Mathematisches Denken und Arbeiten
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8 Vollständige Induktion<br />
Auf Seite 5 wurde die vollständige Induktion bereits eingeführt. Wir wiederholen <strong>und</strong> vertiefen<br />
nachfolgend dieses wichtige Beweisprinzip.<br />
Das Zählen führt auf die Menge der natürlichen Zahlen<br />
N = {1, 2, 3, . . . }.<br />
Man kann natürliche Zahlen addieren, multiplizieren, potenzieren <strong>und</strong> (der Größe nach) vergleichen.<br />
Subtraktion führt zu der Menge Z der ganzen Zahlen. Für m, n ∈ Z mit m ≤ n schreiben<br />
wir<br />
{m, . . . , n} := {k ∈ Z | m ≤ k ∧ k ≤ n}.<br />
Eine Menge A heißt n-elementig, n ∈ N, wenn es eine bijektive Abbildung f : {1, . . . , n} → A<br />
gibt; man schreibt dann |A| := n für die Anzahl der Elemente von A. Hier werden natürliche<br />
Zahlen als Kardinalzahlen benutzt, um die Mächtigkeit einer Menge anzugeben: „A ist eine<br />
Menge mit fünf Elementen.“. Demgegenüber steht die Verwendung natürlicher Zahlen als Ordinalzahlen:<br />
"Das fünfte Element ist x.“.<br />
Man kann N axiomatisch charakterisieren durch die Peano’schen Axiome. Hier spielt die<br />
Nachfolgerabbildung S : n ↦→ n + 1 eine zentrale Rolle. Sie ist injektiv. Die wichtigste Axiom<br />
für N ist das Induktionsaxiom.<br />
8.1 Induktionsaxiom. Sei N ⊆ N. Es gelte 1 ∈ N. Aus n ∈ N folge, dass n + 1 ∈ N ist. Dann<br />
ist N = N.<br />
Die Existenz von N begründen wir später rein mengentheoterisch.<br />
Aus dem Induktionsaxiom leitet man das Beweisprinzip der vollständigen Induktion her: Für<br />
jedes n ∈ N liege eine Aussage A(n) vor. Diese Aussagen A(n) sind für alle n ∈ N wahr, wenn<br />
Folgendes gezeigt wird:<br />
Induktionsanfang A(1) ist wahr.<br />
Induktionsschritt Wenn A(n) wahr ist, dann auch A(n + 1).<br />
Im Induktionsschritt nennt man A(n) die Induktionsvoraussetzung <strong>und</strong> A(n + 1) die Induktionsbehauptung.<br />
Wir behandeln Beispiele für Beweise durch vollständige Induktion.<br />
8.2 Satz. Für alle n ∈ N ist 10 n − 1 durch 9 teilbar.<br />
Beweis. Wegen 10 1 − 1 = 9 ist der Induktionsanfang richtig. Wir haben noch den Induktionsschritt<br />
zu beweisen. Induktionsvoraussetzung: 10 n − 1 sei durch 9 teilbar, d.h. es gibt k ∈ N mit<br />
9k = 10 n − 1. Wir haben die folgende Induktionsbehauptung zu zeigen: 9 teilt auch 10 n+1 − 1.<br />
Wegen<br />
10 n+1 − 1 = 10(10 n − 1) + (10 − 1) = 91k<br />
ist diese wahr.<br />
Aus diesem Satz folgen die bekannten Quersummenregeln für die Teilbarkeit durch 3 oder 9;<br />
beispielsweise ist 12345678 durch 9 teilbar, weil ihre Quersumme 1+2+3+4+5+6+7+8 = 36<br />
durch 9 teilbar ist.<br />
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