physio-Journal I 2/2014
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<strong>physio</strong><br />
Ausgabe 2 / <strong>2014</strong><br />
Bestell-Nr: dF30982 · € 5<br />
<strong>Journal</strong><br />
Aus der Praxis<br />
Fallbeispiel<br />
Lumbalgie<br />
Wissenschaftlicher Beitrag<br />
Evidenz bei<br />
schwangerschaftsbedingten<br />
Rückenschmerzen<br />
Zum Sammeln!<br />
Muskelanatomie<br />
Strangbildung nach<br />
Brustkrebsoperation<br />
Therapiemöglichkeit der Komplikation<br />
Braintuning<br />
Goodbye Gedächtnislücken –<br />
Motivationstechniken
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EDITORIAL<br />
LIEBE LESERINNEN<br />
UND LESER<br />
Ein großer Schwerpunkt in der praktischen Physiotherapieausbildung<br />
liegt vor allem auf den Fächern Orthopädie,<br />
Chirurgie und Innere Medizin. Dies spiegeln gefühlt<br />
auch die Krankheitsbilder im Praxisalltag wieder.<br />
Allerdings darf dies nicht dazu führen, dass gerade die<br />
»kleineren« Krankheitsfächer wie Gynäkologie neben<br />
den klassischen Fächern ein Schattendasein führen,<br />
vor allem, weil es sich dabei um sehr interessante und<br />
wichtige Themengebiete handelt. Aus diesem Grund<br />
werden wir uns in der aktuellen Ausgabe des <strong>physio</strong>-<br />
<strong>Journal</strong>s der Gynäkologie widmen. So gibt es ein Fallbeispiel<br />
zu postpartalem Beckengürtelschmerzen und<br />
ein Interview mit einer postportalen Stillberaterin, die<br />
erklärt, welchen Einfluss das Stillen auf den weiblichen<br />
Körper und damit auch auf unsere Arbeit als Physiotherapeuten<br />
hat. Außerdem wird beschrieben, wie der<br />
wissenschaftliche Stand bei schwangerschaftsabhängigen<br />
Rückenschmerzen aussieht und welche Rolle Leitlinien<br />
dabei haben. Ein häufiges Problem, mit dem wir<br />
Physiotherapeuten im Bereich Gynäkologie immer wieder<br />
konfrontiert werden, sind Brustkrebsoperationen<br />
und damit verbundene postoperative Strangbildungen.<br />
Welche Bedeutung diese haben und wie man sie behandeln<br />
kann, wird uns Elisabeth Josenhans zeigen.<br />
Neben den Artikeln zum Thema Gynäkologie wird es<br />
aber auch wieder jede Menge andere nützliche Informationen<br />
und Tipps rund um die Ausbildung und den<br />
Beruf geben. So geht es in dieser Ausgabe in Sachen<br />
Braintuning um die richtige Motivation vor Prüfungen<br />
und wie man diese gezielt beeinflussen kann. In der<br />
Kolumne »wissenschaftiches Arbeiten«, in der Ihr Eure<br />
Haus- und Abschlussarbeiten vorstellen könnt, dreht<br />
sich diesmal alles um das Thema propriozeptives Training<br />
nach Kreuzbandrekonstruktionen. Janine Topp<br />
zeigt hier auf, was nach einer vorderen Kreuzbandoperation<br />
zu beachten ist und wie eine entsprechende<br />
Therapie aussehen kann. Zusätzlich gibt es wieder viele<br />
Fragen und Aufgaben zur Prüfungsvorbereitung sowie<br />
ein Fallrätsel, einen Befundbogen und eine Buchvorstellung.<br />
Viel Spaß beim Lesen und Mitmachen!!<br />
Eure/r<br />
Anna und Stephan<br />
PS So sind wir zu erreichen: heller@dieFachwelt.de<br />
kruft@dieFachwelt.de<br />
<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 1
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Impressum<br />
<strong>physio</strong>-JOURNAL<br />
Verlag<br />
Die Fachwelt Verlags- und Handelsgesellschaft mbH<br />
Ifenpfad 2–4 · 12107 Berlin<br />
INHALT<br />
EDITORIAL<br />
INHALT<br />
Geschäftsführer<br />
Benjamin Bareiss<br />
Herausgeber/Redaktion<br />
Anna Heller, Marburg<br />
Stephan Kruft, Marburg<br />
Wissenschaftlicher Beirat<br />
Verena Gesing M.Sc., Dortmund<br />
Dr. Bernard C. Kolster, Marburg<br />
Prof. Dr. Udo Wolf, Fulda<br />
Franz van den Berg, Innsbruck<br />
Erscheinungsweise<br />
4 Ausgaben/Jahr<br />
Bestellung<br />
Online unter: www.dieFachwelt.de<br />
1–10 Ex.: € 5,– je Exemplar<br />
11–20 Ex.: € 3,20 je Exemplar<br />
ab 21 Ex.: € 1,60 je Exemplar<br />
Archiv<br />
Online unter: www.<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>.de<br />
Layout/Producing<br />
Lydia Kühn, Aix-en-Provence, Frankreich<br />
Druck<br />
AZ Druck und Datentechnik, Berlin<br />
Redaktionshinweise<br />
Wie jede Wissenschaft ist die Medizin/Physiotherapie ständigen<br />
Entwicklungen unterworfen. Forschung und klinische<br />
Erfahrung erweitern unsere Erkenntnisse, insbesondere was<br />
Behandlung und medikamentöse Therapie anbelangt. Soweit<br />
in diesem Werk eine Dosierung oder eine Applikation<br />
erwähnt wird, darf der Leser darauf vertrauen, dass Autoren,<br />
Herausgeber und Verlag große Sorgfalt darauf verwandt haben,<br />
dass diese Angabe dem Wissensstand bei Fertigstellung<br />
des Werkes entspricht. Für Angaben über Dosierungsanweisungen<br />
und Applikationsformen kann vom Verlag<br />
jedoch keine Gewähr übernommen werden. Jede Dosierung<br />
oder Applikation erfolgt auf eigene Gefahr des Benutzers.<br />
Autoren und Verlag appellieren an jeden Benutzer, ihm etwa<br />
auffallende Ungenauig-keiten dem Verlag mitzuteilen.<br />
Urheber- und Verlagsrecht<br />
Die Zeitschrift und alle in ihr enthaltenen einzelnen Beiträge<br />
und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Mit Annahme<br />
des Manuskripts gehen das Recht zur Veröffentlichung<br />
sowie die Rechte zur Übersetzung, zur Vergabe von<br />
Nachdruckrechten, zur elektronischen Speicherung in Datenbanken,<br />
zur Herstellung von Sonderdrucken, Fotokopien und<br />
Mikrokopien an den Verlag über. Jede Verwertung außerhalb<br />
der durch das Urheberrechtsgesetz festgelegten Grenzen ist<br />
ohne Zustimmung des Verlags unzulässig. In der unaufgeforderten<br />
Zusendung von Beiträgen und Informationen an den<br />
Verlag liegt das jederzeit widerrufliche Einverständnis, die<br />
zugesandten Beiträge bzw. Informationen in Datenbanken<br />
einzustellen, die vom Verlag oder von mit diesem kooperierenden<br />
Dritten geführt werden. Die Rechte für die Nutzung<br />
von Artikeln für elektronische Pressespiegel erhalten Sie über<br />
die PMG Presse-Monitor GmbH, Tel. (0 30) 2 84 93-0 oder<br />
www.presse-monitor.de.<br />
Gebrauchsnamen<br />
Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen,<br />
Warenbezeichnungen und dgl. in dieser Zeitschrift berechtigt<br />
nicht zu der Annahme, dass solche Namen ohne Weiteres<br />
von Jedermann benutzt werden dürfen; oft handelt<br />
es sich um gesetzlich geschützte eingetragene Warenzeichen,<br />
auch wenn sie nicht als solche gekennzeichnet sind.<br />
© Die Fachwelt Verlags- und Handelsgesellschaft mbH<br />
Ifenpfad 2–4 · 12107 Berlin<br />
TITELTHEMA<br />
DIE KOMPLIKATION:<br />
STRANGBILDUNG NACH BRUSTKREBSOPERATION 4<br />
WORKSHOP LUMBALGIE GYNÄKOLOGIE 8<br />
WISSENSCHAFTLICHER BEITRAG: EVIDENZ IN DER<br />
PHYSIOTHERAPIE AM BEISPIEL SCHWANGERSCHAFTS-<br />
BEDINGTER RÜCKENSCHMERZEN 11<br />
VORGESTELLT<br />
Leute: Martina Rothaupt 14<br />
Schule: Bildungsakademie für Therapieberufe Bergkloster Bestwig 17<br />
Blickwinkel: Orthopädieschuhmacher 19<br />
Auslandskorrespondenz: Ein Bericht aus Peru 21<br />
Wissenschaftliche Arbeit: Propriozeptives Training nach<br />
vorderer Kreuzbandrekonstruktion 32<br />
BRAINTUNING<br />
Lerntechniken: Motivationstechniken 36<br />
Wissenscheck 37<br />
Wissenscheck – Antworten 38<br />
Anatomie zum Herausnehmen 39<br />
MT Befundbogen »Schultergelenk« 40<br />
FÜR DEN PRAXISALLTAG<br />
Tests und Assessmentinstrumente: Timed UP & Go – Test 41<br />
Diagnostik: Perkussion 43<br />
Studienzusammenfassungen 45<br />
Fallbeispiel »Subscapularissehne« 48<br />
»FRISCH EINGETROFFEN«<br />
Neuroanatomie 50<br />
MITMACHEN UND GEWINNEN<br />
Fallquiz 51<br />
Mach mit! 52<br />
INSIDER<br />
PT-Geflüster 53<br />
Comic 54<br />
VERANSTALTUNGEN UND TERMINE<br />
Veranstaltungskalender 55<br />
Ausblick: Das erwartet Euch in der nächsten Ausgabe 56<br />
<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 3
TITELTHEMA<br />
Text: Elisabeth Josenhans<br />
DIE KOMPLIKATION:<br />
STRANGBILDUNG NACH<br />
BRUSTKREBSOPERATION<br />
Eine Strangbildung ist eine schmerzhafte und funktionseinschränkende<br />
Komplikation nach einer Brustkrebsoperation mit Entnahme von<br />
Lymphknoten aus der Achsel. Sie ist charakterisiert durch strangartige<br />
Veränderungen, die meist von der Achsel in den Arm reichen und<br />
die Beweglichkeit der Schulter und des Ellenbogens beeinträchtigen.<br />
Stränge können sich auch unterhalb der Brust über den Rippen zeigen.<br />
Historie<br />
Fotolia © refleXtions<br />
Mondor beschrieb 1939 erstmals eine meist<br />
postoperativ entstehende strangartige Erscheinung<br />
auf dem Brustkorb. Als Ursache<br />
vermutete er eine Thrombophlebitis der<br />
oberflächlichen thorakoabdominalen Venen.<br />
Diese Erkrankung wurde nach ihm Mondor's<br />
Disease (Salmon u. Remy 2009, Moskovitz<br />
et al. 2001, Lhoest et al. 2005) genannt.<br />
Marcus veröffentlichte 1990 einen Artikel<br />
mit Fallbeschreibungen von 5 Frauen mit<br />
Strangbildungen in der Axilla. Alle Stränge<br />
wurden von ihm operativ durchtrennt, es<br />
zeigten sich im pathologischen Befund<br />
überwiegend lymphatische Gefäße ohne<br />
Entzündungszeichen (Marcus et al. 1990).<br />
Moscovitz legte 2001 die Ergebnisse einer<br />
ersten retrospektiven Studie vor. Er fand bei<br />
6 % von 750 Patientinnen einen Befund, den<br />
er Axillary Web Syndrome (AWS) nannte<br />
(a visible web of axillary skin overlying palpable<br />
cords that are made taut and painful by<br />
shoulder abduction). Biopsiebefunde zeigten<br />
lymphatische und venöse Gefäße. Eine<br />
Therapie wird nicht benannt, er beschreibt<br />
die Stränge als sich selbst behebend (selflimiting)<br />
nach 3 Monaten (Moskovitz et al.<br />
2001).<br />
Leidenius untersucht die Problematik in einer<br />
prospektiven Studie 2003 an 85 Patien-<br />
tinnen. Er übernahm die Bezeichnung AWS.<br />
Er gibt an, dass es bis auf einige Ausnahmen<br />
innerhalb von 3 Monaten eine spontane<br />
Rückbildung gab (Leidenius et al. 2002).<br />
Lacomba untersucht die Häufigkeit des<br />
AWS an 116 Patientinnen nach ALND (axillary<br />
lymph node dissection). 48,3 % zeigten<br />
eine Strangbildung. Auch sie gibt an, dass<br />
in den meisten Fällen spontane Lösungen<br />
der Problematik stattfanden. In ihrer Klinik<br />
wird die folgende spezifische physikalische<br />
Therapie angewandt: MLD der Achsel, spezifische<br />
»Daumen Lymphdrainage« an den<br />
Strängen, weiterhin aktive und aktiv unterstützende<br />
Übungen. Sie spricht sich für vergleichende<br />
Untersuchungen aus, in denen<br />
verschiedene Therapien überprüft werden<br />
sollten, die die Aufhebung der Strangbildung<br />
beschleunigen können (Lacomba et<br />
al. 2009).<br />
In Deutschland ist das Phänomen bisher<br />
in keiner kontrollierten Studie untersucht<br />
worden.<br />
Saitenartige, sklerosierte Lymphbahnen<br />
werden in der sehr umfassenden Arbeit<br />
von M. Hussein über »Physikalisch-therapeutische<br />
Maßnahmen nach Brustkrebsoperation<br />
…« 2005 erwähnt. Dort wird<br />
auf die Wichtigkeit von Physiotherapie hingewiesen.<br />
Frau Dr. Hussein empfiehlt Entspannungsübungen,<br />
Dehnungstechniken,<br />
Haltungsschulung und leichte Massagen im<br />
Schmerzbereich, aber nicht in der Axilla. Bei<br />
Narbenbeschwerden werden großflächige<br />
manuelle Verschiebetechniken befürwortet,<br />
im Nachsatz wird aber angegeben, dass<br />
keine anhaltende Schmerzreduktion möglich<br />
sei. Therapievorschläge für das Phänomen<br />
des Stranges werden nicht genannt<br />
(Hussein et al. 2005).<br />
In <strong>physio</strong>therapeutischer Literatur finden<br />
sich Hinweise auf die Strangbildung als<br />
Geigensaitenphänomen, Strangbildung,<br />
Sklerosierung von Lymphbahnen (Kolster<br />
2002, Henscher 2004, Friebel et al. 2006,<br />
Zimmermann 2006).<br />
Therapievorschläge für das Phänomen des<br />
Stranges werden nicht genannt. Es wird darauf<br />
hingewiesen, dass Massagen kontraindiziert<br />
sind, um kein Lymphödem entstehen<br />
zu lassen.<br />
Eine Therapie des Cording wird erstmals<br />
2004 von Jane Kepics (2004) am Fall einer<br />
Patientin beschrieben.<br />
Elisabeth Josenhans veröffentlichte 2007<br />
die Ergebnisse von Behandlungen an 105<br />
Patientinnen mit Strangbildung (Josenhans<br />
2007).<br />
4 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>
TITELTHEMA<br />
Heilmittel<br />
Ihre<br />
Strang mit Ausdehnung bis zum Ellbogen<br />
Bezeichnung<br />
Der Begriff Axillary Web Syndrome ist<br />
leider unpräzise, da sich die Stränge bis in<br />
die Hand hinein und auch auf dem lateralen<br />
und ventralen Brustkorb zeigen können.<br />
Der Begriff des Geigensaitenphänomens<br />
ist irreführend, da sich die Stränge<br />
nicht immer wie dünne Saiten zeigen, sondern<br />
zum Teil daumendick darstellen.<br />
Der Begriff Strangbildung oder im englischen<br />
Cording erscheint passender, da er<br />
allgemein genug ist, um die verschiedenen<br />
Ausprägungen zu beschreiben.<br />
Ursache<br />
Am häufigsten wird die Strangbildung durch<br />
Entnahme von Lymphknoten aus der Achsel<br />
ausgelöst, die bei einer Brustkrebsdiagnose<br />
in den meisten Fällen durchgeführt wird. Die<br />
Autorin sah darüber hinaus seltene Fälle von<br />
Strängen nach<br />
K Schweißdrüsenentfernung aus der Achsel,<br />
K Metastasierung von Lymphknoten in der<br />
Achsel ohne Operation,<br />
K Blutspende aus der Ellbogenvene,<br />
K Chemotherapie, die in eine Armvene erfolgte<br />
und<br />
K einer Handamputation.<br />
Die bei der Lymphknotenentnahme durchtrennten<br />
Lymphgefässe, selten auch venöse<br />
thrombosierte Gefäße (Marcus 1990, Moskovitz<br />
et al. 2001, Josenhans 2007) fibrosieren<br />
und kommen bei gleichzeitiger Anhaftung<br />
im Narbengewebe bei Armflexion oder<br />
-abduktion unter Spannung.<br />
Dabei zeigen sich Stränge in konkaven Partien<br />
(Achsel, Ellenbeuge) als äußerlich sichtbare<br />
Stränge, in konvexem Areal (Brust, Oberarm,<br />
Unterarm) als Einziehung oder Rinne.<br />
Stränge können sich als dünne Geigensaiten<br />
im Arm, aber auch daumendick in der<br />
Achsel zeigen. Bei übergewichtigen Patienten<br />
können sie durch Fettgewebe kaschiert<br />
werden, sodass man sie nur palpieren kann.<br />
Die Menge der entfernten Lymphknoten<br />
spielt eine große Rolle bei der Häufigkeit des<br />
Phänomens.<br />
Häufigkeit<br />
Die Häufigkeit einer postoperativen Strangbildung<br />
variiert von 6 % bis 72 %:<br />
Leidenius et al. (2003) fanden in einer prospektiven<br />
Studie heraus, dass 72 % der Patienten<br />
mit axillärer Ausräumung (ALND) ein<br />
AWS zeigten, während es bei ausschließlicher<br />
Sentinel Entfernung (SLNB) nur 20 % waren.<br />
In der Studie von O‘Toole et al. (2013),<br />
die die Risikofaktoren und die Häufigkeit des<br />
AWS über einen Zeitraum von 24 Monaten<br />
an 308 Patienten untersuchten, zeigte sich<br />
bei 97 Patienten eine Strangbildung.<br />
Auch hier zeigte sich die Auswirkung der<br />
Menge der entfernten LK als signifikant:<br />
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<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 5<br />
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TITELTHEMA<br />
Bei ALND waren 54 % und bei SLNB 27 %<br />
der Patienten vom AWS betroffen. Das Auftreten<br />
der Strangbildung wird bei O‘Toole<br />
bei 50 % der Patienten innerhalb der ersten<br />
3 Monate angegeben, die kumulative<br />
Inzidenz der Strangbildung betrug 36,2 %<br />
(berechnet auf 24 Monate). Durch den längeren<br />
Zeitraum der Studie konnte nachgewiesen<br />
werden, dass sich das Problem nicht<br />
nur innerhalb der ersten 3 Monate zeigte<br />
und nicht immer spontan zurückbildete.<br />
In der Studie von Josenhans (2007) mit 103<br />
Patienten mit Strangbildung kamen<br />
K 50 % der betroffenen Patientinnen innerhalb<br />
von 4 Wochen postoperativ<br />
K 33 % der Patientinnen 1 bis 3 Monate<br />
postoperativ in die Therapie<br />
K 17 % der 103 Fälle erst nach 1 bis 11 Jahren<br />
(!) postoperativ zur Behandlung der<br />
Strangbildung.<br />
Auch Wyrick et al. (2006) wiesen in Ihrer Studie<br />
nach, dass noch 17 % der Patientinnen<br />
nach einem Jahr Strangbildungen zeigten.<br />
Die spontane Rückbildung des AWS (2,4)<br />
innerhalb von 3 Monaten muss also angezweifelt<br />
werden.<br />
Behandlung<br />
Im Rahmen der prospektiven Studie von<br />
Josenhans (2007) wurde nachgewiesen,<br />
dass die im nachfolgenden beschriebene<br />
Behandlung hoch wirksam ist: Bei 93 % der<br />
Fälle waren die Stränge nicht mehr sichtoder<br />
palpierbar. Bei den restlichen 7 % gab<br />
es eine deutliche Verbesserung.<br />
Die Behandlungsserie betrug im Schnitt<br />
9 bis 12 Behandlungen. Diese erfolgten 2<br />
bis 3 Mal die Woche für jeweils 30 Minuten.<br />
Vorbereitung<br />
Es empfiehlt sich, vor der Behandlung einen<br />
ausgedehnten Tastbefund zu erheben, da<br />
Stränge nicht immer visuell erfasst werden<br />
können.<br />
Es sollte der Brust- und Achselbereich<br />
und der Arm der betroffenen Seite abgetastet<br />
und die Patientin nach Beschwerden<br />
befragt werden. Nach den Schmerzangaben<br />
der Patientin und dem jeweiligen Tastbefund<br />
wird die Behandlung ausgeführt.<br />
Ausgangsstellung des Patienten<br />
Die Patientin liegt in Rückenlage. Der betroffene<br />
Arm wird in der weitest möglichen<br />
Abduktion schmerzfrei gelagert.<br />
Behandlungsgriffe am Strang<br />
Meist stellt sich der Fixationspunkt des<br />
Stranges in der Axilla oder an der Ablationsnarbe<br />
gut dar.<br />
Die Stellen, an denen der Strang fixiert<br />
ist, können genau ertastet werden. Dort<br />
sollten Lösungsgriffe tief im Gewebe angesetzt<br />
und die Verschiebbarkeit der Gewebsschichten<br />
wiederhergestellt werden.<br />
Der Strang selbst kann mit wenig Hautverschiebung<br />
S-förmig gedehnt und mobilisiert<br />
werden. Die Behandlung folgt dem Verlauf<br />
des Strangs bis in den Arm, wenn nötig bis<br />
zur Hand. Es sollte nie lange an einer Stelle<br />
gearbeitet werden, um keine Mehrdurchblutung/Rötung<br />
der Haut zu provozieren.<br />
Zwischendurch kann mittels cool pack gekühlt<br />
werden.<br />
Im Verlauf der Behandlung wird der Arm<br />
immer weiter in Abduktion gelagert. 20 bis<br />
40 Grad Beweglichkeitsverbesserung während<br />
einer Sitzung sind möglich.<br />
Durch manuelle Fixation des Stranges<br />
bei gleichzeitiger Dehnung kann es auch<br />
zum hörbaren Zerreißen kommen. Dies ist<br />
überwiegend schmerzfrei und positiv, führt<br />
es doch augenblicklich zu einer Erweiterung<br />
der Beweglichkeit des Armes.<br />
In einem Artikel beschreibt Remy J. Salmon<br />
(2009) seine Methode der Manipulation<br />
mit dem Ziel der Ruptur der Stränge. Er<br />
hat dies erfolgreich an 30 Patienten erprobt<br />
bei maximal 3 Behandlungen. Er beschreibt,<br />
dass die Patienten diese Prozedur nicht angenehm<br />
fanden, sich die Beweglichkeit aber<br />
nach erfolgter Ruptur verbessert hatte.<br />
Behandlung der Narbe<br />
Bei Anhaftungen der Narben in tieferen<br />
Gewebeschichten können Narbenmassage,<br />
Narbenmobilisationsgriffe und -dehnungen<br />
zur Anwendung kommen.<br />
Ausgezeichnet eignet sich das Verwenden<br />
eines Schröpfglases zum Abheben der<br />
Narbe. Es wird nur kurz und überlappend im<br />
Narbenverlauf geschröpft. Es sollte zu keiner<br />
signifikanten Röte/Mehrdurchblutung kommen.<br />
Bei reizloser Narbe kann auch mit dem<br />
Schröpfglas einmal am Rand angesetzt werden<br />
und dann im Narbenverlauf mehrmals<br />
durchgezogen werden.<br />
Weitere Behandlungsmöglichkeiten<br />
Myofascial Release, Muskeldehnungen<br />
(Mm. pectoralis, trapezius, levator scapulae,<br />
subscapularis, latissimus dorsi, biceps brachii),<br />
Dehnlagerungen, Hold-Relaxtechniken,<br />
Manuelle Therapie des Schultergelenks,<br />
Schulterblattmobilisation und PNF-Arm-und<br />
Schulterblattpattern können die Behandlung<br />
je nach Befund ergänzen.<br />
Eigenprogramm<br />
Der Patientin sollten Eigenübungen gezeigt<br />
werden, um die in der Therapie vergrö-<br />
Beginn Behandlung 28.6.2012<br />
Ende Behandlung 2.8.2012 (8 Behandlungen)<br />
6 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>
TITELTHEMA<br />
Querdehnung des Stranges in der Achsel<br />
Dehnung des Stranges im Armverlauf<br />
ßerte Beweglichkeit zu erhalten. Anfangs<br />
werden geführte aktive Bewegungen in die<br />
Flexion besser toleriert, als rein aktive Bewegungen.<br />
Später kann die Übungsfolge erweitert<br />
werden mit der Drehdehnlage, Pectoralis-<br />
Dehnungen z. B. im Türrahmen, aktiven<br />
Übungen mit dem Theraband im PNF-Muster<br />
in Flexion/Außenrotation und Übungen<br />
zur Aufrichtung der WS.<br />
Die Patientin sollte darauf hingewiesen<br />
werden, den Arm und das Narbengebiet<br />
nach der Behandlung sorgfältig zu beobachten<br />
und vor der nächsten Behandlung über<br />
eventuelle Rötungen im Narbengebiet oder<br />
Schwellungen zu berichten.<br />
Zeigt sich eine Schwellungsneigung,<br />
sollte die Patientin parallel mit manueller<br />
Lymphdrainage behandelt werden.<br />
Kontraindikationen<br />
K Metastasen in der Achsel<br />
K Wenn der Strang bei Berührung sehr<br />
schmerzhaft ist. Dies kann auf eine seltene<br />
Entzündung hinweisen.<br />
K Starke Röte im Narbengebiet<br />
K Während einer Bestrahlung sollte nicht<br />
im Bestrahlungsgebiet gearbeitet werden.<br />
Der Strang im Arm kann behandelt<br />
werden.<br />
Auswirkungen der Therapie<br />
auf Lymphödembildung<br />
In der Studie der Autorin wurde an 105 Patientinnen<br />
nachgewiesen, dass sich durch<br />
die manuelle Behandlung der Stränge kein<br />
Lymphödem entwickelte.<br />
Das bis dahin bestehende Tabu, bei<br />
Lymphknotenentfernung in der Achsel keine<br />
manuellen Techniken anzuwenden, konnte<br />
damit ausgeräumt werden.<br />
O‘Toole et al. (2013) geben sogar an,<br />
dass die Strangbildung ein Risikofaktor für<br />
die Entwicklung eines Lymphödems sein<br />
kann, die Zahl der Patientinnen, die ein<br />
Ödem entwickelten, allerdings klein war,<br />
sodass weitere Studien folgen sollten.<br />
Lacomba et al. (2009) wiesen an 120 Patientinnen<br />
nach Brustkrebsoperation nach,<br />
dass durch Physiotherapie (MLD, Narbenmassage,<br />
Schulterübungen, Instruktionen)<br />
die Entwicklung eines Lymphödems 1 Jahr<br />
nach der Operation nur 7 %, in der unbehandelten<br />
Kontrollgruppe aber 25 % betrug.<br />
Fazit<br />
Die Strangbildung ist nach wie vor eine relativ<br />
unbekannte Komplikation nach einer<br />
