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Leitsatz Der Vierte Teil des GWB und mithin die Bestimmungen über ...

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<strong>Leitsatz</strong><br />

<strong>Der</strong> <strong>Vierte</strong> <strong>Teil</strong> <strong>des</strong> <strong>GWB</strong> <strong>und</strong> <strong>mithin</strong> <strong>die</strong> <strong>Bestimmungen</strong> <strong>über</strong> das Nachprüfungsverfahren<br />

gelten nicht für einen Auftrag zum Betrieb der BOS-Stelle Digitalfunk im Freistaat Sachsen,<br />

da <strong>die</strong>ser in den Anwendungsbereich <strong>des</strong> § 100 Abs. 2 lit. d) 2. Variante <strong>GWB</strong> fällt, der <strong>die</strong><br />

Geltung der genannten Vorschriften ausschließt. Die 1. Vergabekammer <strong>des</strong> Freistaates<br />

Sachsen ist gemäß § 100 Abs. 2 lit. d 2. Alt. <strong>GWB</strong> für den Antrag nicht zuständig.<br />

1. Vergabekammer <strong>des</strong><br />

Freistaates Sachsen<br />

bei der Lan<strong>des</strong>direktion Leipzig<br />

1/SVK/011-09<br />

Beschluss<br />

In dem Vergabenachprüfungsverfahren <strong>des</strong> Freistaat Sachsen, XXXXXX Sachsen,<br />

XXXXXX, XXXXXX, XXXXXX; Verfahrensgegenstand: BOS Digitalfunk im Freistaat<br />

Sachsen, Betrieb der BOS-Stelle Digitalfunk im Freistaat Sachsen, Vergabe Nr.:<br />

BOSST-0277.90<br />

1. XXXXXX, XXXXXX, XXXXXX, gesetzlich vertreten durch <strong>die</strong> XXXXXX GmbH,<br />

<strong>die</strong>se wiederum vertreten durch <strong>die</strong> Geschäftsführer,<br />

Verfahrensbevollmächtigte:<br />

XXXXXX<br />

-Antragstellerin-<br />

2. Freistaat Sachsen, vertreten durch <strong>die</strong> XXXXXX Sachsen, XXXXXX, XXXXXX<br />

Verfahrensbevollmächtigte: XXXXXX<br />

-Auftraggeber -<br />

hat <strong>die</strong> 1. Vergabekammer <strong>des</strong> Freistaates Sachsen ohne mündliche Verhandlung durch <strong>die</strong><br />

Vorsitzende, Frau Kadenbach, den hauptamtlichen Beisitzer, Herrn Kühne <strong>und</strong> den<br />

ehrenamtlichen Beisitzer, Herrn Dr. Gutsfeld am 12.06.2009 beschlossen:


1. <strong>Der</strong> Antrag wird als unzulässig verworfen.<br />

2. <strong>Der</strong> Antrag auf Gewährung der Akteneinsicht wird abgelehnt.<br />

3. Die Antragstellerin trägt <strong>die</strong> Kosten (Gebühren <strong>und</strong> Auslagen) <strong>des</strong> Verfahrens sowie<br />

<strong>die</strong> zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen <strong>des</strong><br />

Auftraggebers. Die Verfahrensgebühr wird auf XXXXXX € festgesetzt.<br />

4. Die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten durch den Auftraggeber wird für<br />

notwendig erklärt.<br />

I.<br />

Mit Vergabebekanntmachung vom 02.08.2008 veröffentlichte der Auftraggeber, <strong>die</strong><br />

XXXXXX Sachsen, europaweit <strong>die</strong> beabsichtigte Vergabe <strong>des</strong> Auftrages „BOS Digitalfunk<br />

im Freistaat Sachsen, Betrieb der BOS-Stelle Digitalfunk im Freistaat Sachsen, Vergabe-Nr.<br />

BOSST-0277.90“.<br />

Die Antragstellerin reichte am 02.09.2008 einen <strong>Teil</strong>nahmeantrag ein <strong>und</strong> wurde daraufhin<br />

am 30.09.2008 aufgefordert, ein Angebot abzugeben. Dieser Aufforderung kam sie mit<br />

Datum vom 24.11.2008 nach <strong>und</strong> reichte fristgerecht ihr Angebot beim Auftraggeber ein. Am<br />

17.12.2008 wurde sie vom Auftraggeber zu einem Bietergespräch am 23.01.2009 eingeladen.<br />

In <strong>die</strong>sem Schreiben wurden ihr auch ein Fragenkatalog <strong>und</strong> Preisblätter zugesandt. <strong>Der</strong><br />

Anlage zum Einladungsschreiben war eine Liste mit 12 Fragen zum Bietergespräch beigefügt,<br />

deren Antworten in einer 1,5-stündigen Präsentation vorgestellt werden soll sowie 41 weitere<br />

Fragen, <strong>die</strong> schriftlich zu beantworten waren. <strong>Der</strong> Fragenkatalog enthielt auch konkretisierte<br />

Angaben zur Inbetriebnahme <strong>des</strong> Leitstellennetzwerkes, auf deren Gr<strong>und</strong>lage <strong>die</strong><br />

Antragstellerin ihren Angebotspreis <strong>über</strong>arbeiten sollte. Weiterhin befanden sich in der<br />

Anlage eine Preistabelle für den Service-IT-Support <strong>und</strong> eine Preistabelle für<br />

Lieferung/Leistung. Mit Schreiben vom 22.12.2008 wandte sich <strong>die</strong> Antragstellerin mit<br />

zahlreichen Fragen zum Bietergespräch <strong>und</strong> den neuen Preislisten an den Auftraggeber,<br />

welcher <strong>die</strong>se mit Schreiben vom 06.01.2009 beantwortete. Am 27.01.2009 wurde <strong>die</strong><br />

Antragstellerin vom Auftraggeber zu einer ersten Verhandlungsr<strong>und</strong>e eingeladen. Dem<br />

Schreiben war eine Anlage beigefügt, in welcher Themen <strong>und</strong> Fragestellungen aufgelistet<br />

waren, welche Gegenstand der Verhandlungen sein sollten.<br />

Nach Abschluss der ersten Verhandlungsr<strong>und</strong>e versandte der Auftraggeber mit Schreiben<br />

vom 10.02.2009 einen weiteren Fragekatalog zur Vorbereitung der zweiten<br />

Verhandlungsr<strong>und</strong>e, welche am 05.03.2009 um 9:00 Uhr stattfinden sollte. Die<br />

2


Antragstellerin arbeitete <strong>die</strong> Antworten aus <strong>und</strong> <strong>über</strong>sandte <strong>die</strong>se dem Auftraggeber zum<br />

20.02.2009.<br />

Mit Datum vom 03.03.2009 teilte der Auftraggeber der Antragstellerin mit, dass <strong>die</strong>se nicht<br />

Platz 1 belegt habe <strong>und</strong> <strong>des</strong>halb vorerst nicht an den weiteren Verhandlungen beteiligt werde.<br />

Mit Rüge vom 03.03.2009 monierte <strong>die</strong> Antragstellerin gegen<strong>über</strong> dem Auftraggeber, dass<br />

<strong>die</strong>ser mit der Einladung zum Bietergespräch einen Katalog von 29 Fragen <strong>über</strong>mittelt habe<br />

wobei für <strong>die</strong> Antworten maximal 290 Punkte vergeben werden sollten. Aus den<br />

Verdingungsunterlagen sei jedoch nicht ersichtlich gewesen, wie <strong>die</strong> Wertung <strong>des</strong><br />

Bietergespräches in <strong>die</strong> Gesamtwertung eingehe. Damit seien Zuschlagskriterien <strong>und</strong><br />

Gewichtung erst nach Angebotsabgabe bekanntgemacht worden. Es seien mit der Einladung<br />

zum Bietergespräch neue Preise für <strong>die</strong> Kriterien XXXXXX <strong>und</strong> XXXXXX gefordert<br />

worden. Erst auf Anfrage vom 22.12.2008 habe man mitgeteilt, dass <strong>die</strong> neu abgefragten<br />

Preise mit 100 Punkten in <strong>die</strong> Gewichtung eingingen.<br />

<strong>Der</strong> Auftraggeber habe zudem nach Abgabe der Angebote den Gegenstand der Ausschreibung<br />

gr<strong>und</strong>legend verändert <strong>und</strong> habe damit gegen den Transparenz- <strong>und</strong><br />

Gleichbehandlungsgr<strong>und</strong>satz verstoßen. Die Leistung <strong>des</strong> Bieters solle durch so genannte<br />

XXXXXX abgesichert werden, wobei nicht ersichtlich sei, nach welchen Kriterien <strong>die</strong><br />

Wertung <strong>des</strong> Angebots erfolgen werde. Die Wertungsformel sei nicht geeignet, den mit 40 %<br />

zu bewertenden Anteil <strong>des</strong> Betriebskonzepts entsprechend abzubilden. Mit der Einladung zum<br />

Bietergespräch habe der Auftraggeber eine gr<strong>und</strong>legende Änderung <strong>des</strong> Personalkonzepts <strong>und</strong><br />

eine Konkretisierung der Position XXXXXX <strong>über</strong>mittelt. Im Zuge der weiteren<br />

Verhandlungsr<strong>und</strong>e sei es <strong>des</strong>halb zu weitreichenden Änderungen der ursprünglich<br />

definierten Anforderungen gekommen. Daher werde <strong>die</strong> fehlende Vergabereife gerügt. Soweit<br />

<strong>die</strong> Angebotsbedingungen bestimmt hätten, dass im Rahmen <strong>des</strong> Bietergespräches <strong>die</strong><br />

einzusetzenden Mitarbeiter mit Hilfe eines Interviews im Hinblick auf <strong>die</strong> Ausführung <strong>des</strong><br />

Auftrages, <strong>die</strong> angebotenen technischen Lösungen <strong>und</strong> <strong>die</strong> Prognose der Qualität der<br />

Leistungsausführung geprüft werden sollten, so sei <strong>die</strong>ses Interview nicht durchgeführt<br />

worden, wodurch von der vorgegebenen Angebotsbeurteilung abgewichen worden sei. <strong>Der</strong><br />

Auftraggeber reduziere unzulässig <strong>die</strong> Min<strong>des</strong>tforderung nach einem XXXXXX<br />

Servicekonzept. Auch <strong>die</strong> Softwareplattform solle nunmehr nicht mehr auf XXXXXX<br />

sondern als XXXXXX fungieren. In den Fragestellungen zur Vorbereitung der zweiten<br />

Verhandlungsr<strong>und</strong>e entfalle jedoch <strong>die</strong> Preisblattposition XXXXXX <strong>und</strong> würde durch <strong>die</strong><br />

Positionen XXXXXX ersetzt. Zudem seien mit dem XXXXXX <strong>und</strong> der Planung von<br />

XXXXXX im Rahmen der Ressourcenverwaltung zwei neue Anforderungen formuliert<br />

worden. Die Verdingungsunterlagen beschrieben <strong>die</strong> Bereitstellung von Diensten mit Hilfe<br />

eines XXXXXX. Damit werde ein Finanzierungskonzept mit XXXXXX <strong>und</strong> keinem<br />

Eigentums<strong>über</strong>gang zur XXXXXX ausgeschrieben, nunmehr werde ein reines Kaufgeschäft<br />

abgefragt.<br />

3


Mit Datum vom 20.03.2009 reichte <strong>die</strong> Antragstellerin zunächst vorab per Telefax bei der<br />

erkennenden Vergabekammer einen Antrag auf Vergabenachprüfung ein <strong>und</strong> beantragte:<br />

1. Diesen Nachprüfungsantrag dem Antragsgegner unverzüglich nach § 110 Abs. 2 <strong>GWB</strong><br />

zuzustellen (vorab per Fax) <strong>und</strong> <strong>die</strong>sen gleichzeitig darauf hinzuweisen, dass vor einer<br />

Entscheidung der Vergabekammer <strong>und</strong> dem Ablauf der Beschwerdefrist (§ 117 Abs.<br />

<strong>GWB</strong>) das Vergabeverfahren nicht fortgeführt werden darf.<br />

2. Es wird festgestellt, dass <strong>die</strong> Antragstellerin in ihren Rechten verletzt ist.<br />

Die Antragstellerin trug vor, der Auftraggeber habe nachträglich veränderte<br />

Zuschlagskriterien eingeführt <strong>und</strong> <strong>die</strong> Gewichtung der bestehenden Zuschlagskriterien<br />

geändert, was einen Verstoß gegen den Transparenzgr<strong>und</strong>satz <strong>und</strong> gegen § 25 a Nr. 1 Abs. 2<br />

