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Anwendungen von analytischen Schnelltests im Chemiepraktikum

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<strong>Anwendungen</strong> <strong>von</strong> <strong>analytischen</strong> <strong>Schnelltests</strong><br />

<strong>im</strong> <strong>Chemiepraktikum</strong><br />

M. Gittel, S. Schauer, V. Wiskamp*, Darmstadt<br />

Zusammenfassung<br />

Analytische Schnelltest können <strong>im</strong> <strong>Chemiepraktikum</strong> dazu eingesetzt werden, um<br />

Reaktionsabläufe zu verfolgen, anfallende Abfälle auf ihren Schadstoff- und Mutterlaugen auf<br />

ihren Gehalt an wiederverwendbaren Wertstoffen hin zu untersuchen, wodurch die<br />

Ausbildung um ein neues Element der Analytischen Chemie bereichert wird.<br />

1. Einleitung<br />

Analytische <strong>Schnelltests</strong> sind aus modernen Laboratorien nicht mehr fortzudenken. Beispiele<br />

für Einsatzmöglichkeiten <strong>im</strong> Vorfeld der instrumentellen und Umweltanalytik wurden z.B.<br />

<strong>von</strong> Meyer und Kelling vorgestellt [1]. Ziel der Chemieausbildung sollte es daher sein,<br />

angehende Chemiker frühzeitig mit den Testverfahren vertraut zu machen, diese <strong>im</strong><br />

Praktikum zu nutzen und damit erzielte Ergebnisse mit anderen nasschemischen oder<br />

instrumentell-<strong>analytischen</strong> Verfahren zu überprüfen, um die Auszubildenden <strong>von</strong> der<br />

Leistungsfähigkeit der <strong>Schnelltests</strong> zu überzeugen. Um diesen den Black-Box-Charakter zu<br />

nehmen, sollten zumindest einige der den Tests zugrunde liegenden Reaktionen beleuchtet<br />

und mit anderen den Studenten aus dem Praktikum bekannten Nachweisreaktionen verglichen<br />

werden.<br />

An der Fachhochschule Darmstadt werden seit einiger Zeit Schnelltestverfahren in den<br />

Praktika benutzt. Die erzielten Ergebnisse sind zufriedenstellend, und die Akzeptanz der<br />

Testverfahren durch die Studierenden ist groß. Im folgenden werden Anwendungsbeispiele<br />

diskutiert.<br />

2. Schnelle Kontrolle <strong>von</strong> Reaktionsabläufen<br />

Gleich in ihrem ersten Versuch verwenden die Studenten Teststäbchen zur Kontrolle der<br />

Wasserhärte. Sie erproben verschiedene Methoden der Enthärtung <strong>von</strong> Leitungswasser<br />

(Erhitzen zur Beseitigung der temporären Härte, Kalkfällung mit Soda, Ionenaustausch<br />

mittels Zeolith A oder eines <strong>im</strong>inodiacetatgruppenhaltigen Polystyrenharzes) und best<strong>im</strong>men<br />

die Resthärte in den Filtraten [2]. Pr<strong>im</strong>äres Lernziel ist die Wasserbehandlung und nicht die -<br />

analytik, so dass es hier vollkommen ausreicht, wenn die Studenten mittels der besonders<br />

einfach zu handhabenden Teststreifen schnell zu aussagekräftigen Ergebnissen gelangen,<br />

zumal sie <strong>im</strong> späteren Quantitativen Praktikum sowieso noch die komplexometrische<br />

Best<strong>im</strong>mung der Wasserhärte kennen lernen.<br />

Im Fortgeschrittenenpraktikum führen die Studierenden weitere <strong>Schnelltests</strong> durch. Bei einem<br />

Versuch zur TiO 2 -katalysierten Zersetzung des Modellabwasserinhaltsstoffes p-<br />

Toluensulfonsäure verfolgen sie den Fortgang der Mineralisierung in Abhängigkeit <strong>von</strong> der<br />

Bestrahlungsdauer, indem sie dem Fotoreaktor Proben entnehmen und mit dem Merckoquant<br />

CSB-Test 14541 (fotometrische Best<strong>im</strong>mung) die Abnahme des Chemischen<br />

Sauerstoffbedarfs und parallel dazu mit dem Merck-Mikroquant Sulfattest 14789<br />

(Drehscheiben-Komparator) die Zunahme des Sulfatgehalts der Reaktionslösung messen [3].