Brustkrebsoperation. Die Patienten werden<br />
in spezialisierten Zentren operiert und<br />
nach wenigen Tagen entlassen. Da sich die<br />
Strangbildung meist erst nach 14 Tagen<br />
zeigt, werden die niedergelassenen Gynäkologen,<br />
Onkologen und Strahlenärzte damit<br />
konfrontiert. Es zeigt sich, dass diese häufig<br />
die Ursache nicht kennen.<br />
Patientinnen recherchieren dann selbst<br />
im Internet und nehmen durch die Publikation<br />
der Autorin Kontakt zu ihr auf. In zahlreichen<br />
Mails zeigen sich das Ausmaß der<br />
Unkenntnis des Krankheitsbildes und der<br />
starke Leidensdruck betroffener Patientinnen.<br />
Diese sind durch die Diagnose Krebs<br />
und die folgende Chemotherapie und/oder<br />
Bestrahlungen in einer ohnehin belastenden<br />
Situation.<br />
Schmerzen, Bewegungseinschränkungen<br />
und die Angst vor einem Phänomen, das<br />
kein Arzt erklären kann, sind eine unnötige<br />
Belastung, die durch gezielte Therapie unkompliziert<br />
und schnell beseitigt werden<br />
kann. Auch wenn sich in vielen Fällen die<br />
Strangbildung nach 3 Monaten spontan zurückbildet,<br />
kann durch sofortige Therapie die<br />
Leidenszeit nachweislich verringert werden.<br />
Die Praxis der Autorin wurde zur Schwerpunktpraxis<br />
für Patientinnen nach Brustkrebsoperation<br />
mit inzwischen weit über<br />
Tausend erfolgreichen Behandlungen. Die<br />
Studie wurde damals durchgeführt, um zu<br />
überprüfen, ob durch die manuelle Lösungstherapie<br />
ein Lymphödem entstehen würde.<br />
Durch diese Fragestellung und die Bedingungen<br />
der niedergelassenen Praxis wurde keine<br />
Kontrollgruppe zum Vergleich herangezogen.<br />
Es bleibt zu wünschen, dass im Rahmen<br />
einer Master- oder Doktorarbeit eine<br />
kontrollierte und randomisierte Studie zur<br />
Therapie der Strangbildung erfolgen wird.<br />
Über Kontaktaufnahme interessierter Kollegen<br />
würde ich mich freuen!<br />
Auf Anfrage können interessierte<br />
Physiotherapeuten einen Link<br />
zu einem Therapiefilm anfordern.<br />
In diesem Film wird eine Behandlung<br />
gezeigt, in dem die Griffe<br />
nachvollziehbar sind. Eventuelle<br />
Fragen werden per Mail gerne<br />
beantwortet.<br />
Im Interesse vieler betroffener<br />
Patientinnen bitte ich die Kollegen,<br />
die gute Erfahrung mit dieser<br />
Therapie gemacht haben, um<br />
Zusendung ihrer Praxisadresse zur<br />
Ergänzung einer Therapeutenliste.<br />
elisabeth-josenhans@hamburg.de<br />
<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 7
TITELTHEMA<br />
WORKSHOP<br />
LUMBALGIE<br />
GYNÄKOLOGIE<br />
Fotolia © ArTo<br />
Text: Verena Gesing<br />
Befund<br />
Anamnese<br />
Eine Patientin kommt in die Praxis mit einem<br />
Rezept mit der Diagnose Lumbalgie und einer<br />
Verordnung für 6 x KG. Die Frau ist 38<br />
Jahre alt, Mutter von 2 Kindern (6 und 9<br />
Jahre alt) und geht einer beruflichen Tätigkeit<br />
als Bankkauffrau nach, bei der sie überwiegend<br />
sitzend tätig ist. Sie hat seit der<br />
Geburt ihres ersten Kindes rezidivierende<br />
Rückenschmerzepisoden.<br />
Zur Zeit sind die Rückenschmerzen wieder<br />
verstärkt vorhanden (durchschnittliche<br />
Schmerzen NRS 7/10). An ein auslösendes<br />
Ereignis kann sich die Patientin nicht erinnern.<br />
Schmerzverstärkend wirkt sich Sitzen,<br />
Drehen im Bett und Aufstehen aus der<br />
Rückenlage aus, zudem Treppen steigen<br />
oder längere Episoden im Einbeinstand. Die<br />
Schmerzen sind vor allem im Bereich des ISG<br />
vorhanden und gehen nicht nach kranial<br />
über die SIPS hinaus. Die Schmerzstärke ist<br />
nicht abhängig vom Tagesverlauf, sondern<br />
lediglich von den schmerzprovozierenden<br />
Asten, das heißt er ist mechanisch provozierbar.<br />
Die Rückenschmerzen an sich stellen für<br />
die Patientin das größte Problem dar, da sie<br />
sich in ihrem Alltag stark eingeschränkt fühlt<br />
und nicht mehr ihren gewohnten Tagesabläufen<br />
nachgehen kann. Zudem ist sie zur<br />
Zeit krank geschrieben, da ihr das Sitzen im<br />
Moment unzumutbare Schmerzen bereitet.<br />
Auch wird sie z. B. mehrmals in der Nacht<br />
wach, weil sie, wenn sie sich im Bett dreht,<br />
durch die Schmerzen wach wird.<br />
Bei Nachfrage, ob sie evtl. seit der<br />
Schwangerschaft Probleme mit ihrem Beckenboden<br />
hat, gibt sie an, dass sie seit der<br />
ersten Schwangerschaft schon Probleme<br />
hatte, bei Druckerhöhungen (z. B. durch<br />
Husten, Niesen und Pressen) das Wasser zu<br />
halten (Stressinkontinenz Grad 1). Die Problematik<br />
hat sich so zunehmend verstärkt,<br />
dass sie Situationen wie z. B. Trampolinspringen,<br />
Rennen, Hüpfen etc. meidet.<br />
Die Patientin macht hin und wieder<br />
Sport, immer wenn die Rückenschmerzen<br />
verstärkt auftreten, neigt sie eher zur Schonung<br />
als zur Inaktivität. Weitere Hobbies<br />
sind familiäre Aktivitäten wie Fahrrad fahren,<br />
Gartenarbeit, Spielen mit den Kindern,<br />
etc.<br />
Klinische Tests<br />
Zunächst wird der Beckengürtel auf Instabilität<br />
getestet. Da Beweglichkeitstests nicht<br />
empfehlenswert sind, um eine Beckengürtelinstabilität<br />
nachzuweisen oder auszuschließen,<br />
wird auf Schmerzprovokationstests<br />
zurückgegriffen. In Studien konnte<br />
allerdings gezeigt werden, dass Tests, die<br />
versuchen, die Beweglichkeit des ISG zu untersuchen,<br />
nicht zuverlässig sind. So konnten<br />
Bewegungstests nicht reliabel zeigen, in<br />
welcher Stellung das ISG steht. Das heißt,<br />
dass unterschiedliche Untersucher zu unterschiedlichen<br />
Ergebnissen kamen. Hinzu<br />
kommt, dass das ISG bei allen Probanden<br />
ein wenig anders stehen kann, ohne das<br />
dies als pathologisch zu werten ist. Somit<br />
sind diese Tests auch nicht valide. Wenn<br />
Probanden jedoch Schmerzen in diesem<br />
Bereich haben und diese mit speziellen<br />
Schmerzprovokationstests für das ISG provoziert<br />
werden können, kann man relativ<br />
sicher sein, dass das ISG auch betroffen ist.<br />
Von den Schmerzprovokationstests müssen<br />
mindestens 3 von 5 positiv sein, um eine ISG<br />
Problematik nachzuweisen.<br />
Folgende Tests werden durchgeführt:<br />
Sacral Thrust<br />
positiv<br />
Thigh Thrust<br />
positiv<br />
Distraktionstest<br />
positiv<br />
Kompressionstest (SL) negativ<br />
Drop Test<br />
positiv<br />
Wann ist ein ISG-Test als positiv zu werten?<br />
Genau dann, wenn er die Schmerzen der<br />
Patientin reproduzieren kann, also wenn der<br />
Schmerz, der provoziert wird, der typische<br />
Schmerz ist, den die Patientin kennt.<br />
Die durchgeführten Tests zeigen, dass<br />
die Schmerzen von einer Instabilität im ISG<br />
herrühren können. Um ganz sicher zu gehen,<br />
müssen im weiteren Verlauf zusätzliche<br />
Tests ausschließen, dass die Schmerzen<br />
nicht durch angrenzende Strukturen (Hüfte,<br />
LWS) ausgelöst werden.<br />
Zusätzliche Klinische Tests<br />
Durch die Angaben der Patientin, dass sie<br />
schon zwei Schwangerschaften hatte und<br />
die Rückenschmerzen seitdem bestehen,<br />
wäre es auch empfehlenswert zu testen, ob<br />
bei der Patientin noch eine Rektusdiastase<br />
vorhanden ist. Dies ist eine häufige Komplikation,<br />
da in der Nachsorge nach einer<br />
Schwangerschaft nicht konsequent darauf<br />
geachtet wird, dass die Rektusdiastase sich<br />
wieder zurückbildet.<br />
8 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>
Testung der Rektusdiastase:<br />
a) Patientin liegt in RL, Therapeut palpiert<br />
im Verlauf der Linea alba von der<br />
Symphyse bis hin zum Rippenbogen,<br />
die Patientin soll möglichst entspannt<br />
liegen.<br />
b) Patientin soll nun den Kopf zur Brust<br />
nehmen, um eine Anspannung des<br />
M. rectus abdominis zu provozieren.<br />
Eine eventuelle Diastase wird so verstärkt<br />
und kann in ihrer Breite gemessen<br />
werden (praktischerweise in<br />
»Querfingern«).<br />
Bei der Testung ergab sich eine 2 Querfinger<br />
breite Rektusdiastase unterhalb des Bauchnabels.<br />
Die Patientin gibt an, dass diese<br />
schon seit der ersten Schwangerschaft besteht.<br />
Funktionelle Muskeltests<br />
Anspannung der BeBo-Muskulatur ist laut<br />
Patientin möglich, bei Palpation ist eine dezente<br />
Anspannung tastbar.<br />
Der M. transversus abdominis ist jedoch<br />
nicht bewusst anspannbar, bei Palpation ist<br />
keine Anspannung tastbar.<br />
Hypothese<br />
Es liegt nahe, dass bei dieser Patientin eine<br />
Instabilität im Beckengürtelbereich, speziell<br />
im ISG vorliegt. Dies kann durch die Veränderungen<br />
während der Schwangerschaft<br />
entstanden sein: Die hormonelle Situation<br />
M. transversus abdominis<br />
in Kombination mit dem zunehmenden<br />
Kindsgewicht und Kopfumfang können das<br />
Entstehen solcher Pathologien begünstigen.<br />
Bei unserer Patientin kommen die Rektusdiastase<br />
aus der ersten Schwangerschaft<br />
und eine signifikante Schwäche des Beckenbodens<br />
hinzu; beides Faktoren, die eine Instabilität<br />
im ISG begünstigen.<br />
Um die Hypothese zu überprüfen, wird<br />
die Patientin gebeten probehalber für einen<br />
Tag einen Beckengurt anzulegen und damit<br />
den Beckengürtel über Kompression von<br />
außen zu stabilisieren. Die Patientin gibt an,<br />
dass sich der Schmerz durch das Anlegen<br />
des Beckengurts stark reduziert hat, vor allem<br />
in den belastenden Situationen (durchschnittliche<br />
Schmerzen mit Beckengurt NRS<br />
2/10). Dies bestätigt die Hypothese der Beckeninstabilität.<br />
Therapieziele<br />
K Erlernen von Wahrnehmung und<br />
Anspannung des Beckenbodens:<br />
Die Patientin übt aufrecht sitzend Vagina<br />
und After nach oben zu ziehen. Beide<br />
Bewegungen können unabhängig voneinander<br />
geübt und ausgeführt werden.<br />
Ziel der Übung ist es, beide Bewegungen<br />
gleichzeitig auszuführen und so den gesamten<br />
Beckenboden anzuspannen.<br />
K Erlernen von Wahrnehmung und<br />
Anspannung der segmentalen<br />
Stabilisatoren, vor allem des<br />
M. transversus abdominis:<br />
ASTE: RL mit angestellten Beinen Lendenwirbelsäule<br />
in neutraler Lordose. Die Patientin<br />
legt eine Hand unter eine Seite ihrer<br />
Lendenwirbellordose, der Therapeut legt<br />
auf die andere Seite seine Hand unter die<br />
Lendenwirbellordose. Nun wird die Patientin<br />
dazu aufgefordert ihren unteren<br />
Rücken an die beiden Handflächen zu<br />
drücken. Dabei soll sich das Becken nicht<br />
bewegen und auch der Schultergürtel soll<br />
entspannt auf der Unterlage liegen. Die<br />
Bewegung ist kaum sichtbar und kommt<br />
durch Kontraktion des M. transversus abdominis<br />
zustande. Der Bauch soll sich dabei<br />
nicht nach oben wölben. Die Patientin<br />
soll hier möglichst ruhig weiteratmen.<br />
K Stabilisation des Beckengürtels<br />
durch externe Kompression mit Hilfe<br />
eines Beckengurtes<br />
TITELTHEMA<br />
Eigenübungsprogramm<br />
K Tägliche Anspannungs- und Wahrnehmungsübungen<br />
für die lokalen Stabilisatoren<br />
(vor allem Beckenboden und M.<br />
transversus abdominis).<br />
K Vermeidung von sitzenden Positionen, da<br />
hier die größten Kräfte auf den Beckengürtel<br />
wirken.<br />
Fazit<br />
Postpartale Rückenschmerzen sind ein häufiges<br />
Symptom, dass allzu oft leider als ein<br />
normales und notwendiges Übel angesehen<br />
wird. So werden ihnen oft keine Beachtung<br />
geschenkt, da sie quasi zu einer Schwangerschaft<br />
dazu gehören. Der klinische Alltag<br />
zeigt allerdings, dass Patientinnen oft nicht<br />
adäquat nachversorgt werden, obwohl die<br />
Therapie häufig einfach und erfolgreich ist.<br />
Rektusdiastasen und Schwächen der Beckenbodenmuskulatur<br />
schaffen Grundlagen<br />
für Instabilitäten des Beckengürtels, die sich<br />
auch weiterlaufend auf die Wirbelsäule ausbreiten<br />
können. Sie sollten daher genau beurteilt<br />
und auch therapeutisch angegangen<br />
werden.<br />
Rektusdiastase<br />
Der M. rectus abdominis ist der gerade<br />
Bauchmuskel. In seiner Mitte liegt die<br />
Linea alba, eine bindegewebige fasziale<br />
Struktur, die die beiden Muskelanteile<br />
miteinander verbindet. Vor allem in<br />
der Schwangerschaft kann es durch die<br />
schnelle Zunahme des Bauchumfanges<br />
und die Ausschüttung von Relaxin zum<br />
Auseinanderweichen der beiden Anteile<br />
des M. rectus abdominis kommen, sodass<br />
eine Lücke, die sogenannte Rektusdiastase,<br />
entsteht. Dies kann nicht nur in<br />
der Schwangerschaft auftreten, sondern<br />
auch z. B. durch eine schnelle Gewichtszunahme,<br />
etc.<br />
<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 9
ANZEIGE
TITELTHEMA<br />
WISSENSCHAFTLICHER<br />
BEITRAG<br />
EVIDENZ IN DER<br />
PHYSIOTHERAPIE<br />
AM BEISPIEL<br />
SCHWANGERSCHAFTSBEDINGTER<br />
RÜCKENSCHMERZEN Text: Stephan Kruft<br />
Fotolia © LanaK<br />
L Als Physiotherapeut in der Gynäkologie wird man, besonders<br />
im Bereich Schwangerenversorgung und Geburtsstation,<br />
immer wieder auf ein typisches Beschwerdebild stoßen:<br />
Rückenschmerzen. Oftmals berichten Frauen während einer<br />
Schwangerschaft von Schmerzen im Bereich des lumbalen<br />
Rückens oder des Beckens, welche in die Beine ausstrahlen,<br />
aber auch sehr lokal auftreten können. Eine klassische Indikation<br />
also für uns Physiotherapeuten. Stellen wir uns nun<br />
mal vor, wir hätten eine <strong>physio</strong>therapeutische Überweisung<br />
eines Gynäkologen. Unsere Patientin befindet sich in der 31.<br />
Schwangerschaftswoche und leidet seit ca. 2 Wochen an<br />
Rückenschmerzen im Bereich des lumbalen Rückens. Vor der<br />
Schwangerschaft, die ihre erste ist, habe sie nie Probleme in<br />
dem Bereich gehabt. Wie gehen wir nun weiter vor?<br />
Wahrscheinlich kennt jeder aus der Orthopädie oder anderen<br />
Fächern schon einiges an Techniken und weiß, wie<br />
man mit diesen Beschwerden umgehen kann. Aber lassen<br />
sich Maßnahmen zur Behandlung von allgemeinen Rückenbeschwerden<br />
auch auf Rückenbeschwerden anwenden, die<br />
im Zusammenhang mit einer Schwangerschaft stehen? Und<br />
wie ist die Evidenz solcher Maßnahmen? Um Antworten auf<br />
diese Fragen zu bekommen, werden wir, wie immer, in den<br />
wissenschaftlichen Datenbanken recherchieren, ob es bereits<br />
Studien und Forschungsergebnisse im Bereich des schwangerschaftsbedingten<br />
Rückenschmerzes gibt. Da man damit rechnen<br />
muss, dass es zu diesem Thema sehr viele wissenschaftliche<br />
Arbeiten gibt und das Lesen aller relevanten Studien unter<br />
Umständen viel Zeit kostet, führt uns unsere Suche als erstes<br />
zu sogenannten Leitlinien. Leitlinien sind Entscheidungshilfen,<br />
die von führenden Experten in einem Fachgebiet erstellt<br />
werden. Diese Experten haben sich intensiv mit bestehenden<br />
Studien und Reviews zu einem Thema beschäftigt und daraus<br />
Handlungsempfehlungen abgeleitet, die eine Orientierungshilfe<br />
bei der Wahl von Behandlungsmethoden sind.<br />
Eine solche Leitlinie für Rückenschmerzen ist im deutschen<br />
Raum die Nationale Versorgungsleitlinie Kreuzschmerz aus<br />
dem Jahr 2010 mit einer angegebenen letzten Änderung im<br />
August 2013. Dort wird beschrieben, welche Behandlungen<br />
bei nichtspezifischem Rückenschmerz empfehlenswert sind.<br />
Allerdings gibt es keine Empfehlungen zu Schmerzen während<br />
der Schwangerschaft. Also suchen wir weiter. Neben der<br />
Nationalen Versorgungsleitlinie Kreuzschmerz gibt es noch die<br />
DEGAM-Leitlinie Nr. 3 – Kreuzschmerzen. Und siehe da – zusätzlich<br />
zur Beschreibung von Therapie bei akuten und chronischen<br />
Rückenschmerzen finden wir den Abschnitt »Kreuzschmerzen<br />
während der Schwangerschaft«. Dort wird eine<br />
Empfehlung für frühzeitige aktive Physiotherapie und Wassergymnastik<br />
gegeben. Allerdings fehlt eine weitere Konkretisierung<br />
der Therapie. Was soll z. B. die aktive Physiotherapie oder<br />
die Wassergymnastik beinhalten?<br />
Da wir in den deutschen Leitlinien keine weiteren Informationen<br />
dazu erhalten haben, setzen wir unsere Suche in englischsprachigen<br />
Leitlinien, den sogenannten Guidelines, fort.<br />
Dazu gehen wir in die Datenbank Medline und geben in die<br />
Suchmaske die Begriffe: low back pain, pelvic girdle pain,<br />
pregnancy und guideline ein. Die Suche führt uns zu den European<br />
guidelines for the diagnosis and treatment of pelvic<br />
girdle pain von Vleeming et al. aus dem Jahr 2008. In dieser<br />
beschreiben die Autoren, welche Therapiemaßnahmen bei<br />
<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 11
TITELTHEMA<br />
Beckengürtelschmerzen und Rückenschmerzen empfohlen<br />
werden können. In ihrer Arbeit unterscheiden sie zwischen<br />
unspezifischen Schmerzen und Beschwerden, die im Zusammenhang<br />
mit einer Schwangerschaft stehen. Um zu einer<br />
Empfehlung zu gelangen, hat das Forscherteam verschiedene<br />
Datenbanken systematisch durchsucht und vorhandene<br />
Studien und Reviews zusammengefasst. Aufgrund der Recherche<br />
kommen sie in der Leitlinie zu der Empfehlung, bei<br />
schwangerschaftsbedingten Rückenschmerzen aktive Übungen<br />
während der Schwangerschaft durchzuführen. Allerdings<br />
bekommen wir keine genauen Angaben dazu, wie die Übungen<br />
aussehen sollen. Um genauere Informationen und auch<br />
neuere Erkenntnisse zu erhalten, was die aktiven Übungen<br />
beinhalten sollten, schauen wir uns in den medizinischen Datenbanken<br />
nach Studien zum Thema Übungen während der<br />
Schwangerschaft um. Bei PubMED finden wir unter den Suchbegriffen<br />
»exercises«, »low back pain«, »pelvic girdle pain«<br />
und »pregnancy« mehrere Studien und auch ein Review mit<br />
dem Titel »Effectiveness of Stabilising Exercise in Pregnancy-<br />
Associated Lumbar-Pelvic Pain«. Da ein Review immer mehrere<br />
wissenschaftliche Arbeiten zusammenfasst und umschreibt,<br />
ist es sinnvoll, dieses als erstes zu lesen. Die Autoren kommen<br />
nach Zusammenfassung der eingeschlossenen Studien<br />
zu dem Ergebnis, dass Physiotherapie und insbesondere stabilisierende<br />
Übungen schwangerschaftsbedingte Rücken- und<br />
Beckengürtelschmerzen zu lindern scheinen. In einem großen<br />
Teil der untersuchten Studien, die einen positiven Effekt von<br />
Übungen vermerkten, wurden als Intervention der M. transversus<br />
und der M. multifidus trainiert. Allerdings sind die Studien<br />
bei der Ausführung der Übungen sehr unterschiedlich,<br />
weswegen keine genauen Angaben zur Dauer und Umfang<br />
gemacht werden können. So reichte die Behandlungszeit z. B.<br />
von einer Woche bis zu 5 Monaten.<br />
Für unsere Patientin lässt sich anhand des Reviews und der<br />
Leitlinien schließen, dass eine Behandlung mit Training des M.<br />
transversus und des M. multifidus empfehlenswert zu sein<br />
scheint und in die Behandlung mit eingebaut werden sollte.<br />
Somit haben wir für unseren konkreten Fall einen Anhaltspunkt,<br />
wie wir weiter vorgehen können.<br />
Nun zur Frage, ob man Behandlungsempfehlungen für unspezifische<br />
Rückenschmerzen auf Schmerzen in Bezug auf<br />
die Schwangerschaft übertragen kann. Die Nationale Versorgungsleitlinie<br />
Kreuzschmerz (NVL) aus dem Jahr 2010 empfiehlt<br />
bei nichtspezifischen subakuten und chronischen Rückenschmerzen<br />
den Einsatz von Bewegungstherapie. Somit<br />
ähneln sich hier die Leitlinienempfehlungen bei nichtspezifischem<br />
Rückenschmerz und den lumbopelvinen Schmerzen<br />
während der Schwangerschaft. Allerdings geht die NVL, im<br />
Gegensatz zu der Leitlinie bei schwangerschaftsabhängigem<br />
Rückenschmerz, über die Empfehlung zur Bewegungstherapie<br />
hinaus und beschäftigt sich mit weiteren <strong>physio</strong>therapeutischen<br />
Behandlungen, wie z. B. Mobilisation und Massage.<br />
So kommt sie u. a. zu dem Ergebnis, dass die Anwendung von<br />
Ultraschall und auch Massage bei akutem nichtspezifischem<br />
Kreuzschmerz nicht verschrieben werden sollte, da ein ausreichender<br />
Wirksamkeitsnachweis fehle. Wie wirksam diese Therapieformen<br />
bei schwangerschaftsabhängigen lumbopelvinen<br />
Schmerzen sind, lässt sich aus dieser und den anderen hier<br />
beschriebenen Leitlinien nicht herausfinden. Daher ist eine<br />
generelle Übertragung der Therapieempfehlungen auf unsere<br />
Patientin nicht möglich. Allerdings wissen wir nach unserer<br />
Recherche nun, dass ein Training der lokalen lumbalen Stabilisatoren<br />
für unseren Fall zu empfehlen ist. Was die weiteren<br />
Behandlungsmöglichkeiten angeht, heißt es, die Augen offen<br />
halten und sehen, ob in naher Zukunft neue Erkenntnisse zu<br />
unserem Beschwerdebild veröffentlich werden.<br />
PRÄVALENZ<br />
Viele Frauen leiden während ihrer Schwangerschaft<br />
an lumbopelvinen Schmerzen. In einem Review<br />
zur Prävalenz kommen die Autoren zu dem Ergebnis,<br />
dass durchschnittlich ca. 45 % der Schwangeren<br />
Schmerzen im Bereich des lumbalen Rückens oder<br />
des Beckengürtels haben.<br />
M. multifidus lumborum<br />
12 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>
TITELTHEMA<br />
URSACHEN<br />
Ursachen für lumbopelvine Schmerzen<br />
während der Schwangerschaft<br />
Die genauen Ursachen für die Schmerzen sind<br />
noch unklar. Mögliche Gründe können sein,<br />
dass die Lageveränderung des Uterus und<br />
Veränderungen der Beckenstellung zu einem Zug an<br />
den Gelenken im Bereich der lumbalen Wirbelsäule<br />
und des Beckenrings führen. Ein weiterer Grund ist,<br />
dass sich das Kind im Laufe der Schwangerschaft<br />
immer weiter Richtung Becken bewegt und dieses<br />
auseinanderdrückt, was zu einer Dehnung des<br />
M. transversus abdominis und damit zu einer<br />
Insuffizienz des Muskels führen kann. Zudem<br />
kommt es zu einer erhöhten Laxität der Bandstrukturen,<br />
was eine Instabilität der Gelenke und<br />
Schmerzen in den betroffenen Regionen bewirken<br />
kann. Aufgrund ihrer Position und der Hebelverhältnisse<br />
können der M. transversus und der M. multifidus<br />
bei einer entsprechenden Aktivierung einer<br />
Instabilität entgegenwirken und somit auch die<br />
Schmerzen positiv beeinflussen.<br />
LEITLINIEN<br />
Im deutschen Raum gibt es verschiedene Organisationen,<br />
die medizinische Leitlinien erstellen. Zu<br />
ihnen gehören die DEGAM (Deutsche Gesellschaft<br />
für Allgemeinmedizin und Familienmedizin e. V.) und<br />
die AWMF (Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen<br />
Medizinischen Fachgesellschaften e. V.). In der<br />
Regel wird in jeder Leitlinie festgesetzt, wann sie<br />