VOL/A darstelle.<br />

Weiter wiederholte <strong>die</strong> Antragstellerin ihren Vortrag aus der Rüge, dass aus den<br />

Verdingungsunterlagen nicht ersichtlich gewesen sei, wie <strong>die</strong> Wertung <strong>des</strong> Bietergespräches<br />

in <strong>die</strong> Gesamtwertung eingehe. Entgegen einer Mitteilung <strong>des</strong> Auftraggebers, dass ein<br />

Zusammenhang mit der Bewertung der Verdingungsunterlagen nicht bestehe <strong>und</strong> ebenso<br />

wenig ein Bezug zur Formel der Angebotsbewertung herzustellen sei, habe <strong>die</strong>ser jedoch <strong>die</strong><br />

Wertung <strong>des</strong> Bietergespräches als Gr<strong>und</strong>lage für seine Entscheidung, <strong>die</strong> Antragstellerin vom<br />

Verhandlungsverfahren zurückzustellen berücksichtigt. Die Erkenntnisse aus der ersten<br />

Verhandlungsr<strong>und</strong>e dürften lediglich zur Prüfung <strong>und</strong> ggf. Korrektur der Kriterien <strong>und</strong> der<br />

Beurteilung der Wertungsmatrix herangezogen werden. Es sei zur Begründung der<br />

Zurückstellung im weiteren Verhandlungsverfahren vom Auftraggeber angegeben worden,<br />

<strong>die</strong> Ursache in der Zurückstellung läge zum erheblichen <strong>Teil</strong> in der Komplexität <strong>des</strong> von der<br />

Antragstellerin angebotenen Systems <strong>und</strong> in der von ihr offerierten Struktur der<br />

Benutzeroberfläche. Diesbezüglich habe sich <strong>die</strong> Antragstellerin im Laufe der Verhandlungen<br />

nur sehr wenig bewegt, obwohl <strong>die</strong> Bedeutung der Komponenten <strong>und</strong> Systeme für den<br />

Beschaffungszweck erkennbar groß war <strong>und</strong> sei. Insbesondere sei ihr vorgeworfen wurden,<br />

dass sie sich in Punkto XXXXXX <strong>und</strong> XXXXXX weniger bewegt habe, als <strong>die</strong><br />

Konkurrenten. Die große Bedeutung einer einheitlichen Be<strong>die</strong>neroberfläche sei aber der<br />

Antragstellerin nicht mitgeteilt worden oder bekannt gewesen. Ein entsprechen<strong>des</strong> Kriterium<br />

sei weder der Bekanntmachung noch den Verdingungsunterlagen zu entnehmen gewesen. <strong>Der</strong><br />

<strong>über</strong>wiegende <strong>Teil</strong> der Benutzeroberfläche würde mit dem XXXXXX <strong>und</strong> dem XXXXXX<br />

realisiert, <strong>die</strong> im Rahmen <strong>des</strong> Projektes individuelle an <strong>die</strong> Bedürfnisse <strong>des</strong> Auftraggebers<br />

angepasst würden. Die Antragstellerin habe in der ersten Verhandlungsr<strong>und</strong>e deutlich<br />

4


gemacht, dass <strong>die</strong> Gestaltungsanforderungen <strong>des</strong> Auftraggebers ohne Schwierigkeiten<br />

umgesetzt werden könnten.<br />

Soweit der Auftraggeber <strong>die</strong> Antragstellerin zurückgestellt habe, weiche er zudem von den<br />

getroffenen Festlegungen zum Ablauf <strong>des</strong> Verhandlungsverfahrens zum Nachteil der<br />

Antragstellerin ab. Eine Reduzierung der <strong>Teil</strong>nehmer nach Verhandlungsbeginn sei nicht<br />

vorgesehen gewesen.<br />

Eine Reduzierung der <strong>Teil</strong>nehmer nach Verhandlungsbeginn sei nicht vorgesehen gewesen.<br />

Eine <strong>die</strong>sbezügliche Verletzung vergaberechtlicher Vorschriften habe <strong>die</strong> Antragstellerin mit<br />

Schreiben vom 03.03.2009 gerügt.<br />

Es sei zudem zu vermuten, dass der Auftraggeber bei der Beurteilung <strong>des</strong> Angebotes der<br />

