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Papst Benedikt XVI. - Kath.de

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Augustinus, Epist.187, c.11, n.34 (PL 33,845).<br />

R. Guardini, Religion und Offenbarung I. Würzburg 1958, 227f.<br />

J. Ratzinger, Glaube - Wahrheit - Toleranz, 73.<br />

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unsere Geschichte hineingestellt - aber es sind Taten einer göttlichen Person. In je<strong>de</strong>r<br />

von ihnen macht Gott sich menschlich sichtbar und faßbar. Den Sinn <strong>de</strong>s Lebens<br />

Jesu Christi fassen heißt unmittelbar eindringen in die göttliche Wirklichkeit. »Wie<br />

kannst du sagen: Zeige uns <strong>de</strong>n Vater? Philippus, wer mich sieht, sieht <strong>de</strong>n Vater«<br />

(vgl. Joh 14,9). Das Leben Jesu ist das Mysterium schlechthin, so daß es bei Augustinus<br />

heißt: »Non est aliud Dei mysterium nisi Christus. - Es gibt kein an<strong>de</strong>res<br />

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Mysterium Gottes als Christus« , ja, es gibt kein größeres Mysterium Gottes als das<br />

Leben Christi selbst.<br />

Je<strong>de</strong> Darlegung <strong>de</strong>r Liturgie hat bei <strong>de</strong>r Heiligen Schrift und <strong>de</strong>r Offenbarung in<br />

Christus anzusetzen. Der christliche Glaube ist kein Produkt einer inneren Erfahrung,<br />

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son<strong>de</strong>rn Ereignis, das von außen auf uns zutritt. Das gilt schon für die Grundinhalte<br />

<strong>de</strong>s Glaubens, beson<strong>de</strong>rs <strong>de</strong>r Offenbarung: »Trinität ist nicht Gegenstand unserer<br />

Erfahrung, son<strong>de</strong>rn etwas, was von außen gesagt wer<strong>de</strong>n muß, als ‘Offenbarung’ von<br />

außen her an mich herantritt. Das gleiche gilt von <strong>de</strong>r Menschwerdung <strong>de</strong>s Wortes,<br />

die eben ein Ereignis ist und nicht in innerer Erfahrung gefun<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n kann. Dieses<br />

Zukommen von außen ist für <strong>de</strong>n Menschen skandalös, <strong>de</strong>r nach Autarkie und Auto-<br />

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nomie strebt« .<br />

2. Primat <strong>de</strong>s Logos vor <strong>de</strong>m Ethos<br />

Gott befreit <strong>de</strong>n Menschen nicht nur von aller Sün<strong>de</strong> und heiligt ihn mit seiner Gna<strong>de</strong>,<br />

er läßt ihn auch einen Blick in sein verborgenes Wesen tun, das selbst <strong>de</strong>n Engeln unbekannt<br />

bleibt. Als Gott seinen Sohn am Kreuz für die Menschen dahingibt, läßt er in<br />

<strong>de</strong>r Offenbarung seines dreifaltigen Wesens zugleich einen Strahl seines Lichtes, in<br />

<strong>de</strong>m er selbst wohnt, in das Leben <strong>de</strong>r Menschen dringen. Somit gilt im Glauben und<br />

in <strong>de</strong>r Theologie <strong>de</strong>r Primat <strong>de</strong>s Logos vor <strong>de</strong>m Ethos.<br />

Wird <strong>de</strong>r Glaube unter <strong>de</strong>m Primat <strong>de</strong>s Logos verstan<strong>de</strong>n, ergibt sich eine wichtige<br />

Korrektur im Verständnis <strong>de</strong>ssen, worin die einzigartige Be<strong>de</strong>utung Jesu zu sehen ist.<br />

Die Frage, wer Jesus sei, reduziert sich heute zuweilen nur noch auf die Frage, woher<br />

er <strong>de</strong>nn sei. Es ist jedoch ein voreiliges, ja falsches Verständnis von Historie, zu<br />

glauben, man habe einen Sachverhalt erfaßt, wenn sein Entstehungsprozeß geklärt<br />

ist. Für das Johannes-Evangelium läßt sich Jesus nicht durch Rückführung auf<br />

Historie erkennen, son<strong>de</strong>rn nur durch <strong>de</strong>n Geist, also nur durch sich selbst.<br />

Christliche Moral ist mehr als Ethik; sie ist Ausdruck <strong>de</strong>r seinshaften Verwurzelung in<br />

Christus. Der Menschensohn eröffnet <strong>de</strong>m Menschen nicht nur eine neue Verhaltensweise;<br />

das Leben in Christus geht über eine Gesinnungsnachfolge hinaus, es entfaltet<br />

sich als eine neue Weise <strong>de</strong>r Begegnung mit <strong>de</strong>m Sein Gottes. »Für uns ist Christus«,<br />

schreibt Nikolaus Kabasilas, »nicht mehr bloß ein Vorbild, das wir nachahmen sollen,

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