wieder aktualisiert werden soll. Das bedeutet, dass<br />
die Autoren sich zu einem bestimmten Termin erneut<br />
zusammensetzen, die aktuelle Literatur studieren und<br />
darüber beraten, inwieweit Empfehlungen verändert<br />
werden müssen. Dadurch ist gewährleistet, dass<br />
die Leitlinien neuen Erkenntnissen angepasst sind<br />
und dem aktuellen Forschungsstand entsprechen.<br />
Der Begriff Leitlinie ist allerdings nicht geschützt<br />
und muss keine bestimmten Kriterien erfüllen. Und<br />
anders als Richtlinien sind sie nicht verbindlich. Somit<br />
dienen sie als Orientierungshilfe, aber nicht als starres<br />
Regelwerk. Die beteiligten Organisationen weisen im<br />
Gegenteil darauf hin, dass man die Anwendbarkeit<br />
prüfen und im Einzelfall, wenn z. B. weitere Erkrankungen<br />
vorliegen, auch davon abweichen kann.<br />
EINTEILUNG VON LEITLINIEN<br />
Fotolia © LanaK<br />
Die AWMF unterteilt Leitlinien in unterschiedliche<br />
Stufen. Je nach methodischer Qualität werden die<br />
Leitlinien von S1 bis S3 klassifiziert, wobei S3 die<br />
höchste und S1 die niedrigste Qualitätsstufe darstellt.<br />
Neben der Einteilung der Leitlinie selbst, gibt es noch<br />
Klassifizierungen der Handlungsempfehlung. Diese<br />
können sich zwischen den einzelnen Organisationen<br />
unterscheiden. So klassifiziert die DEGAM z. B.<br />
die Empfehlungen mit Graden von A bis C. Grad A<br />
ist die höchste Stufe und bedeutet, dass die Empfehlung<br />
aufgrund von Studien mit hoher Qualität<br />
getroffen wurde. Grad C ist die niedrigste Stufe<br />
und wird vergeben, wenn die Empfehlung auf einer<br />
Expertenmeinung basiert. Die AWMF nutzt dagegen<br />
eine Einteilung mit den Graden von A, B und 0.<br />
Empfehlungsgrad A bedeutet eine starke Empfehlung<br />
während Grad 0 eine »Offene« Empfehlung ist.<br />
<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 13
VORGESTELLT<br />
In dieser Rubrik stellen wir Euch interessante Menschen vor, die vor einigen Jahren,<br />
genauso wie Ihr jetzt, ihre Ausbildung zum Physiotherapeuten gemacht haben<br />
oder die in ihrer Arbeit viel mit Physiotherapeuten zu tun haben. Außerdem berichten<br />
für Euch Physioschüler und -studenten von ihrer Schule oder Hochschule.<br />
Auch Ihr könnt Eure Ausbildungsstelle ins Rampenlicht rücken, wenn Ihr glaubt,<br />
dass von Eurer Schule oder Hochschule jeder mal gehört haben sollte! Da wir<br />
immer mit vielen Disziplinen zusammenarbeiten, darf natürlich bei »Vorgestellt«<br />
auch der Einblick in andere Berufsgruppen nicht fehlen! Freut Euch also auf interessante<br />
Menschen der Physiotherapie, interdisziplinäre Einblicke und die bunte<br />
Welt der Physioschulen und Hochschulen.<br />
Steckbrief<br />
Martina Rothaupt<br />
INTERVIEW<br />
LEUTE:<br />
MARTINA ROTHAUPT<br />
Text: Verena Gesing<br />
Ausbildung zur Kinderkrankenschwester<br />
und seit 2003<br />
Fortbildung zur IBCLC<br />
(International Board Certified<br />
Lactation Consultant).<br />
Zusätzlich noch Weiterbildung<br />
in der Körperpsychotherapeutischen<br />
Krisenbegleitung (Kaiserschnittmassage,<br />
Übungsprogramm<br />
für Frauen mit<br />
Hyperemesis).<br />
Aktuelle Tätigkeit<br />
Martina Rothaupt arbeitet<br />
sowohl in der Elternschule,<br />
in der sie eine<br />
Stillberatung und Infoabende<br />
zum Thema Säuglingspflege<br />
und Stillen<br />
durchführt, als auch auf<br />
der Entbindungsstation.<br />
Dort liegen ihre Aufgaben<br />
im Bereich der Betreuung<br />
von Schwangeren und Stillenden<br />
sowie in der Vermittlung<br />
und Durchführung<br />
von Kaiserschnittmassagen<br />
an Neugeborenen.<br />
l<br />
l Was macht eine Stillberaterin?<br />
l Sie unterstützt stillende Frauen im KH und/oder zu Hause. Die Stillberatung im privaten<br />
Bereich wird nicht von der KK übernommen, das heißt sie ist kostenpflichtig. Sie<br />
berät und hilft bei Stillproblemen und informiert Schwangere über das Stillen.<br />
l Gibt es unterschiedliche Schwerpunktbereiche in denen Stillberaterinnen<br />
tätig sind?<br />
l Als Stillbeauftragte in der Klinik entweder in der Kinderklinik – bei Frühgeborenen<br />
und/oder kranken Kindern und deren Müttern oder in der geburtshilflichen Abteilung<br />
– bei reifgeborenen Kindern und deren Müttern.<br />
In einer eigenen Praxis zur Unterstützung der Mütter bei Stillproblemen.<br />
l Welche Schnittpunkte gibt es mit der Physiotherapie?<br />
l In der Gynäkologie: Verspannte und gestresste Mütter, Mütter mit Milchstau …<br />
In der Pädiatrie: Kinder mit Trinkschwäche<br />
l Welche Auswirkungen hat das Stillen auf den Bewegungsapparat der Frau<br />
und wie können wir in der Physiotherapie dem entgegenwirken bzw. die<br />
Frau unterstützen?<br />
l Bei schlechter, nicht entspannter Haltung gibt es ggf. Verspannungen im gesamten<br />
Schulter- und Wirbelsäulenbereich. Es kann auch zu Verspannungen durch die<br />
schmerzhaften ersten Trinkzüge des Kindes kommen. Außerdem kann es durch das<br />
Stillen zu einer kurzzeitigen Verringerung der Knochendichte in der Stillzeit kommen.<br />
Zusätzlich kann Stillen zu einem verminderten Östrogengehalt und damit ggf. zu<br />
Gelenkschmerzen führen.<br />
Physiotherapeutische Maßnahmen bei stillbedingten Verspannungen:<br />
• Haltungsschulung<br />
• Entspannungstechniken (z. B. PMR, Autogenes Training)<br />
• Leichte Schulter und Nackenmassage<br />
• Leichte Kräftigungsübungen aus der verspannten Haltung heraus<br />
(z. B. Rudern mit dem Theraband oder Scapulapattern)<br />
14 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>
VORGESTELLT<br />
Physiotherapeutische Maßnahmen im Zusammenhang mit verringerter<br />
Knochendichte:<br />
• In der Stillzeit sollten Manipulationen, Mobilisationen mit schnellem Impuls<br />
und Techniken, bei denen mit viel Druck und Kraft gearbeitet wird, nicht zur<br />
Anwendung kommen.<br />
• Präventiv sollten Ausdauersportarten und ein moderates Krafttraining<br />
empfohlen werden.<br />
Physiotherapeutische Maßnahmen bei vermindertem Östrogengehalt:<br />
• Je nachdem welche Gelenke betroffen sind, sollten dementsprechend<br />
Stabilisationsmaßnahmen durchgeführt werden – z. B. segmentale Stabilisation<br />
der WS.<br />
• Beckenbodentraining<br />
• Ökonomisierung der Gelenkarbeit – durch z. B. Beinachsentraining und<br />
Haltungsschulung<br />
l Welche positiven Aspekte hat das Stillen für die Mutter?<br />
l Stillen schützt nachweislich vor der Bildung eines Mamma- und/oder Ovarien Ca.<br />
Durch die Ausschüttung von Oxytocin kommt es zu einer schnelleren Uterusrückbildung.<br />
Es fördert die Bindung von Mutter und Kind. Außerdem ist es sowohl Geld- als<br />
auch Zeitersparnis (die Milch ist immer sofort und richtig temperiert verfügbar, quasi<br />
ein Latte to Go!).<br />
Und auch in späteren Lebensabschnitten hat man etwas davon, denn es führt zu<br />
einer erhöhten Knochendichte nach Beendigung der Stillzeit und in den Wechseljahren.<br />
l Welche positiven Aspekte hat das Stillen für das Kind?<br />
l Es stabilisiert den Blutzucker des Kindes, außerdem wird die Muttermilch leichter vertragen<br />
und ist bekömmlicher für das Verdauungssystem des Kindes. Die aufgenommene<br />
Muttermilch schützt den Darm und sorgt für die Ausbildung der Darmflora<br />
durch Bifidumbesiedlung.<br />
Stillen stellt einen Schutzfaktor vor dem plötzlichem Kindstod dar. Durch die Inhaltsstoffe<br />
der Muttermilch hat das Kind einen starken Immunschutz, außerdem bietet<br />
das Stillen einen gewissen Schutzfaktor vor Adipositas und Diabetes Typ 2 beim<br />
Kind. Durch das Stillen wird die Eisenaufnahme und Verwertung aus der Muttermilch<br />
unterstützt (das Laktoferrin in der Muttermilch unterstützt die Eisenaufnahme<br />
aus der Muttermilch).<br />
Zu guter Letzt kommt es auch zu einer guten Ausbildung von Mund- und Kiefermuskulatur<br />
durch das Stillen.<br />
l Woran erkenne ich eine zertifizierte Stillberaterin?<br />
l An dem Zusatz »IBCLC« (International Board Certified Lactation Consultant).<br />
l Was sind die typischen Aufgaben im Alltag einer Stillberaterin?<br />
l Als Stillbeauftragte in der Klinik allen Müttern zur Seite stehen, das heißt Stillinfos<br />
geben, beim Stillen unterstützen, nicht stillende Frauen über Babynahrungen und<br />
das Flaschefüttern informieren, aber auch Kolleginnen anleiten (z. B. Kinderkrankenschwestern,<br />
Ärzte auf der Station regelmäßig fortbilden und anleiten).<br />
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16 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>
VORGESTELLT<br />
GESUNDHEITSAKADEMIE SMMP<br />
BILDUNGSAKADEMIE FÜR THERAPIEBERUFE<br />
Text: Theresa Stute<br />
BERGKLOSTER BESTWIG<br />
»Ich will anderen Menschen helfen!« Das ist wahrscheinlich der Satz, der am meisten in den Bewerbungsgesprächen<br />
zum Physio- oder Ergotherapeuten fällt. Ein starker Wille ist eine gute Grundlage, aber zum Helfen gehört vor allem eins:<br />
das Können. Gerade dieses Können vermittelt die Bildungsakademie für Therapieberufe Bergkloster Bestwig.<br />
So werden in 3 Jahren Ausbildung aus Amateuren echte Profis!<br />
Inhalt<br />
Alle relevanten Lerninhalte, moderne Methoden und aktuelles<br />
Wissen werden in der Bildungsakademie in mehreren Modulen<br />
mit 2.900 Stunden (bzw. 2.700 Stunden bei den Ergotherapeuten)<br />
vermittelt. Dabei ist es besonders wichtig, dass der<br />
Einzelne seine Stärken kennen und schätzen lernt, um einen<br />
maximalen Erfolg gewährleisten zu können. Die Inhalte der<br />
Ausbildung werden von 13 qualifizierten, festangestellten<br />
Lehrkräften, darunter zwei Ärztinnen sowie einigen Honorardozenten<br />
vermittelt. Gerade der ständige Wechsel zwischen<br />
Theorie und Praxis macht die Ausbildung für uns zu etwas<br />
Besonderem und garantiert nie Langweiligem. Direkt in der<br />
Akademie befindet sich die Physiotherapiepraxis unter der<br />
Leitung von Magdalena Müller. Ihre Mitarbeiter gehören, genau<br />
wie sie selbst, zum Lehrteam der Bildungsakademie und<br />
ermöglichen mit Patienten und Beispielen aus der Praxis einen<br />
interessanten und nahezu greifbaren Unterricht.<br />
Praktika<br />
Ein Drittel der Ausbildung (1.600 bzw. 1.700 Stunden) findet<br />
außerhalb der Akademie in kooperierenden Kliniken, Praxen<br />
und Krankenhäusern statt, um die nötige praktische Erfahrung<br />
für den späteren Berufseinstieg machen zu können.<br />
Gleichzeitig lernt der Auszubildende bereits einige mögliche<br />
Arbeitsstellen für die Zeit nach der Ausbildung kennen. Während<br />
dieser Praxisphasen werden unsere Einsatzzeiten den Arbeitszeiten<br />
der einzelnen Institutionen angepasst.<br />
Schulalltag<br />
Die theoretischen und fachpraktischen Lehrveranstaltungen<br />
erfolgen täglich von 8.00 – 15.00 Uhr an fünf Tagen pro Woche.<br />
Die meisten Stunden finden getrennt in Physio- und Ergoklassen<br />
statt. Aber der interdisziplinäre Unterricht spielt<br />
eine entscheidende Rolle im Akademiealltag. Die späteren<br />
Ergo- und Physiotherapeuten haben hier die Möglichkeit neben<br />
übergreifenden Themen auch den jeweils anderen Beruf<br />
besser kennen zu lernen. Dies ist vor allem für die Kooperation<br />
der beiden Berufsgruppen im Berufsleben sehr förderlich.<br />
Denn für die Behandlung eines Patienten ist es immer notwendig,<br />
sich mit der jeweils anderen Berufsgruppe abzusprechen<br />
und gemeinsam, natürlich auch mit dem Patienten, Ziele zu<br />
vereinbaren.<br />
Für die bestmögliche Vorbereitung auf die Phasen der praktischen<br />
Berufsausbildung und den späteren Beruf steht den zukünftigen<br />
Therapeuten ein breites Band an Materialien bereit.<br />
So befindet sich im Sockelgeschoss ein gut ausgestatteter<br />
Werkraum für die Ergos, und für die Physios im Erdgeschoss<br />
eine große Auswahl verschiedener Therapiematerialien und<br />
2 Praxisräume. Auch die Räume und die Ausstattung der<br />
hausinternen Akademie-Praxis werden für die Ausbildung<br />
genutzt. Außerdem befindet sich hinter dem Akademiegebäude<br />
ein Garten, der der ergotherapeutischen Ausbildung<br />
dient.<br />
Bildungsakademie Bestwig<br />
<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 17
VORGESTELLT<br />
Dank einer gut abgestimmten Zusammenarbeit mit der Hamburger<br />
Fernhochschule haben Lernende mit Fachhochschulreife<br />
ab dem 2. Ausbildungsjahr die Möglichkeit, neben der<br />
Ausbildung einen europaweit anerkannten Abschluss in den<br />
Health Care Studies zum Bachelor of Science zu erlangen. Der<br />
Studiengang dauert insgesamt 8 Semester und begleitet damit<br />
auch noch nach dem Staatsexamen den Berufsalltag.<br />
BERGKLOSTER<br />
BESTWIG<br />
Hintergründe<br />
Weitere Infos unter:<br />
www.bildungsakademie-therapieberufe.de<br />
Mit 112 Lernenden ist die Bildungsakademie relativ klein, daher<br />
herrscht hier ein besonders familiäres Klima. Gemeinsame<br />
Aktionstage wie das Sommerfest oder Fahrten innerhalb eines<br />
Lehrgangs stärken das Gemeinschaftsgefühl zusätzlich und<br />
dienen, wie etwa das 2-tägige Kommunikationsseminar, der<br />
optimalen Vorbereitung auf<br />
das spätere Berufsleben.<br />
2015 feiert die Bildungsakademie<br />
für Therapieberufe<br />
Bergkloster Bestwig<br />
ihr 20-jähriges Bestehen.<br />
Seit fünf Jahren befindet sie<br />
sich an der Bundesstraße in<br />
Bestwig-Velmede. Vorher<br />
war sie ein Teil des Berufkollegs<br />
Bergkloster Bestwig und<br />
ist genau wie das Berufskolleg<br />
eine Einrichtung in privater<br />
Trägerschaft des Ordens<br />
»Schwestern der heiligen Wer sich für eine Ausbildung zum Ergo- oder Physiotherapeuten bei uns in Bestwig<br />
Maria Magdalena Postel«. entscheidet, kann gerne als Hospitant vorbeischauen und sich ein Bild vom Akademiealltag<br />
machen. Wie viele von uns habe ich mich vor allem aufgrund des guten<br />
In der Ausbildung findet daher<br />
zwar kein Religionsunterricht<br />
statt, dennoch wird Abschluss fast alle Absolventen den Einstieg in den Beruf erfolgreich geschafft.<br />
Rufs der Schule hier beworben. So haben bereits spätestens 3 Monate nach ihrem<br />
sich intensiv mit anthropologischen<br />
Themen beschäftigt, nen muss, braucht natürlich auch Erholung, daher haben wir pro Jahr acht Wochen<br />
Die Ausbildung beginnt immer am 1. Oktober des Jahres. Wer wie wir so viel ler-<br />
die einen Bezug zum Beruf unterrichtsfreie Zeit.<br />
haben. Der Besuch des Gottesdienstes<br />
zu besonderen Bewerbungen werden das ganze Jahr über entgegengenommen. Einen Aufnahmetest<br />
gibt es nicht. Viel wichtiger ist das Beratungsgespräch, zu dem man bei guten<br />
kirchlichen Feiertagen und<br />
zu Schuljahresbeginn gehört<br />
ebenso zur Ausbildung tungsteam um den Schulleiter Andreas Pfläging, bestehend aus ärztlicher Leitung<br />
Bewerbungsgrundlagen eingeladen wird. Über eine Zusage entscheidet ein Lei-<br />
wie das Lernen und Verbessern<br />
der eigenen Qualitäten.<br />
und den Ausbildungsleitungen für die beiden Fachbereiche.<br />
Neben der Ausbildung der Die Lehrgangsgebühr beträgt für den Ausbildungslehrgang Physiotherapie wie<br />
neuen Therapeuten fungiert<br />
das Akademiegebäude Weitere Kosten entstehen im Sinne eines Auslagenersatzes für Literatur, Kopien,<br />
auch für den Ausbildungslehrgang Ergotherapie derzeit 395,– Euro pro Monat.<br />
auch als Fortbildungsstätte. Material, Fahrtkosten, evtl. Wohnkosten und die Prüfungsgebühr. Eine individuelle<br />
Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG)<br />
So besteht z. B. direkt nach<br />
Abschluss des Staatsexamens<br />
die Möglichkeit an ei-<br />
und Arbeitsförderungsgesetz (AFG) ist generell möglich.<br />
ner Fortbildung in manueller Vielleicht seid ihr ja nun ein wenig neugierig auf uns geworden. Man sieht sich in<br />
Lymphdrainage teilzunehmen.<br />
der Bildungsakademie für Therapieberufe Bergkloster Bestwig.<br />
18 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>
VORGESTELLT<br />
Fotolia © bonninturina<br />
BLICKWINKEL<br />
Beruf oder Berufung?<br />
ORTHOPÄDIESCHUHMACHER<br />
Text: Jens Jahrling<br />
Michael arbeitet bei einer Versicherung und spielt in seiner<br />
Freizeit leidenschaftlich gern Fußball. Nächstes Wochenende<br />
hat er mit seiner Mannschaft wieder ein wichtiges Spiel, das<br />
er kaum abwarten kann. Das war nicht immer so, denn bis<br />
vor kurzem bedeutete für ihn jeder Schritt auf dem Platz eine<br />
Qual. Stechende Knie-Schmerzen plagten ihn beim wöchentlichen<br />
Training. Der Orthopäde diagnostizierte eine Fehlstellung<br />
in den Füßen, die sich ungesund auf das Knie auswirkte. Seit<br />
einigen Wochen trainiert er mit sensomotorischen Einlagen,<br />
die der Orthopädieschuhmacher speziell für ihn angefertigt<br />
hat. Die Schmerzen sind Vergangenheit und Michael kann sich<br />
wieder den wichtigen Dingen zuwenden.<br />
Erfolgsgeschichten wie diese schreibt Tobias Becker beinahe<br />
täglich. Der gelernte Orthopädieschuhmacher ist Werkstattleiter<br />
und Qualitätsprüfer im Gießener footpower-Store.<br />
»Am meisten liebe ich an meinem Job, dass ich anderen Menschen<br />
helfen kann«, so der 26-jährige geprüfte Sensomotorik-Techniker.<br />
Bereits seit fast zehn Jahren ist er dem Betrieb<br />
treu, in dem er auch einst die dreieinhalbjährige Ausbildung<br />
absolviert hat. »Zu uns kommen Menschen mit Schmerzen,<br />
mit neurologischen Problemen oder auch Kinder mit einem<br />
stark von der Norm abweichenden Gangbild. In der Regel<br />
können wir hier mit der Einlagenversorgung sehr gute Ergebnisse<br />
erzielen. Vielleicht können Sie sich vorstellen, wie<br />
glücklich Eltern sind, wenn ihre Kinder wieder normal laufen<br />
können?«<br />
der simple Verkauf von Einlegesohlen. Ob Fußbettungen und<br />
Einlagen, Bandagen, Beinverlängerungsorthesen, orthopädische<br />
Maßschuhe, Änderungen am Konfektionsschuh oder<br />
auch medizinische Fußpflege: Das Handwerk des Orthopädieschuhmachers<br />
zeichnet sich vor allem durch die individuelle<br />
Anfertigung von orthopädischen Heil- und Hilfsmitteln<br />
aus.<br />
»Du weißt morgens nie, was Dich erwartet. Unsere Kunden<br />
kommen mit den unterschiedlichsten Beschwerden zu uns«,<br />
so Tobias Becker. Und für jeden einzelnen Fall gilt es, die beste<br />
Lösung zu finden. Sowohl handwerkliches Geschick als auch<br />
ein gutes anatomisches Verständnis sind hier grundlegend.<br />
Beratungskompetenz und Kommunikationsgeschick werden<br />
im täglichen Kundenkontakt ebenfalls groß geschrieben.<br />
Ein Job mit Zukunft<br />
Der Beruf des Orthopädieschuhmachers steht hoch im Kurs.<br />
Der Markt wächst kontinuierlich: In Zeiten stark reglementierter<br />
Krankenkassenleistungen achten Menschen mehr auf<br />
ihre Gesundheit und nehmen auch präventive Leistungen in<br />
Anspruch. Gleichzeitig treiben Kinder immer weniger Sport,<br />
orthopädische Probleme sind hier vorprogrammiert. Stetige<br />
Weiterentwicklungen im Reich der Fußgesundheit sorgen dafür,<br />
dass auch in Zukunft das Aufgabengebiet des Orthopädieschuhmachers<br />
modern und spannend ist.<br />
Garantiert keine Langeweile<br />
Die Ausbildung zum Orthopädieschuhmacher bereitet auf ein<br />
Tätigkeitsfeld vor, wie es vielseitiger kaum sein könnte. Das<br />
große Aufgabenspektrum rund um orthopädisches Schuhwerk<br />
und Fußgesundheit bedeutet im Arbeitsalltag mitnichten<br />
Drei Fragen an Tobias Becker<br />
Welche Voraussetzungen sollten Interessierte für den Beruf<br />
des Orthopädieschuhmachers mitbringen?<br />
In erster Linie sollte die Motivation stimmen, und damit meine<br />
ich ein grundsätzliches soziales Engagement. In diesem Beruf<br />
<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 19
VORGESTELLT<br />
ist man sehr nah am Menschen dran, das liegt nicht jedem und<br />
das muss man mögen. Wen es jedoch erfüllt, anderen Menschen<br />
zu helfen, der bringt bereits die wichtigste Voraussetzung<br />
mit. Zusätzlich sollte ein angehender Orthopädieschuhmacher<br />
handwerklich geschickt sein, ein ordentliches Maß an<br />
Eigeninitiative mitbringen und bereit sein, immer mehr dazu<br />
zu lernen.<br />
Was reizt Sie besonders an Ihrem Beruf?<br />
In unserem Beruf ist es wichtig, immer am Ball zu bleiben.<br />
Ständig gibt es neue Erkenntnisse und Möglichkeiten. Längst<br />
sind wir kein Handwerksberuf mehr, der nur hämmernd in<br />
der Werkstatt steht. Modernste Materialien und Technologien<br />
kommen hier zum Einsatz, das vermuten die Wenigsten. Die<br />
Versorgung mit sensomotorischen Einlagen ist beispielsweise<br />
eine enorm wichtige Errungenschaft für unseren Berufsstand.<br />
Nur in einem engen Netzwerk mit Orthopäden und Physiotherapeuten<br />
können so spezialisierte Systeme entwickelt werden.<br />
Warum haben Sie sich für eine Karriere bei footpower entschieden?<br />
Ich stehe mit voller Überzeugung hinter dem sensomotorischen<br />
Wirkprinzip dieser Einlagen. Für die individuelle Anfertigung<br />
und Anpassung dieser Einlagen bedarf es einer Menge<br />
Know-How, das den Mitarbeitern an der unternehmenseigenen<br />
Akademie vermittelt wird. Außerdem werden zahlreiche<br />
Sportler mit den Einlagen versorgt, darunter auch sehr prominente.<br />
Das ist für mich ein sehr spannendes Spezialgebiet.<br />
BLICKWINKEL<br />
ORTHOPÄDIESCHUHMACHER<br />
Aus- und Weiterbildung<br />
K Ausbildungsdauer: dreieinhalb Jahre<br />
K Duales Ausbildungssystem an der Berufsschule und<br />
in einem Ausbildungsbetrieb<br />
K Voraussetzungen: keine bestimmte Schulbildung,<br />
auch Quereinsteiger mit dem nötigen handwerklichen<br />
Geschick und medizinischem Verständnis können sich<br />
bewerben<br />
K Weiterbildung: zahlreiche Fortbildungs- und Spezialisierungsmöglichkeiten,<br />
z. B. Versorgung von Kindern,<br />
Sportlern, neurologisch erkrankten Menschen oder<br />
Diabetikern, handwerkliche Weiterbildungen wie<br />
Schleifen oder Orthesenherstellung, theoretische Seminare<br />
wie Anatomiekenntnisse oder Materialkunde,<br />
Workshops im Bereich Kommunikation, Marketing,<br />
Unternehmensführung usw., Studium beispielsweise<br />
der Orthopädie- und Rehatechnik<br />
K Aufstiegschancen: Betriebsassistent/in im Orthopädieschuhmacherhandwerk,<br />
Betriebswirt/in des Handwerks,<br />
Werkstattleiter, Orthopädieschuhmachermeister/in<br />
nach mehrjähriger Gesellentätigkeit, Gründung<br />
oder Übernahme des eigenen Handwerksbetriebes<br />
Fotolia © pix4U<br />
20 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>
VORGESTELLT<br />
In der Ausbildung bekommt man durch die<br />
vielen Praktika einen guten Einblick in die Arbeit<br />
des Physiotherapeuten. Doch wie ist es<br />
