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MITGLIEDER-FORUM<br />

«Mitgliederausweis sieht nach<br />

‹Vogelwarte› aus!»<br />

Ganz toll Ihr Kommentar («Wenn<br />

man der Schweiz an die Freiheit<br />

will»)! Und herzliche Gratulation<br />

zum verdienten Erfolg im Kanton<br />

Zürich und auf nationaler Ebene!<br />

Dass sich Simonetta Sommaruga<br />

entsprechend klar ausdrückte, im<br />

Vergleich zu Vorgängerin Widmer,<br />

ist ihr hoch anzurechnen: Endlich<br />

nimmt jemand aus der Landesregierung<br />

konstruktiv Stellung zum<br />

Thema. Dass es dafür mehrere Jahre<br />

brauchte (und die Umsetzung<br />

des Selbstbestimmungsrechts erst<br />

recht), sollte uns zu denken geben.<br />

Ferner: Super, dass endlich<br />

das Deckblatt weggelassen wird!<br />

Schliesslich bin ich Mitglied eines<br />

Vereins, der sich für meine Anliegen<br />

stark macht. Bis zum Briefträger<br />

darf jeder sehen, welche Sendung<br />

für mich bestimmt ist, darauf bin<br />

ich stolz.<br />

Zu guter Letzt: Der Mitgliederausweis<br />

könnte etwas «peppiger»<br />

gestaltet werden, wenn ich den vorzeige<br />

(auch im Sinne von Mitgliederwerbung),<br />

sieht das immer so<br />

nach «Vogelwarte» aus. Mit diesem<br />

Ausweis kann ich nichts verkaufen,<br />

geben Sie der Selbstbestimmung ein<br />

Gesicht. Dafür bin ich und weitere<br />

Mitglieder auch bereit, den doppelten<br />

Jahresbeitrag zu leisten!<br />

PS. ich weiss nicht, wie lange<br />

mich mein Freund, der Krebs, noch<br />

in Ruhe lässt. Noch tut er es!<br />

A.Z.<br />

Klar, dass es nicht unbedingt der Erfahrung<br />

eines Arztes bedarf, um zu<br />

wissen, dass das Ende des Lebens<br />

noch immer und häufig ein Schrecken<br />

ohne Ende ist, trotz gegenteiliger<br />

Behauptungen. Und wie beruhigend<br />

deshalb das Wissen, dass mit<br />

EXIT fachliche Hilfe zur Verfügung<br />

steht: das Licht am Ende des Tunnels<br />

…<br />

ENRICO D., Mitglied seit 2011<br />

Mein Bruder ist gestorben. Ich habe<br />

seinen Leidensweg festgehalten, da<br />

er von Allgemeininteresse ist. Mein<br />

Bruder ist mit Hilfe von EXIT gestorben.<br />

Das ist gut so, denn er hat gelitten.<br />

Wir danken EXIT für die Hilfe.<br />

Jahrzehntelang lebte mein Bruder<br />

unauffällig als fürsorglicher Familienvater.<br />

Kurz nach seinem 60. Geburtstag<br />

erlitt er einen Schlaganfall<br />

mit neurologischen Ausfällen. Danach<br />

kamen auch Alterserkrankungen<br />

und verschiedene Operationen.<br />

Seine Frau half, wo immer sie konnte.<br />

Doch weil sie dement wurde,<br />

musste sie schliesslich ins Altersheim.<br />

Seine beiden Kinder sind verheiratet,<br />

hatten Nachwuchs und waren<br />

beruflich engagiert. Ohne Gattin<br />

war mein kranker Bruder nicht mehr<br />

in der Lage, allein zu haushalten und<br />

musste ebenfalls ins Altersheim.<br />

Dieser Schritt ist bekanntlich<br />

schwer. Sich im Alter an eine Heimordnung<br />

zu halten, viele neue Menschen<br />

kennenzulernen, deren Verhalten<br />

einzuordnen, verlangt auch<br />

ein hohes Mass an sozialer Kompetenz.<br />

Und exakt diese geht im Alter<br />

oft verloren. Mein Bruder eckte an<br />

und bekam schliesslich Tabletten<br />

gegen seine «Aggressionen» (richtigerweise:<br />

sein Autonomiestreben).<br />

Die Wirkung dieses Medikamentes<br />

wurde jedoch weder vom Arzt noch<br />

vom Heim speziell beobachtet. Nach<br />

wenigen Wochen stellte ich am Telefon<br />

fest, dass mein Bruder völlig<br />

verwirrt war. Auch seine Tochter,<br />

die ihn regelmässig besuchte, stellte<br />

fest, dass er kaum noch gehen konnte<br />

und sich die Situation auch geistig<br />

und seelisch verschlechtert hatte.<br />

Ich telefonierte mit dem Arzt, um<br />

zu erfahren, welche Medikamente<br />

er verschrieben hatte. Fassungslos<br />

erfuhr ich, dass ihm ein starkes<br />

Neuroleptika gegen Psychosen verabreicht<br />

wurde.<br />

Mein Bruder hatte in seinen fast<br />

80 Jahren nie Symptome einer Psychose!<br />

Ich bat um Absetzung des<br />

Medikaments, doch der Arzt ging<br />

in die Ferien und im Heim ging die<br />

Absetzung «verloren». Meinem Bruder<br />

ging es immer schlechter. Wenn<br />

er einen Moment bei klarerem Bewusstsein<br />

war, bat er immer, sterben<br />

zu dürfen, er sei bei EXIT. Nach<br />

einigen Wochen kam der Hausarzt<br />

zurück und verordnete schrittweise<br />

das Absetzen des Neuroleptikas.<br />

Die Tochter meines Bruders und<br />

ich fragten den Arzt, ob er das Rezept<br />

für den Freitod ausstellen würde.<br />

Der Arzt besuchte meinen Bruder<br />

und stellte fest, dass er nicht<br />

mehr urteilsfähig sei, und er deshalb<br />

dieses Rezept nicht ausstellen könne.<br />

Drei Monate zuvor, bevor er Neuroleptika<br />

bekam, war er aber noch<br />

urteilsfähig und unterschrieb seine<br />

Freitoderklärung. Etwas später stellte<br />

sich die Urteilsfähigkeit wieder<br />

ein, und er konnte doch noch begleitet<br />

werden.<br />

Ich wiederhole, mein Bruder ist<br />

gestorben. Das ist gut so, denn er<br />

hat gelitten. Hätte es EXIT nicht gegeben,<br />

würde er vielleicht noch jahrelang<br />

im Dämmerzustand im Bett<br />

liegen!<br />

Neuroleptika haben gefährliche<br />

Nebenwirkungen. Wem helfen und<br />

wem nützen solche Medikamente<br />

im Altersheim? Die Schweiz liegt<br />

beim Verschreiben von Neuroleptika<br />

im internationalen Vergleich an der<br />

Spitze.<br />

JOHANNA PETER-SPERANDIO,<br />

Italien<br />

EXIT-INFO 4.2011 33

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