Gießener Universitätsblätter - Gießener Hochschulgesellschaft e.V.
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spezifisches Phänomen handelt, ist indes nur<br />
durch eine breiter angelegte empirische Forschung<br />
zu ermitteln. Dafür liefern Fragen wie<br />
die oben aufgeworfenen den Ansatzpunkt. Im<br />
Folgenden werden exemplarisch Forschungsperspektiven<br />
skizziert, die sich an der wechselseitigen<br />
Integration von sprach- und medienbezogenen<br />
Fragestellungen orientieren. Ein<br />
Fokus liegt auf Schreibforschung und Textproduktion<br />
bzw. medienspezifischen Schreibprozessen.<br />
Ziel der Forschung ist es, empirisch gestützte<br />
Konzepte zu entwickeln, die den Erwerb<br />
sprach- und medienbezogener Kompetenzen<br />
in Schule und Studium fördern und Studierende<br />
gezielt auf berufliche Anforderungen<br />
vorbereiten – insbesondere auf den Lehrerberuf,<br />
dessen Ausbildung an der JLU traditionell<br />
stark vertreten ist.<br />
Schreib- und medienspezifische<br />
Anforderungen im Lehrerberuf<br />
Studien zum Schreiben und Mediengebrauch<br />
am Arbeitsplatz belegen ein hohes, tendenziell<br />
steigendes Aufkommen schriftlich zu bewältigender<br />
Arbeit in den meisten Berufen. Das interne<br />
Wissensmanagement in Organisationen,<br />
die Standardisierung von Arbeitsprozessen und<br />
-abläufen wie auch die rechtliche Absicherung<br />
von Sachverhalten und Entscheidungen führen<br />
in zahlreichen Arbeitskontexten zu erhöhter<br />
Dokumentationspflicht. Dies gilt auch für den<br />
Lehrerberuf, in dem die schriftliche Begutachtung<br />
von Lernprozessen zunehmend an Bedeutung<br />
gewinnt. Schreiben ist hier mitunter von<br />
der Umsetzung (sich verändernder) rechtlicher<br />
Anforderungen geprägt, die gleichsam „von<br />
außen“ in den beruflichen Schreiballtag eindringen<br />
– in der Lehramtausbildung aber kaum<br />
widergespiegelt werden. Eine eng mit dem<br />
Schreiben verknüpfte, weit reichende Veränderung<br />
resultiert aus dem Einzug elektronischer<br />
Medien in den schulischen Alltag. Sie betreffen<br />
die Kommunikation in und außerhalb des Unterrichts.<br />
Die Bildungsstandards für das Fach<br />
Deutsch legen z. B. fest, dass SchülerInnen rezeptive<br />
und produktive Medienkompetenz erwerben,<br />
u. a. „medienspezifische Formen kennen:<br />
z. B. Print- und Online-Zeitungen, Info-<br />
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tainment, Hypertexte, Werbekommunikation,<br />
Film“ und „Medien zur Präsentation und<br />
ästhetischen Produktion nutzen“ bzw. „mit<br />
Hilfe neuer Medien, z. B. E-Mails, Chatroom“<br />
Texte verfassen. Die Vermittlung von Medienkompetenz<br />
im Unterricht setzt voraus, dass<br />
LehrerInnen ihrerseits kompetente MediennutzerInnen<br />
sind.<br />
Will man angehende LehrerInnen auf die Anforderungen<br />
ihres Berufs vorbereiten, dann<br />
muss man wissen, worin diese Anforderungen<br />
im Einzelnen bestehen. Das Schreiben und der<br />
Mediengebrauch im beruflichen Umfeld verlangen<br />
das Wissen darüber, wie in dem Umfeld<br />
kommuniziert wird und welchen Normen, Mus -<br />
tern und Konventionen Textproduktion und<br />
Mediengebrauch unterliegen. Bislang gibt es<br />
kaum Untersuchungen, die den Schreib- und<br />
Medienalltag von LehrerInnen systematisch untersuchen.<br />
Im Mittelpunkt der Forschung stehen<br />
deshalb folgende Fragen: Welche kommunikativen<br />
Prozesse und Aufgaben bestimmen<br />
den Arbeitsalltag von LehrerInnen? Welchen<br />
institutionellen Veränderungen unterliegen<br />
sie? Welchen Einfluss haben elektronische<br />
Medien im kommunikativen Alltag der Berufsgruppe?<br />
Wofür werden sie genutzt? Wie erwerben<br />
LehrerInnen Kenntnisse und Routinen<br />
für die Bewältigung kommunikativer Auf -<br />
gaben? Und wie gut fühlen sie sich durch ihr<br />
Studium und das Referendariat auf diese Aufgaben<br />
vorbereitet? Die Untersuchung dieser<br />
Fragen stützt sich auf leitfadengesteuerte Interviews<br />
mit ReferendarInnen, LehrerInnen und<br />
RektorInnen, die an verschiedenen Standorten<br />
(Aachen, Köln, Gießen) erhoben wurden.<br />
Die Interviews liefern ein breites Spektrum<br />
schreib- und medienspezifischer Anforderungen<br />
der Berufsgruppe. Sie zeigen neben vielem<br />
anderen, dass die Veränderung rechtlicher Rahmenbedingungen<br />
erheblich auf den beruf -<br />
lichen Schreiballtag zurückwirkt und u. a. als<br />
Folge der zunehmenden Standardisierung von<br />
Lernprozessen gelesen werden kann. Dies gilt<br />
vor allem für die Grund- und Förderschule. Der<br />
folgende Ausschnitt aus einem Interview mit<br />
einer Förderschullehrerin steht exemplarisch<br />
für das steigende Aufkommen schriftlich zu bewältigender<br />
Arbeitsaufgaben: