25.11.2014 Aufrufe

UMWELT INFORMATIK

UMWELT INFORMATIK

UMWELT INFORMATIK

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Gesetzeswerke und Institutionen digitale Daten<br />

und Computer; dieses stellt eine echte Schnittstelle<br />

zwischen Biologie, Informatik und Jura dar. Da<br />

aber bereits die meisten relevanten Software- und<br />

Betriebssysteme aus dem anglophonen Bereich<br />

stammen, ist es leicht ersichtlich, dass die Entwicklung<br />

– technisch als auch institutionell und kulturell<br />

– bereits außerhalb Deutschlands stattfindet<br />

und man eine relevante Mitbestimmung aufgegeben<br />

hat (Hüttmann 2001b). Des Weiteren können<br />

viele deutsche Juristen und Richter ‚Software’,<br />

oder gar die Verbindung mit Ökologie, nicht wirklich<br />

korrekt einordnen und bewerten. Bis zum heutigen<br />

Tage ist es nicht einmal klar, wie ein echter<br />

interdisziplinärer Nachhaltigkeitsansatz wirklich<br />

auszusehen hat und welche Rolle die Informatik,<br />

oder gar die GI, darin spielen soll. Wie am globalen<br />

Artensterben (Wilson 1990) schnell ersichtlich,<br />

hat sich das Konzept des Brundland-Reports, oder<br />

gar das der Weltbank, noch nicht bewährt (Rich<br />

1994, Stiglitz 2006; siehe auch Lomborg 1998). In<br />

Sachen Deutscher Naturschutz werden viele relevante<br />

Entscheidungen auf Länder-, Regions- und<br />

Kreisebene getätigt. Es mag zwar auf Länderebene<br />

Initiativen geben (z.B. http://www2.lubw.badenwuerttemberg.de/public/uis/kewa1/index1.html;<br />

