Menschenrechte heute - Behindertenbeauftragter des Landes ...
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Das Behindertengleichstellungsgesetz (BGG),<br />
ein Meilenstein für eine Behindertenpolitik von morgen<br />
Ich freue mich, dass der Bun<strong>des</strong>verband Selbsthilfe Körperbehinderter zehn Jahre<br />
BGG zum Anlass nimmt, um hier im Kleisthaus mit Unterstützung <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>beauftragten<br />
für die Belange behinderter Menschen eine Fachtagung durchzuführen. 2 Dies<br />
sowohl zur Bestandsaufnahme, zur historischen Einordnung wie auch um hieraus die<br />
richtigen behindertenpolitischen Ziele abzuleiten.<br />
Der Weg zur Selbstfindung, Selbstorganisation und Selbstentscheidung behinderter<br />
Menschen ist jeweils verschiedenen gesellschaftlichen Etappen zuzuordnen. Bei der<br />
Organisation der Behindertenselbsthilfegruppen und –verbände sprechen wir in der<br />
Regel von der so genannten Dreiwellentheorie.<br />
Nach der Gründung von Behindertenorganisationen und –verbänden, die sogenannten<br />
Kriegsopferverbände (Blindenverband und Reichsbund, jetzt Sozialverband) im<br />
Umfeld <strong>des</strong> Ersten Weltkrieges folgten nach dem zweiten Weltkrieg als erste Welle<br />
die Elternverbände wie z.B. Lebenshilfe, VdK und Bun<strong>des</strong>verband Körperbehinderter,<br />
die auch die ersten Fundamente zur medizinischen, beruflichen und sozialen<br />
Wiedereingliederung behinderter Menschen gelegt haben.<br />
Die so genannte zweite Welle aktiver behinderter Menschen entwickelte sich parallel<br />
zu den gesellschaftlichen Reformbestrebungen der siebziger Jahre. Neue soziale<br />
Bewegungen entwickelten sich, politische Initiativen wurden gestartet, Basis und<br />
Bürgerbewegungen haben nicht nur in Deutschland bisher erstarrte Formen kräftig<br />
durchlüftet. Neuer Schwung kam durch die Selbsthilfebewegung vieler neuer Gruppen<br />
und Verbände auf. Forderungen, wie das Finalitätsprinzip, die Integration behinderter<br />
Menschen und die Einführung <strong>des</strong> Normalitätsprinzips statt <strong>des</strong> bisher gültigen<br />
Kausalitätsprinzips bei der Förderung behinderter Menschen waren aktuelle Themen.<br />
Der allgemeine Arbeitskräftemangel machte es erforderlich, alle vorhandenen Arbeitskräftepotentiale<br />
zu erschließen und auch behinderte Menschen gezielt zu fördern<br />
und in das Berufs- und Arbeitsleben zu integrieren. Berufsbildungswerke und<br />
Berufsförderungswerke entstanden flächendeckend. Diese politisch brodelnde Zeit<br />
der siebziger Jahre ist im Bewusstsein behinderter Menschen als die Dekade der<br />
Rehabilitation, aber auch als die Dekade defizitorientierenden Denkens im Bewusstsein<br />
verankert.<br />
Dieser gesellschaftlich wichtige Schritt wurde nach einer Zeit nachlassender politischer<br />
Aktivität und verstärkten lange vorhandenen Phase <strong>des</strong> Sozialabbaus von der<br />
dritten aktiven Welle behinderter Menschen mit neuer Dynamik versehen. Deutliches<br />
Zeichen <strong>des</strong> En<strong>des</strong> dieses Zeitabschnitts defizitorientierten Denkens waren die Aktionen<br />
behinderter Menschen anlässlich der Feierstunde zum UN-Welttag der Behinderten<br />
1981 mit der Ankettungsaktion vieler bis <strong>heute</strong> aktiver behinderter Menschen<br />
auf der Bühne <strong>des</strong> Festsaals in Dortmund. Mit Beginn der neunziger Jahre hat die bis<br />
<strong>heute</strong> aktive und das Bewusstsein weitgehend mitprägende Selbstbestimmt-Leben-<br />
Bewegung behinderter Menschen die behindertenpolitischen Themen gesetzt und<br />
2 Rede <strong>des</strong> Lan<strong>des</strong>beauftragten für Menschen mit Behinderungen und Vorstandsmitglied <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>verban<strong>des</strong><br />
Selbsthilfe Körperbehinderter, Karl Finke, anlässlich der Tagung „10 Jahre Behindertengleichstellungsgesetz“ am<br />
29.11.2012, Kleisthaus, Berlin<br />
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