eigentlich bei unseren Kollegen im Ausland?<br />
Wie sieht die Ausbildung aus und werden Rückenschmerzen<br />
dort genauso behandelt wie<br />
bei uns? Antworten darauf wird uns Michael<br />
Meyer geben, der für ein Jahr in Peru arbeitet<br />
und die dortige Physiowelt erkundet.<br />
Meine Ankunft in Lima<br />
Als ich am 08.09.2013 nach fast 21 h Reisezeit<br />
hier in Lima gelandet bin, war ich zunächst<br />
einmal froh endlich an meinem lang<br />
ersehnten Ziel angekommen zu sein. Bereits<br />
im Anflug konnte ich sehen, was mich die<br />
nächsten Wochen erwarten wird und es war<br />
tatsächlich als würde man auf einem anderen<br />
»Planeten landen«. Quadratkilometerweise<br />
Holzhütten mit Wellblechdächern<br />
umgeben von Wüstensand. Auf dem Weg<br />
vom Flughafen zu unserer Unterkunft für die<br />
erste Woche schien meine Kamera heiß zu<br />
laufen und mein Kopf vor neuen Eindrücken<br />
schier zu explodieren. Nach vier Tagen gemeinsam<br />
mit den fünf anderen Freiwilligen<br />
wurden wir dann am Freitag zu unseren<br />
Gastfamilien gebracht, mit denen wir für<br />
die nächsten 12 Monate zusammen leben<br />
werden. Für mich bedeutete dies vorbei mit<br />
deutscher Konversation und ab ins kalte<br />
Wasser der spanischen Sprache.<br />
Ich kann mich noch sehr gut an die Fahrt<br />
nach Pachacutec erinnern. Nach fast dreieinhalb<br />
Stunden Autofahrt waren wir endlich<br />
in Pachachutec/Ventanilla angekommen.<br />
Immer mehr wurde mir bewusst, dass ich<br />
mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit in einer<br />
dieser unzähligen Holzhütten, die ich bereits<br />
im Anflug erkennen konnte, für die nächsten<br />
12 Monate leben werde. Mit einer Mischung<br />
aus Vorfreude, aber auch dem Wissen<br />
»jetzt wird's ernst« habe ich gemeinsam<br />
mit unserer peruanischen Koordinatorin und<br />
meiner zukünftigen Chefin mein neues Zuhause<br />
betreten …<br />
Mein Wohnort/<br />
meine Gastfamilie<br />
AUSLANDS-<br />
KORRESPONDENZ:<br />
EIN BERICHT AUS PERU<br />
Text: Michael Meyer<br />
Beginnen möchte ich mit meiner Gastfamilie,<br />
deren Haus sich im Stadtteil Pachacutec<br />
befindet, welcher direkt an der Küste in der<br />
Mitte Perus liegt und in ca. 3,5 h Busfahrt<br />
vom Zentrum Limas zu erreichen ist. Mit ca.<br />
148.000 Einwohnern ist es in der Provincia<br />
Callao eines der am schnellsten wachsenden<br />
Pueblos der letzten Jahre, was es aus entwicklungspolitsicher<br />
Sicht für die Politiker<br />
sehr wichtig macht, da es in einem Großteil<br />
dieses Stadtteils kein festes Trinkwassernetz<br />
und folglich auch kein richtig ausgebautes<br />
Abwassernetz gibt. Doch warum wächst<br />
dieser Stadtteil so schnell? Dazu gibt es eine<br />
plausible Antwort: »Invasionen«. Denn wie<br />
in vielen Stadtteilen Perus haben sich auch<br />
hier die meisten Leute vom Land aufgemacht,<br />
um in der Stadt Arbeit zu suchen.<br />
Daher haben sie hier einfach Land besetzt,<br />
und weil sie kein Geld haben, um dieses zu<br />
bezahlen, hat man ihnen das Grundstück<br />
geschenkt.<br />
Von meinem Haus aus kann ich in 30 Gehminuten<br />
zum Pazifik spazieren, weshalb sich<br />
mir hier an sehr schönen und sonnigen Tagen,<br />
trotz der Wüstenatmosphäre, gemischt<br />
mit viel Müll und herumstreunenden Hunden,<br />
dennoch ein sehr schönes Panorama<br />
bietet.<br />
Die Nähe zum Pazifik bestimmt auch<br />
das Klima, denn in meiner Anfangszeit lag<br />
morgens meistens eine Nebelschicht über<br />
Pachacutec, die sich im Laufe des Tages immer<br />
mehr verzog. Dementsprechend war es<br />
morgens immer recht frisch oder wie die Peruaner<br />
hier zu sagen pflegen »es frio!«. Um<br />
<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 21
VORGESTELLT<br />
die Mittagszeit kann es einem dann schon<br />
mal warm werden, was jedoch nur so lange<br />
anhält, wie die Sonne da ist.<br />
Auch der Weg zu meiner Einsatzstelle<br />
ist mit fünf Minuten ein Steinwurf von meinem<br />
Wohnort entfernt. Zu verdanken habe<br />
ich das meiner Gastfamilie, mit der ich hier<br />
zusammenleben darf. Wenn ich Gastfamilie<br />
sage, dann meine ich meine Gast Mama<br />
Vicky und ihren 28 Jahre alten Sohn Julio.<br />
Er leidet seit nun mehr als 8 Jahre an der<br />
Krankheit »Myelitis Transversa«. Hierbei<br />
handelt es sich um eine Infektion des Körpers<br />
(vermutlich ein Virus oder aber TBC),<br />
die das Rückenmark befallen hat, weshalb<br />
Julio seit dem 20. Lebensjahr querschnittsgelähmt<br />
ist und seit zwei Jahren den ganzen<br />
Tag in seinem Bett liegt, da er aufgrund seiner<br />
neuropathischen Schmerzen nicht mehr<br />
sitzen kann.<br />
Aus diesem Grund muss ihn seine Mutter<br />
rund um die Uhr pflegen. Nebenbei betreut<br />
sie tagsüber in unserem Haus Kinder aus<br />
der Nachbarschaft, deren Eltern arbeiten<br />
gehen müssen. Neben Julio hat Vicky noch<br />
eine Tochter namens Fanny sie ist 26 Jahre<br />
alt, wohnt jedoch aufgrund ihres Studiums<br />
in einem anderen Stadtteil bei ihrer Tante<br />
und besucht uns hin und wieder an den<br />
Wochenenden. Was die gesundheitliche<br />
Situation von Julio angeht, war einiges im<br />
Wandel und die Hoffnungen sind sehr groß,<br />
dass sich vielleicht etwas ändern könnte, da<br />
am 02.12.2013 wie aus heiterem Himmel<br />
ein <strong>Journal</strong>ist mit einem Kamerateam bei<br />
uns im Haus war, um die Geschichte von<br />
Julio publik zu machen. Denn damit Julio<br />
sich seine Medikamente leisten kann, stellt<br />
er u. a. kleine Stoffelefanten (Stückpreis<br />
4 Sol = € 1,07 ) her, die eine Frau in Spanien<br />
dann verkauft. Diesbezüglich könnt ihr auch<br />
gerne folgenden Begriff bei Facebook suchen<br />
(Bisuteria y Confecciones Suarez). Und<br />
so haben wir uns am 12.12.2013 hoffnungsvoll<br />
losgemacht um eine neue Evaluation<br />
seiner Krankheit durch durchzuführen. Die<br />
Erkenntnisse daraus waren jedoch eher ernüchternd<br />
und lauteten so viel wie, er müsse<br />
mit den neuropathischen Schmerzen leben<br />
und hier in Peru könne man mit den zur Verfügung<br />
stehenden Mitteln für ihn ohnehin<br />
nichts machen, dazu müsste er sich schon in<br />
ein Land wie Amerika ausfliegen lassen und<br />
dort behandeln lassen.<br />
Das Haus, in dem wir leben, würde man<br />
nach deutschen Verhältnissen als Schrebergartenhütte<br />
einstufen. Die Fassaden<br />
sind aus Holz, das Dach besteht aus Wellblech-/Eternitplatten.<br />
Mein Zimmer, in dem<br />
ich schlafe (mittlerweile habe ich auch ein<br />
Fenster), sowie die Dusche wurden eigens<br />
für mich gebaut und befinden sich im »Hinterhof/ehemals<br />
Garten« des Hauses. Als ich<br />
ankam, gab es in meinem Bad eine Toilette<br />
und eine Dusche, bei der es jedoch keinen<br />
Vorhang und nichts gab. Dies hat sich im<br />
Laufe der Zeit geändert und mittlerweile<br />
habe ich sogar ein Waschbecken in meinem<br />
Bad.<br />
Es ist kaum zu glauben, wie warm doch<br />
kaltes Wasser sein kann, denn in meiner Anfangszeit<br />
habe ich gelernt, wie egal es sein<br />
kann, welche Temperatur das Wasser hat,<br />
ob man Licht zum Duschen hat oder nicht<br />
– denn Stromausfälle sind hier auch keine<br />
Seltenheit – oder aber, ob das Wasser ausbleibt.<br />
Ein weiterer Höhepunkt sollte mein<br />
erstes Mal Wäschewaschen werden. Denn<br />
nicht nur, dass es kein warmes Wasser gibt,<br />
nein ich darf meine Wäsche auch von Hand<br />
waschen. Und so durfte ich lernen, wie<br />
viel Zeit, das sonst eher banale Wäschewaschen<br />
in Anspruch nehmen kann. Doch<br />
damit nicht genug, denn aufgrund der hohen<br />
Luftfeuchte habe ich beim ersten Mal<br />
waschen meine Wäsche sage und schreibe<br />
sieben Tage getrocknet.<br />
Nichts desto trotz bin ich sehr froh über und<br />
mit meiner Gastfamilie, die beiden haben<br />
sich von Anfang an sehr viel Mühe mit mir<br />
gegeben und mittlerweile sind wir ein sehr<br />
gut eingespieltes Team.<br />
Mein Umfeld/Leben/Alltag<br />
Wie das so ist, wenn man irgendwo neu<br />
ist, so brauchte es auch hier seine Zeit, bis<br />
ich meinen Alltag hatte. Angefangen von<br />
meiner Freizeitgestaltung, bei der sich der<br />
Hauptteil um Sport drehte, konnte ich mich<br />
nicht mehr einfach so mit meinem Fahrrad<br />
auf eine Tour begeben, wie es für mich in<br />
Deutschland selbstverständlich war. Und so<br />
habe ich meinen Bewegungsdrang dahingehend<br />
gestillt, dass ich laufen gehe. Doch so<br />
leicht ist dies leider auch nicht, denn auf den<br />
Straßen wimmelt es gerade nur so von Hunden,<br />
die nicht wie in Deutschland angeleint<br />
sind und dem man etwa ein Herrchen zuweisen<br />
könnte, sondern die Hunde rennen<br />
hier frei auf der Straße herum und sehen teilweise<br />
aus wie wandelnde Leichen. Dennoch<br />
habe ich mich nicht so einfach unterkriegen<br />
lassen und bin laufen gewesen. Doch eines<br />
Tages sollte es dann doch passieren. Ich war<br />
wie gewohnt unterwegs und wie gewohnt<br />
haben mich auf meiner Strecke einige<br />
Hunde angebellt und auch ein Stück verfolgt.<br />
Dieses Mal schien ich jedoch an einen<br />
wahnsinnigen Boss der Hundemafia gelangt<br />
zu sein. So absurd es klingt, aber es gibt hier<br />
22 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>
Hunde in gewissen Straßen, wenn diese<br />
bellen, dann rennen auf einmal alle Hunde<br />
der Straße. An besagtem Tag war es eben<br />
auch so und einer hatte wohl Geschmack<br />
an mir gefunden und einmal nach mir geschnappt.<br />
Es war keine schlimme Wunde,<br />
dennoch habe ich noch am gleichen Abend<br />
das örtliche Krankenhaus aufgesucht und<br />
am nächsten Tag dann nochmal eine<br />
andere Klinik, deren medizinischer<br />
Standard mir etwas seriöser erschien.<br />
Denn in dem örtlichen<br />
Krankenhaus war ich schlicht<br />
und ergreifend die Attraktion<br />
und die erste Frage einer der<br />
gefühlten 10 Schwestern, die<br />
auf einmal in dieser Notaufnahme<br />
waren, war ob ich denn<br />
noch Single sei. Nichts desto<br />
trotz kann man unschwer erkennen,<br />
dass ich noch am Leben bin und<br />
ich habe meinen 10 km Lauf an dem ich hier<br />
im Rahmen des Marathon RPP Lima teilgenommen<br />
habe, erfolgreich abgeschlossen.<br />
Doch irgendwie hat es mir dieses eine<br />
Krankenhaus angetan, denn unglücklicherweise<br />
wurde ich mit meinem Fahrrad<br />
in einen Unfall verwickelt, bei dem ich etwas<br />
unsanft auf die Straße gestürzt bin:<br />
die Diagnose lautete Tossy I. Wieder einmal<br />
hatte ich einen guten Schutzengel an meiner<br />
Seite, denn ich hatte Glück, dass der<br />
Fahrer des Autos auch angehalten und dann<br />
auch die Versorgung getragen hat. Hierzu<br />
habe ich 10 x Physiotherapie erhalten. Diese<br />
bestand aus 10 min Reizstrombehandlung,<br />
daran schlossen sich ca. 5 min Ultraschallbehandlung<br />
an und zum Abschluss gab es<br />
dann noch ein paar Massagegriffe. Den aktiven<br />
Part habe ich dann selbst in die Hand<br />
genommen.<br />
Das Projekt/meine Arbeit<br />
Meine Einsatzstelle ist im Rehabilitationszentrum<br />
»MADRE MARÍA JOSE« der Hermanas<br />
de la Cruz y Pasión y Hermanas Misioneras<br />
Médicas.<br />
Das Zentrum wird von den beiden<br />
Schwestern Hermana Cristina und Hermana<br />
Maria Fernanda geführt und diese beiden<br />
haben es vor fünf Jahren auch ins Leben<br />
gerufen. Seither hat sich das Zentrum stets<br />
weiterentwickelt und verbessert, mit dem<br />
großen Ziel und der großen Hoffnung eines<br />
Neubaus eines »richtigen« und eigenständigen<br />
Rehabilitationszentrums hier in Pachacutec.<br />
Warum schreibe ich richtiges Rehabilitationszentrum,<br />
aus folgendem Grund.<br />
Bislang haben die Schwestern drei Räumlichkeiten<br />
in einem Gebäudekomplex angemietet,<br />
in dem sich noch einige<br />
andere Sachen befinden.<br />
Insgesamt besitzt das<br />
Zentrum einen großen<br />
Therapieraum indem<br />
ich und noch zwei<br />
weitere peruanische<br />
Kollegen mit den<br />
Kindern Physiotherapie<br />
machen. Der<br />
Steckbrief<br />
Name: Michael Meyer<br />
Alter: 27<br />
Ausbildung: Baden-Baden<br />
Studium: Uni Marburg/HS Fulda<br />
zweite Raum wird abwechselnd von zwei<br />
Logopäden, eine Terapista de Aprendesaje<br />
und eine Psychologin verwendet. Hermana<br />
Maria Fernanda, die von Hause aus Pädiaterin<br />
ist, hat ihr eigenes Untersuchungszimmer.<br />
Aufgrund der großen Nachfrage<br />
könnten ohne weiteres noch mehr Räume<br />
mit Therapeuten und Patienten gefüllt<br />
werden.<br />
Wie muss man sich jetzt einen Tag beziehungsweise<br />
die Abläufe an einem ganz<br />
normalen Tag vorstellen? Derzeit öffnen<br />
sich die Türen des Zentrums von Dienstag<br />
bis Freitag jeweils von 8.30 Uhr bis 12 Uhr.<br />
Jede Therapie, die ein Kind erhält, dauert<br />
30 min. Teilweise haben die Kinder neben<br />
Physiotherapie noch weitere Therapien, wie<br />
Logopädie, Aprendesaje oder aber Psycho-/<br />
Verhaltenstherapie. Welcher Patient welche<br />
Therapie/n benötigt, wird zum einen durch<br />
die Pädiaterin und zum anderen durch uns<br />
Therapeuten festgestellt. Die Therapie ist<br />
jedoch nicht ganz kostenfrei, denn obwohl<br />
die Leute hier nicht viel Geld haben, sollen<br />
sie das Angebot der Therapie auch zu schätzen<br />
wissen und ferner muss die Schwester<br />
die peruanischen Therapeuten ja auch mit<br />
etwas bezahlen. Und so bezahlen die Patienten<br />
einen Betrag von 3 Sol, der umgerechnet<br />
noch nicht einmal € 1 ist. Als Vergleich<br />
dazu würden sie in einem anderen<br />
VORGESTELLT<br />
Zentrum, das nicht weit weg von uns ist, 10<br />
Sol bezahlen.<br />
Nachmittags mache ich dann noch drei<br />
Hausbesuche. Hierbei handelt es sich um<br />
Kinder, die so schwer betroffen sind, dass<br />
es für die Mütter nicht möglich ist, ohne<br />
Hilfe und ohne größeren Aufwand zu uns<br />
ins Zentrum zu kommen.<br />
Ansonsten unterstütze ich Hermana<br />
Cristina in administrativen Dingen. Im vergangenen<br />
Jahr gab es zwei Gesundheitskampagnen,<br />
die eigens für Kinder unseres<br />
Zentrums sowie für Kinder von der Straße,<br />
durchgeführt wurden. Hierzu kamen an einem<br />
Samstag 13 Ärzte verschiedener Fachrichtungen<br />
zu uns ins Zentrum und haben<br />
die Kinder kostenfrei untersucht. Ferner sind<br />
wir mit einer Auswahl an Kindern in eine nahegelegene<br />
Universitätsklinik gefahren, wo<br />
diese dann kostenfrei von Zahnärzten untersucht<br />
wurden und eine Zahnreinigung sowie<br />
eine Fluoridierung erhalten haben. Was die<br />
beiden Schwestern hier auf die Beine stellen<br />
ist wirklich eine einmalige Sache und die<br />
Leute sind ihnen dafür auch sehr dankbar,<br />
wie ich jeden Tag immer wieder aufs Neue<br />
mitbekommen darf.<br />
An dieser Stelle möchte ich auch nochmals<br />
ausdrücklich für den Freiwilligen Dienst<br />
mit dem Badischen Roten Kreuz werben.<br />
Denn noch immer wartet meine Stelle auf<br />
den/die Nachfolger/in für den kommenden<br />
September. Wer sich also nicht scheut, Erfahrungen<br />
im Ausland zu sammeln, nach<br />
Möglichkeit Spanisch spricht, Spaß an der<br />
Arbeit mit Kindern hat und – ganz wichtig –<br />
offen ist für neue Eindrücke der/die sollte<br />
nicht lange zögern und sich an folgende<br />
Adresse wenden. (www.drk-baden.de)<br />
Für Fragen und Anregungen stehe ich<br />
euch wie immer sehr gerne zur Verfügung<br />
(mitchito@googlemail.com), auch was<br />
die Bewerbungsunterlagen etc. angehen.<br />
Gerne könnt ihr auch etwas ausführlicher<br />
an meinem Auslandsjahr teilhaben, hierzu<br />
müsst ihr einfach nur folgenden Link besuchen<br />
www.mitchito.tumblr.com und schon<br />
bekommt ihr etwas mehr Bildmaterial zu<br />
sehen. Dann möchte ich mich von euch<br />
verabschieden und wünsche euch frohes<br />
Lernen.<br />
Beste Grüße aus Pachacutec<br />
Michael Meyer<br />
<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 23
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<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 31
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PROPRIOZEPTIVES TRAINING NACH<br />
VORDERER KREUZBAND-<br />
REKONSTRUKTION – HÄLT DAS<br />
TRAINING, WAS ES VERSPRICHT ?<br />
Im Laufe seiner Ausbildung oder des Studiums schreibt man so einige Haus- und<br />
wissenschaftliche Arbeiten. Leider verschwinden diese nach Abgabe oftmals in der<br />
Schublade und werden nicht mehr gesehen. Das ist schade, da sie wichtige Informationen<br />
enthalten, die für andere PTs sehr interessant sind. Daher haben wir im<br />
<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> für Euch eine Seite, in der Ihr Eure Arbeiten vorstellen könnt.<br />
Einleitung<br />
In ihrem beruflichen Alltag werden Physiotherapeuten<br />
vermutlich regelmäßig mit Patienten<br />
konfrontiert, die nach einer operativen<br />
Kreuzbandrekonstruktion ein Rehabilitationsprogramm<br />
absolvieren. Das propriozeptive<br />
Training rückt dabei als eine mögliche<br />
Maßnahme seit einigen Jahren verstärkt in<br />
den Fokus. Unter Therapeuten gilt es als besonders<br />
funktionelle und alltagsorientierte<br />
Übungsform und wird deshalb oft als sehr<br />
effektiv eingeschätzt. So soll es die Stabilität<br />
im Kniegelenk erhöhen, <strong>physio</strong>logische Bewegungsabläufe<br />
schulen und erneuten Verletzungen<br />
vorbeugen. Aber hält das Training<br />
tatsächlich auch, was es verspricht?<br />
In Zeiten, in denen die Anforderungen<br />
des Patienten an eine <strong>physio</strong>therapeutische<br />
Behandlung steigen, gilt es umso mehr, die<br />
Methoden und Maßnahmen strukturiert auf<br />
ihre Wirksamkeit hin zu überprüfen. Diese<br />
Übersichtsarbeit macht deutlich, welche<br />
Ziele das propriozeptive Training verfolgt<br />
und zeigt auf, wie die Evidenz der einzelnen<br />
Ziele zu bewerten ist.<br />
Überblick über die vordere<br />
Kreuzbandruptur<br />
Die vordere Kreuzbandruptur zählt zu den<br />
gängigsten Sportverletzungen. Das Risiko einer<br />
Kreuzbandverletzung ist bei Sportarten,<br />
die schnelle Richtungswechsel erfordern<br />
(Skifahren, Fußball, Football), besonders<br />
hoch. Die Behandlung erfolgt heutzutage<br />
bei jungen sportlichen Patienten meist<br />
operativ, obwohl bisher keine Ergebnisse<br />
vorliegen, die bestätigen, dass eine operative<br />
Versorgung der konservativen generell<br />
überlegen ist (Delincé, Ghafil, 2012; Muaidi<br />
Nicholson, Refshauge, Adams, Roe, 2009).<br />
Postoperativ zeigt der Patient in der Regel<br />
eine eingeschränkte Beweglichkeit im<br />
betroffenen Kniegelenk, eine reduzierte<br />
Belastbarkeit und ein Kraftdefizit der gelenkumgreifenden<br />
Muskulatur. Auf Aktivitätsebene<br />
sind neben dem Gangbild des Patienten<br />
auch andere Bewegungsabläufe durch<br />
die Zuhilfenahme von Kompensationsmechanismen<br />
gekennzeichnet (van Grinsven,<br />
van Cingel, Holla, van Loon, 2010).<br />
Die aufgrund der Verletzung und anschließenden<br />
Operation eingeschränkte<br />
Leistungsfähigkeit soll durch ein gezieltes<br />
Rehabilitationsprogramm möglichst vollständig<br />
wiederhergestellt werden. Zur Erreichung<br />
dieses Ziels kommen verschiedenste<br />
Therapiemaßnahmen zum Einsatz.<br />
Eine wissenschaftlich fundierte Leitlinie<br />
für die Rehabilitation nach vorderer<br />
Kreuzbandrekonstruktion, die existierende<br />
wissenschaftliche Studien zu einer allgemeingültigen<br />
Handlungsempfehlung zusammenfasst,<br />
ist derzeit nicht veröffentlicht.<br />
Dementsprechend fehlt eine festgelegte<br />
und einheitliche Behandlungsstruktur.<br />
Orientiert man sich an Lehrbüchern, so<br />
nimmt das propriozeptive, oder auch neuromuskuläre<br />
Training, einen zunehmend<br />
wichtigeren Stellenwert in der Rehabilitation<br />
ein.<br />
Propriozeptives Training als Baustein<br />
der Rehabilitation<br />
Das propriozeptive Training ist längst fester<br />
Bestandteil der Rehabilitation nach vorderer<br />
Kreuzbandrekonstruktion. Was genau verbirgt<br />
sich hinter dem Begriff? Welche Ziele<br />
verfolgt diese Trainingsform und besonders<br />
wichtig: können diese Ziele auch tatsächlich<br />
erreicht werden?<br />
Begriffserklärung<br />
Propriozeption<br />
Übersetzt bedeutet Propriozeption (lat.:<br />
proprius = eigen) so viel wie die Eigenwahrnehmung<br />
des Körpers und beschreibt einen<br />
Teilaspekt im Bereich der Koordination, der<br />
die Gleichgewichts-, die Anpassungs- und<br />
Reaktionsfähigkeit umfasst (Häfelinger,<br />
Schuba, 2010).<br />
Die Propriozeption beschreibt eine Form<br />
der somatischen Sensibilität. Chwilkowski<br />
(2006) setzt die Tiefensensibilität mit der<br />
Propriozeption gleich und gibt als Teilaspekte<br />
der Tiefensensibilität das Schmerzempfinden,<br />
den Kraft-, den Stellungs- und den<br />
Bewegungssinn an. Der Gleichgewichtssinn<br />
wird von Chwilkowski (2006) im weiteren<br />
Sinne zur Propriozeption hinzugezählt (siehe<br />
Abbildung 1). Andere Autoren grenzen zum<br />
Beispiel den Gleichgewichtssinn (Häferlinger,<br />
Schuba, 2010), beziehungsweise die<br />
Tiefensensibilität (Hassenpflug, 2007), von<br />
der Propriozeption ab. Es wird deutlich, dass<br />
die Definition von »Propriozeption« je nach<br />
Autor in geringem Ausmaß variiert.<br />
32 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>
VORGESTELLT<br />
Gleichgewichtssinn<br />
Oberflächensensibilität<br />
somatische<br />
Sensibilität<br />
Kraft-,<br />
Stellungs- &<br />
Bewegungssinn<br />
Sensibilität<br />
Tiefensensibilität/<br />
Propriozeption<br />
Schmerzempfinden<br />
viszerale<br />
Sensibilität<br />
Abbildung 1. Übersicht über die Einteilung der Sensibilität (modifiziert nach Chwilkowski, 2006, S. 18–19)<br />
Propriozeptive Reize werden vom Körper<br />
durch spezielle Rezeptoren, die sogenannten<br />
Propriozeptoren, aufgenommen. Sie ermöglichen<br />
die Wahrnehmung des Körpers selbst<br />
und sind verantwortlich für die sensorische<br />
Rückmeldung des Gelenks. Die Rezeptoren<br />
sind sensibel für Reize aus dem aktiven und<br />
passiven Bewegungsapparat. Dazu zählen<br />
neben den Mechanorezeptoren die Rezeptoren<br />
aus dem Gleichgewichtsorgan und<br />
die Nozizeptoren, die für die Schmerzwahrnehmung<br />
verantwortlich sind (Chwilkowski,<br />
2006; Häferlinger, Schuba, 2010). Die verschiedenen<br />
Mechanorezeptoren, im und<br />
um das Gelenk gelegen, können in ihrer<br />
Gesamtheit drei Reizqualitäten an das Gehirn<br />
weitergeben. Sie registrieren die Spannungszustände<br />
der Muskulatur (Kraftsinn),<br />
