch Eisenbahnstrecken und -bauten<br />
ein. „50 Prozent Tram sind aber garantiert“<br />
schrieb Hobbyfreund Bachmann<br />
im SM 7/09, als er seine TTm-<br />
Anlage zum erstenmal vorstellte. Inzwischen<br />
sind fünf Jahre vergangen.<br />
Wie er nachfolgend berichtet, hat er<br />
die Zeit nicht nur zur Anlagenvergrößerung<br />
genutzt.<br />
„Seit Anfang 2014 habe ich für die<br />
Anlage ein eigenes Zimmer zur Verfügung,<br />
sodass sie endlich dauerhaft<br />
komplett aufgebaut werden konnte.<br />
Meine 1:120-Tramanlage ist U-förmig<br />
und besteht aus sechs Teilen.<br />
Gefahren wird auf 9-Millimeter-Gleis<br />
– teilweise im Straßenplanum, aber<br />
auch auf Überlandstrecken mit eingeschotterten<br />
Schienen.<br />
Ein neuer Anlagenteil<br />
Der Schwerpunkt meiner Anlage<br />
ist ein Rundkurs mit einem kleinen<br />
zweigleisigem Straßenbahnhof, der<br />
Umfahrung des Bahnbetriebswerkes,<br />
der Brücke mit Ausweichstelle und<br />
einer kleine Stadt. Von diesem Rundkurs<br />
geht eine Stichstrecke ab. Eine<br />
In der Altstadt dient eine Blockumfahrung zum Wenden der Linienzüge.<br />
Der Arbeitswagen bringt einen Wagen mit Bremssand zu den Endstellen<br />
Vorm Straßenbahnhof gibt es eine Gleisschleife mit Haltestelle für ausrückende<br />
oder endende Züge. Der Drei-Wagen-Zug ist ohne echtes Vorbild<br />
An der Haltestelle Wasastraße wartet ein Arbeitswagen. Bachmann baute<br />
ihn aus alten Wikingteilen und den Fahrwerken von H0e-Diesellokmotiven<br />
strassenbahn magazin 11|2014 77
aßenbahn im Modell<br />
Gleich durchfährt der Arbeitswagen mit seiner Bremssandfuhre das Stadttor. Die Reichsbahn bringt einen Waggon per Straßenroller zum Empfänger<br />
weitere Strecke führt zum großen<br />
Straßenbahnhof. Dieser befindet sich<br />
auf einer eigenen Platte. In den letzten<br />
Jahren ist ein neuer Anlagenteil<br />
mit einem Gleisdreieck entstanden.<br />
Hier habe ich die Gleise teilweise<br />
in Sand verlegt. Der Bau des neuen<br />
Anlagenteils ermöglicht mir jetzt<br />
dank des Gleisdreiecks deutlich interessantere<br />
Betriebabläufe. Gefahren<br />
wird im Analogbetrieb. Meine<br />
Oberleitung dient nicht zur Stromabnahme,<br />
aber trotzdem lege ich Wert<br />
darauf, dass alle Triebwagen mit angelegtem<br />
Stomabnehmer fahren. Um<br />
eine sichere Stromabnahme auch auf<br />
Weichen zu haben, sind einige Beiwagen<br />
mit Radschleifern und stromführenden<br />
Kupplungen versehen.<br />
Ohne Eigenbau geht‘s nicht<br />
Das Angebot an Fertigmodellen in TTm<br />
ist bekanntlich nicht sehr groß, deshalb<br />
ist Eigenbau für mich zwingend<br />
notwendig. Auch bei der Oberleitung<br />
Vorbei am Forsthaus und der Werkstatt fährt der dreiteilige Triebwagen<br />
durch die Bergstraße. Nach wenigen Metern erreicht er die Altstadt<br />
kam ich nur mit Eigenkonstruktionen<br />
zu dem gewünschten Ergebnis. Beim<br />
Bau der Straßenbahnfahrzeuge verwende<br />
ich vorwiegend alte Trammodelle<br />
von Wiking für die Aufbauten.<br />
Als Antriebseinheiten sind die H0e-<br />
Nach dem Verlassen der Haltestelle Wasastraße führen die Straßenbahngleise<br />