Antragstellerin auftragsfremde Kriterien verwendet habe, denn er habe in seinem Schreiben<br />

vom 17.12.2008 in der Ziffer 9 <strong>die</strong> Frage aufgeworfen, welche Synergieeffekte sich für <strong>die</strong><br />

BOS-Stelle beim einem einzigen Auftragnehmer für den Betrieb sowie <strong>die</strong> Lieferung der<br />

Systeme XXXXXX <strong>und</strong> XXXXXX ergeben würden. Es sei <strong>des</strong>halb zu befürchten, dass <strong>die</strong><br />

Vergabe <strong>des</strong> Loses 1 <strong>und</strong> <strong>des</strong> Loses 4 an einen einzigen Bieter in <strong>die</strong> Wertung eingegangen<br />

sei. Dies könne jedoch nur vermutet werden, <strong>die</strong> Antragstellerin habe hiervon jedoch keine<br />

konkrete Kenntnis.<br />

Weiter sei darauf hinzuweisen, dass der Auftraggeber <strong>die</strong> Antragstellerin mit der Einladung<br />

zum Bietergespräch gemäß Schreiben vom 17.12.2008 aufgefordert habe, das Preisblatt<br />

„Preise für Lieferungen/Leistungen“ auszufüllen.<br />

XXXXXX<br />

Soweit <strong>die</strong> Angebotsbedingungen unter Ziffer 12 bestimmt hätten, dass im Rahmen <strong>des</strong><br />

Bietergespräches <strong>die</strong> einzusetzenden Mitarbeiter mit Hilfe eines Interviews im Hinblick auf<br />

<strong>die</strong> Ausführung <strong>des</strong> Auftrages, <strong>die</strong> angebotenen technischen Lösungen <strong>und</strong> <strong>die</strong> Prognose der<br />

Qualität der Leistungsausführung geprüft werden sollten, so sei <strong>die</strong>ses Interview nicht<br />

durchgeführt worden, weshalb der Auftraggeber somit von der vorgegebenen<br />

Angebotsbeurteilung abgewichen sei.<br />

Die Antragstellerin trug weiter vor, der Auftraggeber habe den ursprünglichen<br />

Vertragscharakter der Ausschreibung vollständig verändert. Ursprünglich sei <strong>die</strong> Erbringung<br />

festgelegter Dienstsleistungen mit einem definiertem Erfolg, also einem Werkvertrag,<br />

geschuldet gewesen. Durch <strong>die</strong> Änderung <strong>des</strong> Leistungsgegenstan<strong>des</strong> nunmehr eine reine<br />

Personalbereitstellung. Nach den dargelegten Änderungen sei unklar, welche Leistungen das<br />

<strong>über</strong>lassene Personal ausführen solle.<br />

5


Die Antragstellerin legte weiter dar, dass der Auftraggeber <strong>die</strong> ursprünglich ausgeschriebene<br />

Leistung dergestalt verändert habe, dass nunmehr ein Kaufvertrag mit Eigentums<strong>über</strong>gang<br />

vorgesehen sei. XXXXXX Anstelle einer Mietlösung werde nunmehr eine Kauflösung<br />

gefordert. Wäre <strong>die</strong>ser Umstand bereits bei Angebotserstellung bekannt gewesen, hätte <strong>die</strong><br />

Antragstellerin ihr Angebot gr<strong>und</strong>legend anders bearbeiten können.<br />

<strong>Der</strong> Auftraggeber habe in der Ausschreibung ein XXXXXX gefordert. In den Fragestellungen<br />

zur Vorbereitung der zweiten Verhandlungsr<strong>und</strong>e entfalle jedoch <strong>die</strong> Preisblattposition<br />

XXXXXX <strong>und</strong> würde durch <strong>die</strong> Positionen XXXXXX ersetzt.<br />

Gegenstand der Ausschreibung sei neben der XXXXXX-Dienstleistung auch <strong>die</strong> Beschaffung<br />

<strong>und</strong> Installation eines XXXXXX gewesen, welches <strong>die</strong> Aufgabe habe, den XXXXXX<br />

XXXXXX<br />

Mit Schreiben vom 25.03.2009 zeigten sich <strong>die</strong> Verfahrensbevollmächtigten für den<br />

