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Prof. Dr. rer. nat. Volker Wiskamp - Hochschule Darmstadt

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Chemie − nicht erst ab Klasse 8Projekte im „Jahr der Chemie“<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. <strong>rer</strong>. <strong>nat</strong>. <strong>Volker</strong> <strong>Wiskamp</strong> (Impressum)Fb. Chemie- und Biotechnologie der FH <strong>Darmstadt</strong>, Hochschulstr. 2, D-64289 <strong>Darmstadt</strong>1. EinleitungChemie-Fachbereiche von Fachhochschulen und <strong>Hochschule</strong>n sowie Chemie-Firmentreten gerne an Oberstufen-Schülerinnen und Schüler, vor allen aus Chemie-Leistungskursen,heran, um Werbung für ihre Ausbildung zu machen und attraktive Berufsperspektivenaufzuzeigen. Dies ist sinnvoll, reicht aber nicht aus, um langfristig ein nachhaltiges Interessean <strong>nat</strong>urwissenschaftlich-technischen Fragen bei jungen Menschen, den zukünftigenLeistungsträgern unse<strong>rer</strong> Gesellschaft, zu wecken. Dies muss viel früher geschehen,beginnend mit spielerischen <strong>nat</strong>urwissenschaftlichen Experimenten im Kindergarten und danngemächlich, aber kontinuierlich aufbauend durch verstärkten Sachunterricht in derGrundschule, durch Themenwochen, auch außerhalb der Schule, sowie durch<strong>nat</strong>urwissenschaftliche Arbeitsgemeinschaften in der gymnasialen Unterstufe, bis in derMittelstufe der reguläre Fachunterricht einsetzt.2. Naturwissenschaftliche Experimente im KindergartenKinder sind die geborenen Wissenschaftler. Sie sind unvoreingenommen,experimentierfreudig, wollen alles wissen und hinterfragen alles. Man würde nur kreativesPotential vergeuden, wenn man nicht schon Kinder mit den Naturwissenschaftenkonfrontieren würde, selbstverständlich, in dem man sie eigenhändig experimentieren lässt.G. Lück hatte bereits Mitte der 90er Jahre gezeigt, wie gut einfache chemischeExperimente im Kindergarten ankommen und wie groß das Erinnerungsvermögen der Kinderan das Erlebte selbst nach länge<strong>rer</strong> Zeit noch war [1]. Ich fand die Arbeiten von Frau Lückschon damals hoch interessant, hatte aber erst 2002 die Gelegenheit, sie selbst aufzugreifen,und zwar als mein Sohn in den Kindergarten kam. Ich führte in seiner Gruppe einigeExperimentiereinheiten durch, und schnell entwickelte sich aus der anfänglichen Eltern-Initiative ein großes Projekt. Die Ergebnisse wurden in einem fachdidaktischen Journalpubliziert [2].Der Arbeitskreis Fort- und Weiterbildung des Elisabethenstiftes in <strong>Darmstadt</strong>interessierte sich dafür und lud mich ein, einen halbtägigen Workshop„Naturwissenschaftliche Experimente im Kindergarten“ für Erzieherinnen anzubieten.Aufgrund der großen Resonanz fand ein weite<strong>rer</strong>, dreitägiger Workshop stattfand [3]. Dieserwurde zusätzlich von der Firma Merck bezuschusst. Der Konzern finanzierte für jede der 18Teilnehmerinnen eine Experimentier-Grundausstattung im Wert von 120 Euro, welche dieUmsetzung der von mir vorgestellten Versuche erleichtern sollte. Der Kurs wird 2004wiederholt. Schließlich führte ich in der Fachschule für Sozialpädagogische Berufe imElisabethenstift einen Wahlpflichtkurs „Naturwissenschaftliches Experimentieren“ fürangehende Erzieherinnen und Erzieher, die sich noch in der Ausbildung befanden, durch.Inzwischen habe ich einen physikalisch-chemischen Bildungskanon für denElementarbereich unsres Bildungssystems vorgeschlagen [4].