um den Ringlokschuppen der Eisenbahn herum. Gleich wird<br />
der Betriebsmittelpunkt Gittersee erreicht. In dem kleinen Depot können<br />
Fahrer oder auch ganze Tramzüge gewechselt werden. Die Namen<br />
der Haltstellen auf der Bachmann-Anlage sind in Dresden und Umgebung<br />
vorhanden, entsprechen aber im Aussehen nicht dem Vorbild<br />
Diesellok von Roco und verschiedene<br />
Spur-N-Lokomotiven gut geeignet.<br />
Zusätzlich verbaue ich Plasteplatten<br />
unterschiedlicher Stärken und Profile<br />
von Evergreen. Meine Modelle<br />
sind natürlich keine 100-prozentigen<br />
Nachbauten von Orginalfahrzeugen.<br />
Sie sind alle in Anlehnung an Dresdner<br />
Fahrzeuge und auch einigen der Thüringerwaldbahn<br />
sowie der Leipziger<br />
Verkehrsbetriebe entstanden.<br />
Dresdner MAN-Triebwagen<br />
Eines meiner ungewöhnlichsten Eigenbau-Fahrzeuge<br />
ist der dreiteilige<br />
Gelenkzug, den es früher in Dresden<br />
mal beim Vorbild gab. Die beiden<br />
einachsigen Endteile stützen sich auf<br />
dem zweiachsigen Mittelteil ab.<br />
In den letzten Jahren habe ich mehrere<br />
Tramfahrzeuge gebaut, darunter<br />
auch den Arbeitswagen zum Bremssandtransport,<br />
der auf einigen Bildern<br />
zu sehen ist. Aus Wikingteilen<br />
entstand auch ein Fahrzeug, das an<br />
Im Depot warten ein Mitteleinstiegswagen und ein Zweiwagenzug auf<br />
nächste Einsätze. Für Oberleitungsarbeiten gibt es zwei Fahrzeuge<br />
78 strassenbahn magazin 11|2014
Anlagenba<br />
Nach der Begegnung mit einem Linienzug fährt ein Gütertriebwagen durch die Altstadt zum großen Straßenbahndepot M. BACHMANN (13)<br />
den Dresdner MAN-Triebwagen erinnert.<br />
Einen großen Gütertriebwagen<br />
mit Bw für den Materialtransport habe<br />
ich aus Teilen von Güterwaggons<br />
aus dem TT-Modellbahnangebot gefertigt.“<br />
MATTHIAS BACHMANN/JOG<br />
n Haben Sie auch eine Anlage, ein<br />
Modul oder ein Trammodell gebaut?<br />
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Ergänzungen zum Titelbild SM 10/2014<br />
Eine Gratis-DVD für das Jubiläumsheft 300 – das sorgte für<br />
reichlich Hektik bei der Produktion. Damit die auf der Titelseite aufgeklebte<br />
DVD gut mit dem Titelbild korrespondiert, entschied sich<br />
die Redaktion in München kurzerhand, kein aktuelles Motiv vom<br />
„Tramathon“ aus Nordrhein-Westfalen zu verwenden, sondern<br />
Zu „Eine echte Straßenbahn!“<br />
(SM 10/2014)<br />
Hintergründe zu<br />
Neutrassierungen<br />
In diesem auf Seite 33 abgedruckten<br />
Kommentar zur Eröffnung der Straßenbahn<br />
nach Falkenberg wirft André Marks<br />
die Frage auf, ob es verboten sei, Neu-<br />
Auch Elloks Teil der<br />
Straßenbahn La Paz<br />
Aufgrund eines Missverständnisses<br />
ist im SM 10/2014 unter dem<br />
Beitrag „Höher <strong>hinauf</strong> fuhr keine“<br />
über die Straßenbahn in La Paz versehentlich<br />
Michael Russel als Textautor<br />
angegeben. Doch dieser Text<br />
stammt aus der Feder von Jörg Zimmer.<br />
Dieser fotografierte im Juli<br />
1968 auch die beiden Güterelloks<br />
