BDA Informationen 1.13 - Bund Deutscher Architekten BDA
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REDUCE REUSE RECYCLE<br />
Erwien Wachter befragt Muck Petzet<br />
Die vom Kreisverband München-Oberbayern veranstaltete Vortragsfolge<br />
in der Geschäftsstelle ist eine Initiative, die Gesprächspartner<br />
aus verschiedensten Bereichen vorstellt. Nach Okwui<br />
Enwezor, dem Direktor des Haus der Kunst, Stadtbaurätin Professor<br />
Dr. (I) Elizabeth Merk und Professor Carlo Baumschlager kam<br />
nun Muck Petzet in seiner Eigenschaft als Kurator des deutschen<br />
Pavillons der Architekturbiennale 2012 zu Wort. Aus dem Gespräch<br />
und der Erläuterung des Biennalethemas „Reduce Reuse Recycle“<br />
ergaben sich Fragen, die wir ihm im Nachgang zur Veranstaltung<br />
stellten:<br />
Herr Petzet, für den Deutschen Beitrag zur Architektur-Biennale<br />
2012 wählten Sie den Titel „Reduce Reuse Recycle“, auf Deutsch<br />
etwa „Verringern Wiederverwenden Verwerten“, Begriffe wie sie<br />
von der Abfallwirtschaft verwendet werden. Haben Sie bei Ihrer<br />
Wortfindung an unsere Wegwerfgesellschaft gedacht?<br />
„Vermeiden Weiterverwenden Verwerten“ wäre für mich die treffendere<br />
Übersetzung. In Deutschland sind wir ja sehr stolz darauf<br />
Recycling-Weltmeister zu sein – eigentlich ein zweifelhafter Ruhm<br />
–, besser wäre eine Weiterverwendungs- und noch besser eine<br />
Vermeidungs-Weltmeisterschaft! In der Architektur sind wir allerdings<br />
noch sehr weit davon entfernt: hier ist die Wegwerfgesellschaft<br />
noch Alltag. Der Fokus ist momentan sehr stark auf supereffizientes<br />
neues Bauen gerichtet. Anstatt innovativ mit dem Bestand<br />
zu arbeiten, meint man mit Neubauten die Energiewende herbeiführen<br />
zu können. Sanierungen und Modernisierungen werden<br />
noch zu selten als dem Neubau gleichwertige<br />
architektonische Aufgaben angesehen. Das<br />
führt zu vielen schlechten und lieblosen Sanierungen<br />
und zu Reaktionen von Bauherren,<br />
im Zweifel dann lieber doch etwas Neues an<br />
Stelle des ungeliebten alten hinzustellen. Gerade<br />
in reichen Städten wie München herrscht<br />
noch ein Freiräum-Automatismus, die der<br />
tabula rasa Ideologie der 1960er und 1970er<br />
Jahre entspricht. Nur sind heute ironischerweise<br />
eben gerade die Gebäude aus der Zeit<br />
des ungebrochenen Modernismus selbst vom<br />
Abbruch betroffen.<br />
Die vielen von der Stadt für die Investoren<br />
bereitwillig „leer geräumten“ Kasernengebiete<br />
sprechen für sich und das Gesundheitshaus<br />
in der Dachauerstraße ist ein besonders<br />
krasses Beispiel. Die Stadt will eigentlich etwas<br />
„Gutes“ tun, indem ein altes „uneffektives“<br />
Gebäude aus den 1960er Jahren durch ein<br />
neues Gebäude, ein energieeffizientes Vorzeigeprojekt,<br />
ersetzt werden soll. In partieller<br />
Blindheit wird dabei verkannt, dass durch<br />
den sinnlosen Abbruch von immerhin 13’m2<br />
BGF gut erhaltener, gepflegter und durchaus<br />
modernisierbarer Substanz die komplette<br />
Erstellungsenergie des Ersatzneubaus „verschwendet“<br />
wird. Die „graue“ im Bestand<br />
gespeicherte Energie wird einfach übersehen.<br />
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