BDA Informationen 1.13 - Bund Deutscher Architekten BDA
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Hauptbahnhof Stuttgart<br />
Ein Beispiel dafür aus der frühen Moderne ist<br />
der Stuttgarter Bahnhof von Paul Bonatz, der<br />
im Zuge des Stuttgart-21-Projekts wieder stark<br />
in das Licht der Öffentlichkeit gerückt ist. Paul<br />
Bonatz, zuerst Assistent, dann als Nachfolger<br />
von Theodor Fischer Professor an der TH<br />
Stuttgart, gewann den Wettbewerb um den<br />
Neubau des Hauptbahnhofs 1910 souverän<br />
mit einem für die damalige Zeit äußerst fortschrittlichen<br />
Entwurf, der die große Geste und<br />
das Pathos – wir befinden uns zeitlich noch im<br />
wilhelminischen Vorkriegsdeutschland – nicht<br />
scheute, sich aber durch sparsame, sorgfältig<br />
akzentuierte Details vom vorherrschenden<br />
überladenen Späthistorismus abhob. In der<br />
großen Treppenhalle kann man die monumentale<br />
Wirkung dieses mittlerweile vielfach<br />
verhunzten, jetzt zum Teil bereits abgerissenen<br />
Großbaus noch erfühlen. Durch den<br />
Zweiten Weltkrieg und nachfolgende Inflation<br />
behindert, streckenweise sogar unterbrochen,<br />
zogen sich die Bauarbeiten in zwei Abschnitten<br />
bis zum Jahr 1928 hin. Inzwischen hatten<br />
sich nicht nur die politischen Verhältnisse,<br />
sondern auch die Architekturszene so stark<br />
verändert, dass aus dem einstmals fortschrittlichen<br />
Projekt ein – aus Sicht der „sachlich“<br />
entwerfenden modernen <strong>Architekten</strong> – rück-<br />
ständig-pathetischer Monumentalbau geworden war. Nicht nur<br />
wegen der gleichzeitigen Kontroverse um die Stuttgarter Weißenhofsiedlung,<br />
die von Bonatz bekämpft wurde, sondern auch wegen<br />
dieses spät fertig gewordenen Bauwerks fand sich Bonatz unversehens<br />
im Lager der Traditionalisten und Konservativen wieder.<br />
Universitätsklinikum Aachen<br />
Insgesamt etwa ein halbes Jahrhundert später gehörte das Klinikum<br />
der RWTH Aachen zu den ambitioniertesten Krankenhausneubauten<br />
der <strong>Bund</strong>esrepublik. Typologisch ist es eine kompakte<br />
vielgeschossige Struktur auf gitterförmigem Grundriss, mit äußerst<br />
effizienter Erschließung, flexibel in der Nutzung und technisch<br />
hochinstalliert. In einer Verbindung von Brutalismus und Hightech<br />
ist die demonstrativ gezeigte Technik auch im Äußeren das gestalterisch<br />
dominierende Element. Der Entwurf spiegelt die Technikeuphorie<br />
und den Fortschrittsglauben der späten 1960er Jahre<br />
wider. Während jedoch nur wenig früher begonnene Bauten, wie<br />
das Münchener BMW-Gebäude und die Olympiabauten, in kurzer<br />
Zeit realisiert und damit auch noch in dieser Euphorie gefeiert<br />
wurden, zog sich der Bau des Aachener Klinikums bis in die<br />
1980er Jahre hinein. Als es dann bezogen wurde, war das bauliche<br />
Ergebnis höchst umstritten. Die Ernüchterung an der modernen<br />
Architektur hatte eingesetzt, der Zeitgeist war nostalgisch und in<br />
der Architektur hatte die so genannte Postmoderne für einige Jahre<br />
Konjunktur. Ohne genauere Würdigung der räumlich-funktionalen<br />
Zusammenhänge war allein der Anblick des Klinikums als einer<br />
Art „Maschine zum gesund werden“ für eine breite Öffentlichkeit<br />
höchst anstößig. Ich habe aus meiner in Aachen begonnenen<br />
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