der als Tram betriebenen Strecke<br />
von El Alto nach La Paz. Sein Sohn<br />
Michael Zimmer entdeckte sie<br />
knapp 40 Jahre später im Mai 2006<br />
im Depot von La Paz abgestellt. AM<br />
baustrecken im Straßenraum anzulegen.<br />
Um diese Frage kurz zu beantworten:<br />
Nein, es ist nicht verboten. Ob aber solche<br />
Strecken neu gebaut werden, hängt<br />
davon ab, wer sie bezahlt.<br />
Für gewöhnlich werden Neubaustrecken<br />
sofern das Investitionsvolumen (anbei<br />
bemerkt: Investitionen sind keine Kosten!)<br />
größer ist als 50 Millionen Euro über<br />
eine im Beitrag über Stuttgarts Reihe 300 nicht platzierte Aufnahme<br />
des Tw 381 zu verwenden. Damit gelangte jedoch versehentlich<br />
ein Fahrzeug auf die Titelseite, welches offiziell nicht zur<br />
Reihe 300 zählte. Leser wie Gottfried Bauer und Dieter Schlipf<br />
erklärte, dass die Stuttgarter Straßenbahnen AG (SSB) vielmehr<br />
Anfang der 1960er-Jahre zuvor innerhalb der Reihe 400 geführte<br />
Zweiachser für deren letzte Betriebsmonate mit den bisher unbesetzten<br />
380er Betriebsnummern versah. Hintergrund für diese<br />
Aktion war, dass die SSB weitere von der Maschinenfabrik Esslingen<br />
werksneu eintreffende GT4 mit den Betriebsnummern ab<br />
400 in Zweitbesetzung belegen wollten/belegt haben.<br />
Damit nicht Wagen in Erst- und Zweitbelegung einer Betriebsnummer<br />
zeitgleich unterwegs waren, erhielten die noch im Betriebsbestand<br />
befindlichen zweiachsigen „400er“ eine 380er<br />
Nummer. Äußerlich waren die Umbauwagen aus den alten Reihen<br />
300 und 400 für den Laien kaum zu unterscheiden, so dass<br />
die Münchner Redaktion nichtsahnend die Aufnahme vom Tw<br />
381 (ex Tw 429) am 21. Juli 1961 in der Unteren Königstraße auf<br />
den Titel nahmen … Wir bitten diesen Fehler zu entschuldigen.<br />
Die Fotografie von Wilhelm Eckert stammt aus der Sammlung<br />
von Wolfgang Meier.<br />
SM<br />
das 2019 zusammen mit den Entflechtungsmitteln<br />
auslaufende GVFG-Bundesprogramm<br />
zu 50 Prozent gefördert. Diese<br />
Mittel werden nur auf Neubauten gewährt,<br />
welche auf eigenen Bahnkörpern<br />
trassiert sind (vgl. §2(2) GVFG).<br />
Weitere Anteile kommen vom jeweiligen<br />
Bundesland. Die Länder erhalten vom<br />
Bund Entflechtungsmittel, die sie nach Belieben<br />
in den Neubau bzw. Ersatz von<br />
Verkehrsinfrastruktur oder Fahrzeugen investieren<br />
können. Ob Strecken im Straßenraum<br />
gefördert werden, legt jedes Bundesland<br />
individuell fest. Hessen macht dies<br />
beispielsweise, wie die Verlängerung in<br />
Darmstadt-Arheilgen zeigt. Baden-Württemberg<br />
hingegen schließt eine Förderung<br />
in seinem Landesgemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz<br />
aus. Ein Restanteil von<br />
zehn bis 30 Prozent des Investitionsvolumens<br />
muss die jeweilige Gemeinde selbst<br />
stemmen.<br />
Das heißt natürlich nicht, dass eine<br />
Strecke mit straßenbündigen Abschnitten<br />
generell nicht gefördert werden kann, bei<br />
Beantragung der Zuwendungsmittel muss<br />