senden Informationen über die Haltung und<br />
Position der Gelenkabschnitte zueinander<br />
ans Gehirn (Stellungssinn) und sind in der<br />
Lage, Gelenkwinkelveränderungen wahrzunehmen<br />
(Bewegungssinn) (Häferlinger,<br />
Schuba, 2010).<br />
Im Kniegelenksbereich existieren eine<br />
Vielzahl von Mechanorezeptoren (Wyke,<br />
1967). Allein im vorderen Kreuzband konnten<br />
alle Typen von Gelenkrezeptoren nachgewiesen<br />
werden (Schultz et al. 1984;<br />
Schutte et al. 1987). Eine rein passive Funktion<br />
des vorderen Kreuzbandes kann daher<br />
ausgeschlossen werden (Hogervorst, Brand,<br />
1998). Schutte et al. (1987) sprechen sogar<br />
von einem »extensive intraligamentous<br />
neural network« (Schutte et al. 1987, S. 243)<br />
und heben so die propriozeptive Funktion<br />
der Kreuzbänder hervor. Diese Informationen<br />
der Rezeptoren im und um das Kniegelenk<br />
dienen der gelenkumgreifenden<br />
Arbeitsmuskulatur als Reaktionsgrundlage<br />
und bedingen so die dynamische Stabilität<br />
im Gelenk (Swanik, Lephart, Giannantonio,<br />
Fu, 1997; Johansson, 1991).<br />
Propriozeptives Training der<br />
unteren Extremität<br />
Das propriozeptive Training, auch bekannt<br />
unter den Namen neuromuskuläres oder<br />
sensomotorisches Training (Häferlinger,<br />
Schuba, 2010), hat sich in den letzten Jahren<br />
in der Rehabilitation nach Kreuzbandverletzungen<br />
und Rekonstruktionen etabliert.<br />
Forschungsergebnisse sprechen dafür, dass<br />
die Propriozeption durch eine Kreuzbandverletzung<br />
gestört wird (Wilk et al. 2003;<br />
Barrack, Skinner, Buckley, 1989; Fridén et<br />
al. 1997). Eine VKB-Ruptur führt demnach<br />
nicht nur zum Verlust der passiven Stabilität,<br />
sondern mindert durch die Zerstörung von<br />
Mechanorezeptoren auch die dynamische<br />
Stabilität. Durch das Fehlen von afferenten<br />
Nervenimpulsen können keine Stellungskorrekturen<br />
der umliegenden Muskulatur<br />
vorgenommen werden (Schutte et al. 1987;<br />
Hogervorst, Brand, 1998). Die Überlegung<br />
liegt nahe, durch bestimmte therapeutische<br />
Übungen das sensomotorische System herauszufordern,<br />
um die Propriozeption nach<br />
Kreuzbandverletzungen und Rekonstruktionen<br />
zu schulen und zu verbessern (Hassenpflug,<br />
2007).<br />
Ziel des propriozeptiven Trainings ist es,<br />
die dynamische Stabilität im verletzten Kniegelenk<br />
zu schulen. Durch eine schnellere<br />
und intensivere Weiterleitung von Reizen<br />
kann die Arbeitsmuskulatur zeitnaher und<br />
gezielter auf veränderte Gelenkstellungen<br />
reagieren und Stellungskorrekturen vornehmen.<br />
Erreicht wird diese allgemeine Erhöhung<br />
der Afferenzen zum Beispiel durch<br />
taktile Reize, Vibrationen und instabile Unterlagen<br />
(Jerosch, Heisel, 2004).<br />
Der Therapeut soll angewandte Übungen<br />
ständig hinterfragen und den Patienten<br />
durch neue und ungewohnte Bewegungsaufgaben,<br />
mit zunehmendem Schwierigkeitsgrad,<br />
herausfordern (Chwilkowski,<br />
2006). Eine solch flexible Trainingssteuerung<br />
kann gelingen, wenn der Therapeut<br />
die methodischen Grundsätze des neuromuskulären<br />
Trainings und die individuellen<br />
Patienteneigenschaften berücksichtigt. Da<br />
die Propriozeption als Teilaspekt der Koordination<br />
gilt, kann das Propriozeptionstraining<br />
dem Koordinationstraining zugeordnet werden<br />
(Häferlinger, Schuba, 2010). Es gelten daher<br />
die gleichen methodischen Grundsätze.<br />
Tabelle 1<br />
K Vom Leichten zum Schweren<br />
K Von einfachen zu komplexen Anforderungen<br />
K Von statischen zu dynamischen Anforderungen<br />
(mit Halteaufgaben beginnen)<br />
K Von langsamer zu schneller Bewegungsausführung<br />
K Von stabiler zu instabiler Unterlage<br />
K Von großer zu kleiner Unterstützungsfläche<br />
K Vom Üben mit offenen zum Üben mit<br />
geschlossenen Augen<br />
K Manuelle Widerstände setzen<br />
Methodische Grundsätze des Koordinationstrainings<br />
(aus Chwilkowski, 2006, S. 56–58)<br />
Darüber hinaus ist die Qualität der Bewegungsausführung<br />
von hoher Bedeutung,<br />
um die propriozeptive Leistungsfähigkeit zu<br />
verbessern und optimierte motorische Programme<br />
im Alltag abrufbereit zu machen.<br />
Aus diesem Grund sollte der Therapeut die<br />
geforderten Bewegungen genau beschreiben,<br />
sie korrigieren, beziehungsweise dem<br />
Patienten durch eine Demonstration der<br />
Übung eine genaue Vorstellung von der<br />
verlangten Bewegung schaffen (Ageberg et<br />
al. 2001).<br />
Das neuromuskuläre Training wird bereits<br />
in der frühen Rehabilitationsphase initiiert.<br />
<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 33
VORGESTELLT<br />
Wilk et al. (2003) empfehlen, mit dem sensomotorischen<br />
Training in der zweiten postoperativen<br />
Woche zu beginnen und halten<br />
einfache Gewichtsverlagerungen und Kniebeugen<br />
mit sehr geringem Bewegungsausmaß<br />
für die frühe Rehabilitationsphase als<br />
geeignet. Sie berichten weiter, dass Halteübungen<br />
(z. B. der Einbeinstand) im Verlauf<br />
durch eine zunehmend instabilere Unterlage<br />
und durch Bewegungen anderer Körperteile<br />
gesteigert werden können (Risberg et al.<br />
2007).<br />
Um eine Verbesserung der neuromuskulären<br />
Kontrolle nachweisen zu können,<br />
Tabelle 2<br />
werden Assessmentinstrumente benötigt,<br />
die die propriozeptive Leistung möglichst reliabel<br />
und valide messen können. Insgesamt<br />
existieren wenig wissenschaftliche Untersuchungen<br />
zur Messung der propriozeptiven<br />
Leistungsfähigkeit (Chwilkowski, 2006). Darüber<br />
hinaus gibt es bis heute kein Assessmentinstrument,<br />
welches die Gesamtheit<br />
der Propriozeption erfassen und messen<br />
kann (Jerosch, Heisel, 2004). Einige Assessmentinstrumente,<br />
die zumindest Teilaspekte<br />
der Propriozeption erfassen und in einer<br />
Reihe von RCTs genutzt werden, werden in<br />
Tabelle 2 vorgestellt.<br />
Testverfahren gemessene Qualität Beschreibung<br />
1) Winkelreproduktions-Test<br />
2) Bewegungswahrnehmungs-<br />
Schwellen-Test<br />
3) Latenzzeit bis<br />
zur Auslösung des<br />
Hamstring-Reflexes<br />
4) Balance-Test<br />
Lagesinn<br />
Bewegungssinn<br />
dynamische<br />
Stabilisationsfähigkeit<br />
des Gelenks<br />
durch umliegende<br />
Muskulatur<br />
Koordinations- und<br />
Stabilitätsanalyse,<br />
Gleichgewicht<br />
5) Hüpftestverfahren koordinative Leistung<br />
passiv eingestellte Gelenkposition soll<br />
durch Probanden nachgestellt werden<br />
Nachstellung erfolgt durch aktive<br />
Nachstellung im Gelenk oder durch<br />
Nachstellung an einem Modell<br />
kutane und visuelle Reize sollen<br />
möglichst ausgeschlossen werden<br />
das zu testende Gelenk wird passiv in bestimmter<br />
Winkelgeschwindigkeit bewegt<br />
über Knopfdruck signalisiert Proband,<br />
wann er eine Gelenkbewegung verspürt<br />
kutane, akustische und visuelle Reize<br />
sollen möglichst ausgeschlossen werden<br />
Messung der Zeitspanne zwischen initialer<br />
Bewegung im Kniegelenk und Reflexantwort<br />
durch die ischiocrurale Muskulatur<br />
EMG misst Muskelaktivität, spezielle<br />
Apparatur führt passive Bewegung aus<br />
Kraftmessplatte misst die Bewegung<br />
des Körperschwerpunktes in<br />
verschiedenen Ausgangsstelllungen<br />
anstatt einer Kraftmessplatte kann<br />
auch eine instabile Standfläche<br />
eingesetzt werden<br />
verschiedene Hüpfparcours werden<br />
durch Probanden absolviert<br />
verschiedene Kriterien, wie Dauer für<br />
Durchlauf des Parcours, Sprungweite,<br />
Sprungpräzision werden beurteilt<br />
in der Regel einbeinig<br />
Sensomotorische Testverfahren in Klinik und Forschung (modifiziert nach Jerosch und Heisel,<br />
2004; Testverfahren 3, einschließlich Erklärung: Beard et al. 1994)<br />
Anmerkung: Der Winkelreproduktionstest wird meist für Kniegelenksbewegungen in sagittaler<br />
Ebene (Flexion– Extension) durchgeführt. Muaidi et al. (2009) nutzen Rotationsbewegung,<br />
da Kreuzbänder das Knie bei Rotationsbewegungen schützen (siehe Pathomechanismus)<br />
Recherchemethode<br />
Zur Überprüfung der Wirksamkeit von propriozeptivem<br />
Training wurden die Datenbanken<br />
PubMed, Pedro, CINAHL und die<br />
Cochrane Libary nach systematischen Reviews<br />
durchsucht. Suchbegriffe waren: »rehabilitation«,<br />
»anterior cruciate ligament«,<br />
»ACL«, »reconstruction«, »<strong>physio</strong>therapy«<br />
und »program«, »proprioception«, »neuromuscular<br />
exercise«, »balance«, postural control«<br />
und »coordination« (Stand: Juli 2012)<br />
Ergebnis<br />
Insgesamt konnten zwei systematische Reviews<br />
zum Thema gefunden werden. Im<br />
Jahr 2005 wurde das systematische Review<br />
von Cooper, Taylor und Feller veröffentlicht.<br />
Die Autoren sammelten RCTs zum propriozeptiven<br />
Training bei verletztem oder rekonstruiertem<br />
vorderen Kreuzband. Das Review<br />
von Zech et al. (2009) untersucht die Wirksamkeit<br />
von propriozeptivem Training nach<br />
Sportverletzungen allgemein. RCTs zu den<br />
Themen Schulter-, Knöchel- und Knieverletzungen<br />
bilden die Grundlage dieses Reviews.<br />
Beide Reviews stellen die Einschlussund<br />
Ausschlusskriterien übersichtlich dar<br />
und geben an, wie sie die Qualität der eingeschlossenen<br />
RCTs beurteilen.<br />
Fünf RCTs mit einem Evidenzlevel von<br />
1+ (Harbour and Miller’s (2001) scale, siehe<br />
unten) bilden die Grundlage für das systematische<br />
Review von Cooper, Taylor und<br />
Feller (2005). Vier dieser RCTs (Ageberg et<br />
al. 2001, Beard et al. 1994, Fitzgerald et al.<br />
2000, Zätterström et al. 2000) beziehen<br />
sich auf das neuromuskuläre Training bei<br />
konservativer Nachbehandlung einer Kreuzbandruptur<br />
und bestätigen einen positiven<br />
Effekt der Maßnahme auf den Therapieverlauf.<br />
Das fünfte RCT (Liu-Ambrose et al.<br />
2003) stellt die Trainingsform nach operativer<br />
Versorgung in den Fokus. Die Ergebnisse<br />
geben einen Hinweis darauf, dass sich das<br />
Propriozeptionstraining positiv auf die Patientenleistung<br />
auswirkt. Es scheint aber, als<br />
wäre der Effekt nach einer operativen Behandlung<br />
geringer. Das systematische Review<br />
von Zech et al. (2009) berücksichtigt<br />
drei RCTs zum neuromuskulären Training<br />
für das Kniegelenk. Zwei RCTs befassen sich<br />
mit dem Training als Bestandteil eines kon-<br />
34 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>
VORGESTELLT<br />
servativen Rehabilitationsprogramms (Beard<br />
et al. 1994; Fitzgerald et al. 2000), ein RCT<br />
behandelt das Propriozeptionstraining nach<br />
VKB-Rekonstruktion (Cooper et al. 2005a).<br />
Andere Studien wurden aufgrund der zuvor<br />
aufgestellten Einschluss- und Ausschlusskriterien<br />
ausgeschlossen, beziehungsweise<br />
aufgrund der geringfügigen methodischen<br />
Qualität nicht berücksichtigt (van Tulder<br />
Skala). Die Ergebnisse der Studien zeigen,<br />
dass ein positiver Effekt (in Bezug auf die<br />
Kniefunktion, die Anzahl von Giving Way<br />
Episoden, die Muskelreaktionszeit der ischiocruralen<br />
Muskulatur etc.) des neuromuskulären<br />
Trainings bei konservativer Therapie<br />
zu beobachten ist (Beard et al. 1994; Fitzgerald<br />
et al. 2000). Diese Vorteile konnten im<br />
RCT von Cooper, Taylor und Feller (2005) für<br />
die Rehabilitation nach operativer Therapie<br />
nicht bestätigt werden. Die Autoren können<br />
bei Probanden, die ein sechswöchiges<br />
Propriozeptionstraining absolviert haben,<br />
gegenüber Probanden, die ein Krafttraining<br />
durchführten, weder eine verbesserte<br />
propriozeptive Funktion nachweisen, noch<br />
konnten andere funktionelle Parameter, wie<br />
die aktive oder passive Beweglichkeit, verbessert<br />
werden.<br />
Diskussion<br />
Wie wirksam ein gezieltes neuromuskuläres<br />
Training nach vorderer Kreuzbandrekonstruktion<br />
ist, bleibt fraglich. Die Anzahl der<br />
wissenschaftlichen Arbeiten mit ausreichender<br />
Qualität ist zu gering, um eindeutige<br />
Aussagen zur Effektivität der Trainingsform<br />
machen zu können. Die bisher veröffentlichten<br />
RCTs, die das neuromuskuläre Training<br />
nach Kreuzbandrekonstruktion evaluieren,<br />
kommen zu unterschiedlichen Ergebnissen.<br />
So berichten Liu-<br />
Ambrose et al. (2003),<br />
dass sich die Maßnahme<br />
positiv auf die Patientenleistung<br />
auszuwirken<br />
scheint, während<br />
die Ergebnisse des RCTs<br />
von Cooper, Taylor und<br />
Feller (2005) einen positiven<br />
Effekt nicht bestätigen<br />
können. Zech<br />
et al. (2009) kritisiert,<br />
dass möglicherweise<br />
Wissen über <strong>physio</strong>logische<br />
Zusammenhänge<br />
beim neuromuskulären<br />
Training fehlt. Forscher<br />
sind sich sicher, dass Mechanorezeptoren<br />
durch<br />
Kreuzbandverletzungen<br />
und andere Kniegelenksverletzungen<br />
geschädigt<br />
PROPRIOZEPTIVES TRAINING<br />
werden und so die Propriozeption gestört mentinstrument zu entwickeln, welches die<br />
wird, aber inwieweit speziell das propriozeptive<br />
Training kurzfristig und langfristig für eisig<br />
messen kann.<br />
propriozeptive Leistungsfähigkeit zuverläsnen<br />
neuromuskulären Trainingseffekt sorgt, Neben der Anzahl und der Qualität <strong>physio</strong>therapeutischer<br />
Forschungsergebnisse<br />
ist umstritten. Mehr randomisierte kontrollierte<br />
Studien, ebenso wie Langzeitstudien scheint auch die Erforschung der medizinischen<br />
Grundlagen in einigen Bereichen<br />
sind nötig, um sichere Aussagen machen zu<br />
können (van Grinsven et al. 2010).<br />
noch unzureichend zu sein. Obwohl Lücken<br />
Darüber hinaus scheint es andere Gründe in diesem Bereich deutlich kleiner sind und<br />
zu geben, die einer eindeutigen Aussage zur viele <strong>physio</strong>logische Zusammenhänge bereits<br />
erforscht sind, bleiben einige Aspekte<br />
Wirksamkeit im Wege stehen. Uneinigkeit<br />
bezüglich der genauen Definition und Abgrenzung<br />
des sehr komplexen Begriffs der ten beispielsweise, dass nicht eindeutig<br />
unklar. Van Grinsven et al. (2010) berich-<br />
»Propriozeption« könnte es erschweren, einen<br />
einheitlichen Behandlungsaufbau von fen, wenn sich das eingesetzte Transplan-<br />
aufgedeckt ist, welche Teilprozesse ablau-<br />
neuromuskulärem Training festzulegen. Außerdem<br />
könnte die variierende Begriffsde-<br />
umwandelt und die Funktion des früheren<br />
tat Schritt für Schritt in eine Bandstruktur<br />
finition mit dafür verantwortlich sein, dass Kreuzbandes übernimmt. Bei der Therapieplanung<br />
sollten möglichst viele dieser<br />
es bis jetzt nicht gelungen ist, ein Assess-<br />
ablaufenden Heilungs- und Umwandlungsprozesse<br />
berücksichtig werden, um den Heilungsverlauf<br />
positiv zu unterstützen und die<br />
Harbour and Miller's scale (2001)<br />
Die Harbour and Miller's scale unterstützt die Entwicklung von<br />
Leistungsfähigkeit des Patienten möglichst<br />
medizinischen Leitlinien. Das Instrument beurteilt anhand<br />
schnell und ohne das Auftreten von Komplikationen<br />
zu steigern. Die anatomischen und<br />
verschiedener Kriterien die Qualität der den Leitlinien zugrundeliegenden<br />
Literatur (Reviews, RCTs, Expertenmeinung etc.).<br />
<strong>physio</strong>logischen Grundlagen bilden das Fundament<br />
der <strong>physio</strong>therapeutischen Behand-<br />
Das Evidenzlevel wird auf einer Skala von<br />
1++ (RCT mit sehr geringem Risiko von Bias (systematischem Fehler)) lung und sind auch vor dem Hintergrund<br />
bis 4 (Expertenmeinung) eingestuft.<br />
des neuromuskulären Trainings unbedingt<br />
Somit zeigt die Einstufung 1+ ein gutes zugrundeliegendes Evidenzlevel. zu berücksichtigen.<br />
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<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 35
BRAINTUNING<br />
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MOTIVATIONSTECHNIKEN :<br />
Den inneren Schweinehund besiegen<br />
Du hast Deine letzte Prüfung eher mittelprächtig bestanden<br />
und Dein bester Freund war eine Note besser. Wie immer! Sind<br />
wir mal ehrlich – es liegt mit Sicherheit nicht daran, dass Dein<br />
bester Freund intelligenter ist als Du oder mehr Zeit ins Lernen<br />
investiert hätte. Aber woran liegt es dann? Gehörst Du auch<br />
zu denen, die zu Beginn oder nach einer Lernpause Probleme<br />
damit haben, sich konsequent wieder an den Schreibtisch zu<br />
setzen? Rufst Du auch gerne noch schnell einen Freund an<br />
bevor es weiter geht? Oder rauchst Du nur noch eben eine<br />
Zigarette und schaust Deine Lieblingsserie zu Ende? Es gibt<br />
1.000 Möglichkeiten, die Dir dabei behilflich sein können, das<br />
Lernen hinauszuzögern. Am Abend hast Du den freien Tag in<br />
die Prüfungsvorbereitung investiert, aber Du warst nur halb so<br />
effektiv wie Du hättest sein können. Ich möchte Dir ein paar<br />
Tipps geben, mit denen Du dieses Problem lösen kannst.<br />
Schaffe Dir Deine eigenen Rituale!<br />
Rituale helfen Dir dabei, Deinen Lernplan einzuhalten. Feste<br />
Zeiten sind dabei eine große Hilfe. Wenn Du zum Beispiel jeden<br />
Morgen um 9 Uhr beginnst und nachmittags um 5 Uhr<br />
Schluss machst, dann gibt Dir das einen festen Rahmen. Du<br />
weißt, dass Du abends noch Zeit hast, um etwas Schönes zu<br />
unternehmen. Gleichzeitig ist das Zeitfenster groß genug, um<br />
eine große Menge Stoff für die nächste Prüfung vorzubereiten.<br />
Auch ein fester Ort macht es Dir leichter, Dein Lernvorhaben<br />
umzusetzen. So kannst Du zum Beispiel den Vormittag in der<br />
Bibliothek verbringen und nachmittags an Deinem Schreibtisch<br />
in der WG lernen. Dieser feste Rahmen gibt Dir Struktur und<br />
es fällt Dir schwerer, Dich zwischendurch abzulenken. Wenn<br />
Du abends Deinen Tag beendest, dann hake alles auf Deiner<br />
Lernliste ab. Gehe nochmal kurz im Kopf durch, was Du alles<br />
heute gelernt hast, um Dir Deinen Lernfortschritt bewusst zu<br />
machen. Wenn noch Fragen offen sind, dann schreibe sie auf.<br />
Überlege Dir außerdem, was Du an Deinem nächsten Lerntag<br />
schaffen möchtest, damit Du einen Fahrplan für morgen hast.<br />
Bevor Du endgültig Deinen Lernplatz verlässt, kann es hilfreich<br />
sein, jeden Abend nochmal Dein Lieblingslied zu hören. Läute<br />
so Deinen Feierabend ein!<br />
Koppel Deinen Lernplan<br />
an Gewohnheiten!<br />
Es ist außerdem hilfreich, wenn Du Dein Lernverhalten mit<br />
Dingen verbindest, die Du sowieso machen würdest. Wenn<br />
Du zum Beispiel immer morgens um 9 Uhr Deinen Frühstückskaffee<br />
trinkst, dann ist das ein gutes Startsignal, um direkt danach<br />
mit der ersten Lerneinheit anzufangen. Nach dem ersten<br />
Abschnitt könntest Du zum Beispiel eine Folge Deiner Lieblingsserie<br />
zur Entspannung schauen und gegen Abend nochmal<br />
in einer halben Stunde Pause eine Runde joggen gehen.<br />
Entscheidend ist, dass Du diese Pausen vorher planst und Dir<br />
genau überlegst, wann sie sein und wie lange sie dauern sollen.<br />
Ungeplante Pausen dagegen fressen Zeit und entspannen<br />
weniger. Manchmal fällt es Dir vielleicht gar nicht auf, dass Du<br />
eben noch eine halbe Stunde mit Deiner Mitbewohnerin gequatscht<br />
hast oder nach dem ungeplanten Kaffee 15 Minuten<br />
aus dem Fenster geschaut hast. Das raubt Dir Zeit und macht<br />
Dich am Tagesende unzufrieden!<br />
Belohne Dich!<br />
Wenn Du Deinen Lernplan so eingehalten hast, wie Du es Dir<br />
vorgenommen hast, dann belohne Dich dafür. Deine Belohnung<br />
könnte zum Beispiel ein Stadtbummel mit einer Freundin,<br />
ein Saunabesuch am Wochenende oder ein abendlicher<br />
Kneipenbesuch mit Deinen Freunden sein. Wichtig ist, dass<br />
Deine Belohnung etwas ist, was Du sonst nicht gemacht hättest<br />
und worüber Du Dich wirklich freust. Diese Belohnungen<br />
werden Dir dabei helfen, Deinen Lernplan auch in Zukunft<br />
leichter einzuhalten.<br />
Lerne in der Gruppe!<br />
Triff Dich in Deinen Prüfungsphasen regelmäßig zu einem<br />
festen Termin mit Deinen Mitschülern oder Kommilitonen.<br />
In der Gruppe könnt Ihr gemeinsame Ziele vereinbaren und<br />
Euch gegenseitig kontrollieren, ob Ihr die Zielvereinbarung<br />
einhaltet. Wenn der Berg, der vor Euch liegt, mal wieder zu<br />
groß erscheint, könnt Ihr Euch gegenseitig Mut zusprechen.<br />
Der gegenseitige Austausch und die gemeinsamen Lernpausen<br />
tun in anstrengenden Lernphasen gut und werden Dich<br />
motivieren. Am Anfang wird es Dir wahrscheinlich nicht ganz<br />
leicht fallen, Dich konsequent an alle Punkte Deines Lernplans<br />
zu halten. Du brauchst zu Beginn Durchhaltevermögen, bis Du<br />
diese Tipps umsetzen kannst. Aber je länger Du Deine eigenen<br />
Bedingungen einhältst, desto einfacher wird es. Spätestens,<br />
wenn sich der Erfolg in Deinen Noten widerspiegelt, steigt die<br />
Motivation. Probiere es einfach aus!<br />
Text: Constanze Block<br />
36 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>
?<br />
PRÜFUNGSFRAGEN<br />
Egal wo man seine Ausbildung macht oder studiert, um eine<br />
Sache kommt man nicht herum: Prüfungen. Sei es das große<br />
Abschlussexamen, die Zwischenprüfung oder auch Klausuren<br />
zum Ende des Semesters: Es gilt eine Menge Lernstoff zu bewältigen.<br />
Dann ist es gut, wenn man weiß, worauf der Dozent<br />
BRAINTUNING<br />
in der Prüfung Wert legt, oder was andere Prüfer bereits abgefragt<br />
haben. Damit Du einen Einblick bekommst, welche Themen<br />
relevant sein könnten, stellen wir in jeder Ausgabe einen<br />
Pool an originalen Prüfungsfragen zusammen, die schon einmal<br />
in Klausuren aufgetaucht sind.<br />
1. Erklären Sie die Patho<strong>physio</strong>logie der Myasthenia gravis<br />
im Zusammenhang mit der motorischen Endplatte.<br />
..............................................................................................<br />
..............................................................................................<br />
..............................................................................................<br />
..............................................................................................<br />
2. Was ist ein Aneurysma?<br />
..............................................................................................<br />
..............................................................................................<br />
..............................................................................................<br />
