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Schon wieder Spitze! »Beste Gesamtleistung« der Oper Frankfurt in ...

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N o r m a<br />

P r e m i e r e n<br />

Norma (konzertant)<br />

V<strong>in</strong>cenzo Bell<strong>in</strong>i<br />

Wenn man etwas Neues br<strong>in</strong>gen, wenn man den Belcanto besser und vernünftiger ausdrücken will,<br />

darf man auf ke<strong>in</strong>e Sänger<strong>in</strong> Rücksicht nehmen. Frauenlaune wird mich niemals irre machen.<br />

V <strong>in</strong>cen zo Bell<strong>in</strong>i<br />

Grösse <strong>in</strong> jedem Ausdruck – Jenseits <strong>der</strong> Belcanto-Klischees<br />

Zum Werk<br />

Namen von großen Sänger<strong>in</strong>nen und prom<strong>in</strong>enten Bewun<strong>der</strong>ern verstärken<br />

noch den Mythos, <strong>der</strong> sich rund um Bell<strong>in</strong>is Norma gebildet hat.<br />

Norma behauptet sich und for<strong>der</strong>t heraus. Die Anmerkungen von<br />

Halévy, <strong>der</strong> all se<strong>in</strong>e Werke für die Arie »Casta Diva« hergegeben<br />

hätte, von Schopenhauer, <strong>der</strong> sie als »Beispiel e<strong>in</strong>es höchst vollkommenen<br />

Trauerspiels« bezeichnete, o<strong>der</strong> von Richard Wagner – sonst<br />

ke<strong>in</strong> Freund <strong>der</strong> italienischen <strong>Oper</strong> – gelten ke<strong>in</strong>eswegs als re<strong>in</strong> anekdotische<br />

Überlieferungen.<br />

Da Bell<strong>in</strong>i davon überzeugt war, dass er mit Norma etwas Außergewöhnliches<br />

geschaffen hatte, wirkte die Ablehnung des Premierenpublikums<br />

auf ihn wie e<strong>in</strong> Schock. Doch davon konnte er sich nach den<br />

ersten, plötzlich höchst erfolgreichen Mailän<strong>der</strong> Vorstellungen gründlich<br />

erholen. Seitdem bedeutet jede Norma-Aufführung e<strong>in</strong>e neue<br />

Herausfor<strong>der</strong>ung: Die Partitur verlangt zw<strong>in</strong>gend e<strong>in</strong>e hochkarätige<br />

Besetzung <strong>der</strong> vier Hauptpartien.<br />

Was macht den dauerhaften Erfolg dieser <strong>Oper</strong> aus? Es s<strong>in</strong>d ke<strong>in</strong>eswegs<br />

die Qualitäten des Schauerdramas Norma ou l’ <strong>in</strong>fanticide von<br />

Alexandre Soumet, das zu den schwächsten literarischen Vorlagen <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> <strong>Oper</strong>nliteratur zählt. In holprigen Alexandr<strong>in</strong>ern geschrieben, h<strong>in</strong>terließ<br />

das Stück, dessen Uraufführung e<strong>in</strong>ige Monate vor <strong>der</strong> Premiere<br />

<strong>der</strong> Vertonung stattfand, ke<strong>in</strong>e Spuren. Mit sicherem Theater<strong>in</strong>st<strong>in</strong>kt<br />

und Invention konnten <strong>der</strong> damals knapp dreißigjährige Komponist<br />

und se<strong>in</strong> erfahrener und erfolgreicher Textbuchautor Felice Romani die<br />

Handlungselemente zu e<strong>in</strong>em klar akzentuierten, spannenden Bühnengeschehen<br />

gestalten. Romanis Stärke lag weniger im Erf<strong>in</strong>den neuer<br />

Stoffe als <strong>in</strong> <strong>der</strong> operngerechten Bearbeitung bereits vorhandener<br />