jedoch der straßenbündige Anteil herausgerechnet<br />
werden. Er wird dann nicht<br />
gefördert. Beim derzeitigen Bau der Stadtbahn<br />
Nord in Mannheim wird beispielsweise<br />
ein etwa 500 Meter langer Streckenabschnitt<br />
im Straßenraum trassiert.<br />
Diesen muss die Stadt zwar komplett zahlen,<br />
dafür bietet er im Vergleich zur<br />
ursprünglichen Planung aus den 1970er-<br />
Jah ren eine bedeutend bessere Erschließung<br />
des Wohngebiets. Im Umkehrschluss<br />
zeigt diese Regelung aber auch, dass man<br />
zugunsten einer Förderung eine weniger<br />
attraktive Tangentiallösung hätte wählen<br />
können. Es werden in einem solchen Fall<br />
klar falsche Anreize gesetzt, die in anderen<br />
Fällen bereits nicht zur optimalen Lösung<br />
geführt haben. Im Sinne eines attraktiven<br />
und möglichst günstigen Nahverkehrs sollte<br />
es aber im Interesse des Zuwendungsgebers<br />
sein, diese Regelung fallen zu lassen.<br />
Ein neues GVFG – sofern es denn<br />
kommt – wäre dazu die richtige Gelegenheit.<br />
Yannick Schäffner, Mannheim<br />
Zu „Straßenbahngeschichte<br />
abgeschoben?“ (SM 10/2014)<br />
Depotstandort Kassel<br />
Beim Kürzen meines Textes über die<br />
historischen Fahrzeuge der Kasseler Straßenbahnen<br />
ist der Redaktion ein Fehler<br />
unterlaufen. So befindet sich die neue Halle<br />
des Technikmuseums nicht wie auf Seite<br />
10 veröffentlicht an der Ihringshäuser Straße<br />
(von dort stammen die Schienen, wie<br />
80<br />
<strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 11 | 2014
auf Seite 9 berichtet), sondern an der Wolfhager<br />
Straße, wo bis 1971 die Tramlinie 7<br />
nach Rothenditmold fuhr. Die eingleisige<br />
Strecke lag in der Bundesstraße 251 am<br />
südlichen Straßenrand, so dass die Wagen<br />
stadtauswärts dem Individualverkehr entgegen<br />
fuhren. 1971 ersetzten in diesem<br />
Bereich die Buslinien 18 und 19 die Tram,<br />
woran sich bis heute nichts geändert hat.<br />
Im Verkehrsentwicklungsplan 2030 ist<br />
aber wieder ein Schienenverkehr nach Rothenditmold<br />
und weiter bis Harleshausen<br />
(dorthin verkehren derzeit fünf Buslinien)<br />
vorgesehen. Falls es dazu wirklich kommt,<br />
dann hätte ein Schienenanschluss des<br />
Technikmuseums eine Chance.<br />
Übrigens: Wie ich kürzlich erfuhr, sei<br />
eine Wiederinbetriebnahme der Oldtimer<br />
denkbar. Robert Petzold, Kaufungen<br />
Zu „Darmstädter Beiwagen“<br />
(SM 9/2014)<br />
Fehlerteufel in Tabelle<br />
Vielen Dank für das hervorragende<br />
Heft. Ich habe aber drei Korrekturen zum<br />
Beitrag „Mitläufer durchaus gewollt“. So<br />
hätten in der Übersicht auf S. 48 für die<br />
SB6-Beiwagen die Betriebsnummern 181<br />
bis 202 angegeben werden müssen –<br />
nicht 171 bis 202. Außerdem fuhren die<br />
Beiwagen der Typen SB7 und SB8 nie hinter<br />
ST13-Triebwagen, da diese erst 1998<br />
geliefert worden sind. Die Aufnahme auf<br />
Seite 49 oben zeigt hinter dem Triebwagen<br />
zwei Beiwagen des Typs SB3 (Nummern<br />
132 bis 143), erkennbar an Dach und<br />
Nummer. Thomas Kern, Dinkelsbühl<br />
