Gießener Universitätsblätter - Gießener Hochschulgesellschaft e.V.
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Erwerbstätigkeit und Familie über die Prävention<br />
und Verringerung von Armut in ihren vielfältigen<br />
Dimensionen bis hin zu der steigenden<br />
Lebenserwartung in einer alternden Gesellschaft,<br />
die alle die Entwicklung neuer und pass -<br />
genauer Unterstützungsangebote erforderlich<br />
machen.<br />
Prof. Dr. Adalbert Evers plädierte in seinem Fest -<br />
vortrag für eine neue Generation von Diens ten.<br />
Als Inhaber der Professur für vergleichende<br />
Gesundheits- und Sozialpolitik konstatierte er<br />
für die personenbezogenen sozialen Dienste<br />
eine hohe Bedeutung in der Praxis, der eine zu<br />
geringe Präsenz in universitärer Lehre und<br />
Forschung entgegenstehe; außerdem sei die<br />
Debatte über neue Leitbilder für soziale Dienste<br />
zu sehr nach Politikfeldern versäult. Die Herausforderung<br />
liegt für ihn darin, bereichsübergreifende<br />
qualitative Leitbilder für haushaltsund<br />
personenbezogene Dienstleistungen zu<br />
entwickeln, die sich sowohl auf die Kinderbetreuung<br />
als auch auf Unterstützung im Alter<br />
sowie alle anderen Bereiche anwenden lassen.<br />
Als übergreifende Qualitätsmerkmale identifizierte<br />
er den individuellen und auf die ganze<br />
Person bezogenen Zuschnitt von Dienstleistungen<br />
und eine Einbeziehung der Adressaten, die<br />
geeignet ist, deren Mitwirkungsfähigkeit und<br />
-bereitschaft zu stärken und ihr jeweiliges<br />
soziales Kapital, z. B. in Form privater Unterstützungsnetzwerke,<br />
einzubeziehen. Mit diesem<br />
Ziel würden Träger aus dem öffentlichen,<br />
privaten und gemeinnützigen Sektor stärker als<br />
bisher zusammenarbeiten müssen. Darüber<br />
hinaus brauche es aber zunehmend auch persönliche<br />
Fallmanager, die als Advokaten ihren<br />
Klienten den Rücken stärken und dafür sorgen,<br />
dass jeweils ein passgenaues Bündel an Dienst -<br />
leistungen von verschiedenen Institutionen<br />
geschnürt werden kann.<br />
Prof. Dr. Bernd Schnieder, Professor für Wohn -<br />
ökologie, beleuchtete das Thema Wohnlichkeit<br />
und Sicherheit als Gestaltungsaufgabe für<br />
Sorgesettings zwischen Wohnung und Institu -<br />
tion. Ein Gefühl von Wohnlichkeit und Geborgenheit<br />
herzustellen ist eine Grundbedingung<br />
dafür, dass sich versorgungs- und sorgeabhängige<br />
Personen wohl und heimisch fühlen. Das<br />
gilt vor allem für institutionelle Sorgesettings,<br />
102<br />
denen in der Wohnforschung grundsätzlich<br />
die Fähigkeit abgesprochen wird, wohnliche<br />
Milieus schaffen zu können. Gegen dieses Präjudiz<br />
sprechen nicht nur traditionelle und moderne<br />
Heimformen, die Lebensorte sein wollen<br />
und sind, sondern auch die Kenntnisse über<br />
Wohnlichkeit tragende Eigenschaften der sozialen<br />
Beziehungen, der gebauten Umgebung<br />
und der Programmatik von Sorgearbeit. Im<br />
Falle von Sorgearbeit wird der Grad zwischen<br />
privater Verfügung und institutionell-betrieblichen<br />
Regimes sehr schmal. Das gilt für Institutionen,<br />
aber auch für Pflege in der eigenen<br />
Wohnung.<br />
Den Abschluss des Vormittags gestaltete Prof.<br />
Dr. Dietmar Bräunig, Lehrstuhl für Management<br />
personaler Versorgungsbetriebe. Er ging<br />
insbesondere auf die Herausforderung ein,<br />
Qualitätsstandards für personenbezogene<br />
Dienstleistungen vor dem Hintergrund versorgungswirtschaftlicher<br />
Zwecksetzung bedarfsgerecht<br />
und damit wertorientiert auszugestalten.<br />
Er plädierte dafür, das herkömmliche<br />
Qualitätsmanagement mit Tendenz zur Standardisierung<br />
durch ein Versorgungsmanagement<br />
mit Tendenz zur Differenzierung abzu -<br />
lösen. Qualitätsmanagement begreift er als<br />
einen haushaltswissenschaftlichen Ansatz und<br />
verweist auf die Notwendigkeit der Herstellung<br />
einer vernetzten Versorgungsqualität im<br />
Verbund der Daseinsvorsorge. Hierbei ist<br />
neben der Qualität der erbrachten Leistung die<br />
wirtschaftliche Effizienz der Leistungserbringung<br />
ein zweiter wichtiger Faktor zur optimalen<br />
Bedarfsdeckung. Das Studium der Ökotrophologie<br />
als Versorgungswissenschaft vereint<br />
beide Elemente und bietet daher die Grundlage<br />
zur bedarfsgerechten Weiterentwicklung<br />
personenbezogener Dienstleistungen.<br />
Nach einem Ortswechsel in die Räume des<br />
Instituts diskutierten am Nachmittag unter<br />
Leitung von Prof. Dr. Ingrid-Ute Leonhäuser,<br />
Professorin für Ernährungsberatung und Verbraucherverhalten,<br />
ein Podium und das Plenum<br />
über Haushaltsnahe Dienstleistungen als<br />
Arbeitsmarkt mit Zukunft. Zu Gast auf dem Podium<br />
waren Elisabeth Faber, Inhaberin der<br />
<strong>Gießener</strong> Dienstleistungsagentur Faber Management,<br />
Prof. Dr. Marianne Friese, JLU Gießen,