23. Experimentier-Arbeitsgemeinschaften im KinderhortDer Einstieg der Firma Merck in das Projekt ergab sich aus einer Weiterentwicklungunse<strong>rer</strong> bestehenden Bildungspartnerschaft. Wir hatten nämlich gerade zusammen mitunserem dritten Partner, der Lichtenbergschule in <strong>Darmstadt</strong>, einen Beitrag „ChemischeBildung im <strong>Dr</strong>eieck Schule/Fachhochschule/Industrie“ beim Innovationswettbewerb desHessischen Unternehmerverbandes eingereicht [5] und damit den dritten Preis erzielt. Nunwollten wir die Zusammenarbeit auf einem anderen Gebiet fortsetzen.Die Kindergarten-Aktivitäten übertrugen wir auf den Hort-Bereich der firmeneigenenKindertagesstätte. Den Schulkindern, die dort nachmittags hingehen, boten wir ein<strong>nat</strong>urwissenschaftliches Kreativ-Programm an. Ich schrieb das Konzept für eineArbeitsgemeinschaft „Umweltbildung durch <strong>nat</strong>urwissenschaftliche Experimente“ (10einstündige Einheiten). Die durchweg positiven Ergebnisse, − Begeisterung und Interesse derKinder, Akzeptanz von Seiten ih<strong>rer</strong> Eltern, zunehmende Freude der Erzieherinnen an derneuen Tätigkeit, verbunden mit der Überzeugung, dass diese sinnvoll ist −, wurden publiziert[6] und auf einer Fortbildungsveranstaltung für Hort-Erzieherinnen vorgestellt.Vier weitere Skripten „Chemische Stoffe im Schulranzen“, „Sonne, Wind, Blitz undRegen − und die Naturwissenschaften“, „Elementar-Physik“ sowie „Naturwissenschaft undSchöpfung“ wurden von mir verfasst und erprobt [7].4. Stärkung des Sachunterrichtes in der GrundschuleDie Hort-Arbeitsgemeinschaften bildeten die thematischen Grundlagen fürFortbildungsveranstaltungen für Grundschulleh<strong>rer</strong>innen und -leh<strong>rer</strong>, womit dasSchulförderprogramm von mir und der Firma Merck erheblich erweitert wurde. Die Pilot-Schule war die Elly-Heuss-Knapp-Grundschule, deren Leh<strong>rer</strong>innen und Leh<strong>rer</strong> von mirgeschult wurden (fachdidaktische Konferenzen sowie Beratung meinerseits bei einzelnenUnterrichtstunden) und die von der Firma Merck mit den nötigen Geräten, Chemikalien undLehrmaterialien (Basis-Set für knapp 1000 Euro) versorgt wurden.Gespräche mit weiteren Grundschulen, die an einer <strong>nat</strong>urwissenschaftlichen<strong>Prof</strong>ilbildung und einer Bildungspartnerschaft mit Merck und der FHD interessiert sind,werden zur Zeit geführt.5. Naturwissenschaftliches Propädeutikum am GymnasiumAn hessischen Gymnasien gibt es ab der Klasse 5 den Biologie-Unterricht. DerPhysik-Unterricht beginnt erst in der Klasse 7, der Chemie-Unterricht sogar erst in der Klasse8. Damit die von den Schülern in der Grundschule bereits gemachten Erfahrungen mit denbeiden Fächern in der Zwischenzeit nicht in Vergessenheit geraten, wurde am Lichtenberg-Gymnasium ein <strong>nat</strong>urwissenschaftliches Propädeutikum entwickelt [8]. Fünftklässler könneneine 15 × 80minütige Arbeitsgemeinschaft wählen, in der sie je 5 Experimentiereinheiten zurChemie, Physik und Informatik durchlaufen. Sie lernen in den Kursen (der Chemie-Kurswurde von mir konzipiert und geleitet), worum es in den einzelnen Fächern geht (Chemie: dieWissenschaft der Stoffe), und sie lernen die wissenschaftliche Methodik kennen, wie man vonder Hypothese über das Experiment zum Erkenntnisgewinn kommt und diesen dokumentiert.In der Klasse 6 wurde das Propädeutikum fortgesetzt. Im Chemie-Teil standen vor allen


