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Interview
Mit Karin Evers-Meyer,
Beauftragte der Bundesregierung für
die Belange behinderter Menschen
Die Beauftragte der Bundesregierung
für die Belange
behinderter Menschen,
Karin Evers-Meyer im Gespräch
mit der Vorsitzenden des Förderkreises
Behindertensport, Gerda
Pleitgen:
Pleitgen: Frau Evers-Meyer, welche
Schwerpunkte hat die Arbeit der Beauftragten
der Bundesregierung für die Belange
behinderter Menschen?
Wir haben uns vor rund 10 Jahren daran
gemacht, die Politik für Menschen mit
Behinderung neu zu gestalten - weg vom
reinen Fürsorgegedanken, hin zu echter
Teilhabe und Selbstbestimmung. Dieser
Gedanke ist in verschiedenen Gesetzen manifestiert.
Ich sehe es als meine wichtigste
Aufgabe an, darauf zu drängen, dass dieses
Recht praktisch umgesetzt und die Gesetze
im alltäglichen Leben angewandt werden.
Pleitgen: Wo ist da der Sport für die
Menschen mit Behinderungen angesiedelt?
Gibt es ein Recht auf Sport?
Es gibt kein explizites Recht auf Sport,
aber es gibt ein Recht auf Selbstbestimmung
und Teilhabe. Und Voraussetzung für aktive
Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ist
neben der Ausstattung mit Hilfsmitteln, medizinischen
und therapeutischen Leistungen
wie Rehabilitationssport auch der Zugang
zu Freizeitaktivitäten, also dem Freizeitsport.
Wenn Sie so wollen, gibt es doch ein Recht
auf Sport.
Pleitgen: Wie wichtig sind die internationalen
Entwicklungen in der Behindertenpolitik
für uns in Deutschland?
Weltweit leben rund 600 Millionen Menschen
mit einer Behinderung, 80 Prozent von
ihnen in so genannten Entwicklungsländern.
Die Situation von behinderten Menschen ist
vor diesem Hintergrund natürlich sehr unterschiedlich.
Umso wichtiger scheint mir,
das Thema Behinderung weniger in den
sozialpolitischen Kontext als in den Kontext
Menschenrechte zu stellen. Teilhabe behinderter
Menschen ist kein sozialpolitischer
Gnadenakt, sondern ein Menschenrecht.
Ich bin froh, dass wir mit der jetzt gezeichneten
UN-Menschenrechtskonvention über
die Rechte behinderter Menschen diesen
Ansatz international stärker in den Vordergrund
rücken können. Vor diesem Hintergrund
werden sich auch in Deutschland
noch einige Dinge ändern müssen.
Pleitgen: Was möchten Sie unseren Lesern
mit auf den Weg geben, die überlegen,
sportlich aktiv zu werden?
Sport hat so viele wichtige Facetten –
auch und gerade für Menschen mit Behinderungen.
Natürlich ist Sport wichtig für
die Gesundheitsförderung. Aber Sport ist
nicht nur eine Möglichkeit zur körperlichen
Rehabilitation. Sport ist eine Riesenchance
zur gesellschaftlichen Teilhabe und Integration.
Gemeinsame sportliche Aktivität
fördert zwischenmenschliche Beziehungen
zwischen behinderten und nichtbehinderten
Menschen und hilft dabei, Berührungsängste
abzubauen.
Pleitgen: Was bedeuten die Leistungen
unserer Athleten in Peking bei den Paralympics
für Sie?
Die Athleten haben eine wichtige Vorbildfunktion.
Sie beweisen, dass es mit einer
Behinderung nicht nur möglich ist, ein
erfolgreiches, selbstbestimmtes Leben zu
führen, sondern dass behinderte Menschen
auch in der Lage sind, Höchstleistungen zu
erbringen. In Sachen Motivation, Kampfgeist
und Professionalität stehen sie nicht
behinderten Sportlern in nichts nach. Sie
bieten spannende, packende Wettkämpfe,
die ich jedem Zuschauer nur ans Herz legen
kann. Das haben auch die Fernsehsender
realisiert, die in diesem Jahr so viel wie nie
zuvor von den Paralympics berichten. Wichtig
ist mir, dass wir die Integrationskraft des
Sports noch mehr betonen. Ziel sollte es aus
meiner Sicht sein, eines Tages Olympische
Spiele und Paralympics zu fusionieren.
Pleitgen: Der Förderkreis Behindertensport
will mit seinem Engagement ausdrücklich
allen Menschen mit Einschränkungen
dienen, die gerne Sport treiben
möchten, unabhängig von jeder Vereinszugehörigkeit
oder von Leistungsgedanken.
Unterstützen Sie das?
Behinderten Menschen die Möglichkeit
zu geben, Sport zu treiben – in der Sportart,
die sie selber auswählen, und unter den
Rahmenbedingungen, die ihnen am liebsten
sind – ist Grundlage für Selbstbestimmung
und Teilhabe. Ich begrüße das Engagement
des Förderkreis Behindertensport deshalb
ausdrücklich.
Pleitgen: Vielen Dank für dieses Gespräch!
SportReport 9