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FREITODBEGLEITUNG<br />
Möglichkeiten und Grenzen<br />
Einblicke in das Weiterbildungs-Seminar des EXIT-Freitodbegleitungs-<br />
Teams (FTB) zum Jahresende.<br />
Zwei interessante Tage führten das<br />
inzwischen auf 28 Köpfe angewachsene<br />
FTB-Team von EXIT in Baden<br />
AG zusammen. Hauptziel des Seminars<br />
war: eine der wichtigsten<br />
Alternativen zum begleiteten Suizid<br />
kennen lernen, nämlich die Palliative<br />
Care.<br />
Bekanntlich gehört es ja zum<br />
Auftrag einer Freitod-Begleitperson,<br />
im Kontakt mit einer sterbewilligen<br />
Person abzuklären, ob sie sich<br />
über mögliche Alternativen zum<br />
Freitod Gedanken gemacht hat. Zur<br />
Selbstbestimmung gehört Entscheidungsfreiheit<br />
in einer Situation.<br />
Das bedingt einen klaren Blick auf<br />
die Möglichkeiten, zwischen denen<br />
man wählen kann. Nur der informierte<br />
Patient kann eine verantwortungsvolle<br />
Entscheidung treffen.<br />
Daher wird eine Begleitperson die<br />
Frage stellen, ob im Gespräch mit<br />
dem Hausarzt Alternativen erörtert,<br />
sorgfältig geprüft und gegebenenfalls<br />
verworfen worden sind. Ob<br />
sich also die sterbewillige Person in<br />
Kenntnis anderer Optionen für einen<br />
Freitod entscheidet. Im Post-mortem-Bericht<br />
an die Behörden spielt<br />
diese Frage eine wichtige Rolle.<br />
Der Bundesrat fördert es<br />
In den letzten beiden Jahrzehnten<br />
hat sich im Bereich der Betreuung<br />
von Menschen mit einer unheilbaren,<br />
zum Tode führenden Krankheit<br />
ein neuer Zweig der Medizin etabliert.<br />
Palliativ-Medizin, Palliative<br />
Care, Palliativ-Pflege – das sind die<br />
Stichworte, die in Öffentlichkeit und<br />
Politik immer häufiger genannt werden.<br />
Den Ausbau dieses wichtigen<br />
Bereichs hat sich auch der Bundesrat<br />
zum Ziel gesetzt.<br />
Namhafte Vertreter der Palliativ-<br />
Medizin, aber vor allem auch der<br />
sie unterstützenden Kirchen, haben<br />
in den letzten Jahren – leider, muss<br />
man sagen – immer wieder mehr<br />
oder minder heftig, polemisch und<br />
mit unhaltbaren Unterstellungen<br />
gegen die Freitodhilfe Position bezogen.<br />
Sie haben sogar eine militante<br />
Zielsetzung formuliert: Die Option<br />
Freitodbegleitung soll durch den flächendeckenden<br />
Ausbau der Palliativ-Pflege<br />
und -Medizin weitgehend<br />
zum Verschwinden gebracht werden.<br />
EXIT fördert es schon<br />
lange<br />
EXIT andererseits hat niemals Position<br />
gegen Palliative Care bezogen.<br />
Im Gegenteil: Die EXIT-Stiftung palliacura<br />
unterstützt seit vielen Jahren<br />
palliative Einrichtungen mit namhaften<br />
Beträgen.<br />
Dass auch das EXIT-FTB-Team<br />
keine Berührungsängste gegenüber<br />
diesem neuen medizinischen Bereich<br />
kennt, zeigte sich in der Einladung<br />
an einen seiner versiertesten<br />
Exponenten, den Co-Präsidenten<br />
des Palliative-Care-Netzwerks im<br />
Kanton Zürich und Onko-Plus-Konsiliararzt<br />
Dr. Andreas Weber aus<br />
Wetzikon. Er beeindruckte das Team<br />
durch eine exzellente Darstellung<br />
seiner Tätigkeit, durch seine Grundhaltung<br />
unbedingten Respekts vor<br />
dem selbstbestimmten Patienten<br />
und durch eine selten liberale und<br />
kooperative Haltung gegenüber der<br />
Freitodbegleitung als einer ethisch<br />
gleichwertigen Option auf dem Weg<br />
zum Tod.<br />
Wesentliche Voraussetzung seines<br />
engagierten Einsatzes für diejenigen<br />
Patienten, welche die letzten<br />
Tage ihres Lebens zuhause in<br />
der vertrauten Umgebung verbringen,<br />
ist ein Betreuungs-Netzwerk,<br />
das Hausarzt, Spitex, Angehörige,<br />
Freunde, manchmal Nachbarn zusammenführt.<br />
Er scheut sich nicht<br />
einmal, in einem Mehrfamilienhaus<br />
von Wohnung zu Wohnung zu gehen<br />
und Mitbewohner zu engagieren.<br />
Ziel ist eine Rund-um-die-Uhr-<br />
Betreuung des Patienten. Ein exemplarisches<br />
Instrument dafür ist in der<br />
letzten Phase vor dem Tod oft die so<br />
genannte palliative Sedierung, also<br />
das Herbeiführen eines Narkosezustandes.<br />
Sterben im schmerzfreien<br />
Koma<br />
Für sehr viele Menschen steht bei<br />
einer unheilbaren Erkrankung die<br />
Angst vor einem qualvollen Sterben<br />
im Vordergrund. Wenn die Lebenszeit<br />
limitiert ist, der Tod also in Tagen<br />
oder wenigen Wochen eintreten<br />
wird, wird dem Patienten angeboten,<br />
sich durch entsprechende, genau<br />
dosierte und permanent überwachte<br />
Medikamentengaben in ein<br />
schmerzfreies Koma versetzen zu<br />
lassen. Ziel ist dabei das vollständige<br />
Ausschalten des Schmerzerlebens<br />
durch Bewusstlosigkeit, nicht aber<br />
das Herbeiführen des Todes. Das Betreuungsteam<br />
mit den dazu gehörigen<br />
medizinischen Laien wird vom<br />
Palliativarzt genauestens geschult<br />
und überwacht. Der Abschied von<br />
den Angehörigen kann, ähnlich wie<br />
bei einem begleiteten Freitod, vor<br />
dem Einsetzen des gezielt herbeigeführten<br />
Komas erfolgen. Ein Sterben<br />
in vom Patienten auch subjektiv<br />
empfundener Würde ist in einer solchen<br />
Situation möglich.<br />
8 EXIT-INFO 4.2011