..............................................................................................<br />
3. Nennen Sie drei Komplikationen, die bei Keuchhusten<br />
auftreten können.<br />
..............................................................................................<br />
..............................................................................................<br />
..............................................................................................<br />
4. Welche Vorsichtsmaßnahmen müssen bei Verdacht auf<br />
Meningokokkenmeningitis unbedingt durchgeführt<br />
werden?<br />
..............................................................................................<br />
..............................................................................................<br />
..............................................................................................<br />
..............................................................................................<br />
5. Wie kann man mit Hilfe klinischer Tests den medialen und<br />
lateralen Kapsel-Band-Apparat am Kniegelenk prüfen?<br />
..............................................................................................<br />
..............................................................................................<br />
..............................................................................................<br />
..............................................................................................<br />
6. Wann ist eine Aorto-koronare Bypass-OP indiziert?<br />
..............................................................................................<br />
..............................................................................................<br />
..............................................................................................<br />
..............................................................................................<br />
7. Welche Wehentypen gibt es?<br />
..............................................................................................<br />
..............................................................................................<br />
..............................................................................................<br />
..............................................................................................<br />
8. Wann herrscht im Gang eine stabile Gleichgewichtslage?<br />
..............................................................................................<br />
..............................................................................................<br />
..............................................................................................<br />
..............................................................................................<br />
9. Nennen Sie fünf Aufgaben des Blutes.<br />
..............................................................................................<br />
..............................................................................................<br />
..............................................................................................<br />
..............................................................................................<br />
..............................................................................................<br />
10. Ordnen Sie folgende Reflexe dem jeweiligen Rückenmarkssegment<br />
zu:<br />
Bizepssehnenreflex ...........................................................<br />
Trizepssehnenreflex ...........................................................<br />
Radiusperiostreflex ...........................................................<br />
Cremasterreflex ...........................................................<br />
Patellarsehnenreflex ...........................................................<br />
Achillessehnenreflex ...........................................................<br />
11. Nennen Sie mögliche Ursachen einer Patellaluxation.<br />
..............................................................................................<br />
..............................................................................................<br />
..............................................................................................<br />
..............................................................................................<br />
12. Was versteht man unter einer Dupuytren-Kontraktur?<br />
..............................................................................................<br />
..............................................................................................<br />
..............................................................................................<br />
..............................................................................................<br />
13. Definieren Sie Viskosität und erläutern Sie, in welcher<br />
Körperflüssigkeit Viskosität eine wichtige Rolle spielt.<br />
..............................................................................................<br />
..............................................................................................<br />
..............................................................................................<br />
..............................................................................................<br />
Damit der Pool an Fragen und Aufgaben immer weiter wachsen kann,<br />
brauchen wir Dich! Schicke uns Fragen, die Dir in Klausuren gestellt<br />
wurden, die Du Deinen Vorgängern aus der Nase ziehen konntest<br />
oder die im Dunstkreis geheimer Ordner in deiner Schule kursieren.<br />
Übrigens: Viele dieser Fragen stammen<br />
aus dem Heller-Skript, einer Skript-Reihe,<br />
die kurz und bündig die wesentlichen<br />
Themen der einzelnen Prüfungsfächer<br />
zusammenfasst und Dich anhand von<br />
Fragen und Antworten optimal auf das<br />
Examen vorbereitet.<br />
Mehr Infos unter www.hellerskripte.de<br />
<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 37
38 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>ANTWORTEN<br />
!<br />
BRAINTUNING<br />
ANTWORTEN<br />
ZUM WISSENSCHECK<br />
DER 4. AUSGABE<br />
In der 4. Ausgabe haben wir Euch einige examensrelevante<br />
Fragen aus den Hellerskripten vorgestellt. Die dazugehörigen<br />
Antworten wollen wir Euch natürlich nicht vorenthalten! Falls<br />
Ihr noch weitere Fragen und Antworten als Lernhilfe benötigt,<br />
dann schaut einfach mal in die Hellerskripte rein!<br />
Mehr Infos unter www.hellerskripte.de<br />
Frage 1:<br />
Sympathikus<br />
• Steigerung der Glykolyse<br />
• Blutdrucksteigerung<br />
• Dilatation der Bronchien<br />
• Herabsetzung der Darmperistaltik<br />
Parasympathikus<br />
•Erhöhte Sekretion der exokrinen Drüsen wie Gallenblase<br />
und Pankreas<br />
• Kontraktion der glatten Muskulatur der Harnleiter<br />
• Entspannung der Schließmuskeln an Urethra und Anus<br />
•Herabsetzung der Herztätigkeit (Erregungsleitungsgeschwindigkeit,<br />
Schlagfrequenz)<br />
Frage 2:<br />
Die Spina Bifida ist eine dysraphische Malformation,<br />
was eine Sammelbezeichnung für Fehlbildungen der Wirbelsäule,<br />
des Gehirns und des Rückenmarks ist. Das Hauptmerkmal<br />
der Erkrankung ist, dass sich die Neuralplatte nicht zu<br />
einem Neuralrohl verschließt. Häufig tritt sie in Kombination<br />
mit der Arnold-Chiari-Fehlbildung oder dem Tethered-Cord-<br />
Syndrom auf.<br />
Frage 3:<br />
• Stammbetonte Adipositas • Arterielle Hypertonie<br />
• Diabetes Mellitus<br />
• Arteriosklerose<br />
• Hyperlipoproteinämie • Hyperurikämie<br />
Frage 4:<br />
Der Oberkörper wird beim Gehen auf die Seite des<br />
Standbeins geneigt.<br />
Frage 5:<br />
• Typ I Diabetes • Schwangerschaftsdiabetes<br />
• Typ II Diabetes • Medikamenteninduzierter Diabetes<br />
Frage 6:<br />
•Zu niedriger Proteingehalt des Blutes, z. B. durch Hunger. Dadurch<br />
kommt es zur Senkung des kolloidosmotischen Drucks.<br />
•Beschädigung von Lymphgefäßen, wordurch es zu einer<br />
Störung des Lymphabflusses kommt.<br />
•Venöser Rückstau, wie z. B. durch Herzinsuffizienz, insuffiziente<br />
Venenklappen oder insuffiziente Segelklappen.<br />
Frage 7:<br />
Humerusschaftfraktur im distalen Drittel.<br />
Frage 8:<br />
Ein Somatogramm ist ein Diagramm zur Darstellung von Körpergröße,<br />
Gewicht und Kopfumfang. Auf der x-Achse ist das<br />
Alter aufgetragen und auf der y-Achse die entsprechenden<br />
Körpermaße.<br />
Frage 9:<br />
Die genannten Symptome sind klinische Merkmale der<br />
Multiplen Sklerose.<br />
Frage 10:<br />
Inkarzeration bedeutet, dass sich Darmschlingen in Bruchpforten<br />
einklemmen und von der Blutversorgung abgeschnitten sind.<br />
Frage 11:<br />
Antwort a., b. und c. sind richtig.<br />
Frage 12:<br />
•Geburtsgewicht unter der 5. Perzentile des Wachstumsdiagramms<br />
•Reife des Neugeborenen entspricht nicht dem Zustand<br />
nach einer tatsächlichen Schwangerschaftsdauer.<br />
•Das Neugeborenewird nach der 38. Schwangerschaftswoche<br />
auf die Welt gebracht.<br />
Frage 13:<br />
Querlage bedeutet, dass die kindliche Körperachse zur mütterlichen<br />
Körperachse einen rechten Winkel bildet.
.<br />
BRAINTUNING<br />
ANATOMIE ZUM SAMMELN<br />
Fußmuskulatur<br />
M. flexor digitorum brevis<br />
M. flexor hallucis longus<br />
Mm. lumbricales pedis<br />
M. adductor hallucis,<br />
Caput transversum<br />
M. interosseus plantaris<br />
M. interosseus dorsalis pedis<br />
Ansatzsehne<br />
des M. fibularis (peroneus)<br />
longus<br />
M. flexor hallucis brevis<br />
M. flexor digitorum longus<br />
M. abductor digiti minimi<br />
M. flexor digiti minimi brevis<br />
M. quadratus plantae<br />
M. abductor hallucis<br />
Aponeurosis plantaris<br />
(Schnittrand)<br />
In der nächsten Ausgabe:<br />
Sehnen des<br />
M. flexor digitorum<br />
profundus<br />
Sehnen des<br />
M. flexor digitorum<br />
superficialis<br />
Mm. lumbricales manus<br />
<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong><br />
M. flexor digiti minimi<br />
M. abductor digiti minimi<br />
M. palmaris brevis<br />
M. adductor pollicis<br />
M. flexor pollicis brevis<br />
M. abductor pollicis brevis<br />
M. opponens pollicis<br />
<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 39
BRAINTUNING<br />
MT BEFUNDBOGEN »GLENOHUMERALGELENK«<br />
Name:<br />
Datum:<br />
Rechts<br />
Links<br />
Inspektion<br />
Palpation<br />
Aktive Flex<br />
Passives Weiterbewegen in Flex<br />
Passive Flex<br />
Aktive Ext<br />
Passives Weiterbewegen in Ext<br />
Passive Ext<br />
Aktive Abd<br />
Passives Weiterbewegen in Abd<br />
Passive Abd<br />
Horiz Add<br />
Passives Weiterbewegen<br />
Horiz Add<br />
Passive Horiz Add<br />
AR<br />
Passives Weiterbewegen in AR<br />
Passive AR<br />
IR<br />
Passives Weiterbewegen in IR<br />
Passive IR<br />
Traktion<br />
Kompression<br />
Gleiten nach caudal<br />
Gleiten nach ventral<br />
Gleiten nach dorsal<br />
R Abd<br />
R Add<br />
R AR<br />
R IR<br />
Ausmaß/Quantität Qualität/EG Ausmaß/Quantität Qualität/EG<br />
Kraft Schmerzen Kraft Schmerzen<br />
R = Widerstandstests Flex = Flexion Ext = Extenstion Abd = Abduktion Horiz Add = Horizontale Adduktion Add = Adduktion<br />
.<br />
40 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>
FÜR DEN PRAXISALLTAG<br />
TESTS UND ASSESSMENTINSTRUMENTE<br />
Text: Silke Wolf<br />
Fotolia © B. Wylezich<br />
Praktikable Tests, welche wenig Zeit in Anspruch nehmen und vergleichbare, objektive Daten liefern, sind selten.<br />
Umso besser, wenn ein einziger Test Aussagen über unterschiedlichste Krankheitsbilder gibt und somit Anwendung<br />
in verschiedenen Fachgebieten, wie Orthopädie, Neurologie oder Geriatrie finden kann.<br />
Der Timed UP & Go – Test (TUG)<br />
Der Timed Up & Go – Test, kurz TUG, ist so ein »Multitalent«.<br />
Wie er durchgeführt wird und was es dabei zu beachten gilt,<br />
ist im Folgenden zusammengefasst.<br />
Wie geht das?<br />
Zur Durchführung des TUG benötigt man lediglich einen Stuhl<br />
mit Armlehnen (Standard: ca. 46 cm Sitzhöhe und ca. 65 cm<br />
Armlehnenhöhe), eine Stoppuhr und eine drei Meter lange,<br />
gerade Gehstrecke ohne Hindernisse. Das Ende der Strecke<br />
sollte mit einer deutlichen Markierung versehen sein (Bennell<br />
et al., 2011).<br />
Um vergleichbare Ergebnisse zu erzielen, sollte die Ausgangsposition<br />
des Patienten und die Instruktion standardisiert<br />
sein und nach einem festgelegten Schema erfolgen (mögliche<br />
Testinstruktion siehe Praxiskasten). Die Zeitmessung beginnt<br />
mit dem Wort »Go« und endet, wenn der Patient wieder in<br />
der Ausgangsstellung auf dem Stuhl sitzt. Er darf zur Testung<br />
alle Hilfsmittel verwenden, derer er sich auch im Alltag bedient.<br />
Mit dem TUG werden vier Subkomponenten getestet: aufstehen,<br />
gehen, umdrehen und hinsetzen. Somit kann der TUG<br />
zur schnellen Analyse des aktuellen Zustands aber auch als<br />
Indikator für Therapieerfolge genutzt werden.<br />
Wozu?<br />
Wie eingangs erwähnt, wird der Test in nahezu allen Fachbereichen<br />
angewendet: Kinder mit Zerebralparese können ebenso<br />
getestet werden wie Patienten nach Hüft- oder Knie-TEP-Implantation,<br />
Querschnittspatienten oder ältere Personen mit dementiellem<br />
Syndrom. Entsprechend dieser Bandbreite an Einsatzmöglichkeiten<br />
variieren auch die zu erwartenden Zeitwerte.<br />
Normwerte des TUG für Ältere sind beispielsweise:<br />
8,1 Sek. (60.–69. Lj.), 9,2 Sek. (70.–79. Lj.) und<br />
11,3 Sek. (80.–99. Lj) (Bohannon, 2006).<br />
Der TUG gibt, unter anderem, Auskunft über Mobilität, Kraft<br />
und Balancefähigkeit der getesteten Person. Wiederholte<br />
Messungen ermöglichen die Evaluation dieser Qualitäten über<br />
die Zeit.<br />
Für die Praxis:<br />
Testinstruktion TUG<br />
Sie sehen vor sich die Gehstrecke des folgenden Tests.<br />
Sie ist drei Meter lang, das Ende ist durch die<br />
Markierung gekennzeichnet.<br />
Wenn ich das Wort »Go« sage, stehen Sie bitte auf,<br />
gehen in Ihrem gewohnten Tempo bis zur<br />
Markierung, wieder zurück zu dem Stuhl und<br />
setzten sich hin.<br />
Sie können während des Tests pausieren,<br />
dürfen sich allerdings nicht hinsetzten.<br />
Wenn Sie keine Fragen mehr haben,<br />
können wir jetzt beginnen.<br />
Infobox<br />
Die ICF (International Classification of Functioning,<br />
Disability and Health) ist ein Klassifikationssystem,<br />
welches 2001 von der WHO herausgegeben wurde.<br />
Es beruht auf dem bio-psycho-sozialen Krankheitsmodell<br />
und soll den funktionalen Gesundheitszustand,<br />
die Behinderung, die soziale Beeinträchtigung und<br />
die relevanten Umgebungsfaktoren eines Menschen<br />
standardisiert beschreiben.<br />
Weitere Informationen:<br />
http://www.dimdi.de/static/de/klassi/icf/<br />
Weiter geht's ❱❱<br />
<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 41
FÜR DEN PRAXISALLTAG<br />
TESTS UND<br />
ASSESSMENT-<br />
INSTRUMENTE<br />
Der TUG geht weiterhin auf wesentliche Domänen der ICF<br />
(International Classification of Functioning, Disability and<br />
Health, siehe Infobox) ein. Beispielsweise wird mit dem Test<br />
eine Veränderung der elementaren Körperposition abgeprüft<br />
(entspricht Codierung d410). Somit lassen sich Aussagen<br />
über die Selbstständigkeit der Probanden im täglichen Leben<br />
treffen.<br />
Der TUG lässt sich in verschiedenen Varianten durchführen.<br />
Beispielsweise als TUG-MANUAL (gleichzeitiges Tragen eines<br />
Fotolia © B. Wylezich<br />
Wasserglases) oder als TUG-COGNITIVE (gleichzeitiges Lösen<br />
von Rechenaufgaben). Interessant ist, dass die Varianten<br />
des TUG unterschiedliche Aussagekraft besitzen. So gibt der<br />
TUG-MANUAL wahrscheinlich eher Hinweise auf zukünftige<br />
Gebrechlichkeit und Sturzrisiken von Älteren, als der einfache<br />
TUG (Tang et al., <strong>2014</strong>).<br />
Wie gut?<br />
Die Anwendung des TUG wurde in verschiedenen Studien<br />
evaluiert. Die meisten dieser Studien untersuchten ältere Personen<br />
mit diversen kognitiven oder funktionalen Einschränkungen.<br />
Gerade bei dieser Klientel konnte eine sehr hohe Akzeptanz<br />
gegenüber dem Test nachgewiesen werden.<br />
Auch in Reliabilitäts- und Validitätsuntersuchungen erreicht<br />
der TUG gute bis sehr gute Werte.<br />
So beispielsweise eine Interrater-Reliabilität von r = 0,97<br />
(Noren et al., 2001) oder eine Korrelation von r = - 0,81 mit<br />
der Berg-Balance-Scale (Podsiadlo/Richardson, 1991).<br />
Der Timed Up & Go ist also ein einfach durchführbarer<br />
Test, der zuverlässige und valide Daten bezüglich Kraft, Balance<br />
und Alltagsfunktionalität der getesteten Person liefert.<br />
42 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>
FÜR DEN PRAXISALLTAG<br />
Fotolia © Klaus Eppele<br />
Herzlich willkommen zu einem weiteren<br />
Teil der Diagnostik-Reihe.<br />
Nachdem in den vergangenen<br />
Ausgaben die wichtigsten bildgebenden<br />
Verfahren im Fokus standen,<br />
rückt nun die körperliche<br />
Routineuntersuchung ins Blickfeld.<br />
Den Anfang macht die Perkussion.<br />
DIAGNOSTIK: PERKUSSION<br />
Perkussion kommt vom lateinischen<br />
Verb percutere, was schlagen oder<br />
stoßen bedeutet. Bei der Perkussion<br />
beklopft der Untersucher also<br />
die Körperoberfläche und zieht Informationen<br />
aus den unterschiedlichen<br />
Schallqualitäten. Sowohl<br />
der Thorax als auch das Abdomen<br />
können auf diese Weise untersucht<br />
werden.<br />
Text: Susanne Klotz<br />
Geschichte der Perkussion<br />
Die Technik geht auf den österreichischen<br />
Arzt Johannes Leopold Auenbrugger (1722–<br />
1809) zurück, dessen Vater Gastwirt war. Es<br />
wird vermutet, dass Auenbrugger bei seinem<br />
Vater gelernt hatte, dass mit Hilfe des<br />
Beklopfens von Weinfässern deren Flüssigkeitsspiegel<br />
bestimmt werden und er dieses<br />
Verfahren auf den menschlichen Körper<br />
übertragen hat. Im Gegensatz zur heute gebräuchlichen<br />
indirekten Technik hat Auenbrugger<br />
noch direkt mit mehreren, gerade<br />
ausgestreckten und adduzierten Fingern auf<br />
den Brustkorb seiner Patienten geklopft. Im<br />
Jahr 1761 veröffentlichte er sein Inventum<br />
novum, in dem er das Ergebnis von sieben<br />
Jahren intensiver Beobachtung und Entwicklung<br />
zusammenfasste. Seine »erklopften«<br />
Diagnosen bei lebenden Patienten hat er<br />
übrigens dadurch auf Richtigkeit überprüft<br />
indem er seine Patienten nach ihrem Tode<br />
obduzierte. Die Würdigung seiner Arbeit<br />
erfuhr Auenbrugger erst viele Jahre später.<br />
Gerade in der ersten Zeit nach Veröffentlichung<br />
hatte er mit dem Unverständnis<br />
seiner Kollegen und dem Widerstand der<br />
Patienten gegenüber der neuartigen Methode<br />
zu kämpfen. Nachdem in den 1780er<br />
Jahren Maximilian Stoll die Perkussion praktizierte<br />
und dadurch der Methode zu einer<br />
größeren Anerkennung verhalf, gelang der<br />
endgültige Durchbruch, als der Leibarzt von<br />
Napoleon, Jean Nicolas Corvisart, die Technik<br />
übernahm und durch eigene Forschung<br />
ergänzte. Das Werk Auenbruggers fand dadurch<br />
letzten Endes Eingang in die medizinische<br />
Ausbildung in Frankreich.<br />
Allgemeine Ausführung<br />
Wie schon erwähnt, hat Auenbrugger noch<br />
direkt mit mehreren Fingern auf den Körper<br />
geklopft, heutzutage ist aber die indirekte<br />
Methode Mittel der Wahl. Dabei klopft<br />
der Untersucher nicht unmittelbar auf die<br />
Körperoberfläche, sondern entweder auf<br />
einen aufliegenden Finger oder ein sogenanntes<br />
Plessimeter. Ein Plessimeter ist ein<br />
s-förmiger Spatel aus Metall, der auf den zu<br />
untersuchenden Körperabschnitt aufgelegt<br />
wird, um den erzeugten Schall zu verstärken.<br />
Arbeitet der Arzt ohne Plessimeter, so<br />
nutzt er für gewöhnlich den Mittelfinger,<br />
oder genauer gesagt die distale Phalanx<br />
des Mittelfingers der linken Hand, auf die<br />
er dann klopft. Dabei sind die anderen Finger<br />
abduziert und liegen nicht auf. Nur der<br />
sogenannte Plessimeterfinger berührt die<br />
Haut. Geklopft wird mit dem Mittelfinger<br />
der rechten Hand oder mit einem Perkussionshammer.<br />
Die Bewegung erfolgt dabei<br />
aus dem Handgelenk heraus mit gleicher<br />
Kraft in Serien von je zwei Schlägen.<br />
Die Perkussion kann eingesetzt werden,<br />
um sich grob über Lage und Größe der Organe<br />
zu orientieren. Dies hat jedoch so seine<br />
Tücken, wie wir gleich beim Herz sehen werden.<br />
Sehr gut eignet sich die Technik, um Ansammlungen<br />
von Flüssigkeit, Luft oder auch<br />
Raumforderungen schnell zu lokalisieren.<br />
Perkussion des Thorax<br />
Bei der Perkussion der Lungen können drei<br />
Schallqualitäten unterschieden werden: der<br />
<strong>physio</strong>logische sonore Schall, der hypersonore<br />
und der hyposonore oder gedämpfte<br />
Schall. Der sonore Schall hat eine große<br />
Amplitude und ist ein lauter, langer und<br />
hohl klingender Ton mit niedriger Tonhöhe.<br />
Der gedämpfte Schall ist vom Klang her<br />
vergleichbar mit dem Geräusch, das entsteht,<br />
wenn man sich auf den Oberschenkel<br />
klopft. Daher wird der gedämpfte Schall<br />
auch als Schenkelschall bezeichnet, er ist<br />
leiser, dumpfer und kürzer als der sonore<br />
Schall. Dämpfungen in der Schallqualität<br />
sind ein Hinweis auf verminderten Luftgehalt<br />
oder Flüssigkeitsansammlungen in der<br />
Lunge. Kommt es zu vermehrten Luftansammlungen,<br />
so wechselt der Schall von<br />
sonor zu hypersonor. Der Ton wird auch als<br />
Schachtelton bezeichnet und ist lauter und<br />
länger als der sonore Ton und hat eine noch<br />
niedrigere Tonhöhe.<br />
Mit der Perkussion können die Lungengrenzen<br />
und die Atemverschieblichkeit der<br />
Lunge untersucht werden. Um die Lungen-<br />
<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 43
FÜR DEN PRAXISALLTAG<br />
grenzen zu bestimmen wird paravertebral in<br />
der Skapularlinie in Richtung Abdomen geklopft,<br />
der Übergang vom Lungengewebe<br />
zu den Bauchorganen wird durch einen<br />
Wechsel von sonorem zu gedämpften Schall<br />
erkennbar, welcher etwa in Höhe BWK 10/11<br />
liegen sollte. Physiologisch liegt die rechte<br />
Lunge übrigens aufgrund der darunter liegenden<br />
Leber circa 1–2 cm höher. Daher<br />
sollte auch immer im Seitenvergleich perkutiert<br />
werden. Die Atemverschieblichkeit<br />
der Lunge kann getestet werden, indem der<br />
Patient nach maximaler Einatmung die Luft<br />
anhält und der Arzt weiter distal Richtung<br />