In diesen Fachgeschäften erhalten Sie das <strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong><br />
<strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 11 | 2014<br />
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Kornmarkt 7 · Fachbuchhandlung<br />
Hermann Sack, 04107 Leipzig,<br />
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Schweitzer Sortiment, 10117 Berlin,<br />
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Fachbuchhandlung, 10777 Berlin,<br />
Regensburger Str. 25 · Modellbahnen<br />
& Spielwaren Michael Turberg, 10789<br />
Berlin, Lietzenburger Str. 51 · Buchhandlung<br />
Flügelrad, 10963 Berlin,<br />
Stresemannstr. 107 · Modellbahn-<br />
Pietsch, 12105 Berlin, Prühßstr. 34<br />
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Buchhandlung Decius, 30159 Hannover,<br />
Marktstr. 52 · Train & Play, 30159<br />
Hannover, Breite Str. 7 · Pfankuch<br />
Buch, 38023 Braunschweig, Postfach<br />
3360 · Pfankuch Buch, Kleine Burg<br />
10, 38100 Braunschweig<br />
Postleitzahlgebiet 4<br />
Menzels Lokschuppen, 40217 Düsseldorf,<br />
Friedrichstr. 6 · Goethe-Buchhandlung,<br />
40549 Düsseldorf, Will -<br />
stätterstr. 15 · Modellbahnladen Hilden,<br />
Hofstr. 12, 40723 Hilden · Fach -<br />
buchhandlung Jürgen Donat, 47058<br />
Duis burg, Ottilienplatz 6<br />
Postleitzahlgebiet 5<br />
Technische Spielwaren Karin Lindenberg,<br />
50676 Köln, Blaubach 6-8 ·<br />
Modellbahn-Center Hünerbein, 52062<br />
Aachen, Augustinergasse 14 · Mayersche<br />
Buchhandlung, 52064 Aachen,<br />
Matthiashofstr. 28-30 · Buchhandlung<br />
Karl Kersting, 58095 Hagen, Berg -<br />
str. 78<br />
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Kerst & Schweitzer, 60486 Frankfurt,<br />
Solmsstr. 75<br />
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Stuttgarter Eisenbahn-u.Verkehrsparadies,<br />
70176 Stuttgart, Leuschnerstr. 35<br />
· Buchhandlung Wilhelm Messerschmidt,<br />
70193 Stuttgart, Schwabstr.<br />
96 · Buchhandlung Albert Müller,<br />
70597 Stutt gart, Epplestr. 19C · Eisen -<br />
bahn-Treffpunkt Schweickhardt,<br />
71334 Waiblingen, Biegelwiesenstr.<br />
31 · Osiandersche Buch handlung,<br />
72072 Tübingen, Unter dem Holz 25 ·<br />
Buch verkauf Alfred Junginger, 73312<br />
Geis lingen, Karlstr. 14 · Service rund<br />
ums Buch Uwe Mumm, 75180 Pforzheim,<br />
Hirsauer Str. 122 · Modellbahnen<br />
Mössner, 79261 Gutach, Landstr.<br />
16 A<br />
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Fachbuchzentrum & Antiquariat Stiletto,<br />
80634 München, Schulstr. 19 ·<br />
Augsburger Lok schuppen, 86199<br />
Augsburg, Gögginger Str. 110 · Verlag<br />
Benedikt Bickel, 86529 Schroben -<br />
hausen, Ingolstädter Str. 54<br />
Postleitzahlgebiet 9<br />
Buchhandlung Jakob, 90402 Nürnberg,<br />
Hefners platz 8 · Modell -<br />
spielwaren Helmut Sigmund, 90478<br />
Nürnberg, Schweiggerstr. 5 · Buchhandlung<br />
Rupprecht, 92648 Vohenstrauß,<br />
Zum Beckenkeller 2 · Fried rich<br />
Pustet & ., 94032 Passau, Nibe lun -<br />
gen platz 1 · Schöningh Buchhandlung<br />