2<br />

Die dem Test zugrunde liegenden Reaktionen sind den Studenten grundsätzlich bekannt. Die<br />

<strong>im</strong> CSB-Test verwendete Chromsäure kennen sie schon <strong>von</strong> anderen Oxidationsreaktionen in<br />

der organischen und anorganischen Chemie. Be<strong>im</strong> Sulfattest reagieren die in der Probe<br />

vorliegenden Sulfationen mit Bariumiodat unter Bildung <strong>von</strong> BaSO 4 (klassische<br />

Nachweisreaktion für Sulfat) und einer entsprechenden Menge Iodat. Dieses geht mit der <strong>im</strong><br />

Testsystem außerdem vorhandenen Gerbsäure Tannin einen braunroten Farbkomplex ein. Je<br />

mehr Sulfat vorliegt, desto intensiver ist die Farbe, was für eine quantitative Interpretation<br />

ausgenutzt werden kann.<br />

3. Abwasserkontrolle<br />

Wenn Versuche mit Chlor durchgeführt werden, z.B. bei der Synthese <strong>von</strong> SnCl 4 aus den<br />

Elementen oder <strong>von</strong> Ammoniumhexachloroplumbat aus PbCl 2 , NH 4 Cl und Cl 2 [4], wird<br />

überschüssiges Chlor in Natronlauge aufgefangen, um Emissionen des Giftgases in die Luft<br />

zu vermeiden. Das dabei gebildete Hypochlorit wird mit H 2 O 2 reduktiv zerstört. Bevor das<br />

Abwasser in den Ausguss geschüttet wird, wird vorsichtshalber mit dem Merckoquant<br />

Chlortest 10043 überprüft, ob die Entgiftung wirklich vollständig verlaufen ist. Be<strong>im</strong> Test<br />

darf also kein Hypochlorit mehr angezeigt werden!<br />

Ähnlich vorgegangen wird mit einem formaldehydhaltigen Abwasser, das be<strong>im</strong><br />

Silberrecycling [5] anfällt: Silberionen werden <strong>im</strong> alkalischen Medium mittels Formaldehyd<br />

zu elementarem Silber reduziert, welches ausflockt und abfiltriert wird. Das noch<br />

formaldehydhaltige Filtrat wird mit H 2 O 2 nachbehandelt. Nach Verkochen des<br />

überschüssigen Wasserstoffperoxids wird mit einem Merck Teststäbchen 10036 überprüft, ob<br />

der Aldehyd vollständig oxidiert wurde. Nur wenn der Test auf HCHO negativ verläuft, darf<br />

das Wasser in den Ausguss geschüttet werden!<br />

Da die Studenten aus der OC-Vorlesung wissen, dass Formaldehyd eine besonders<br />

kondensationsfreudige Substanz ist, werden Sie die Funktionsweise des Tests nachvollziehen<br />

können, der auf der Kondensation <strong>von</strong> HCHO mit einem Hydrazin-Derivat (4-Amino-3-<br />

hydraziono-5-mercapto-1,2,3-triazol) beruht und ein Produkt liefert, das durch<br />

Lufteinwirkung zu einem purpurfarbenen Tetrazin abreagiert.<br />

Ein weiteres Abwasser resultiert aus der Synthese <strong>von</strong> CoAl 2 O 4 . Das Blaupigment wird durch<br />

gemeinsames Erhitzen <strong>von</strong> Aluminium- und Cobalt-Verbindungen hergestellt und nach dem<br />

Abkühlen mit verdünnter Salzsäure ausgekocht, um die <strong>im</strong> Überschuss verwendete<br />

Aluminiumverbindung auszuwaschen. Ob dabei auch giftige Cobaltionen ausgewaschen<br />

werden, wird mit Merck Cobalt-Teststäbchen 10002 geprüft. In der Regel wird durch eine<br />

mehr oder weniger tiefe Blaufärbung (Bildung des Komplexes [Co(SCN) 4 ] 2- , der aus einem<br />

anderen Versuch zur Cobaltchemie <strong>im</strong> Praktikum bereits bekannt ist) ein Cobaltgehalt <strong>von</strong><br />

10-50 ppm angezeigt, so dass die Waschsäure nicht einfach weggeschüttet werden darf. Sie<br />

muss vielmehr durch Ausfällen und Abfiltrieren <strong>von</strong> Co(OH) 2 nachbehandelt werden.<br />

Als letztes Beispiel sei die Kontrolle der Entgiftung eines nitrithaltigen Abwassers erwähnt.<br />

