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physio-Journal I 2/2014

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VORGESTELLT<br />

Wilk et al. (2003) empfehlen, mit dem sensomotorischen<br />

Training in der zweiten postoperativen<br />

Woche zu beginnen und halten<br />

einfache Gewichtsverlagerungen und Kniebeugen<br />

mit sehr geringem Bewegungsausmaß<br />

für die frühe Rehabilitationsphase als<br />

geeignet. Sie berichten weiter, dass Halteübungen<br />

(z. B. der Einbeinstand) im Verlauf<br />

durch eine zunehmend instabilere Unterlage<br />

und durch Bewegungen anderer Körperteile<br />

gesteigert werden können (Risberg et al.<br />

2007).<br />

Um eine Verbesserung der neuromuskulären<br />

Kontrolle nachweisen zu können,<br />

Tabelle 2<br />

werden Assessmentinstrumente benötigt,<br />

die die propriozeptive Leistung möglichst reliabel<br />

und valide messen können. Insgesamt<br />

existieren wenig wissenschaftliche Untersuchungen<br />

zur Messung der propriozeptiven<br />

Leistungsfähigkeit (Chwilkowski, 2006). Darüber<br />

hinaus gibt es bis heute kein Assessmentinstrument,<br />

welches die Gesamtheit<br />

der Propriozeption erfassen und messen<br />

kann (Jerosch, Heisel, 2004). Einige Assessmentinstrumente,<br />

die zumindest Teilaspekte<br />

der Propriozeption erfassen und in einer<br />

Reihe von RCTs genutzt werden, werden in<br />

Tabelle 2 vorgestellt.<br />

Testverfahren gemessene Qualität Beschreibung<br />

1) Winkelreproduktions-Test<br />

2) Bewegungswahrnehmungs-<br />

Schwellen-Test<br />

3) Latenzzeit bis<br />

zur Auslösung des<br />

Hamstring-Reflexes<br />

4) Balance-Test<br />

Lagesinn<br />

Bewegungssinn<br />

dynamische<br />

Stabilisationsfähigkeit<br />

des Gelenks<br />

durch umliegende<br />

Muskulatur<br />

Koordinations- und<br />

Stabilitätsanalyse,<br />

Gleichgewicht<br />

5) Hüpftestverfahren koordinative Leistung<br />

passiv eingestellte Gelenkposition soll<br />

durch Probanden nachgestellt werden<br />

Nachstellung erfolgt durch aktive<br />

Nachstellung im Gelenk oder durch<br />

Nachstellung an einem Modell<br />

kutane und visuelle Reize sollen<br />

möglichst ausgeschlossen werden<br />

das zu testende Gelenk wird passiv in bestimmter<br />

Winkelgeschwindigkeit bewegt<br />

über Knopfdruck signalisiert Proband,<br />

wann er eine Gelenkbewegung verspürt<br />

kutane, akustische und visuelle Reize<br />

sollen möglichst ausgeschlossen werden<br />

Messung der Zeitspanne zwischen initialer<br />

Bewegung im Kniegelenk und Reflexantwort<br />

durch die ischiocrurale Muskulatur<br />

EMG misst Muskelaktivität, spezielle<br />

Apparatur führt passive Bewegung aus<br />

Kraftmessplatte misst die Bewegung<br />

des Körperschwerpunktes in<br />

verschiedenen Ausgangsstelllungen<br />

anstatt einer Kraftmessplatte kann<br />

auch eine instabile Standfläche<br />

eingesetzt werden<br />

verschiedene Hüpfparcours werden<br />

durch Probanden absolviert<br />

verschiedene Kriterien, wie Dauer für<br />

Durchlauf des Parcours, Sprungweite,<br />

Sprungpräzision werden beurteilt<br />

in der Regel einbeinig<br />

Sensomotorische Testverfahren in Klinik und Forschung (modifiziert nach Jerosch und Heisel,<br />

2004; Testverfahren 3, einschließlich Erklärung: Beard et al. 1994)<br />

Anmerkung: Der Winkelreproduktionstest wird meist für Kniegelenksbewegungen in sagittaler<br />

Ebene (Flexion– Extension) durchgeführt. Muaidi et al. (2009) nutzen Rotationsbewegung,<br />

da Kreuzbänder das Knie bei Rotationsbewegungen schützen (siehe Pathomechanismus)<br />

Recherchemethode<br />

Zur Überprüfung der Wirksamkeit von propriozeptivem<br />

Training wurden die Datenbanken<br />

PubMed, Pedro, CINAHL und die<br />

Cochrane Libary nach systematischen Reviews<br />

durchsucht. Suchbegriffe waren: »rehabilitation«,<br />

»anterior cruciate ligament«,<br />

»ACL«, »reconstruction«, »<strong>physio</strong>therapy«<br />

und »program«, »proprioception«, »neuromuscular<br />

exercise«, »balance«, postural control«<br />

und »coordination« (Stand: Juli 2012)<br />

Ergebnis<br />

Insgesamt konnten zwei systematische Reviews<br />

zum Thema gefunden werden. Im<br />

Jahr 2005 wurde das systematische Review<br />

von Cooper, Taylor und Feller veröffentlicht.<br />

Die Autoren sammelten RCTs zum propriozeptiven<br />

Training bei verletztem oder rekonstruiertem<br />

vorderen Kreuzband. Das Review<br />

von Zech et al. (2009) untersucht die Wirksamkeit<br />

von propriozeptivem Training nach<br />

Sportverletzungen allgemein. RCTs zu den<br />

Themen Schulter-, Knöchel- und Knieverletzungen<br />

bilden die Grundlage dieses Reviews.<br />

Beide Reviews stellen die Einschlussund<br />

Ausschlusskriterien übersichtlich dar<br />

und geben an, wie sie die Qualität der eingeschlossenen<br />

RCTs beurteilen.<br />

Fünf RCTs mit einem Evidenzlevel von<br />

1+ (Harbour and Miller’s (2001) scale, siehe<br />

unten) bilden die Grundlage für das systematische<br />

Review von Cooper, Taylor und<br />

Feller (2005). Vier dieser RCTs (Ageberg et<br />

al. 2001, Beard et al. 1994, Fitzgerald et al.<br />

2000, Zätterström et al. 2000) beziehen<br />

sich auf das neuromuskuläre Training bei<br />

konservativer Nachbehandlung einer Kreuzbandruptur<br />

und bestätigen einen positiven<br />

Effekt der Maßnahme auf den Therapieverlauf.<br />

Das fünfte RCT (Liu-Ambrose et al.<br />

2003) stellt die Trainingsform nach operativer<br />

Versorgung in den Fokus. Die Ergebnisse<br />

geben einen Hinweis darauf, dass sich das<br />

Propriozeptionstraining positiv auf die Patientenleistung<br />

auswirkt. Es scheint aber, als<br />

wäre der Effekt nach einer operativen Behandlung<br />

geringer. Das systematische Review<br />

von Zech et al. (2009) berücksichtigt<br />

drei RCTs zum neuromuskulären Training<br />

für das Kniegelenk. Zwei RCTs befassen sich<br />

mit dem Training als Bestandteil eines kon-<br />

34 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>

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