Auftraggeber an.<br />

Mit Begleitschreiben vom 29.03.2009 wurden der Vergabekammer <strong>die</strong> Vergabeakten<br />

<strong>über</strong>geben. Dabei wies der Verfahrensbevollmächtigte <strong>des</strong> Auftraggebers darauf hin, dass <strong>die</strong><br />

<strong>über</strong>wiegenden <strong>Teil</strong>e der Vergabeakten sowie der Angebote der Geheimhaltungspflicht<br />

gemäß § 111 Abs. 2 <strong>und</strong> 3 <strong>GWB</strong> unterlägen.<br />

Mit Schreiben vom 31.03.2009 wurde der Auftraggeber-Vertreter von der Vergabekammer<br />

aufgefordert, <strong>die</strong> Versagung der Akteneinsicht bezogen auf <strong>die</strong> wesentlichen Bestandteile der<br />

Vergabeakte zu begründen.<br />

Mit Schriftsatz vom 02.04.2009 teilte der Auftraggeber-Vertreter zunächst mit, dass das<br />

Akteneinsichtsrecht schon allein <strong>des</strong>halb zu versagen sei, da der Vergabenachprüfungsantrag<br />

unzulässig sei. Praktisch <strong>die</strong> gesamten Akten seien nach dem SächsSÜG i. V. m. VSA als<br />

„VS- nur für den Dienstgebrauch“ gekennzeichnet. Dies seien bereits per se Gründe dafür,<br />

den <strong>über</strong>wiegenden <strong>Teil</strong> der Vergabeakten als geheimhaltungsbedürftig einzustufen. Die<br />

<strong>Teil</strong>nehmer <strong>des</strong> Verfahrens seien verschiedentlich auf <strong>die</strong> Geheimhaltungsbedürftigkeit der<br />

Vorgänge hingewiesen worden, was <strong>die</strong> Antragstellerin bisher unbeanstandet gelassen habe.<br />

Mit Schriftsatz vom 07.04.2009 trat <strong>die</strong> Antragstellerin den Vorträgen <strong>des</strong> AGs zur<br />

Verwehrung der Akteneinsicht entgegen <strong>und</strong> legte dar, dass der Verweis darauf, dass Akten<br />

oder Aktenbestandteile als Verschlusssache – nur für den Dienstgebrauch eingestuft worden<br />

6


seien, nicht darauf schließen lasse, dass <strong>die</strong> Akten insgesamt als geheimhaltungsbedürftig<br />

einzustufen seien, da zwischen der Einordnung als Verschlusssache nur für den<br />

Dienstgebrauch <strong>und</strong> einer sonstigen Geheimhaltung zu differenzieren sei. § 3 der<br />

Verschlusssachenanweisung sehe vier unterschiedliche Geheimhaltungsgrade vor: streng<br />

geheim, geheim, Verschlusssache – vertraulich, Verschlusssache nur für den Dienstgebrauch.<br />

Die Einordnung als geheimhaltungsbedürftig sei insoweit gerade nicht durch den<br />

Auftraggeber erfolgt. Dar<strong>über</strong> hinaus sei <strong>die</strong> Antragstellerin am Verhandlungsverfahren<br />

beteiligt gewesen <strong>und</strong> habe Unterlagen <strong>und</strong> Informationen erhalten. Insoweit sei es<br />

verw<strong>und</strong>erlich, warum im Nachprüfungsverfahren, welches einen <strong>Teil</strong> <strong>des</strong> Vergabeverfahrens<br />

darstelle, <strong>die</strong> Einsicht <strong>und</strong> Übergabe von Unterlagen nunmehr einer höheren<br />

Schutzbedürftigkeit unterliegen sollten.<br />

Mit Schriftsatz vom 09.04.2009 nahm der Auftraggeber nunmehr zum Inhalt <strong>des</strong><br />

Vergabenachprüfungsantrages Stellung <strong>und</strong> beantragte u. a.:<br />

1. den Nachprüfungsantrag zurückzuweisen.<br />

<strong>Der</strong> Auftraggeber legte zunächst dar, dass es sich bei dem streitgegenständlichen<br />

Vergabeverfahren um eine innovative Ausschreibung handele, <strong>die</strong> mit gutem Gr<strong>und</strong> als<br />

