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Schultheiss, O. (1996). Imagination, Motivation und Verhalten

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für vergleichweise wahrscheinlicher gehalten, wenn es häufig imaginiert wird,<br />

wenn seine <strong>Imagination</strong> leicht fällt <strong>und</strong> wenn die Person, für die das Ereignis<br />

imaginiert wird, auch diejenige ist, für die das Wahrscheinlichkeitsurteil<br />

abgegeben werden soll. Auch hier funktioniert <strong>Imagination</strong> also ähnlich wie<br />

die Wahrnehmung, denn ein gut gesicherter Bef<strong>und</strong> der Forschung zu Urteilsprozessen<br />

auf der Gr<strong>und</strong>lage unsicherer Information besagt, daß man das, was<br />

man wahrnimmt oder an dessen frühere Wahrnehmung man sich erinnert,<br />

auch für wahrscheinlicher hält (Tversky & Kahneman, 1974).<br />

Dieser Überblick über einige ausgewählte Ergebnisse der kognitionsorientierten<br />

imagery-Forschung zeigt zum einen die universale Gültigkeit des<br />

Prinzips der Wahrnehmungsäquivalenz. <strong>Imagination</strong>en erscheinen in der<br />

aktuellen subjektiven Erfahrung wie auch in der Erinnerung so echt wie<br />

tatsächliche Wahrnehmungen, daß sie mitunter sogar schwer von diesen zu<br />

unterscheiden sind. Zudem unterliegen <strong>Imagination</strong> <strong>und</strong> Wahrnehmung den<br />

gleichen zeitlichen <strong>und</strong> räumlichen Restriktionen. Diese Bef<strong>und</strong>e sind im<br />

Hinblick auf die im vorangehenden Abschnitt dargestellten neurophysiologischen<br />

Gr<strong>und</strong>lagen von <strong>Imagination</strong> gut nachvollziehbar, da C wie gezeigt<br />

wurde C sowohl Wahrnehmung als auch <strong>Imagination</strong> jenseits des reizaufnehmenden<br />

Sinnesorgans auf die gleichen modalitätsspezifischen Verarbeitungsstrukturen<br />

im Gehirn zurückgreifen. Zum anderen wird auch das Prinzip der<br />

impliziten Enkodierung bestätigt <strong>und</strong> erweitert. <strong>Imagination</strong>en können helfen,<br />

Eigenschaften eines Objekts an sich oder im Vergleich mit anderen Objekten<br />

festzustellen. Darüber hinaus besteht aber auch die Möglichkeit, durch die<br />

Kombination oder Transformation bekannter Objekte neue Information zu<br />

erhalten, die sich aus den Beziehungen zwischen den Objekten ableitet.<br />

Demnach kann <strong>Imagination</strong> auch ein aktiver konstruktiver Prozeß sein, in dem<br />

Bekanntes in neuer Weise zusammengesetzt wird, so daß der Imaginierende<br />

Wissen über Eigenschaften oder Auftretenswahrscheinlichkeiten von<br />

Gegenständen, Ereignissen oder Situationen erwerben kann, denen er in<br />

Wirklichkeit noch nicht begegnet ist.<br />

Die hier <strong>und</strong> im vorangehenden Abschnitt über die neurophysiologischen<br />

Parallelen zwischen Wahrnehmung <strong>und</strong> <strong>Imagination</strong> berichteten Bef<strong>und</strong>e<br />

beziehen sich vor allem auf <strong>Imagination</strong>en im visuellen System. Ein Gr<strong>und</strong><br />

dafür ist die Dominanz des Sehsinns in der subjektiven Erfahrungswelt des<br />

Individuums sowie die herausragende Position, die visuelle <strong>Imagination</strong>en im<br />

Gesamt imaginativer Tätigkeit einnehmen. Ein weiterer Gr<strong>und</strong> ist darin zu<br />

sehen, daß die Verarbeitung visueller Information in ihren physiologischen<br />

<strong>und</strong> kognitiven Gr<strong>und</strong>lagen ein sehr gut erforschtes Gebiet ist. Jedoch diente<br />

die Beschränkung auf die visuelle Domäne bei den vorangehenden Ausfüh-<br />

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