Sujets. Beson<strong>der</strong>s geschätzt wurde er für se<strong>in</strong>e Kunst, mit se<strong>in</strong>en<br />

Versen elegische Kantilenen zu stützen. Damit hatte Bell<strong>in</strong>i <strong>in</strong> ihm den<br />

idealen künstlerischen Partner gefunden.<br />

Bevor er sich mit dem Norma-Stoff ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzte, hatte man<br />

Bell<strong>in</strong>is <strong>Oper</strong>n mangelnde dramatische Zusammenhänge vorgeworfen.<br />

Die vier Monate – <strong>in</strong> <strong>der</strong> Belcanto-Ära e<strong>in</strong>e verhältnismäßig lange<br />

Zeit für die kompletten Kompositionsarbeiten an e<strong>in</strong>er <strong>Oper</strong> – nutzte<br />

er, um se<strong>in</strong>e musikdramaturgischen Strukturen umzugestalten. Se<strong>in</strong>e<br />

neue <strong>Oper</strong>nform erreichte er durch die motivische Verb<strong>in</strong>dung <strong>der</strong><br />

e<strong>in</strong>zelnen Szenen, und zum ersten Mal hatte er den Mut, die Grenzen<br />

zwischen Rezitativ und Arie und Arie und Ensemble aufzulösen, wenn<br />

es die Bühnensituation verlangt. Den griechischen Tragödien ähnlich,<br />

beteiligt sich <strong>der</strong> Chor an solistischen Nummern, wie <strong>in</strong> Normas Gebet<br />

»Casta Diva«, das ke<strong>in</strong>eswegs nur als virtuose Gesangsnummer konzipiert<br />

ist. Bell<strong>in</strong>i verabschiedet sich dabei von den vokalen Selbstzweck-Ornamenten:<br />

Normas Melismen s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> die Melodie e<strong>in</strong>gewoben,<br />

s<strong>in</strong>d organische Bestandteile <strong>der</strong> Musik geworden. Bell<strong>in</strong>i bricht<br />

die Konvention an den Stellen, wo es die Dramaturgie verlangt: So<br />

schließt <strong>der</strong> erste Akt nicht mit e<strong>in</strong>em damals üblichen Chorf<strong>in</strong>ale,<br />

son<strong>der</strong>n mit dem Terzett zwischen Norma, Adalgisa und Pollione. Jenseits<br />

von <strong>Oper</strong>ntradition und Koloraturzwang wird <strong>in</strong> diesem F<strong>in</strong>ale<br />

die Darstellung des dramatischen Konflikts vorrangig.<br />

Der Mythos von Norma bleibt bestehen. Nicht nur die Titelpartie,<br />

die wegen ihrer technischen Schwierigkeiten und Länge berüchtigt ist,<br />

verlangt Sänger-Elite: Darsteller<strong>in</strong>nen wie Maria Callas setzten mit<br />

ihren e<strong>in</strong>dr<strong>in</strong>glichen, kongenialen Interpretationen neue Maßstäbe<br />

und schufen das Gleichgewicht zwischen musikalischer Schönheit<br />

und dramatischer Akzentuierung. Ingeborg Bachmann machte ihre<br />

darstellerische Kraft <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Hommage an sie fassbar. »Sie wird nie<br />

vergessen machen, dass es Ich und Du gibt, dass es Schmerz gibt,<br />

Freude, sie ist groß im Hass, <strong>in</strong> <strong>der</strong> Liebe, <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zartheit, <strong>in</strong> <strong>der</strong> Brutalität,<br />

sie ist groß <strong>in</strong> jedem Ausdruck.« Ihre Worte beziehen sich nicht nur<br />

auf e<strong>in</strong>e Interpretation <strong>der</strong> Titelfigur, sie br<strong>in</strong>gen gleichzeitig Normas<br />

Wesen, den dramatischen Kern von Bell<strong>in</strong>is <strong>Oper</strong>, auf den Punkt.<br />

Z solt Horpác s y

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