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Beelitzer Nachrichten - November 2014

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BEELITZER NACHRICHTEN NR. 10 / 25. JAHRGANG<br />

26. NOVEMBER <strong>2014</strong>, SEITE 23<br />

Wo der „Aktivist“<br />

noch aktiv ist<br />

Teilnehmerrekord beim 9. Elsholzer<br />

Treckertreffen: Über 200 Ackerkönige<br />

präsentierten sich den vielen<br />

Schaulustigen am Straßenrand<br />

E<br />

s ist der letzte Samstag im<br />

Oktober: Milde Temperaturen,<br />

herbstlicher Sonnenschein<br />

– und eine Dunstglocke,<br />

die sich allmählich über Elsholz<br />

legt. Überall reicht es nach<br />

Öl und verbranntem Diesel, während<br />

das Bullern von über 200<br />

Motoren durch die Straßen hallt.<br />

Es ist Musik im guten alten<br />

Zweitakt – für die über tausend<br />

Schaulustigen an den Straßenrändern,<br />

vor allem aber für die Trecker-Kapitäne,<br />

die mit stolz geschwellter<br />

Brust auf ihren Maschinen<br />

sitzen. Manch einer hat<br />

die Frau neben sich, andere die<br />

Kinder. Es sind alte Bauern dabei<br />

und junge Leute, die auf Opas<br />

Traktor vor gar nicht allzu langer<br />

Zeit fahren gelernt haben.<br />

Das diesjährige Treckertreffen in<br />

dem <strong>Beelitzer</strong> Ortsteil hat alle<br />

bisherigen Rekorde gebrochen:<br />

„So viele Teilnehmer hatten wir<br />

noch nie“, sagt Wolfgang Seemann,<br />

der mit den anderen<br />

„Treckerfreunden Elsholz“ während<br />

des nicht enden wollenden<br />

Korsos den Verkehr regelt. 210<br />

Fahrzeuge, vor allem historische<br />

Landmaschinen, aber auch einige<br />

moderne sowie Autos und Transporter<br />

ziehen durch die Straßen<br />

sowie um den Ort herum. Neben<br />

Traktoren der Marken Lanz Bulldog,<br />

Deutz, Fendt und Fortschritt<br />

ist unter anderem auch ein gut<br />

erhaltener Wartburg der Volkspolizei<br />

dabei. Der Fahrer – stilecht<br />

in Uniform – winkt dem Publikum,<br />

während eine Puppe als<br />

Verdächtiger auf dem Rücksitz<br />

schmort. Abseits der Schaumeile<br />

gibt es Kinderattraktionen wie<br />

Karussell und Mini-Trecker-<br />

Parscour und es warten Stärkungen<br />

vom Grill und aus der Gulaschkanone.<br />

Frauen aus dem<br />

Dorf verkaufen selbstgebackenen<br />

Kuchen und die Freiwillige Feuerwehr<br />

sichert die Straßen ab.<br />

Vor neun Jahren hatten Seemann<br />

und eine handvoll Mitstreiter die<br />

Idee, doch mal ihre alten Traktoren<br />

öffentlich auffahren zu lassen.<br />

Seemann selbst hat einen 40 Jahre<br />

alten Massey Ferguson in der<br />

Garage zu stehen. „Beim erstem<br />

Mal waren 40 Trecker zusammengekommen,<br />

im nächsten Jahr<br />

dann schon 90“, erinnert er sich.<br />

Viele Elsholzer und Einwohner<br />

der benachbarten Dörfer haben<br />

sich ihrer alten Perlen erinnert,<br />

die sie noch irgendwo im Stall zu<br />

stehen hatten, und sie wieder aufpoliert.<br />

Das jährliche Schaulaufen<br />

der Ackerkönige ist bald zum<br />

festen Termin im Kalender geworden<br />

– und das auch über weit<br />

über Beelitz hinaus. Aus dem<br />

gesamten Land kommen die Traktoren<br />

mittlerweile angetuckert.<br />

Als i-Tüpfelchen gibt es eine Medaille<br />

für die Teilnahme, „und<br />

viele sammeln die auch, möchten<br />

keine verpassen“, sagt Wolfgang<br />

Seemann.<br />

Nicht ganz so weit hat es heute<br />

Sebastian Baum gehabt. Der <strong>Beelitzer</strong><br />

ist mit seinem Hanomag<br />

Perfekt 300 am Morgen aus der<br />

benachbarten Stadt angereist. Das<br />

türkisfarbene Gefährt aus dem<br />

Jahr 1962 hat den Spitznahmen<br />

„Wespe“, weil es in der Mitte so<br />

schlank ist, berichtet er. Gekauft<br />

hatte Baum den Trecker vor fünf<br />

Jahren – eigentlich nur zum Holz<br />

holen. „Es ist aber schon etwas<br />

Besonders, damit zu fahren“, sagt<br />

er. Auf dem Anhänger hat die<br />

ganze Familie Platz genommen<br />

und juchzt, als sich das Gefährt in<br />

Bewegung setzt.<br />

Das Treckertreffen ist immer auch<br />

ein wenig Anschauungsunterricht<br />

in Sachen Agrargeschichte: Von<br />

den ersten Landmaschinen aus<br />

Amerika oder der Sowjetunion,<br />

die nach dem Zweiten Weltkrieg<br />

zum Einsatz kamen, über frühe<br />

DDR-Modelle wie „Aktivist“ und<br />

„Famulus“ (vom Volksmund<br />

spöttisch „Pflaumenmus“ genannt)<br />

bis hin zu den verbreiteten<br />

ZT 300, die bis zum Schluss in<br />

den LPGen genutzt wurden, ist in<br />

Elsholz alles vertreten. Manch<br />

einer hat auch noch den passenden<br />

Pflug drangehängt – im Prinzip<br />

könnte er sofort<br />

von der Straße herunter<br />

und mit der Arbeit<br />

beginnen.<br />

Viele der alten Modelle<br />

sind bis heute<br />

im Einsatz – zum<br />

Pflügen, zur Heumahd<br />

oder eben zum<br />

Holz holen wie bei<br />

Sebastian Baum. Es<br />

ist ihre Vielseitigkeit<br />

und Vielfalt, welche<br />

den Charme der<br />

Traktoren ausmacht –<br />

und der Schauwert,<br />

der bei einem solchen<br />

Aufeinandertreffen<br />

entsteht. Dafür nimmt<br />

man in Elsholz einmal<br />

im Jahr auch mal<br />

ein bisschen Qualm<br />

in Kauf.<br />

Wenn es in Elsholz<br />

qualmt und bullert,<br />

steht das jährliche<br />

Treckertreffen auf<br />

dem Programm.<br />

Die Ackerkönige<br />

bildeten einen<br />

Korso durch das<br />

Dorf und drum<br />

herum. Darunter<br />

waren auch einige<br />

historische Autos<br />

wie ein Wartburg<br />

der Volkspolizei<br />

(Bild unten)<br />

Fotos: T. Lähns

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