Runder Tisch Wülfersreuth - Gemeinde Bischofsgrün
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April 2010<br />
Veranstaltungen<br />
Klassik-Konzert<br />
Klassik Konzert<br />
FICHTELBERG / BISCHOFSGRÜN.<br />
Zu einer empf indsamen Reise<br />
ins musikalische Europa hatte<br />
das Collegium Musicum pro Europa<br />
i n die A ntoniuskirche i n<br />
Fichtelberg geladen. I m Ra hme n<br />
der "Ta ge der A lten Musik" bildete<br />
das Konzert Mitte und Abschl<br />
uss der intensiven Schul ung<br />
im traditionellen Workshop Gesang<br />
unter Johanne s Reichert,<br />
der zu de n ersten deutsche n<br />
Countertenören zählt und übe r<br />
eine be sonde re Technik zum<br />
„A usschleif en“ stimmliche r Möglichkeiten<br />
verf ügt. De n dritten<br />
Teil des Wochenendes bildeten<br />
die Gesangsbeiträge der Meisterschüle<br />
r zum sonntägliche n<br />
Gottesdienst in <strong>Bischofsgrün</strong>.<br />
Das Konzert in Neubau war geprägt<br />
durch die Persönlichkeit von Heinric<br />
h Hartl aus Nürnberg. Seine Lebensaufgabe<br />
ist es „Licht ins D unkel<br />
des Lebens“ zu tragen - ein tief innerliches<br />
Anliegen eines von Geburt<br />
an blinden Musikers, dessen warmer<br />
Bariton eigentümliche Intensität<br />
besitzt. Hartl erwies sich als perfekter<br />
Erzähler mittelalterlichen Liedwerks,<br />
einfühlsamer Rezitator und<br />
erstaunlic her Künstler an der Trommel,<br />
geschlagen mit empfindsamen<br />
Fingern.<br />
Die musikalische Reise reichte vom<br />
elften Jahrhundert über das klassische<br />
Barock bis in die Moderne, wo<br />
Heinrich Hartls eigene Komposition<br />
„C embalissimo“ aus dem Jahr 2003,<br />
von Astrid Oswald präsentiert wurde.<br />
Die beiden aufeinander eingespielten<br />
Musiker bildeten ein perfektes<br />
D uo, das dem Charakter der A lten<br />
Musik voll gerecht wurde. Vom A-<br />
Capella-Liedwerk des Vipo von Burgund,<br />
dem Lamento di tristano für<br />
Organetto und T rommel (Anonymus<br />
), zu Walther von der V ogelweides<br />
„T andaradei“: Die sac hte<br />
Melancholie mittelalterlicher S angeskunst<br />
wurde transparent. Noch<br />
heute gesungen wird ein V olkslied<br />
aus dem 14. Jahrhundert: „Ich hört<br />
ein Sic helein rauschen“ – Liebesklage<br />
des ruhelosen Sängers und so<br />
ganz ohne Erbitterung vorgetragen.<br />
Heinrich Hartl erwies sich als Vermittler<br />
verinnerlic hter Menschlic h-<br />
Mitteilungs<br />
Mitteilungs- Mitteilungs--<br />
und Informationsblatt <strong>Bischofsgrün</strong><br />
Tage der Alten Musik<br />
keit in der Rezitation von Paul Celans<br />
Psalm „D ie Krüge Gottes “. Die<br />
besonders schwierige Gemütslage<br />
des D ichters wurde begreifbar, leitete<br />
über in das Mittelstück des Konzerts<br />
- Hartls Komposition<br />
„Cembalissimo“. Hier wurde das Solo-Instrument<br />
zum Dialog, vom Zögern<br />
zum Gleiten, einer Liedfolge<br />
aus der Mitte der Komposition<br />
hin zur vollen Breite der instrumentalen<br />
Möglichkeit. Spitzig kühl und<br />
wieder voll Wärme, mündet die Musik<br />
in einen summenden Bienentanz,<br />
lichtlos, ganz im Hören wurzelnd<br />
und am Ende zum Brausen zusammengefasst:<br />
Licht im Dunkel des<br />
Lebens .<br />
Biblische Sonate<br />
Aus dem cherubinischen Wandersmann<br />
von Angelus Silesius kam die<br />
Erinnerung an ein Zitat: „Ich weiß<br />
nicht was ich bin - ich bin nicht, was<br />
ic h weiß...“; die schmerzliche Zeit<br />
der Religionskriege findet ihre Fortsetzung.<br />
Mit Johann Kuhnau, dem<br />
Vorgänger von Johann Sebastian<br />
Bach, gab es eine seltene Begegnung.<br />
Die „Biblische Sonate“ in sieben<br />
Teilen, mit dem Streit zwischen<br />
David und Goliath, machte das Cem-<br />
15<br />
Ausg. 04<br />
Der blinde Sänger und Komponist Heinrich Hartl (links) mit Astrid Oswald am<br />
Cembalo.<br />
balo zum historischen Erzähler.<br />
Deutlich erkennbar spitzte sich der<br />
Streit zwischen dem Riesen und<br />
dem jungen David zu, zeigte die<br />
Ä ngs te des bedrängten H eeres , den<br />
siegreichen Ausgang des Streites,<br />
und den Jubel der Massen, die blutige<br />
Ernte hält. Gerade dieses Stück<br />
zeigt die Kehrseite menschlichen<br />
Aufruhrs - unverändert grausam bis<br />
zum heutigen Tage.<br />
Paul Flemings Bitte um Trost und<br />
Hilfe beim Sterben folgt der Gemütslage<br />
des siebzehnten Jahrhunderts<br />
- Versenkung in die Hoffnung<br />
auf ein besseres Jenseits.<br />
Präludium und Fuge<br />
zum Schluss<br />
Den Abschluss des Konzerts bildeten<br />
Präludium und Fuge von Johann Sebastian<br />
Bac h, Beispiel für das Endgültige<br />
in Glauben und G ottvertrauen.<br />
Astrid O swald nutzte ihr Cembalo<br />
zu ruhiger Fülle, melancholischer<br />
G ewiss heit und zeigte einmal<br />
mehr, zu welcher Ausdruckskraft<br />
das zarts pröde I nstrument fähig ist.<br />
Die akzentuierte Fan-<strong>Gemeinde</strong><br />
spendete reichen Beifall.<br />
Text: I . Jasorka<br />
Foto: C. Rausch