Die Studenten messen den Nitritgehalt mit dem Merckoquant Test 10007. Dann setzen sie<br />

dem Wasser H 2 O 2 zu, zerstören anschließend das überschüssige Oxidationsmittel durch<br />

Zugabe <strong>von</strong> etwas Braunstein, filtrieren, prüfen das Filtrat auf Nitritfreiheit und messen<br />

außerdem mit dem Merckoquant Nitrattest 10020, dass die der ursprünglichen Nitritentsprechende<br />

Nitratmenge entstanden ist. Dies belegt, dass das hochgiftige Nitrit in der Tat<br />

quantitativ in das mindergiftige Nitrat übergeführt wurde, so daß das Wasser verworfen<br />

werden darf.<br />

Der Nitrittest basiert auf der Diazoniumsalzbildung zwischen Nitrit und einem aromatischen<br />

Amin und anschließender Azokupplung mit N-[Naphthyl-(1)]-ethylendiamin zu einem<br />

Farbstoff, die den Studenten aus der Qualitativen Analyse in ähnlicher Form als Lunge-Test


3<br />

bekannt ist. Be<strong>im</strong> Nitrattests wird das Nitrat zunächst durch ein <strong>im</strong> Teststreifen enthaltenes<br />

Reduktionsmittel zu Nitrit reduziert, das dann die oben beschriebene Folgereaktion eingeht.<br />

Die vier Beispiele belegen, dass <strong>Schnelltests</strong> wichtige Entscheidungshilfen dafür sein können,<br />

wie mit einem Abwasser verantwortungsbewusst umgegangen werden muß.<br />

4. Ein Schnelltest <strong>im</strong> Vorfeld der Synthesechemie<br />

Im Grundpraktikum wird mit ZnCo 2 O 4 ein weiterer Spinell hergestellt. Die Edukte dafür sind<br />

CoCl 2 und ZnCO 3 . Die letzte Verbindung wird mittels Soda aus Resten <strong>von</strong> Clemmensen-<br />

Reduktionen, die zum Standardprogramm des Organischen Praktikum gehören, ausgefällt.<br />

Durch diese Vorgehensweise werden die dort anfallenden Reste durch Weiterverwendung<br />

sinnvoll entsorgt. Den Studenten, die <strong>im</strong> AC-Praktikum die Grünpigmentsynthese<br />

durchführen sollen, ist der Zinkgehalt der bereitstehenden Lösung aber nicht bekannt. Sie<br />

ermitteln ihn mit dem Merck Microquant Zinktest 14780 und berechnen danach die Menge an<br />

Lösung, die ihnen die nötige Stoffmenge Zink liefert.<br />

Das Analysenergebnis ist recht zuverlässig. Exemplarisch wurde eine Zinkrestlösung einmal<br />

gleichzeitig mit dem Schnelltest und durch komplexometrische Titration mit EDTA-<br />

Maßlösung untersucht. Nach dem Schnelltest betrug der Zinkgehalt der Lösung 7.0 g/l, nach<br />

der Titration 6.1 g/l.<br />

5. <strong>Schnelltests</strong> <strong>im</strong> Vorfeld der Wiedergewinnung <strong>von</strong> Ausgangschemikalien<br />

Zwecks Abfallvermeidung ist es üblich, Versuchsreste auf gängige Ausgangschemikalien<br />

aufzubereiten (vgl. [6]). In der Regel werden die <strong>im</strong> Praktikum anfallenden<br />

Metallsalzlösungen über einen längeren Zeitraum gesammelt und erst bearbeitet, wenn eine<br />

ausreichend große Menge zusammengekommen ist. Der Metallgehalt eines Restes ist nicht<br />

bekannt. Sinnvoll ist es daher, ihn mit einem Schnelltest zumindest halbquantitativ zu<br />

best<strong>im</strong>men, um hochrechnen zu können, wie viel Wertstoff überhaupt isoliert werden kann,<br />

und um die anstehenden Arbeitsschritte in Hinblick auf Zeitbedarf und benötigte Geräte<br />

vernünftig planen zu können.<br />

Mutterlaugen der Kalialaunkristallisation werden mit dem Merckoquant-Test 10015 auf ihren<br />

Aluminiumgehalt hin untersucht. Der Test basiert auf der Bildung eines Farblacks, die den<br />

Studenten in ähnlicher Weise vom Aluminiumnachweis mit Alizarin S aus der Qualitativen<br />

Analyse bekannt ist. Der Test ist zwar nicht sehr genau, da der Aluminiumgehalt nur auf etwa<br />

± 100 ppm abgelesen werden kann, doch reicht die gefundene Größenordnung des<br />