& ., 97070 Würz burg, Franziskanerplatz<br />
4<br />
Österreich<br />
Buchhandlung Herder, 1010 Wien,<br />
Wollzeile 33 · Modellbau Pospischil,<br />
1020 Wien, Novaragasse 47 · Technische<br />
Fachbuch handlung, 1040 Wien,<br />
Wiedner Hauptstr. 13 · Leporello – die<br />
11./12. Oktober, Bremen: Modellbahntage<br />
im Straßenbahnmuseum „Das Depot“<br />
in Sebaldsbrück von jeweils 11 bis<br />
17 Uhr. Vorführung von Modellstraßenbahn-<br />
u. Modellbahnanlagen sowie<br />
Rundfahrten mit historischen Straßenbahnen.<br />
Eintritt: Erwachsene 3 Euro, Kinder<br />
1,50 Euro. Weitere Informationen unter:<br />
www.fdbs.net<br />
18. Oktober, Halle (Saale): Die Hallesche<br />
Straßenbahnfreunde e.V. laden von<br />
11 bis 17 Uhr ins Historische Straßenbahndepot<br />
auf die Seebener Straße 191 ein<br />
18. Oktober, München: Lange Nacht<br />
der Museen, das MVG-Museum in der<br />
Ständlerstraße 20 ist von 19 bis 1 Uhr<br />
morgens geöffnet<br />
19. Oktober, Bochum: „MuseumsExpress“<br />
Bochum Hbf – Bf Dahlhausen (S);<br />
fünf Abfahrten in Bochum zwischen<br />
11.02 und 17.02 Uhr sowie von Dahlhausen<br />
zwischen 11.51 und 17.51 Uhr<br />
19. Oktober, Sehnde-Wehmingen:<br />
„Straßenbahn selber fahren“ beim Hannoverschen<br />
Straßenbahn-Museum e. V.<br />
Unter kundiger Anleitung geht es in historischen<br />
Straßenbahnwagen über den<br />
HSM-Rundkurs, Preis pro Runde 18 Euro<br />
(Voranmeldung empfohlen) – siehe<br />
www.tram-museum.de<br />
26. Oktober, Sehnde-Wehmingen:<br />
Herbststimmung im Straßenbahn-Museum,<br />
geöffnet 11 bis 19 Uhr, ab 17 Uhr Laternenumzug,<br />
siehe www.tram-museum.de<br />
1./2. November, Dresden: Herbstöffnungstage<br />
des Dresdner Straßenbahnmuseums<br />
an der Trachenberger Straße<br />
von 10 bis 17 Uhr, parallel Rundfahrten<br />
mit historischen Wagen<br />
1./2. November, Nürnberg: Öffnungstag<br />
im Historischen Straßenbahndepot<br />
St. Peter von 10 bis 17.30 Uhr (17 Uhr<br />
letzter Einlass), während der Öffnungszeiten<br />
fährt die historische Burgringlinie<br />
15 entlang der Nürnberger Altstadt<br />
2., 9., 16., 23. und 30. November,<br />
Stuttgart: Besuchstage der Straßenbahnwelt<br />
von 10 bis 17 Uhr. Neue Sonderausstellung<br />
„Fahren an der Heimatfront<br />
– Straßenbahn im Krieg“ (bis Mai<br />
2015). Historischer Fahrbetrieb mit der<br />
Straßenbahn-Oldtimerlinie 21 und der<br />
Oldtimer-Buslinie 23E. Am 30. November<br />
ist auf der Linie 21 der Nikolaus zu Gast.<br />
Informationen unter www.shb-ev.info<br />
9. und 23. November, München: das<br />
MVG-Museum in der Ständlerstraße 20<br />
ist von 11 bis 17 Uhr geöffnet<br />
6. Dezember, Dresden: stündlich Führungen<br />
von 10 bis 17 Uhr durch das<br />
Dresdner Straßenbahnmuseum an der<br />
Trachenberger Straße (letzte Führung 16<br />
Uhr) für 3,– Euro pro Person<br />
6. und 20. Dezember, Halle (Saale):<br />
Die Hallesche Straßenbahnfreunde e.V.<br />
laden zu Adventsfahrten mit HTw ein<br />
6./7. Dezember, Nürnberg: Öffnungstag<br />
im Historischen Straßenbahndepot<br />
St. Peter von 10 bis 17.30 Uhr (17 Uhr<br />