3Arbeitstechniken (Destillation, Filtration etc.) auf dem Programm. Die bisherige hoheAkzeptanz der Kurse wird sehr wahrscheinlich dazu führen, dass sie auch in Zukunftangeboten werden.6. Biochemie für hoch begabte UnterstufenschülerFür hoch begabte Schüler der Klassen 5-6 wurde ein Biochemie-Kurs konzipiert,womit ein Thema gewählt wurde, das wegen seiner Komplexität und seines hohenSchwierigkeitsgrades im normalen Schulcurriculum erst am Ende der gymnasialen Oberstufeauftaucht. Wie in anderen Kursen, die ich für hochbegabte Jugendliche entwickelt habe, ginges um die Frage „Was ist Chemie überhaupt?“, die anhand von Experimenten mit Bezug zurBiologie beantwortet wurde [9].7. Naturwissenschaften im KindersommerChemie in die Freizeit von Grundschul- und Unterstufenkinder einzubringen, gelingtz.B. mit den berühmten Kosmos-Chemie-Baukästen, die im Spielzeughandel erhältlich sind.Unter fachdidaktischen Gesichtspunkten sind die Experimentiersets hervorragend, allerdingsnur, solange sich die jungen Forscher an die Begleithefte halten. Doch zu häufig wird dasgeleitete, kindergerechte Forschen zum unkontrollierten „Böller-Bauen“ − und damitgefährlich! Ich hatte die Gelegenheit, <strong>nat</strong>urwissenschaftliche Experimente auf andere Weisezur Freizeit-Aktivität von 7-12Jährigen zu machen, und zwar im Rahmen des von einigenevangelischen Gemeinden in <strong>Darmstadt</strong> veranstalteten Kindersommers. An demzweiwöchigen Programm in den Sommerferien nehmen seit Jahren im Schnitt 100 Kinder teil.Im Sommer 2002 lautete das Kurs-Thema: „Erde, Luft, Wasser, Feuer − megastarkesAbenteuer“. Ich war mit zwei Experimentiereinheiten dabei, und es machte den Kindersichtbaren Spaß, die vielseitigen Eigenschaften der Chemikalie Wasser zu erforschen bzw.unter fachkundiger Anleitung Verbrennungsreaktionen und Flammenfärbungendurchzuführen. 2003 lautete das Motto der Kindersommers „Es war einmal ... Entdecke<strong>rer</strong>forschen Geheimnisvolles“. Hier begannen meine Kurse mit Märchen, die mit chemischenExperimenten gedeutet wurde. Das Märchen vom „Müllröschen“ beispielsweise führte denKinder die Verantwortung des Chemikers für die Umwelt und die Bewahrung der Schöpfungvor Augen. Und die Geschichte von der „Kunststoffprinzessin“ zeigte den jungen Menschen,was die Makromolekulare Chemie alles leisten kann, um unser tägliches Leben angenehmerzu machen [10, 11].Im Olympischen Jahr 2004 habe ich vor, den Kindersommer mit „ChemischenWettkämpfen“ zu bereichern.8. Ferienakademie für hoch begabte GrundschülerAuch die Kinder- und Jugendakademie Südhessen e.V., mit der ich auf dem Gebiet derHochbegabten-Förderung zusammen arbeite (s.o.), nutzte die Herbstferien 2003 erstmals füreine Ferienakademie für Grundschulkinder. „Ungarisch und Chemie“ lautete ein Beitrag. Esging um die Einführung in die Sprache Ungarns, seine Landeskunde und seine Küche. Undwas passte dazu als <strong>nat</strong>urwissenschaftliche Komponente besser als „Chemie im Kochtopf“[12]?


