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Hamburger Morgenpost Ausgabe vom 02.11.2014 (Vorschau)

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REPORT<br />

Sonntag, 2.November 2014<br />

Johann vonBülow<br />

Der Adelsspross<br />

aus dem Reihenhaus<br />

Fotos: Thomas Lebie, EmilyAtef, zVg<br />

Vielseitig: Johann von<br />

Bülow (l.) in dem Drama<br />

„Das Fremde in mir“ (hier<br />

mit Susanne Wolff) und in<br />

dem TV-Politthriller „Die<br />

Spiegel-Affäre“<br />

Erist in Komödien, in ernsteren<br />

Filmen oder im<br />

Theater zusehen. Gestatten,<br />

Johann von Bülow<br />

(42). Verwandt ist er mit Vicco<br />

von Bülow, doch das ist manchmal<br />

eher hinderlich. Wir trafen<br />

den Schauspieler in seiner<br />

WahlheimatBerlin.<br />

MOPO am Sonntag: Herr von Bülow,<br />

im „Labyrinth des Schweigens“<br />

kämpft ein junger Staatsanwalt in<br />

den 1950er Jahren für Wahrheit und<br />

den ersten Auschwitz-Prozess. Irgendwie<br />

ist es doch unvorstellbar,<br />

dass damals vieles vertuscht werden<br />

sollte?<br />

Johann von Bülow: 1957 herrschte<br />

in der Bundesrepublik eine<br />

Stimmung des Wiederaufbaus<br />

und des Wohlstandes. Das<br />

Nachkriegsdeutschland wollte<br />

nach vorne blicken. Leider wollten<br />

wohl nur wenige wahrhaben,<br />

dassdie alteZeit des Nationalsozialismus<br />

vielerorts unter<br />

der Oberfläche noch gärte und<br />

die alten Seilschaftennoch funktionierten.<br />

Außerdem wussten<br />

viele zwölf Jahre nach Ende des<br />

zweiten Weltkriegsnicht, wasin<br />

Auschwitz passiert ist. Selbst<br />

1960 gab es Menschen in<br />

Deutschland, die nie davon gehört<br />

hatten. Viele haben es aber<br />

auch verdrängt, vergessen und<br />

vertuscht.<br />

Die Geschichte kommt ins Rollen, als<br />

sich der Staatsanwalt mit dem Fall<br />

eines Auschwitz-Überlebenden beschäftigt,<br />

der seinen Peiniger wiedererkannt<br />

hat ...<br />

Ja, und diesem jungen<br />

Staatsanwalt wird schmerzhaft<br />

bewusst, dass es niemand<br />

wahrhaben möchte. Nur der<br />

Generalstaatsanwalt Fritz Bauer<br />

unterstützt ihn. Je mehr er sich<br />

mit der brisanten Materie<br />

beschäftigt, umso mehr fixiert<br />

er sich auf die Suche nach Wahrheit,<br />

verliert sich dabei in einem<br />

Netz aus Schuld und Lügen.<br />

Sie spielen einen der Staatsanwälte,<br />

der gerne alles unter den Teppich<br />

kehren wollte ...<br />

Ja, anfangs. Die Geschichten<br />

über Auschwitz hält er für Propaganda<br />

der Siegermächte. Er<br />

Eigentlich wollte<br />

er Diplomat<br />

werden, doch mit<br />

19 Jahren<br />

entschied er sich<br />

um und besuchte<br />

eine Schauspielschule,<br />

erzählt<br />

Johann von<br />

Bülow im<br />

Gespräch mit<br />

Reporterin Anne-<br />

Kattrin Palmer.<br />

möchte sich nicht die Finger an<br />

einem so strittigen Thema verbrennen<br />

und lieber weiter<br />

Dienst nach Vorschrift schieben.<br />

Als sein Chef ihn aber zur<br />

Zusammenarbeit mit dem jungen<br />

Kollegen verdonnert, vertieft<br />

er sich, angesichts der<br />

Gräuel, die die beiden aufdecken,<br />

immer weiter in die Aufklärung<br />

dieses Verbrechens.<br />

Diese Staatsanwältegab es auch<br />

in der Wirklichkeit und einer<br />

der Gründe,dassessoetwas wie<br />

die 68er gegeben hat, warsicher<br />

das Klima des Schweigens über<br />

die Nazizeit, gegen das diese<br />

Männer vorgegangen sind.<br />

Haben Sie daheim über das Dritte<br />

Reich gesprochen?<br />

Meine beiden Großväter waren<br />

schon tot, als ich klein war. Sie<br />

haben Hitler miterlebt. Ich<br />

kenne es aber aus vielen Familien,<br />

dass niemand gerne über<br />

diese Zeit redet. Unddas gilt bis<br />

heute.<br />

Wann haben Sie sich das erste Mal<br />

damit beschäftigt?<br />

Mich hat Geschichte schon als<br />

Kind interessiert. In der Schule<br />

war esmein Lieblingsfach. Ich<br />

habe alles verschlungen, was<br />

mit Nazi-Deutschland zu tun<br />

hatte. Mich hat die Frage sehr

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