Gießener Universitätsblätter - Gießener Hochschulgesellschaft e.V.
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Michael Bülte<br />
Mycobacterium avium subspecies paratuberculosis (MAP)<br />
und Morbus Crohn (MC)?<br />
Entwicklung und Perspektiven im Modul B „Krankheitsrisiken durch<br />
Lebensmittel“ des Forschungsschwerpunktes „Mensch – Ernährung – Umwelt“<br />
Bereits im Jahrgangsheft 40/2007 wurde von<br />
C. Kunz das Organigramm des seit 2004 vom<br />
Hessischen Ministerium für Wissenschaft und<br />
Kunst (HMWK) geförderten Forschungsschwerpunktes<br />
„Mensch – Ernährung – Umwelt“<br />
dargestellt (vgl. S. 115–122). Dabei<br />
wurde das Modul A „Ernährung und Stoffwechsel“<br />
ausführlich vorgestellt. Der folgende<br />
Beitrag soll die Forschungsaktivitäten in den<br />
Teilprojekten des zweiten Moduls „Krankheitsrisiken<br />
durch Lebensmittel“ widerspiegeln. Im<br />
Wesentlichen geht es dabei um die Frage nach<br />
dem zoonotischen Potenzial (Zoonosen: vom<br />
Tier auf den Menschen übertragbare Krankheiten)<br />
eines Tuberkelbakteriums, nämlich Myco -<br />
bacterium avium ssp. paratuberculosis (MAP).<br />
Gleichzeitig wird die in diesem Zusammenhang<br />
bereits erzielte Vernetzung des Moduls B auf<br />
nationaler und internationaler Ebene dargestellt.<br />
Die als Anschubfinanzierung gedachte<br />
Förderung durch das Land Hessen sollte an der<br />
JLU vorhandene Kompetenzen in den Lebenswissenschaften<br />
fächer- und fachbereichsübergreifend<br />
bündeln; damit sollte letztendlich<br />
auch die Drittmittelfähigkeit der Universität<br />
gestärkt werden. Dieses darf, zumindest in Teilbereichen,<br />
bereits zum jetzigen Zeitpunkt als<br />
erfolgreich bezeichnet werden. So konnten<br />
bisher im Modulbereich B „Krankheitsrisiken<br />
durch Lebensmittel“ ca. 1,5 Mio. € eingeworben<br />
werden. Wesentlich dafür waren unter<br />
anderem die grundlegenden ebenso wie anwendungsorientierten<br />
molekular-basierten Untersuchungen,<br />
die über eine diesem Modul<br />
zugeordnete Methodenplattform „Molekulargenetik“<br />
ermöglicht wurden.<br />
Ausgangssituation und Fragestellungen<br />
Mycobacterium avium ssp. paratuberculosis<br />
(MAP) wurde erstmalig 1895 von dem deut-<br />
<strong>Gießener</strong><br />
<strong>Universitätsblätter</strong><br />
41 | 2008<br />
schen Tierarzt Johne als ätiologisches Agens<br />
bei einer chronisch-entzündlichen Darmerkrankung<br />
einer Kuh in Deutschland beschrieben.<br />
Der Dedikationsname Johne´s Disease wurde<br />
für diese bei Wiederkäuern, aber auch weiteren<br />
Säugetieren auftretende Paratuberkulose<br />
(ParaTB) eingeführt. Hierbei handelt es sich um<br />
eine chronische, granulomatöse Enteritis bei<br />
Haus-, Zoo- und Wildwiederkäuern. Primär<br />
empfängliche Tierarten sind Rind, Schaf, Ziege,<br />
aber auch andere Wiederkäuer wie Reh, Hirsch<br />
und Kamel. Die Paratuberkulose ist eine weltweit<br />
verbreitete, bislang unheilbare Infektionskrankheit,<br />
die in der Regel tödlich endet. Sie ist,<br />
vor allem in der späten Phase, mit einem hohen<br />
Leidensdruck für die Tiere verbunden. Die wirtschaftlichen<br />
Folgen durch Leistungsrückgang<br />
(v. a. Milchproduktion), Tierverluste, verminderte<br />
Fertilität, eine erhöhte Bereitschaft für<br />
andere Infektionen sowie die Behandlungs -<br />
kosten werden auf ca. 250 €/Rind und Jahr<br />
sowie auf ca. 100 €/Schaf und Jahr in infizierten<br />
Beständen geschätzt.<br />
Aufgrund der vergleichbaren pathomorphologischen<br />
Veränderungen der beim Menschen als<br />
Morbus Crohn (MC) bezeichneten chronischentzündlichen<br />
Darmerkrankung wurde bereits<br />
zu Beginn des vorigen Jahrhunderts der Verdacht<br />
geäußert, dass Mykobakterien ätiologisch<br />
eine Rolle im Erkrankungsgeschehen<br />
spielen könnten. Namensgebend war die Beschreibung<br />
von acht Fällen einer Ileitis durch<br />
Crohn, Ginzburg und Oppenheimer im Jahre<br />
1932 am Mount Sinai Hospital in New York.<br />
Die erste exakte Charakterisierung des klinischen<br />
Verlaufs erfolgte bereits 1913 durch Dalziel<br />
in Glasgow. Die Ähnlichkeiten zwischen klinischen<br />
und histologischen Erscheinungen bei<br />
der bovinen ParaTB und der humanen intestinalen<br />
TB und MC waren nicht zu leugnen,<br />
zumal MAP aus Gewebeproben Erkrankter zu<br />
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