letzter Einlass), während der Öffnungszeiten<br />
fährt die historische Burgringlinie<br />
15 entlang der Nürnberger Altstadt<br />
Buchhandlung, 1090 Wien, Liechtensteinstr.<br />
17 · Buchhandlung Morawa,<br />
1140 Wien, Hackinger Str. 52 · Buchhandlung<br />
J. Heyn, 9020 Klagenfurt,<br />
Kramergasse 2-4<br />
Belgien<br />
Musée du Transport Urbain Bruxellois,<br />
1090 Brüssel, Boulevard de Smet de<br />
Naeyer 423/1<br />
Tschechien<br />
Rezek Pragomodel, 110 00 Praha 1<br />
Klimentska 32<br />
Dänemark<br />
Peter Andersens Forlag, 2640 Hede -<br />
husene, Brandvaenget 60<br />
Spanien<br />
Librimport, 8027 Barcelona, Ciudad<br />
de Elche 5<br />
Großbritannien<br />
ABOUT, GU46 6LJ, Yateley,<br />
4 Borderside<br />
Niederlande<br />
van Stockum Boekverkopers, 2512 GV,<br />
Den Haag, Westeinde 57 · Norsk<br />
Modell jernbane AS, 6815 ES, Arnheim,<br />
Kluizeweg 474<br />
Nummer 301 • 11/2014 • November • 45. Jahrgang<br />
Betriebe<br />
Fahrzeuge<br />
Geschichte<br />
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<strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong><br />
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Michael Kochems, Bernhard Kuß magk,<br />
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Michael Sperl, Guido Mandorf<br />
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Erscheinen und Bezug: <strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong><br />
erscheint monatlich. Sie erhalten die Reihe in Deutsch -<br />
land, in Österreich und in der Schweiz im Bahnhofs buch -<br />
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© 2014 by GeraMond Verlag. Die Zeitschrift und alle ihre<br />
enthaltenen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich<br />
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Ver antwortlich für den redaktionellen Inhalt: André Marks;<br />
verantwortlich für Anzeigen: Rudolf Gruber, beide Infanteriestr.<br />
11a, 80797 München.<br />
ISSN 0340-7071 • 10815<br />
<strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 10| 2014<br />
81<br />
<strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 8 | 2014
<strong>Vorschau</strong><br />
<strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 12/2014<br />
erscheint am 14. November<br />
BERNHARD KUSSMAGK<br />
Erinnerungen an<br />
den Mauerfall<br />
1989 mit Berlins<br />
Linie M10 heute<br />
Die Linie M10 schmiegt sich in ihrem halbkreisförmigen<br />
Verlauf an die Berliner Innenstadt<br />
an und hält die zahlreichen aus dem Zentrum<br />
herausführenden Straßenbahnlinien wie<br />
eine Klammer zusammen. Die Endstellen der<br />
M10 befanden sich einst unmittelbar an der<br />
Berliner Mauer. Der Beitrag erinnert zugleich<br />
an den Fall des Eisernen Vorhangs in Berlin<br />
und dessen Folgen für die Straßenbahn …<br />
Weitere Themen der kommenden Ausgabe<br />
WOLFGANG MEIER<br />
Die Straßenbahn<br />
in Reutlingen<br />
Sie wurde vor 40 Jahren eingestellt – die Reutlinger<br />
Straßenbahn. Der Beitrag erinnert an die letzten Betriebsmonate<br />
der „Elektrischen“ am Fuße der<br />
Schwäbischen Alb und deren interessanten Fahrzeugpark.<br />
Dazu geben Augenzeugen ihre Eindrücke<br />
von damals wieder.<br />
Tatra-Ende in Rostock<br />
Seit 30. Juli kommen in Rostock die Tramlink von<br />
Vossloh im regulären Liniendienst zum Einsatz. Damit<br />
endet in der Hansestadt nun in diesen Wochen der<br />
Einsatz der letzten Tatras vom Typ T6A2M – ein Beitrag<br />
über den „letzten Sommer“ dieser Sechsachser<br />
in Nähe der deutschen Ostseeküste, aber auch über<br />
deren Beiwagen. Denn der letzte 4NBWE verließ die<br />
Hansestadt Rostock am 5. Oktober dieses Jahres …<br />
Neubaustreckenabschnitt<br />
in Essen geht in Betrieb<br />
Am 19. Oktober eröffnet die Essener Verkehrs AG<br />
(EVAG) im Westviertel und in Holsterhausen den<br />
BOMBARDIER TRANSPORTATION<br />
1,3 Kilometer langen Neubauabschnitt der Linie 109<br />
am Krupp-Gürtel. Ab dem folgenden Tag kommen<br />
voraussichtlich die neuen Niederflurwagen vom Typ<br />
NF2 im regulären Liniendienst zum Einsatz. Der Beitrag<br />
widmet sich sowohl der Neubaustrecke als auch<br />
dem aktuellen Fahrzeugeinsatz in Essen.<br />
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Von Ende September bis Anfang Oktober findet auf<br />
dem „Wasen“ im 1905 nach Stuttgart eingemeindeten<br />
Bad Cannstatt jährlich das Cannstatter Volksfest<br />
statt. Erstmals wurde es am 28. September 1818<br />
gefeiert – in den vergangenen knapp 200 Jahren verlängerten<br />
die Organisatoren die Dauer dieser oft auch als „Cannstatter<br />
Wasen“ bekannten Veranstaltung auf inzwischen 17 Tage.<br />
In den 1960er-Jahren gab es in Stuttgart noch vier große<br />
Brauereien, die sich mit einem eigenen Festzelt auf dem Wasen<br />
am Volksfest beteiligten. Als Werbung für den Besuch ihres<br />
Zeltes schickte „Schwaben-Bräu“ u.a. am Samstag, dem 4. Oktober<br />
1969, den Tw 864 über das Stuttgarter Netz. Wo immer<br />
der Zweiachser hielt, verteilte die Brauerei an den Haltestellen<br />
Freibier! Eine Mitfahrt in dem Wagen war nicht gestattet<br />
– er war mit Bierdosen und -fässern beladen.<br />
Der markante Turm des Stuttgarter Hauptbahnhofes ist bis<br />
heute erhalten und bleibt es auch, aber der Anbau rechts davon<br />
fiel inzwischen dem Projekt „Stuttgart 21“ zum Opfer. Geschichte<br />
ist außerdem natürlich die oberirdische Gleisführung. Längst<br />
ist der Schienenpersonennahverkehr in diesem Bereich in einen<br />
Tunnel verdrängt. Beim Tw 864 handelt es sich um einen so genannten<br />
„Gartenschauwagen“. Die Stuttgarter Straßenbahnen<br />
AG hatte anlässlich der Reichsgartenschau 1939 insgesamt 24<br />
zweiachsige Stahltriebwagen beschafft. Alle 17 nach dem Krieg<br />
noch verwendbaren Fahrzeuge ließen die SSB ab Mitte der 1950er-<br />
Jahre modernisieren, aber schon Anfang der 1970er-Jahre verschrotten;<br />
erhalten blieben nur der Tw 851 als betriebsfähiger<br />
Museumswagen sowie der Tw 859. Er wird zur Zeit in Gera in<br />
seinen Ursprungszustand zurückversetzt.<br />
TEXT: ANDRÉ MARKS; FOTO: DIETER SCHLIPF<br />
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