Metallgehalts, die einmal komplexometrisch bestätigt wurde, vollkommen aus, um die Menge<br />

Ammoniak für die Al(OH) 3 -Fällung, das Fassungsvermögen der Nutsche für die folgende<br />

Absaugung und die Menge Schwefelsäure für das Lösen des Hydroxids zum<br />

wiederverwertbaren Sulfat abzuschätzen.<br />

Im Quantitativen Praktikum wird Kupfer fotometrisch als Tetramminkomplex best<strong>im</strong>mt. Die<br />

Reste werden mit Schwefelsäure angesäuert, um Ammoniakausdampfungen zu vermeiden,<br />

und erst aufgearbeitet, wenn mindestens 4 Liter zusammengekommen sind. Durch Zugabe<br />

<strong>von</strong> Eisen wird das Kupfer zementiert und kann an anderer Stelle <strong>im</strong> Praktikum weiterbenutzt<br />

werden. Das kupferfreie Filtrat wird verworfen [7]. Günstig ist es, eine bezogen auf die zu<br />

erwartende Masse Kupfer doppelte Masse Eisen einzuwiegen. Dies kann geschehen, wenn der<br />

Kupfergehalt des aufzuarbeitenden Restes bekannt ist. Seine Best<strong>im</strong>mung erfolgt über den<br />

Merckoquant-Test 10003, wobei das zweiwertige Kupfer durch ein <strong>im</strong> Teststreifen<br />

vorliegendes Reduktionsmittel zunächst zum einwertigen reduziert wird, welches dann mit<br />

2,2’-Bichinolin einen purpurroten Komplex bildet. Die chemischen Grundlagen des Tests<br />

sind für die Studierenden verständlich, da die Komplex- und Redoxchemie des Kupfers<br />

sowieso Lernstoff des Praktikums ist. (Ein Schnelltestergebnis wurde einmal durch<br />

komplexometrische Kupferbest<strong>im</strong>mung überprüft und erwies sich als zuverlässig).


4<br />

Als letztes Beispiel sei erwähnt, dass <strong>im</strong> Darmstädter Praktikum wässrige Chromreste aus<br />

Jones-Oxidationen in wiederverwertbares Kaliumdichromat rückverwandelt werden (Fällen<br />

<strong>von</strong> Cr(OH) 3 , Oxidation <strong>im</strong> alkalischen Medium mit H 2 O 2 zu K 2 CrO 4 , Ansäuern mit H 2 SO 4<br />

und Kristallisation <strong>von</strong> K 2 Cr 2 O 7 ; vgl.[6]). Genau wie bei dem zuvor geschilderten<br />

Recyclingversuch ist es hier für eine sorgfältige Syntheseplanung günstig, vorab den<br />

Chromgehalt der Ausgangslösung zu best<strong>im</strong>men. Dies geschieht mit dem Merckoquant<br />

Chromattest 10012 nach vorheriger Oxidation des vorliegenden dreiwertigen Chroms mittels<br />

Wasserstoffperoxid. (Eine iodometrische Chrombest<strong>im</strong>mung bestätigte die Genauigkeit des<br />

Schnelltestergebnisses). .<br />

Literatur<br />

[1] MEYER, A., KELLING, A.: Chem. Lab. Biotechn., 45, 367-369 und 414-417 (1994)<br />

[2] CREVAR, K., HANSEN, K., WISKAMP, V.: Chem. Schule, 41, 329-330 (1994)<br />

[3] FISCHER, P., HÜTTENHAIN, S., KRAMB, V., WISKAMP, V.: Ch<strong>im</strong>ia, 48, (1994), <strong>im</strong><br />

Druck<br />

[4] WISKAMP, V.: Chem. Lab. Biotechn. (Beilage Memory), 45, 17-20 und 27-30 (1994)<br />

[5] KRAMB, V., NICKEL, A., WISKAMP, V.: Chemkon, <strong>im</strong> Druck<br />

[6] BAUER, R., GITTEL, M., LUKAS, A., SCHNEIDER, D., WENZEL, V., WISKAMP,<br />

V.: Chem. Lab. Biotechn. (Beilage Memory), 44, 73-75 und 90-91 (1993)<br />

[7] KONNO, T., OKAMOTO, K., KRAMB, V., LIMA, P., MOREL, X., WISKAMP, V.:<br />

Chem. Lab. Biotechn. (Beilag Memory), 45, 53-54 (1994)<br />

Firmenschrift<br />

E. Merck: Schnelltest-Handbuch

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