Abdomen perkutiert. Nun sollte der Übergang<br />
von sonorem zu gedämpftem Schall<br />
etwa 2–4 Querfinger weiter unten liegen.<br />
Die Perkussion des Herzens ist nur eingeschränkt<br />
empfohlen, da darüber liegende<br />
Lungenanteile fälschlicherweise eine Dämpfung<br />
des Schalls vortäuschen und dadurch<br />
die Größe des Herzens falsch abgeschätzt<br />
werden kann. Um sich einen Eindruck von<br />
Lage und Größe des Herzens zu verschaffen,<br />
wird distal von allen Seiten nach zentral<br />
geklopft, allerdings wird das Herz in weiten<br />
Teilen von Lungengewebe überlagert, sodass<br />
eine relative Schalldämpfung entsteht.<br />
Geübte Untersucher sind dennoch in der<br />
Lage eine sogenannte Perkussionsfigur zu<br />
erstellen, die Herzform und Herzgröße repräsentiert.<br />
In der Mitte des Herzfeldes gibt es<br />
einen Bereich der absoluten Herzdämpfung.<br />
Hier ist das Herz nicht von Lungengewebe<br />
überlagert und liegt am nächsten zur Brustwand,<br />
jedoch verschwindet dieses Areal<br />
z. B. bei ausgeprägtem Lungenemphysem.<br />
Perkussion des Abdomens<br />
Bei der abdominalen Perkussion in allen 4<br />
Quadranten können im Wesentlichen zwei<br />
Schallqualitäten unterschieden werden: der<br />
<strong>physio</strong>logische tympanitische Schall und der<br />
gedämpfte oder auch Schenkelschall (wie bei<br />
der Thoraxperkussion). Der tympanitische<br />
Klopfschall erinnert an eine Pauke und ist ein<br />
dumpfer, hohler Ton über großen, gasgefüllten<br />
und glattwandigen Körperhöhlen z.B.<br />
gasgefüllten Darmschlingen oder der Magenblase.<br />
Je nach Gasgehalt der beklopften<br />
Struktur variiert der tympanitische Ton, bei<br />
höherem Gasgehalt wird der Ton metallischer.<br />
Die Leberuntergrenze kann bestimmt<br />
werden, indem der Untersucher im Verlauf<br />
der rechten Medioklavikularlinie von distal<br />
auf den Rippenbogen zu perkutiert. An der<br />
Grenze erfolgt ein Wechsel von tympanitischem<br />
Schall zu hellerem Schenkelschall<br />
(gedämpfter Schall). Physiologisch befindet<br />
sich die Leberuntergrenze in Höhe des<br />
Rippenbogens. Die Leberobergrenze wird<br />
bestimmt indem in der rechten Medioklavikularlinie<br />
von kranial nach kaudal geklopft<br />
wird, der Wechsel zwischen sonorem Schall<br />
der Lunge zu gedämpftem Schall zeigt die<br />
Grenze der Leber an, die sich beim Gesunden<br />
auf Höhe der 6. Rippe befinden sollte.<br />
Eine vergrößerte Leberdämpfung (also ein<br />
Wechsel der Schallqualitäten unterhalb<br />
der10.Rippe bzw. oberhalb der 6. Rippe)<br />
kann ein Zeichen für eine Hepatomegalie,<br />
Hepatitis, Stauungsleber, Fettleber oder<br />
auch für einen Tumor sein.<br />
Im linken oberen Quadranten kann die<br />
Milzgrenze in der vorderen Axillarlinie auf<br />
Höhe der10.Rippe perkutiert werden. Allerdings<br />
ist die Perkussion der Milz sehr ungenau<br />
und nur ein kleiner Teil des Organs liegt<br />
oberflächlich genug, um beklopft zu werden.<br />
Übrigens: Eine Schalldämpfung oberhalb<br />
des Schambeins kann auch einfach nur<br />
Ausdruck einer gefüllten Blase oder einer<br />
Schwangerschaft sein.<br />
Befund<br />
Global hypersonor<br />
Einseitig hypersonor<br />
Hyposonor/gedämpft<br />
Atemverschieblichkeit<br />
verringert<br />
Mögliche Ursachen<br />
z. B. Lungenemphysem, Fassthorax, Mukoviszidose,<br />
Asthma<br />
Pneumothorax<br />
Pleuraerguss, Pleuraschwiele, Pneumonie, Empyem,<br />
Infiltrat, Tumor<br />
Verklebung, Fibrose, Schwartenbildung, primäre<br />
Überblähung<br />
Perkussion des Thorax<br />
Tabelle 1: Befunde und mögliche Ursachen bei der Lungenperkussion.<br />
Befund<br />
Tympanitischer Schall in der Mittellinie, Dämpfung<br />
in den Flanken; in Seitenlage Verschiebung der<br />
Dämpfung zur unten liegenden Flanke und Tympanie<br />
in der oben liegenden Flanke<br />
Mögliche Ursachen<br />
Aszites<br />
Gedämpft<br />
Verstärkte Tympanie<br />
Flüssigkeitsansammlungen,<br />
Tumor<br />
Meteorismus, Zöliakie<br />
Perkussion des Abdomen<br />
Tabelle 2: Befunde und mögliche Ursachen bei der Perkussion des Abdomens.<br />
44 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>
STUDIENZUSAMMENFASSUNGEN<br />
fotolia: © Amero<br />
FÜR DEN PRAXISALLTAG<br />
Studien liefern uns interessante und wichtige Informationen<br />
zur Behandlung unserer Patienten. Doch leider hat man gerade<br />
in der Ausbildung nicht<br />
immer die Zeit, sich intensiv<br />
mit wissenschaftlichen Arbeiten<br />
zu beschäftigen. Damit man trotzdem einen Einblick in die<br />
neuesten Erkenntnisse bekommt, findet Ihr hier verschiedene<br />
Zusammenfassungen von Studien, die für die Therapie interessant<br />
sein könnten.<br />
Präoperative Physiotherapie zur Vermeidung pulmonaler Komplikationen Stephan Kruft<br />
K Operationen im kardiovaskulären<br />
System sind eine häufig durchgeführte<br />
Maßnahme in der Behandlung von Beschwerden<br />
am Herzen. Allerdings können<br />
solche chirurgischen Eingriffe zu<br />
schwerwiegenden pulmonalen Komplikationen<br />
führen.<br />
Das Team um Hulzebos (2012) geht in seinem<br />
Review der Frage nach, ob präoperative<br />
Physiotherapie diese postoperativen Komplikationen<br />
verhindern kann. Dazu suchten<br />
die Autoren in verschiedenen Datenbanken<br />
nach Studien, die die Wirksamkeit von<br />
präoperativer Physiotherapie im Vergleich<br />
zu Scheinbehandlungen oder anderen Behandlungstechniken<br />
untersuchten. Ihre Re-<br />
cherche ergab 8 randomisierte kontrollierte<br />
Studien. In den gefundenen Studien führten<br />
die Probanden der Interventionsgruppe<br />
entweder ein Ausdauertraining, Atemübungen<br />
oder ein gezieltes Training der inspiratorischen<br />
Muskeln durch. 4 Studien, die als<br />
Outcome das Auftreten von Atelektasen<br />
untersuchten, kamen zu dem Ergebnis, dass<br />
präoperative Physiotherapie zu einer signifikanten<br />
Verringerung dieser Komplikation<br />
führt. Die 5 Studien, die die Entstehung von<br />
Lungenentzündungen beschrieben, konnten<br />
eine signifikante Verminderung dieser<br />
Erkrankung erkennen. Zudem fanden die<br />
Forscherteams der eingeschlossenen Arbeiten,<br />
die die stationäre Aufenthaltslänge<br />
untersuchten, einen im Durchschnitt um<br />
ca. 3 Tage kürzeren Klinikaufenthalt. Eine<br />
signifikante Veränderung der Ventilation<br />
oder der allgemeinen Sterblichkeit, bzw. die<br />
Verhinderung eines Pneumothorax konnte<br />
dagegen in keiner Studie gefunden werden.<br />
Dieser Übersichtsarbeit nach scheint es<br />
möglich zu sein, mit einem Programm aus<br />
Ausdauertraining, Atemübungen oder Training<br />
der inspiratorischen Muskulatur postoperative<br />
Atelektasen und Pneumonien verhindern<br />
sowie den Krankenhausaufenthalt<br />
verkürzen zu können.<br />
Literatur<br />
Hulzebos et al. (2012): Preoperative physical therapy<br />
for elective cardiac surgery patients (Review).<br />
The Cochrane Library, Issue 11.<br />
Physiotherapie bei nicht-traumatischem Rotatorenmanschettenriss Noemi Hagemann<br />
K Operative Eingriffe verbessern das<br />
funktionelle Outcome bei atraumatischem<br />
Rotatorenmanschettenriss nicht.<br />
Zu diesem Ergebnis kam die folgende<br />
prospektive Studie.<br />
Physiotherapie allein sei ausreichend,<br />
um gute funktionelle Ergebnisse zu erzielen<br />
und kann eine Operation überflüssig<br />
machen.<br />
Ziel dieser Studie war es, einen standardisierten<br />
Trainingsplan bei Probanden mit<br />
kompletter atraumatischer Rotatorenmanschettenruptur<br />
auf seine Effektivität hin zu<br />
untersuchen. Der Erfolg wurde durch funktionelle<br />
Assessments sowie anhand der Wahl<br />
des Patienten zur Operation erfasst.<br />
In der prospektiven Kohortenstudie nahmen<br />
422 Probanden mit nicht-traumatischer<br />
kompletter Rotatorenmanschettenruptur an<br />
einem 6-wöchigen Trainingsprogramm teil.<br />
Dieses umfasste tägliche Mobilisation in<br />
allen Ebenen und Dehnung sowie dreimal<br />
wöchentliche Kräftigung der Skapula- und<br />
Rotatorenmanschettenmuskulatur.<br />
Das Bewegungsausmaß verbesserte sich insbesondere<br />
in der Abduktion und Elevation.<br />
Die Ergebnisse der Assessments ASES (American<br />
Shoulder and Elbow Score), WORC<br />
(Western Ontario Rotator Cuff) und SANE<br />
(Single Assessment Numeric Elevation) verbesserten<br />
sich klinisch und statistisch signifikant.<br />
Keine Verbesserungen wurden beim<br />
SF-12 und der Shoulder Activity Scale erzielt.<br />
Nach 6 Wochen entschieden sich 9 % der<br />
Probanden zur Operation, die Zahl stieg<br />
über 15 % (12 Wochen), 21 % (1 Jahr) auf<br />
26 % (2 Jahre) an.<br />
Trotz der vielversprechenden Ergebnisse<br />
bleibt das Risiko einer fortschreitenden<br />
Ruptur bestehen. Welche spezifischen Faktoren<br />
dies begünstigen, ist bisher noch unerforscht.<br />
Daher sollte bei ausbleibendem<br />
Therapieerfolg dringend Rücksprache mit<br />
dem Arzt gehalten werden.<br />
Literatur<br />
Kuhn, J.E.; Dunn, W.R. (2013) Effectiveness of<br />
physical therapy in treating atraumatic full-thickness<br />
rotator cuff tears, a multicenter prospective<br />
cohort study. <strong>Journal</strong> of Shoulder and Elbow<br />
surgery 1371-9.<br />
<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 45
FÜR DEN PRAXISALLTAG<br />
Trainingsprogramm zur Verbesserung der körperlichen Leistungsfähigkeit,<br />
der Kontinenzrate und der Lebensqualität nach radikaler Prostatektomie Anna Heller<br />
K Ziel einer koreanischen Studie war es,<br />
herauszufinden, inwiefern sich ein kombiniertes<br />
Training auf die allgemeine Fitness,<br />
die Kontinenzrate und die Lebensqualität<br />
von Männern über 65 auswirkt.<br />
Alle Männer sind an einem Prostatakarzinom<br />
erkrankt und wurden einer<br />
radikalen Prostatektomie unterzogen.<br />
Dazu wurden insgesamt 66 Patienten nach<br />
radikaler Prostatektomie in die Studie eingeschlossen<br />
und zufällig einer von zwei Gruppen<br />
zugeteilt. Beide Gruppen begannen<br />
das Training 3 Wochen postoperativ, 2 mal<br />
pro Woche á 60 min. Das Training endete<br />
nach 12 Wochen. Die Interventionsgruppe<br />
führte Übungen zur Kräftigung, zur Beweglichkeitsverbesserung<br />
des Beckens und<br />
Übungen nach »Kegel« durch. Die Kontrollgruppe<br />
machte nur »Kegel«-Übungen.<br />
Primär wurde die körperliche Leistungsfä-<br />
higkeit gemessen. Körperliche Leistungsfähigkeit<br />
wurde anhand der Parameter<br />
funktionelle Fitness, Ausdauer, Kraft und<br />
Beweglichkeit sowie Körperzusammensetzung<br />
bestimmt. Sekundär wurden Schwere<br />
und subjektive Empfindung der Inkontinenz<br />
sowie Lebensqualität ermittelt. Inkontinenz<br />
wurde objektiv mit dem 24h-Pad-test erfasst<br />
und subjektiv mit dem »International<br />
Consultation on Incontinenz Questionnaire«<br />
(ICIQ). Die allgemeine Lebensqualität wurde<br />
mit dem Fragebogen SF-36 erfasst.<br />
Die Ergebnisse dieser Studie zeigten, dass<br />
die kombinierten Übungen zu allgemeiner<br />
Kräftigung und zur Verbesserung der Beckenbodenfunktion<br />
bei älteren Männern<br />
nach 12 Wochen Trainingsprogramm zu<br />
einer signifikanten Verbesserung der Beweglichkeit,<br />
Gleichgewichtsfähigkeit und<br />
funktionellen Fitness im Vergleich zur Kontrollgruppe<br />
führen, die nur den Beckenboden<br />
trainiert hatte. Außerdem hat sich zugunsten<br />
der Interventionsgruppe die Kontinenz<br />
signifikant verbessert. Sowohl der Pad-test<br />
(p = 0,002), als auch der ICIQ (p = 0.033)<br />
sind besser ausgefallen als bei der Kontrolle.<br />
Die Studie zeigt zum einen, dass auch bei<br />
älteren Patienten nach Prostatektomie ein<br />
systematisches Ganzkörpertraining effektiv<br />
und sinnvoll ist, aber vor allem, dass man<br />
bei Inkontinenz nach Prostatektomie nicht<br />
nur isoliert den Beckenboden trainieren<br />
soll, sondern dass man mit den Patienten<br />
funktionelle und ganzheitliche Übungen<br />
durchführen muss, um das Widererlangen<br />
der Kontinenz zu beschleunigen und die Lebensqualität<br />
positiv zu beeinflussen.<br />
Literatur<br />
Sung-Woo Park (2011): Recovery of Overall Exercise<br />
Ability, Quality of life, and Continence after 12-week<br />
Combined exercise Intervention in Elderly Patients<br />
who underwent Radical Prostatectomy: A Randomized<br />
Controlled Study. Urology 80 (2): 299–305.<br />
Welchen Effekt haben Gewichtsreduktion und ein intensives Übungsprogramm auf die Kniebelastung<br />
und die Entzündungszeichen bei übergewichtigen Patienten mit Kniegelenksarthrose? Janine Topp<br />
K Kniegelenksarthrose ist eine häufig<br />
gestellte Diagnose, die mit einer erheblichen<br />
Einschränkung der Lebensqualität<br />
einhergeht. Übergewicht stellt einen<br />
bedeutenden Risikofaktor dar, der<br />
in Zusammenhang mit der Entstehung<br />
und Progredienz von Arthrose genannt<br />
wird. Bis heute gibt es keinen Behandlungsansatz,<br />
der Heilung verspricht. Daher<br />
zielt die Behandlung vor allem auf<br />
eine effektive Symptomlinderung ab.<br />
In diesem Zusammenhang konnte eine Forschergruppe<br />
aus North Carolina bestätigen,<br />
dass eine Gewichtsreduktion in Kombination<br />
mit einem Übungsprogramm oder die<br />
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alleinige Gewichtsreduktion sich positiv auf<br />
Parameter wie die Kniegelenksbelastung<br />
und die Entzündungszeichen auswirkt.<br />
Dazu wurden 454 Probranden mit einem<br />
BMI von 27 bis 41 und einer bestehenden<br />
Kniegelenksarthose in drei Gruppen eingeteilt<br />
und über 18 Monate beobachtet. Teilnehmer<br />
aus einer der Interventionsgruppen<br />
verfolgten das Ziel, innerhalb dieser Zeit<br />
durch regelmäßige Ernährungsberatung<br />
und Verhaltenstherapie ihr Körpergewicht<br />
um 10% zu reduzieren. In der zweiten Interventionsgruppe<br />
wurde die beschriebene<br />
Intervention zur Gewichtsreduktion durch<br />
ein dreimal wöchentlich stattfindendes<br />
Übungsprogramm ergänzt. Die Kontrollgruppe<br />
absolvierte lediglich das genannte<br />
Übungsprogramm.<br />
Die Gewichtsreduktion war nach 18 Monaten<br />
in beiden Interventionsgruppen gegenüber<br />
der Kontrollgruppe signifikant.<br />
Die Teilnehmer der Interventionsgruppen<br />
erfuhren eine deutlichere Reduktion der<br />
Entzündungszeichen als die der Kontrollgruppe.<br />
Darüber hinaus konnte die Kniegelenksbelastung<br />
der Teilnehmer, die durch<br />
die alleinige Ernährungsumstellung Gewicht<br />
verloren hatten, signifikant gegenüber der<br />
Kontrollgruppe reduziert werden. Das Ergebnis<br />
des RCTs bestätigt die Dringlichkeit<br />
und Effektivität der Gewichtsreduktion von<br />
übergewichtigen Patienten mit Kniegelenksarthrose.<br />
Literatur<br />
Messier, S. P. et al. (2013): Effects of intensive diet<br />
and exercise und knee joint loads, inflammation,<br />
and clinical outcomes among overweight and<br />
obese adults with knee osteoarthritis – The IDEA<br />
randomized clinical trial. JAMA 310(12): 1263–1273.<br />
46 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>
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weitere Informationen:<br />
Benjamin Bareiss<br />
E-Mail: bareiss@dieFachwelt.de<br />
<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 47
FÜR DEN PRAXISALLTAG<br />
Befund<br />
FALLBEISPIEL<br />
SUBSCAPULARISSEHNE<br />
Text: Geert Jeuring<br />
Ein 75 jähriger Patient kommt mit einem Rezept und der Diagnose<br />
»Subscapularisruptur rechte Schulter, Impingement nannten Ultra Sling und erzählt, dass die Ruptur beim Tennis<br />
Operation liegt nun zwei Wochen zurück. Er trägt einen soge-<br />
und ACG-Arthrose rechts« in die Praxis. Die durchgeführte (Aufschlag) passiert sei.<br />
Entlassungsbericht – Auf dem Entlassungsbericht ist folgendes angegeben:<br />
Fotolia © Mikael Damkier<br />
Operation: Arthroskopische Akromioplastik und ACG-<br />
Resektion, offene double-row Subscapularissehnennaht<br />
rechte Schulter mit zwei 5 mm-Ankern.<br />
In komplikationsloser IT-Narkose wurde obige OP durchgeführt.<br />
Intra- und postoperativ ergaben sich keine Komplikationen.<br />
Es zeigte sich makroskopisch ein deutliches Impingement.<br />
Mäßige Bursitis. Glenohumeral mäßige Synovitis im<br />
Ankerbereich, rupturierte lange Bizepssehne, retrahierte<br />
Subscapularissehne. Die Akromioplastik wurde in typischer<br />
Weise mit Resektion von ca. 6 mm anterior durchgeführt.<br />
Das AC-Gelenk wurde dargestellt und 6–8 mm der lateralen<br />
Klavikula unter Schonung der Kapsel reseziert. Offene<br />
Refixation der degenerativ veränderten SSC-Sehne mit<br />
2 Ankern. Intrakutannaht resorbierbar.<br />
Procedere: Wiedervorstellung morgen und in<br />
2 und 6 Wochen zur klinischen Kontrolle.<br />
Physiotherapie: s. Protokoll<br />
Medikamente: Ibuprofen 600 1-1-1,<br />
Tramal ret. 100 2-0-2 b. B.<br />
Nachbehandlungsplan – Von der operierenden Klinik hat der Patient zusätzlich folgenden Nachbehandlungsplan bekommen:<br />
Am OP-Tag sollten Sie den operierten Arm im angelegten<br />
Verband belassen, bei einem Engegefühl können die Klettverschlüsse<br />
wie demonstriert jeder Zeit angepasst und der<br />
Arm auch herausgenommen werden. Grundsätzlich kann der<br />
Arm tagsüber jederzeit für zunächst 15–30 Minuten, später<br />
einige Stunden aus dem Verband genommen werden und im<br />
erlaubten Bereich bewegt werden. Nachts sollte die Orthese<br />
wie angegeben getragen werden.<br />
Eine Kühlung mit Eis (15–30 min., nicht direkt auf die Haut)<br />
und die verschriebenen Medikamente lindern die Schmerzen<br />
und die Schwellung der Schulter. Die Rehabilitation beginnt<br />
am 1–2. Tag nach der Operation. Der Nachbehandlungsplan<br />
dient Ihnen und dem behandelnden Physiotherapeuten<br />
als Fahrplan, um eine möglichst gute Schulterfunktion zu<br />
erreichen und das Operationsergebnis in der Rehabilitationsphase<br />
nicht zu gefährden. In den ersten 6 Wochen soll<br />
dabei soweit möglich eine Einsteifung der Schulter verhindert<br />
werden.<br />
Die Wunden sind mit resorbierbarem Nahtmaterial genäht,<br />
das nicht entfernt werden muss. Ab dem 3. Tag postoperativ<br />
kann geduscht werden, danach sollte das Pflaster<br />
gewechselt werden, nach 4–7 Tagen ist ein Wundverband<br />
meist nicht mehr erforderlich.<br />
Bereits direkt nach der Operation sind mehrmals täglich für<br />
5–10 min. Anspannungsübungen der Schultermuskeln ohne<br />
Bewegung (sogenannte isometrische Übungen) sinnvoll, um<br />
die Funktion der Muskeln möglichst gut zu erhalten. Bei allen<br />
Operationen sind außerdem selbstständige Pendelübungen<br />
mit nach vorne gebeugtem Oberkörper möglich, hierbei<br />
kann ohne Kraft eine passive Beweglichkeit bis zur Horizontalen<br />
(90°) beübt werden. Grundsätzlich sollte immer nur bis<br />
zu Schmerzgrenze geübt werden.<br />
Auf dem Bericht sind zudem folgende Bewegungs- und Aktivitätsmaße angegeben:<br />
Abd.<br />
in Grad<br />
Bewegungsausmaß Bewegungsaktivität Ruhigstellung Orthese<br />
Flex.<br />
in Grad<br />
AR<br />
in Grad<br />
Passiv<br />
Aktiv<br />
Assist.<br />
Aktiv<br />
Ultra<br />
schling<br />
Woche 1 30 ° 30 ° 0 ° X X<br />
Woche 2 30 ° 30 ° 0 ° X X X<br />
Woche 3 60 ° 60 ° 0 ° X X X<br />
Woche 4 80 ° 80 ° 0 ° X X<br />
Woche 5 80 ° 80 ° 0 ° X<br />
Woche 6 80 ° 80 ° 0 ° X<br />
Die Innenrotation ist, wenn nicht anders angegeben, schmerzorientiert freigegeben<br />
AR<br />
Schiene<br />
keine<br />
48 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>
FÜR DEN PRAXISALLTAG<br />
Anamnese<br />
Der Patient erzählt, dass er bis zu seinen Unfall 3-4 Mal die<br />
Woche Tennis gespielt und viele Wettkämpfe bestritten habe.<br />
Ansonsten wandere er gerne und fahre viel Fahrrad. Insgesamt<br />
macht er einen sehr vitalen Eindruck. Außer einem Bluthochdruck<br />
und ungefährlichen Herzrhythmusstörungen, für<br />
die er Medikamente nehme, beständen auch keine weiteren<br />
Erkrankungen. Auf die Frage, ob in der Vergangenheit schon<br />
mal Verletzungen aufgetreten sind, antwortet er, dass er sich<br />
vor zig Jahren am rechten Arm die Bizepssehne gerissen habe.<br />
Weiter seien aber keine Beschwerden vorhanden.<br />
M. subscapularis<br />
Untersuchung<br />
Inspektion<br />
Ventral auf dem M. deltoideus ist eine ca. 7 cm große Narbe<br />
sichtbar. Die Narbe ist gut verheilt. Eine deutliche Atrophie ist<br />
nicht zu sehen.<br />
Globale Palpation<br />
Die rechte Schulter ist besonders im Narbengebiet etwas wärmer<br />
als an der nicht betroffenen Schulter. Eine Schwellung ist<br />
nicht zu sehen.<br />
Funktionelle Untersuchung<br />
Bei der Untersuchung erreicht der Patient aktiv assistiert ca.<br />
60 ° Anteflexion und 60 ° Abduktion. Der Patient gibt an, dass<br />
die Bewegungen endgradig Schmerzen verursache. Die Außenrotation<br />
bis 0 ° ist möglich. Die Innenrotation wurde nicht<br />
getestet.<br />
M. biceps brachii<br />
Behandlung<br />
Bei der ersten Behandlung wird die Schulter, insoweit es die<br />
Kontraindikationen zulassen, vorsichtig mit dem Daumengriff<br />
mobilisiert. Weiter werden Übungen für das skapulothorakale<br />
Gelenk in Elevation, Depression, Protraktion und Retraktion<br />
durchgeführt. Zusätzlich soll der Patient versuchen, mit einem<br />
verkürzten Hebel die Abduktion (Ententanz) und Anteflexion<br />
zu üben. Bei der Abduktion darf er aber kein Punktum Fixum<br />
gebrauchen, weil dies zu viel Belastung für die Innenrotatoren<br />
bedeuten würde. Des Weiteren soll der Patient leicht<br />
nach vorne gebeugt (wie bei Pendelübungen) das Alphabet<br />
schreiben. Außerdem bekommt der Patient auch noch leichte<br />
Anspannungs- und Aktivierungsübungen für die Innen- und<br />
Außenrotatoren. Bei der ersten Behandlung bekommt der Patient<br />
ein Mobilisationsseil mit. Dies ist eine einfache Seilkonstruktion<br />
mit Handgriff, welche man oben in die Tür klemmen<br />
kann und ca. 1,20 lang ist. Aus einer Seite wird eine Schlaufe<br />
erstellt, in die die Hand passt. In die andere Seite wird dagegen<br />
ein dicker Knoten geknotet. Für die Bewegungsübung<br />
stellt sich der Patient mit dem Rücken gegen die Tür und legt<br />
die Hand in die Schlaufe. Das Gewicht des Armes wird durch<br />
das Seil zu einem großen Teil abgenommen. Dadurch wird bei<br />
Anteflexion und Abduktion der Druck im Subakromialraum<br />
nicht zu groß und der Patient kann in der Regel beschwerdefrei<br />
üben. Die Aufgabe des Patienten ist es, die Hand nach<br />
vorne zu drücken. Ihm wird gezeigt, welche Bewegungen er<br />
bis wie weit machen kann/darf.<br />
