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Schultheiss, O. (1996). Imagination, Motivation und Verhalten

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helfen zu können. Zu diesem Zweck belegt er mehrere Diagnostikkurse, um<br />

die notwendigen Fertigkeiten zu erwerben. Die erfolgreiche Erledigung dieser<br />

Unterziele bringt ihn seinem "Etappenziel", ein guter Diagnostiker zu werden,<br />

ein gutes Stück näher, <strong>und</strong> dies dient wiederum der Realisierung seines<br />

Oberziels, Psychotherapeut zu werden.<br />

Die hierarchische Organisation von Zielen hat den Vorteil, daß der<br />

Prozeß der Zielrealisierung ein Stück weit automatisch ablaufen kann <strong>und</strong> im<br />

Idealfall vielfältige Handlungsmöglichkeiten spezifiziert sind, wenn das<br />

Zielsystem gut elaboriert ist. Wenn die Erledigung einzelner Unterziele <strong>und</strong><br />

der ihnen zugeordneten Handlungen reibungslos verläuft, kann sich die<br />

Person mehr auf strategische Aspekte der Verwirklichung ihres Oberziels<br />

konzentrieren. Ihre Aufmerksamkeit gilt dann übergeordneten Zielen, sozusagen<br />

dem "größeren Ganzen". Treten jedoch bei der Umsetzung von Unterzielen<br />

Probleme auf, die die Realisierung von übergeordneten Zielen <strong>und</strong><br />

letztlich somit auch des Oberziels gefährden, richtet sich ihre Aufmerksamkeit<br />

auf die konkrete Ebene der Handlungsausführung (Vallacher & Wegner,<br />

1987). An diesem Punkt stehen ihr zwei Wege offen. Zum einen kann sie<br />

versuchen, durch genaue Überwachung des Handelns <strong>und</strong> durch vermehrten<br />

Anstrengungseinsatz die Realisierung des Unterziels sicherzustellen. Trägt<br />

diese Strategie keine Früchte, kann sie zum anderen Ausschau nach alternativen<br />

Möglichkeiten halten, um ihr übergeordnetes Ziel doch noch zu realisieren.<br />

Man spricht in diesem Zusammenhang auch von der Ersetzbarkeit oder<br />

Substituierbarkeit zielrelevanter Handlungsgelegenheiten bzw. zielrealisierender<br />

Handlungen (Brunstein, 1995; Srull & Wyer, 1986). Ein Psychologiestudent,<br />

der in einem Diagnostikkurs trotz aller Bemühungen die Klausur nicht<br />

besteht <strong>und</strong> somit auch keinen Leistungsnachweis erhält, hätte beispielsweise<br />

die Option, in einem anderen Diagnostikkurs im gleichen oder nächsten<br />

Semester doch noch den benötigten Schein zu erwerben. Zielhierarchien<br />

haben daher neben der Organisation vieler einzelner Ziele in einem sinnvollen<br />

Gesamtzusammenhang auch den Vorteil, daß sie zielverwirklichendes Handeln<br />

ein Stück weit flexibilisieren können. Wo ein Weg zur Realisierung eines<br />

Ziels blockiert ist, kann ersatzweise eine alternative Route gewählt werden,<br />

die zum gleichen Ziel führt. Voraussetzung dafür ist allerdings ein gut<br />

differenziertes <strong>und</strong> organisiertes Zielsystem, in dem von vorneherein verschiedene<br />

Möglichkeiten zur Realisierung von Zwischenzielen in Betracht<br />

gezogen werden. Zudem nimmt die Substituierbarkeit von Zielen zur Spitze<br />

der Hierarchie hin ab. Ein Psychotherapeut, der keine gründliche Ausbildung<br />

in Diagnostik absolviert hat, kann diesen Mangel auch nicht durch den<br />

virtuosen Einsatz therapeutischer Techniken völlig wettmachen. Sein Ziel, ein<br />

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