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Auftrag_277_150dpi.pdf - Gemeinschaft Katholischer Soldaten

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KIRCHE UNTER SOLDATEN<br />

Führung wichtig, es war ja sogar Sperrfach auf manchen<br />

Lehrgängen. Aber mir war ehrlich gesagt wichtiger, dass<br />

meine Offiziere und Unteroffiziere ihren Panzer und ihre<br />

Waffen beherrschten.<br />

Sie werden mir sicher Recht geben und auch die Erfahrung<br />

gemacht haben, dass man allen idealtypischen<br />

Anforderungen unseres Berufes wohl nie wird in Gänze<br />

entsprechen können. Am einfachsten sind in der Regel<br />

die zu erfüllen, die eher der technokratischen Bewältigung<br />

der vielschichtigen Aufgaben eines <strong>Soldaten</strong> zuzurechnen<br />

sind. Diese mehr handwerklichen Fähigkeiten kann man<br />

sich erarbeiten, man kann sie erlernen und trainieren. Das<br />

gilt nicht in gleichem Masse für Charakter und Geist, die<br />

aber ganz genau so Attribute unseres Berufes sind, ja die<br />

gerade im Beruf des militärischen Führers eine besondere<br />

Ausprägung erfahren. Womit ich nicht gesagt haben will,<br />

dass dies nicht auch für andere Berufe gelten kann. Diese<br />

Attribute, Charakter und Geist, bilden sich durch persönliches<br />

Erleben, Erfahren und Einsicht heraus.<br />

Als ich Personalführer und später Referatsleiter in der<br />

Abteilung Personal war, ist mir ganz besonders bewusst<br />

geworden, wie vielschichtig aber auch wie unpräzise<br />

Begriffe sein können, mit denen wir Menschen charakterisieren,<br />

und wie viele Probleme sie bereiten können<br />

in einer Welt und in einer Umgebung, in der in der Regel<br />

nur das Konkrete, das Beweisbare, das Belegbare zählt,<br />

das was wir messen und zählen können. Viel zu selten<br />

wird Charaktereigenschaften im Vergleich mit und in der<br />

Konkurrenz zu Leistungsparametern die richtige Gewichtung<br />

eingeräumt.<br />

Für mich war dies immer ein Grund mehr, mich mit<br />

diesen Attributen näher zu befassen und sie mehr in das<br />

Zentrum unseres Berufsverständnisses zu rücken. Denn<br />

es ist doch der Charakter, der im Wesentlichen die Glaubwürdigkeit<br />

und die Überzeugungskraft des militärischen<br />

Führers bestimmt, es ist der Charakter, es ist die Persönlichkeit<br />

die ihn verlässlich und berechenbar machet, Eigenschaften,<br />

die die Forderung des <strong>Soldaten</strong>gesetzes an<br />

ihn, Vorbild zu sein, doch erst möglich machen.<br />

Geist oder Intellekt wiederum verleihen dem militärischen<br />

Führer die Kraft zum Verstehen, zum Urteil, zur<br />

Entscheidung. Der Charakter ist auch der Ort, wo das<br />

Gewissen zum Massstab unseres Handelns wird. An Werten<br />

orientiertes Handeln, zielgerichtetes Handeln, Handeln<br />

gegen Mode und Zeitgeist und eine Lebensführung<br />

die versucht, diesen Grundsätzen zu folgen, das erfordert<br />

Geist und Charakter.<br />

Eine unserer wichtigsten Aufgaben gerade heute, in<br />

Zeiten der Einsätze, ist es, <strong>Soldaten</strong> auf Extremsituationen<br />

vorzubereiten und sie in solchen Grenzsituationen dann<br />

auch zu führen. Verantwortung für fremdes Leben zu tragen,<br />

ist aber eine ungeheure Anforderung. Um ihr gerecht<br />

werden zu können, bedarf es innerer Stärke und geistiger<br />

Durchdringung. Leben zu verantworten bedarf eines wirklich<br />

guten, überzeugenden Grundes, eines klaren Zieles<br />

und der Rechtfertigung vor seinen <strong>Soldaten</strong>, aber vor allem<br />