Im Laufe der nächsten Wochen wird die Behandlung nach<br />
Schema durchgeführt. Allerdings sind die Therapieerfolge nur<br />
mäßig, obwohl der Patient fleißig übt; hin und wieder vielleicht<br />
etwas zu fleißig, was den Therapiestand etwas zurückwirft.<br />
Therapiestand nach 5 Monaten<br />
Obwohl der Patient Fortschritte macht, ist auch nach fünf<br />
Monaten noch nicht an ein Tennisspiel zu denken, so wie er<br />
es gewöhnt ist. Eine aktive Anteflexion ist nun bis ca. 120 °<br />
möglich, aber noch sehr schwach. Passiv gelingt die Anteflexion<br />
bis 150 °. Die Außenrotation ist, besonders als Kombinationsbewegung<br />
mit einer Anteflexion, noch eingeschränkt.<br />
Nachdem der Patient anfangs sehr frustriert war, geht er nun<br />
etwas gelassener mit der Situation um.<br />
Therapiestand nach 12 Monaten<br />
Ca. ein Jahr nach der Operation hat sich das Bewegungsvermögen<br />
deutlich verbessert und der Patient spielt fast wieder<br />
beschwerdefrei Tennis. Die Bewegungen sind zwar noch etwas<br />
eingeschränkt, aber er ist zufrieden.<br />
<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 49
FRISCH EINGETROFFEN<br />
Bücher, Lehr-Videos, CD-Roms, Lernkarten – heutzutage gibt es eine<br />
große Fülle an Informationsquellen. Aber woher weiß man eigentlich,<br />
welche sich zu kaufen lohnen?<br />
Auf genau diese Frage findet ihr hier eine Antwort.<br />
In dieser Kolumne werden wir in jeder Ausgabe Bücher und Medien<br />
vorstellen, auf die das Wort »empfehlenswert« zutrifft.<br />
NEUROANATOMIE –<br />
Text: Verena Loidl<br />
STRUKTUR UND FUNKTION<br />
Eines der komplexesten Systeme unserer<br />
Erde ist das menschliche Gehirn. Verblüffend,<br />
dass jedes Gehirn aus wenigen<br />
Typen von Nervenzellen aufgebaut ist<br />
und wir trotzdem nie zweimal dasselbe<br />
Gehirn gebrauchen (vgl. Robert Turner).<br />
Unser diffiziles und zugleich geniales Gehirn<br />
scheint unbegreiflich – besonders vor einer<br />
Neuroanatomieprüfung.<br />
Umfangreicher Lernstoff und abstrakte<br />
Sachverhalte führen dazu, dass Neuroanatomie<br />
ein unbeliebtes Fach in der Physiotherapieausbildung<br />
ist. Neurologische<br />
Erkrankungen sind ein sehr wichtiges und<br />
umfassendes Arbeitsfeld der Physiotherapie.<br />
Daher muss jeder Physiotherapeut die<br />
Anatomie, Physiologie und Pathologie des<br />
peripheren und zentralen Nervensystems<br />
unbedingt beherrschen.<br />
Ein Fachbuch, das die Strukturen des<br />
Gehirns beschreibt, ist dazu unerlässlich.<br />
Wichtig ist, dass die Struktur immer Grundlage<br />
der Funktion ist! Daher ist es essentiell,<br />
dass ein Fachbuch für Physiotherapeuten<br />
die Neuroanatomie funktionell und klinisch<br />
orientiert lehrt. Der »Trepel« verknüpft Morphologie,<br />
Funktion und Klinik und weckt<br />
Freude und Interesse an der Neuroanatomie.<br />
Zu Beginn des Lehrbuchs werden wichtige<br />
Grundlagen und Definitionen des Nervensystems<br />
erläutert, wobei auch auf die<br />
Entwicklungsgeschichte des Nervensystems<br />
eingegangen wird.<br />
Der »Trepel« gibt das komplette Wissen<br />
zum zentralen und peripheren Nervensystem<br />
und zu den Sinnesorganen wieder.<br />
Ein erzählender und leicht verständlicher<br />
Schreibstil ermöglicht flüssiges Lesen. Das<br />
Neuroanatomiebuch von Trepel ist systematisch<br />
und didaktisch sehr gut aufgebaut,<br />
wodurch ein gutes Verständnis auch mit<br />
wenig Vorwissen möglich ist. Die neuroanatomischen<br />
Strukturen werden nicht nur<br />
isoliert benannt, sondern sehr anschaulich<br />
in die Zusammenhänge eingebunden. Die<br />
Funktionsweise des Nervensystems wird<br />
sehr praxisnah und funktionell erklärt. So<br />
gelingt mit diesem Buch die Herleitung der<br />
Patho<strong>physio</strong>logie fast von alleine.<br />
Klinische Hinweise geben gute Einblicke<br />
in die Neurologie und zeigen anschaulich,<br />
wie sich Funktionsausfälle auswirken. Beispielsweise<br />
fällt bei Tumoren der Epiphyse<br />
(Pinealome) – sie treten vor allem im Kindesalter<br />
auf und haben oft eine schlechte Prognose<br />
– sehr früh der Pupillenreflex (Pupillenverengung<br />
bei Lichteinfall) aus. Das liegt<br />
daran, dass der Tumor auf die unmittelbar<br />
unter der Epiphyse gelegenen Area pretectalis<br />
drückt. In ihr wird der Pupillenreflex<br />
verschaltet.<br />
Jedes Kapitel endet mit einer Zusammenfassung,<br />
die ein schnelles Rekapitulieren<br />
ermöglicht. Vor Prüfungen helfen Wiederholungsfragen<br />
und Fallbeispiele das Wissen<br />
zu überprüfen. Eine Frage zum Kapitel<br />
Zwischenhirn (Diencephalon) lautet zum<br />
Beispiel: »Wo wird der funktionell und klinisch-diagnostisch<br />
wichtige Pupillenreflex<br />
verschaltet?«. Auf der folgenden Seite findet<br />
man die dazugehörende Lösung. Hier:<br />
Area pretectalis, von dort aus Aktivierung<br />
der den M. sphincter pupillae ansteuernden<br />
Neurone im Ncl. accessorius n. oculomotorii.<br />
Leicht verständlich und anschaulich sind<br />
auch die Abbildungen und Zeichnungen.<br />
Stellenweise empfiehlt sich eine parallele<br />
Atlasnutzung zum besseren Verständnis der<br />
Topographie.<br />
Das Lehrbuch von Trepel gilt nicht nur<br />
für Physiotherapeuten in der Neurologie<br />
als Standardwerk und sollte in keinem Bücherregal<br />
bzw. auf dem Schreibtisch fehlen.<br />
Für die Praxis oder Fortbildungen ist<br />
Der »Trepel«<br />
immer wieder ein geeignetes<br />
Nachschlagewerk. Kaum ein weiteres medizinisches<br />
Fachbuch erhält so viele positive<br />
Rezensionen und Bewertungen wie der<br />
»Trepel« – der nicht umsonst als Goldstandard<br />
für die Neuroanatomie gilt. Der Autor<br />
schafft es, seine eigene Begeisterung für das<br />
Fach auf den Leser abzufärben. Er nimmt ihn<br />
auf der Entdeckungsreise durch das menschliche<br />
Gehirn an die Hand, sodass jeder das<br />
komplexeste System unserer Erde mehr und<br />
mehr begreifen und bewundern kann.<br />
Mit dem Erwerb des Buches erhält der<br />
Lernende einen Zugang zum Elsevier-Portal.<br />
Durch die Aktivierung des Codes, welcher<br />
im Buch enthalten ist, kann man drei Monate<br />
kostenlos auf den Buchinhalt online<br />
zugreifen. Zudem bekommt man einen dauerhaften<br />
Zugriff auf alle Abbildungen sowie<br />
original Prüfungsfragen und das interaktive<br />
Lernprogramm »Anatomie des Gehirns«.<br />
Das Werk Neuroanatomie ist 2012 bereits<br />
in der 5. Auflage beim Urban & Fischer<br />
Verlag/Elsevier erschienen.<br />
Die Fachwelt bietet einen Versand für<br />
€ 36,95<br />
www.diefachwelt.de<br />
50 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>
MITMACHEN & GEWINNEN<br />
Aus allen eingegangenen,<br />
richtigen Antworten<br />
verlosen wir das<br />
Hellerskript »Orthopädie«.<br />
Anamnese<br />
5. Fall<br />
FALLQUIZ<br />
Hier kann wieder abgesahnt werden! In<br />
jeder Ausgabe werden wir einen Fall mit<br />
Röntgen- und MRT-Bildern schildern, ohne<br />
die Diagnose zu nennen. Eure Aufgabe ist<br />
es, anhand der Fakten die Diagnose herauszufinden<br />
und sie uns zu schicken.<br />
Text: Anna Heller<br />
Frau H. ist 61 Jahre alt und seit 1999 wissenschaftliche Mitarbeiterin<br />
in einer Universitätsklinik. In Ihrer Freizeit geht Frau H. gerne Skifahren.<br />
Bei diesem Hobby hat sie sich auch schon diverse Verletzungen<br />
zugezogen: Innenbanddehnung und Verdacht auf Innenbandläsion<br />
des rechten Kniegelenks, Schulterzerrung links sowie rezidivierende<br />
Daumengelenksdistorsionen. Beim letzten Skiurlaub prallte Frau H.<br />
mit einer anderen Skiläuferin zusammen und ist gestürzt. Dabei hat<br />
sie Schmerzen im linken Knie verspürt, konnte es aber weiter belasten.<br />
Sie wollte noch eine letzte Abfahrt machen und ist noch einmal<br />
mit dem Lift nach oben gefahren. Bei mäßigen Sichtverhältnissen<br />
Untersuchung<br />
Palpation<br />
■ intraartikuläre Ergussbildung mit deutlicher Füllung des<br />
Recessus suprapatellaris<br />
■ Druckschmerzhaftigkeit am Innengelenkspalt links ohne<br />
klinische Zeichen einer Aufklappbarkeit<br />
und angepasster Geschwindigkeit hat Frau H. bei der Abfahrt einen<br />
Schneehaufen übersehen, ist darin hängen geblieben und hat sich<br />
das linke Knie verdreht. Die Patientin berichtet, dass sie daraufhin<br />
einen Knall gehört und gespürt hat. Nach diesem Sturz konnte sie<br />
das Knie allerdings nicht mehr belasten und ist auf dem Gesäß ins<br />
Tal weiter gerutscht. In der Nacht hatte Frau H. sehr starke Schmerzen<br />
im linken Kniegelenk und es entwickelte sich eine deutliche<br />
Schwellung.<br />
Am nächsten Tag fährt Frau H. mit Ihrem Mann umgehend in die<br />
Klinik. Dabei werden folgende Befunde festgestellt:<br />
Bildgebende Diagnostik<br />
Bewegungsprüfung<br />
Kniegelenk Bewegungsprüfung (Neutral-Null-Methode)<br />
links<br />
rechts<br />
Ext / Flex 05°/0°/90° 05°/0°/110<br />
AR / IR<br />
nicht geprüft<br />
MRT linkes Kniegelenk pd sagittal (links), Kniegelenk pd axial (links)<br />
Funktionsuntersuchung<br />
■ Vordere Schublade links deutlich positiv, rechts negativ<br />
■ Lachmann-Test links positiv, rechts negativ<br />
■ Steinmann I und II am Innenmeniskus links diskret positiv,<br />
rechts negativ<br />
Nun die Frage:<br />
Welche Diagnose hat<br />
der Arzt gestellt?<br />
MRT linkes Kniegelenk pd sagittal<br />
Eure Antwort sendet bitte bis zum 31.01.2015<br />
an: kruft@dieFachwelt.de<br />
Die Lösung wird in der sechsten Ausgabe bekannt<br />
gegeben. Die Lösung des Fallbeispiels in der vierten<br />
Ausgabe ist »Morbus Bechterew«.<br />
Diagnostische Arthroskopieaufnahme<br />
des linken Kniegelenks<br />
<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 51
MITMACHEN & GEWINNEN<br />
Dein Artikel im <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>!<br />
Sei es eine Hausarbeit, eine Bachelor-Thesis oder auch ein Artikel über Deine Schule, Du kannst ihn<br />
uns zuschicken und Teil dieser Zeitschrift werden. Das freut die Mitleser und Dein Bücherregal, denn<br />
jeder abgedruckte Artikel wird mit einem Büchergutschein im Wert von bis zu 100 Euro belohnt!<br />
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kruft@dieFachwelt.de<br />
Wir freuen uns auf Deine Ideen!<br />
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52 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>
mit drei Haken lerne ich nicht mehr und gehe zum nächsten<br />
Punkt. Jeweils abends bzw. morgens vor der Klausur lese ich<br />
PT-GEFLÜSTER<br />
INSIDER<br />
Ein zentrales Thema in der Ausbildung sind Prüfungen. Immer wieder sind kleine Klausuren zu bewältigen, mündliche<br />
Prüfungen zu bestehen und am Ende der Ausbildung das abschließende Examen zu schreiben. Da fragt man sich so<br />
manches Mal, wie man das alles schaffen soll.<br />
Um Euch dabei zu unterstützen, haben wir Rubriken wie das »Braintuning« oder auch den Wissenscheck, in dem wir<br />
in jeder Ausgabe Tipps und Tricks zusammenstellen, wie der Lernstoff gut zu bewältigen ist und mit denen Ihr für die<br />
nächsten Prüfungen trainieren könnt. In dieser Ausgabe des PT-Geflüsters geht es auch um Tipps zum Lernen. Denn<br />
diesmal schreiben Kommilitonen, wie sie sich auf Prüfungen vorbereiten und mit welchen Tricks sie arbeiten.<br />
!<br />
Da ich ein Mensch bin, dem es<br />
sehr schwer fällt, aus Skripten<br />
und/oder Büchern zu lernen,<br />
musste für die Ausbildung zum<br />
Physiotherapeuten eine adäquate<br />
Lerntechnik her. Mein<br />
Vater (Lehrer) hat mir das Lernen<br />
mit Karteikarten empfohlen. Ich formuliere mögliche<br />
Prüfungsfragen auf die Vorderseite der Karte, und auf<br />
die Rückseite kommt die Antwort. Nachdem ich alle<br />
Karten geschrieben habe, mache ich immer 5er Stapel.<br />
Kann ich die ersten 5 Fragen beantworten, lege ich sie<br />
auf die Seite und nehme die nächsten 5 Karten, bis ich<br />
alle durch habe. Zum Schluss werden alle Karten zusammengewürfelt.<br />
Manchmal mache ich mir am Ende<br />
sogar mal den Spaß und lese die Antworten und muss<br />
dazu die passende Frage stellen. Ich muss sagen, dass<br />
ich mit dieser Lerntechnik trotz der hohen Anzahl an<br />
Prüfungen gute Ergebnisse erziele.<br />
Michael Volkmuth, Bad Neustadt<br />
Am besten lerne ich, wenn<br />
ich mir Lernzettel schreibe.<br />
Beim erstellen der Zettel arbeite<br />
ich die kompletten Unterlagen<br />
einmal durch und<br />
notiere mir das Wichtigste.<br />
Themen, die mir Schwierigkeiten<br />
bereiten, erarbeite ich intensiver oder bespreche<br />
sie mit Mitschülern.<br />
Ann-Kathrin Krusche, Stade<br />
Zuerst fasse ich die Informationen aus<br />
dem vorliegenden Skript in Word übersichtlich<br />
zusammen und drucke sie aus.<br />
Das nehme ich als Grundlage und lerne<br />
daraus. Einzelne Punkte decke ich nach<br />
den Überschriften zu und halte die Antworten<br />
schriftlich fest. Bei richtigen Antworten<br />
kennzeichne ich die Inhalte mit einem Haken. Inhalte<br />
Jeder weiß es, viele machen<br />
es aber trotzdem nicht,<br />
mein Tipp: rechtzeitig mit<br />
dem Lernen anfangen!<br />
Wenn ich mich auf eine<br />
Prüfung vorbereite, fasse<br />
ich zunächst den relevanten<br />
Prüfungsstoff auf Karteikarten zusammen. Danach<br />
portioniere ich mir den Lernstoff und verteile die<br />
»Lernhäppchen« gleichmäßig auf die einzelnen<br />
Tage bis zur Prüfung. Besonders effektiv arbeite<br />
ich mit meinen Kommilitonen zusammen, indem<br />
wir uns eine Woche vor der Prüfung treffen und<br />
uns den Lernstoff gegenseitig abfragen. Am letzten<br />
Tag vor der Klausur gehe ich nicht zu spät ins<br />
Bett, um ausgeschlafen in den Prüfungstag zu<br />
starten.<br />
Anne Riethmüller, Halle<br />
das Dokument ein- bis zweimal durch. Abends vor der Klausur<br />
schaue ich kein Fernsehen bzw. spiele nicht am Computer!<br />
Katharina Fuchs, Bad Neustadt<br />
Wenn bei uns die Prüfungszeit wieder<br />
anfängt, hilft es mir sehr, einen<br />
Zeitplan zu erstellen. Ich teile mir<br />
große Themen ein, sodass ich täglich<br />
nur einen Teil davon lernen muss<br />
und nicht kurz vor Torschluss vor einem<br />
schier »unbezwingbaren« Berg sitze.<br />
Zudem schreibe ich mir für die meisten Prüfungen die<br />
wichtigsten Sachen einmal handschriftlich auf. So liest<br />
man alles automatisch noch einmal genauer durch und der<br />
Lernstoff prägt sich ein.<br />
Miriam Zwick, Stade<br />
<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 53
INSIDER<br />
COMIC<br />
Die Autoren dieser Ausgabe:<br />
Elisabeth Josenhans<br />
Verena Gesing<br />
Michael Meyer<br />
Janine Topp<br />
Constanze Block<br />
Silke Wolf<br />
Susanne Klotz<br />
Noemi Hagemann<br />
Geert Jeuring<br />
Verena Loidl<br />
Anna Heller<br />
Stephan Kruft<br />
In der letzten Ausgabe hat sich ein Fehler<br />
eingeschlichen:<br />
»Bei Mundöffnung findet das Rollen und Gleiten des<br />
Caput manidbulae in der unteren und nicht in der oberen<br />
Kammer statt. Allerdings ist das System mit der oberen<br />
und unteren Kammer eher schematisch zu sehen.«<br />
54 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>
VERANSTALTUNGEN & TERMINE<br />
Datum Veranstaltung Ort Internet<br />
Oktober<br />
17.10.–18.10.<strong>2014</strong> 28. Basiskurs Evidenzbasierte Medizin Frankfurt Frankfurt (M.)<br />
17.10.–18.10.<strong>2014</strong> Gesundheitspädagogik in Forschung und Praxis Freiburg www.ph-freiburg.de/gp-<strong>2014</strong><br />
17.10.–18.10.<strong>2014</strong> Österreichische Gesellschaft für Physikalische Medizin und Rehabilitation<br />
Wiener<br />
Neustadt (A)<br />
www.oegpmr.at<br />
22.10.–25.10.<strong>2014</strong> Deutscher Schmerzkongress Hamburg<br />
www.deutscher-schmerzkongress<strong>2014</strong>.de<br />
23.10.–24.10.<strong>2014</strong> DVfR-Kongress: Inklusion braucht Rehabilitation – Wege zur Teilhabe Berlin<br />
24.10.–25.10.<strong>2014</strong> 12. Gesundheitspflege-Kongress Hamburg<br />
28.10.–31.10.<strong>2014</strong> Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie Berlin www.dkou.de<br />
31.10.–01.11.<strong>2014</strong> 4. Interdisziplinärer Beckenbodenkongress Prag (CZ) www.ibk-kongress.de/<br />
31.10.–02.11.<strong>2014</strong> Hamburger Sport-Kongress Hamburg www.hamburger-sport-kongress.de<br />
November<br />
01.11.<strong>2014</strong> 7. pelvisuisse-Symposium »Physiotherapie-Assessments bei Beckenbodendysfunktion« Winterthur (CH)<br />
07.11.–08.11.<strong>2014</strong> 3. Mitteldeutscher Sportärztekongress Magdeburg www.sportmedizin-tagung.de<br />
07.11.–08.11.<strong>2014</strong> Jahrestagung Interdisziplinäre Gesellschaft für Psychosomatische Schmerztherapie Wiesbaden www.igps-schmerz.de<br />
08.11.<strong>2014</strong> ENDOFIT <strong>2014</strong><br />
Garmisch-Partenkirchen<br />
www.endofit-gap.de<br />
12.11.–15.11.<strong>2014</strong> Medica – Weltforum der Medizin Düsseldorf www.medica.de<br />
13.11.–15.11.<strong>2014</strong> 47. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Funktionsdiagnostik und –therapie Bad Homburg www.dgfdt.de<br />
14.11.–15.11.<strong>2014</strong> 1. Medica Physio Conference Düsseldorf www.medica.de/mpc1<br />
15.11.<strong>2014</strong> 11. Herbstsymposium der AG Vojta im Deutschen Verband für Physiotherapie (ZVK) e.V. Braunschweig<br />
15.11.<strong>2014</strong> Clinical Research Forum Valens (CH)<br />
www.<strong>physio</strong>therapie-wissenschaften.ch<br />
17.11.–18.11.<strong>2014</strong> Betriebliches Gesundheitsmanagement 2015 Köln<br />
www.gesundheitsmanagementkonferenz.de/<br />
21.11.<strong>2014</strong> Berufseinsteigerforum Physio Deutschland 3… 2… 1… Examen! Und dann? Ulm<br />
21.11.<strong>2014</strong> 6. APOLLON Symposium Gesundheit in Unternehmen Bremen symposium.apollon-hochschule.de/<br />
21.11.–22.11.<strong>2014</strong> 6th International Hip Arthroscopy Meeting München www.hipmeeting.de<br />
21.11.–22.11.<strong>2014</strong> Jahreskongress der Deutschen Kniegesellschaft – Komplexe Kniechirurgie Berlin www.knie-komplex.de<br />
28.11.<strong>2014</strong> Empowerment für die Promotion in den Gesundheitsfachberufen Berlin www.hochges.de<br />
Dezember<br />
03.12.–05.12.<strong>2014</strong> 14. Kongress der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin Hamburg www.divi<strong>2014</strong>.de<br />
03.12.–06.12.<strong>2014</strong> 30. Nürnberger Arthroskopiekurs und Gelenksymposium Nürnberg www.arthroskopiekurs-nuernberg.de<br />
04.12.–06.12.<strong>2014</strong><br />
5. Gemeinsame Jahrestagung der Dt. Gesellschaft f. Neurorehabilitation e.V. (DGNR),<br />
Dt. Gesellschaft f. Neurotraumatologie und Klinische Neurorehabilitation e.V. (DGNKN) <strong>2014</strong><br />
Singen www.dgnr-dgnkn-tagung.de<br />
04.12.–06.12.<strong>2014</strong> 22. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin e.V. Köln www.dgsm-kongress.de<br />
05.12.–07.12.<strong>2014</strong> Osteopathie-Kongress <strong>2014</strong> »Fluida und Osteopathie« Berlin<br />
09.12.<strong>2014</strong> 10. Bundeskongress Deutsche Gesellschaft für Integrierte Versorgung Berlin www.dgiv.org/<br />
11.12.–13.12.<strong>2014</strong> 9. Jahrestagung der Deutschen Wirbelsäulengesellschaft Leipzig www.dwg-kongress.de<br />
16.12.–18.12.<strong>2014</strong> Health Technology Assessments Krems (A)<br />
Januar 2015<br />
13.01.–14.01.2015 Vernetzte Gesundheit Kiel www.vernetzte-gesundheit.de<br />
29.01.–31.01.2015 Arbeitstagung NeuroIntensivMedizin – ANIM 2015 Berlin http://www.anim.de<br />
30.01.–01.02.2015 MEDIZIN TheraPro und 9. Physiokongress Stuttgart www.messe-stuttgart.de/therapro/<br />
Februar 2015<br />
05.02.–08.02.2015 ISPO München munich.ispo.com/de/<br />
18.02.–20.02.2015 Symposium Intensivmedizin + Intensivpflege Bremen www.intensivmed.de<br />
26.02.–27.02.2015<br />
Forschungstagung »Forschung und Entwicklung in den Gesundheitsheitsfachberufen –<br />
Stand und Perspektiven«<br />
Kiel<br />
26.02.–28.02.2015 Endoprothetik 2015 Berlin www.endokongress.de<br />
26.02.–28.02.2015 18. Symposium Frühförderung Halle (Saale) www.fruehfoerderung-viff.de<br />
27.02.–28.02.2015 7. Orthopädie – Unfallchirurgie – Update – Seminar Mainz www.ortho-trauma-update.com<br />
27.02.–01.03.2015 Bundeskongress Chirurgie Nürnberg www.bundeskongress-chirurgie.de<br />
März 2015<br />
12.03.–14.03.2015 Kongress Osteologie der Deutschen Gesellschaft für Osteologie Berlin www.osteologie15.de<br />
13.03.–14.03.2015 EbM-Kongress Berlin www.ebm-kongress.de<br />
19.03.–21.03.2015 9. Kongress »Bewegte Kindheit« Osnabrück www.bewegtekindheit.de<br />
19.03.–21.03.2015 Therapie Leipzig Leipzig www.therapie-leipzig.de<br />
20.03.–21.03.2015 21. Jahrestagung der Deutschen Assoziation für Fuß- und Sprunggelenk Bayreuth www.fusskongress.de<br />
Quellen Veranstaltungskalender:<br />
- AWMF – Kongresskalender, AWMF online Das Portal der wissenschaftlichen Medizin, www.awmf.org/service/kongresskalender.html<br />
- Deutsches Netzwerk Evidenzbasierte Medizin e.V., www.ebm-netzwerk.de/ebm-events/kalender<br />
- Kongresskalender Via medici online, Thieme Verlag, www.thieme.de/viamedici/kongresse-kongresskalender-1665.htm<br />
- Physio Deutschland Deutscher Verband für Physiotherapie (ZVK) e.V., www.<strong>physio</strong>-deutschland.de/bundesverband/<br />
fachkreise/veranstaltungen.html<br />
- Conventus Congressmanagement & Marketing GmbH, www.conventus.de/veranstaltungen/<br />
- PT – Portal für Physiotherapeuten, www.<strong>physio</strong>therapeuten.de/termine/<br />
- Thieme.de Themenwelten Physiotherapie, Thieme Verlag, www.thieme.de/de/<strong>physio</strong>therapie/<strong>physio</strong>termine-30453.htm<br />
<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 55
AUSBLICK<br />
<strong>physio</strong><br />
<strong>Journal</strong><br />
DAS ERWARTET EUCH<br />
IN DER 6. AUSGABE<br />
TITELTHEMA: MANUELLE LYMPHDRAINAGE<br />
Artikel:<br />
Inhalt:<br />
Hintergründe zur Lymphdrainage<br />
Anatomie und Physiologie des Lymphsystems<br />
Artikel:<br />
Inhalt:<br />
Interview mit einem Fachlehrer für Lymphologie<br />
Erfahrungen eines Lymphdrainagetherapeuten<br />
Artikel:<br />
Inhalt:<br />
Brainturbo – Goodbye Gedächtnislücken<br />
Lernen mit Musik<br />
Artikel:<br />
Inhalt:<br />
Diagnostik: Auskultation<br />
Wirkungsweisen und Anwendungsmöglichkeiten der Auskultation<br />
Artikel:<br />
Inhalt:<br />
Wissenschaftliche Arbeit: Geriatrische Assessments<br />
Nutzen geriatrischer Assessments für die interdisziplinäre<br />
Behandlungsplanung<br />
Weiteres:<br />
Muskelplakat<br />
Fallbeispiele<br />
Prüfungsfragen<br />
Veranstaltungskalender<br />
… und vieles mehr<br />
56 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>
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