Günther 1998), aber der Einfluss der Umweltinformatik<br />

auf der so relevanten, lokalen Kreis-<br />

Ebene ist fast obsolet (Hüttmann 2004a). Eine<br />

echte Hands-on Kooperation zwischen Naturschutz,<br />

Gesetzgebung und effizienten ‚Tools’ - also<br />

zum Beispiel zwischen Ökologen, Juristen und<br />

Informatikern - hat also noch immer nicht wirklich<br />

stattgefunden. Eine diesbezügliche institutionelle<br />

Kultur fehlt fast vollständig und wird von den Universitäten,<br />

der Informatik oder gar der Deutschen<br />

Forschungsgesellschaft (DFG) auch nicht direkt<br />

gefordert.<br />

Deutschland ist weit bekannt für seine starke<br />

„Grüne Umweltbewegung“. Aber nur mit wenigen<br />

Ausnahmen bleibt der Einsatz der Öko-, Biodiversitäts-,<br />

Wildlife- und Ozean-Informatik in Deutschland<br />

nicht nur unerwähnt, sondern von deutscher<br />

Seite aus wissenschaftlich auch weitgehend unbearbeitet<br />

(Hüttmann 2005a). Und so ist die deutsche<br />

GI, Umweltinformatik, dann auch im Prinzip<br />

abwesend in so relevanten Projekten wie GBIF<br />

(Global Biodiversity Information Facility*), OBIS<br />

(Ocean Biogeography Information System*), ökologische<br />

Metadata Standards, BioInformatics, Biometrie,<br />

Landschaftsmodellierungen, Cummulative<br />

Impact Studies & Tools (Woodstock/Stanley*, AL-<br />

CES*), und strategische Umweltschutzplanung.<br />

Wir haben diesbezüglich keine weltweit anerkannten<br />

Software-Produkte und Zertifizierungsprogramme,<br />

noch unterstützen wir internationale Kooperationen;<br />

kleinräumliche Anwendungen werden<br />

fälschlich als Showcase dargestellt. Echter Fortschritt<br />

im GIS (Geographic Information Systems)<br />

Bereich existiert bis zum heutigen Tage nicht,<br />

noch fordert die GI Open Access und Freie Daten<br />

(sensu Freedom of Information Act und ähnliche<br />

policies; siehe Esanu und Uhlir 2004, und Peterson<br />

et al. 2005 für weitere Details) und deren echte<br />

Umsetzung, welche die Grundlage für eine digitale<br />

Nachhaltigkeit darstellt. Der Verweis auf die<br />

Berlin oder Budapest Open Access Deklarationen*<br />

muss hier als irreführend gelten, da sie schlichtweg<br />

nicht einmal von der DFG selber und den<br />

deutschen Ministerien umgesetzt werden.<br />

Wie in Ingenieurskreisen weit verbreitet, herrscht<br />

in der GI leider immer noch die fatale Philosophie<br />

des „Technofixes“ vor, also dass bereits ein neues<br />

technisches Produkt das Problem schnell lösen<br />

würde. Wie in Sachen Global Climate Change<br />

leicht ersichtlich, zeigt sich stattdessen, dass der<br />

einfache Technofix keine Lösung ist, und langfristig<br />

versagt, das Problem sogar noch verschlimmert<br />

(Czech 2003, Stiglitz 2006). Viele Informatik-Projekte<br />

werden leider selten mit echten Cost-Benefit<br />

Analysen auf ihren Naturschutz-Sinn hin bewertet.<br />

Trägt das Umweltinformatik-Projekt wirklich zur<br />

Verminderung des ‚Global Human Footprints’ bei<br />

(Wackernagel und Rees 1996; Millennium Ecosystem<br />

Assessment*)? Reduzieren wir die Liste der<br />

bedrohten Arten durch unser Informatik-Projekt,<br />

oder verstärken wir lediglich Konsum, Wachstum,<br />

Urbanisierung und das Auftreten exotischer Arten<br />

(Wilson 1990, Czech 2000, 2003)?<br />

Und so ist die deutsche Informatik-Ausbildung<br />

dann auch primär technisch und mathematisch<br />

ausgerichtet: sie bedient lediglich eine unnachhaltige<br />

Ökonomie mitsamt seinen Ablegern. Wie die<br />

Pisa-Studie schon zeigt, versagt unsere aktuelle<br />

Schulausbildung nicht nur in ganzheitlichen Gebieten,<br />

sondern auch hinsichtlich der Informatik, und<br />

noch viel mehr in Sachen Umweltinformatik und<br />

ihres Rollenbildes. Dieses kann man schnell anhand<br />

von Online-Datenbanken, die ja von höchstem<br />

Stellenwert für Biodiversitätsinventur und Delivery<br />

für Sustainable Management sind (Nichols<br />

und Williams 2006; siehe Günther 1998, und<br />

Hüttmannn 2004b für deutsche Situation), aufzeigen:<br />

Die meisten Abiturienten können keine einfachen<br />

MS Access Datenbanken oder UNIX und LI-<br />

NUX handhaben; kennen kein SQL, JAVA, Open<br />

Office oder wissen was ‚Loops’ sind. Diese Probleme<br />

setzen sich dann im Berufsschul- und Universitätsbereich<br />

fort, wo die meisten Absolventen<br />

nur die elementarsten Computerkenntisse vermittelt<br />

bekommen. Vielleicht sind Word und Excel bekannt,<br />

aber nicht Fortran, R, Apache, Phyton und<br />

SQL oder deren Einbindung in den Day-to-Day<br />

workflow. Effiziente Organisation von Directories<br />

und Filennamen, oder gar eines Servers, sind<br />

meist unbekannt. Selbst deutsche Informatiker<br />

kennen selten EML (Ecological Mark-up Language*),<br />

noch haben sie relevante Kenntnisse über<br />

taxonomische Arten-Identifikation und Umwelt-Monitoring<br />

oder wissen gar, wozu die kostenlose Bereitstellung<br />

solcher Daten wichtig ist (Hüttmann<br />

2005b, 2007a). Es ist ein Problem unserer Zeit,<br />

12

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!