4Im Herbst 2004 werde ich mich wieder an der Ferienakademie für HochbegabteSchülerinnen und Schüler beteiligen, diesmal mit einem Kurs „Chemie, Sport und Religion“,zusammen mir meinen beiden Doktoranden, die auf dem Gebiet des fächerverbindendenChemie/Sport- [13, 14] bzw. Chemie/Religionsunterricht arbeiten.9. Persönliche Schlussbemerkung2003 − im Jahr der Chemie − veranstalteten viele Chemie-Fachbereiche inDeutschland Zaubershows für Oberstufenschüler. Diese Mega-Events passen gut in eineFreizeit- und Fun-Gesellschaft. Justus, der Chemie-Truck, fuhr von Schulhof zu Schulhof,und lud klassenweise Jungen und Mädchen dazu ein, im Minutentakt ein Experiment nachdem anderen zu erproben, was meistens in einem planlosen Zusammenschütten verschiedenfarbiger Flüssigkeiten endete.Dies alles war nicht nach meinem Geschmack. Ich wollte der Chemie und den sehr jungenMenschen mit der hier beschriebenen chemiedidaktischen Basisarbeit einen anderen Gefallentun.DankFür die finanzielle Unterstützung der hier beschrieben Projekte bedanke ich mich bei derDeutschen Bundesstiftung Umwelt, dem Fonds der Chemischen Industrie, der Firma MerckKGaA sowie der Kinder- und Jugendakademie Südhessen e.V.Literatur[1] G. Lück: Leichte Experimente für Eltern und Kinder. − HERDER spectrum, Freiburg2000[2] V. <strong>Wiskamp</strong>: Chemie im Kindergarten. − c+b 2002, Heft 2, S. 37-50[3] V. <strong>Wiskamp</strong>: http://www.fbc.fhdarmstadt.de/homepages/<strong>Wiskamp</strong>/didaktik/kindergarten/index.html[4] V. <strong>Wiskamp</strong>: Physikalisch-chemische Experimente im Kindergarten − Vorschlag für einenBildungskanon. − MNU, im <strong>Dr</strong>uck[5] V. <strong>Wiskamp</strong>, C. Jansen, M. Pfleger, H. Ritter, T. Schmidt: Chemie im <strong>Dr</strong>eieckSchule/<strong>Hochschule</strong>/Industrie. − ChemKon, im <strong>Dr</strong>uck[6] V. <strong>Wiskamp</strong>, C. Jansen: Umweltbildung durch <strong>nat</strong>urwissenschaftliche Experimente. −Chemie & Schule, im <strong>Dr</strong>uck[7] V. <strong>Wiskamp</strong>: http://www.fbc.fhdarmstadt.de/homepages/<strong>Wiskamp</strong>/didaktik/grundschule/index.html[8] V. <strong>Wiskamp</strong>: http://www.fbc.fhdarmstadt.de/homepages/<strong>Wiskamp</strong>/didaktik/gymnasium/ags/index.html,Links zu Chemie-Propädeutikum Klasse 5 bzw. 6[9] V. <strong>Wiskamp</strong>, W. Proske, J. Röder: Biochemie für hoch begabte Unterstufenschüler. −Chemie & Schule, im <strong>Dr</strong>uck[10] V. <strong>Wiskamp</strong>: Chemie und Märchen. − c+b 2003 (Heft 3), S. 7-13[11] V. <strong>Wiskamp</strong>: http://www.fbc.fhdarmstadt.de/homepages/<strong>Wiskamp</strong>/didaktik/freizeit/index.html


5[12] V. <strong>Wiskamp</strong>: Chemie für hochbegabte Kinder und Jugendliche − Modell-Kurse aus dem„Darmstädter Studientag“ und aus einer Ferienakademie. − Verlag Harri Deutsch, Frankfurt2004[13] V. <strong>Wiskamp</strong>, W. Proske, M. Holfeld: Energiebereitstellung im Sport −fächerverbindender Chemie/Sport-Unterricht. − Chemie & Schule 17 (2002), Nr. 3, S. 2-4[14] V. <strong>Wiskamp</strong>, W. Proske, M. Holfeld: Carnitin − Eine Aminosäure für die Verbrennungvon Fetten. − NiU-Chemie 14 (2003), Heft 75, S. 37-39

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