auch vor sich selbst. Ein rein militärischer Zweck allein<br />

reicht da nicht aus, er bedarf einer überzeugenden ethischen<br />

Legitimation.<br />

AUFTRAG <strong>277</strong> • MÄRZ 2010<br />

Innere Stärke und Kraft zur Führung können nur aus<br />

Charakter und ethisch begründeter Überzeugung erwachsen.<br />

Innere Stärke jedoch ohne Wertebindung kann sehr<br />

schnell auch der falschen Sache dienen, dem persönlichen<br />

Ehrgeiz oder der eigenen Eitelkeit zum Beispiel. Das läuft<br />

dann aber schnell auf Missbrauch von zur Führung anvertrauten<br />

Abhängigen hinaus. Soll jedoch Rechtfertigung mehr<br />

sein als vordergründige Erklärung oder bequeme Ausrede,<br />

dann brauchen wir dafür einen Maßstab, Werte, die außerhalb<br />

unseres eigenen Nutzens liegen.<br />

Die fast schon unmenschliche Aufgabe, fremdes Leben<br />

zu verantworten, legitimiert sich nicht allein durch das staatliche<br />

Gewaltmonopol, ein Mandat oder das <strong>Soldaten</strong>gesetz<br />

mit seinem Prinzip von Befehl und Gehorsam. Wir kommen<br />

an einer individualistischen, persönlichen Entscheidung<br />

und Rechtfertigung nicht vorbei.<br />

Wie jeder andere Beruf dient auch der Beruf des <strong>Soldaten</strong><br />

zunächst einmal der Sicherung des Lebensunterhalts.<br />

Wenn die Zweckbestimmung des Berufes jedoch die Sicherung<br />

der Grundlagen menschlicher Existenz einschließt,<br />

wenn es also um Bewahrung von Leben, Menschenwürde,<br />

Freiheit, Frieden und Recht geht - so unser Grundgesetz -<br />

dann gewinnt die Sache eine ganz neue Dimension, eine Dimension,<br />

die es in vielen anderen Berufen nicht gibt, ohne<br />

diese damit in irgend einer Form abwerten zu wollen. Wir<br />

teilen diese besondere Dimension mit Berufen wie z.B. dem<br />

des Pfarrers, des Arztes, dem des Pädagogen, des Politikers<br />

und anderen. Wir sind weiß Gott nicht einmalig. Aber auch<br />

wenn die jeweiligen Zweckbestimmungen sehr unterschiedlich<br />

sind, gehört doch zu diesen Berufen, wie zu dem des<br />

militärischen Führers, eine ideelle Verpflichtung, ein Wertebezug,<br />

eine besondere Verantwortungsethik.<br />

Das Berufsbild des <strong>Soldaten</strong>, gerade in Deutschland, ist<br />

sehr komplex. Es ist bis heute belastet mit Klischees, mit<br />

Vorurteilen und natürlich mit den schlimmen Ereignissen<br />

unserer Vergangenheit. Wir Deutsche haben unsere besonderen<br />

Traumata zu verkraften.<br />

Die sehr pauschalen moralischen Angriffe auf die deutschen<br />

<strong>Soldaten</strong> nach 1945 zwangen zu einer selbstkritischen<br />

Auseinandersetzung. Wer dies wahrhaftig tat, musste<br />

zwangsläufig zu der Erkenntnis kommen, dass der faktische<br />

Missbrauch der <strong>Soldaten</strong> der Wehrmacht für Angriffskriege,<br />

Unterdrückung und Schlimmeres, mit der Opferrolle gegenüber<br />

einer verbrecherischen Politik and Staatsmacht allein<br />

nicht zu erklären, geschweige denn zu entschuldigen war.<br />

Wer die Pflicht zur persönlichen, ethischen Rechtfertigung<br />

ernst nahm, musste erkennen, dass das Prinzip von Befehl<br />

und Gehorsam, dass Pflichterfüllung, Liebe zum Vaterland<br />

oder Sorge um die eigene Familie allein nicht ausreichten,<br />

weil sie nicht an Recht und Gesetz, nicht an das Gebot der<br />

Menschenrechte und nicht an eine Gewissensentscheidung<br />

gebunden waren.<br />

Dass unsere Väter und Großväter für die Nationalsozialisten<br />

in den Krieg zogen, Unrecht taten, ja vielleicht tun<br />

mussten, und doch dabei ihrem Land im Guten zu dienen<br />

glaubten, ist nicht vorwerfbar. Das verdient vor allem unser<br />

Mitgefühl. Wer sich jedoch auch noch nach dem Zusammenbruch<br />

indirekt durch die Nationalsozialisten missbrauchen<br />

liess, weil er sich der Wahrheit und der Einsicht<br />

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