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Pfarrbrief St. Felizitas Advent 2014
Pfarrbrief St. Felizitas Advent 2014
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Der dritte König<br />
Das nebenstehende Bild „Anbetung der Könige“ gehört<br />
zu einem Bilderzyklus mit sechs Szenen aus dem Leben der<br />
Gottesmutter Maria, der in zwei <strong>Kirchen</strong>fenstern an der<br />
Nordseite unserer Pfarrkirche St. Felizitas zu sehen ist. Bei<br />
den Glasbildern in den schmalen, zweiteiligen Fenstern fällt<br />
auf, dass die Muttergottes, abgesehen vom letzten Bild, immer<br />
ein blaues Gewand trägt und dass der König im oberen<br />
Bild rechts - als einzige von allen dargestellten Personen –<br />
den Betrachter des Fensters anschaut.<br />
Vergleicht man alle bunten Fenster der Kirche miteinander,<br />
so erkennt man, dass hier verschiedene Künstler am Werke<br />
waren. Der <strong>Kirchen</strong>führer nennt Friedrich Stummel (1850-<br />
1919), vom dem die Mehrzahl der Entwürfe stammt und<br />
auch die Werkstätten, in denen die modernen Fenster entstanden<br />
sind. Ungenannt blieb bisher der Maler, dem wir<br />
die Entwürfe für die ältesten Fenster verdanken, nämlich die<br />
Fenster zwischen Sakramentshaus und Orgel und das große<br />
Felizitas-Fenster im Chor: Prof. Johann Evangelist Klein<br />
(1823-1883) aus Wien.<br />
Der Name von Prof. Klein taucht erstmals im September 1866<br />
im Protokollbuch des <strong>Kirchen</strong>vorstandes auf. Als Künstler auf<br />
dem Gebiet der im 19. Jh. wiederentdeckten Glasmalerei war<br />
er vermutlich durch seine Arbeiten für St. Georg in Bocholt<br />
im Jahre 1858 bekannt. Für St. Felizitas erhielt Klein im April<br />
1867 den Auftrag, „eine Skizze zu den 3 Fenstern am Chore<br />
zu entwerfen.“ Dem kam der Künstler durch seinen (im<br />
Original erhaltenen) Brief vom 15. Juni 1867 nach, in dem<br />
er sein Bildprogramm skizzierte und beschrieb. Im August<br />
1868 folgte der Auftrag für die zwei Marienfenster und für<br />
das Fenster, welches den Eltern der Gottesmutter, Anna und<br />
Joachim, gewidmet ist. Die Arbeiten sind durch die Glaserei<br />
Hagemann, Münster, bzw. die Fa. Neuhauser, Innsbruck ausgeführt<br />
worden. - Prof. J. E. Klein entwarf auch die Mosaikbilder<br />
für zwei Altäre, von denen der mit dem Bild „Krönung<br />
Mariens“ jetzt noch in der Seitenkappelle steht, 1873 geschaffen<br />
von der Werkstatt Salviati in Venedig und mit dem<br />
Künstlerzeichen J.K. versehen.<br />
An manche Predigt früherer Tage erinnert der lange Zeigefinger<br />
des Königs in unserem Fensterbild. Und sein Gesicht ähnelt<br />
dem Porträtfoto des Künstlers auf den ersten Seiten des<br />
Buches. Doch der Autor versichert, „eine Selbstdarstellung<br />
Kleins sei aus keinem seiner Werke bekannt“ und der Künstler<br />
habe seine gläubige Grundhaltung „nie vor sich hergetragen“.<br />
Dennoch, die Bildbotschaft ist klar: Der rechte König<br />
zeigt - mit dem überlangen Finger - auf den Stern über ihm<br />
und auf den Himmel. Zusammen mit der Hand des knienden<br />
Königs, der mit seinem - ebenfalls überlangen - Finger auf<br />
das Jesuskind auf den Knien Marias zeigt, weisen der Künstler<br />
und die „Sterndeuter aus dem Osten“ (Mt. 2.1-12) uns<br />
Betrachter darauf hin:<br />
Leben und Werk von Johann Evangelist Klein sind in einem<br />
reich bebilderten Buch von Arthur Fontaine, Merzig 2014,<br />
dargestellt, das Anfang diesen Jahres erschienen ist. Das<br />
Pfarrarchiv hat den Autor bei seinen Nachforschungen unterstützt.<br />
Das Buch und eine beiliegende CD-Rom können<br />
im Archiv entliehen werden. – Prof. Klein wird in dem Buch<br />
als ein Künstler dargestellt, der – ausschließlich in kirchlicher<br />
Kunst - international erfolgreich war, der seine Bilder selbst<br />
als „erbauliche Predigt“ verstand. Deshalb trägt das Buch<br />
auch den Untertitel „Ein Prediger mit dem Zeichenstift“.<br />
Dieses Kind schickt der Himmel!<br />
| Ludger Pieper<br />
TIPP !<br />
Kunstdruckkarten von<br />
dem Bild oben können<br />
im Pfarrbüro St. Felizitas<br />
erworben werden.<br />
ST. FELIZITAS LÜDINGHAUSEN UND ST. DIONYSIUS SEPPENRADE | Nr.1 | 2014 /15 3