Verhandlungsverfahren ausgestaltet worden sei. Insoweit verw<strong>und</strong>ere es, dass <strong>die</strong><br />

Antragstellerin – präklu<strong>die</strong>rt <strong>und</strong> vor dem Hintergr<strong>und</strong> ihres eigenen Mitverhandelns rechtlich<br />

verwirkt – wesentliche <strong>Teil</strong>e der Konstruktion <strong>des</strong> Vergabeverfahrens nunmehr angreifen<br />

wolle. Unter Berücksichtigung <strong>des</strong> Umstan<strong>des</strong>, dass <strong>die</strong> Antragstellerin das vorläufige<br />

Absageschreiben <strong>des</strong> AGs am 03.03.2009, 12.49 Uhr erhalten habe <strong>und</strong> noch am gleichen<br />

Tage gegen 17.08 Uhr ein umfangreiches Beanstandungsschreiben dem AG <strong>über</strong>mittelt habe,<br />

so sei davon auszugehen, dass <strong>die</strong> Antragstellerin sehr wohl von Beginn <strong>des</strong><br />

Ausschreibungsverfahrens an sowie in der ganzen Zeit vorher, in welcher sie sich auf das<br />

Verhandlungsverfahren eingelassen habe, von der angeblich fehlenden Rechtskonformität <strong>des</strong><br />

Vergabeverfahrens <strong>über</strong>zeugt gewesen sei. Dann aber hätte sie <strong>die</strong>se fehlende<br />

Vergaberechtskonformität rügen müssen, was sie doch nicht getan habe, mit der Folge, dass<br />

das jetzige Vorbringen nunmehr präklu<strong>die</strong>rt sei.<br />

Speziell hinsichtlich der nunmehr monierten angeblichen Abweichung vom<br />

Beschaffungsgegenstand <strong>und</strong> der angeblich nicht vorhandenen Ausschreibungsreife habe sich<br />

<strong>die</strong> Antragstellerin mit ihrem eigenen Schreiben vom 26.02.2009 voll <strong>und</strong> ganz auf <strong>die</strong><br />

Modifikationen in der Umsetzung <strong>und</strong> Konkretisierung <strong>des</strong> funktionalen Leistungsbeschriebs,<br />

welchen sie selbst als Verschiebungen der Anforderungen bezeichne, eingelassen. Noch<br />

dar<strong>über</strong> hinausgehend habe mit Schreiben vom 26.03.2009 <strong>die</strong> Antragstellerin sogar von sich<br />

aus weitere Änderungen angeboten.<br />

7


Erst nachdem <strong>die</strong> Antragstellerin von ihrem vorläufigen Ausscheiden aus dem<br />

Verhandlungsverfahren Kenntnis erhielt, habe sie gr<strong>und</strong>sätzliche Kritik an dem gesamten<br />

Verfahren geäußert. Dies sei aber ein geradezu klassischer Fall <strong>des</strong> Spekulierens mit<br />

erkannten angeblichen Vergaberechtsverstößen, <strong>die</strong> vom Gesetzgeber mit einer Präklusion<br />

sanktioniert würden. Die weiteren sonstigen Gesichtspunkte außerhalb der<br />

Ausschreibungsreife, also <strong>die</strong> Handhabung <strong>des</strong> Verhandlungsverfahrens, <strong>die</strong><br />

Bewertungsformel, <strong>die</strong> Einführung angeblich neuer Zuschlagskriterien, <strong>die</strong> angeblich auftragsfremden<br />

Kriterien sowie der Verzicht auf Mitarbeiterinterviews betreffend, würde<br />

nachgeschoben. Auch <strong>die</strong>sbezügliches Vorbringen sei daher verfristet.<br />

Dezi<strong>die</strong>rt legte der Auftraggeber im Nachfolgenden dar, dass das Vorbringen einer angeblich<br />

fehlenden Vergabereife spätestens seit dem Ende der <strong>Teil</strong>nahmefrist vom 03.09.2008, 24.00<br />

Uhr verfristet <strong>und</strong> damit i. S. <strong>des</strong> § 107 Abs. 2 Satz 3 <strong>GWB</strong> präklu<strong>die</strong>rt sei. Die<br />

Funktionalität, d. h. <strong>die</strong> funktionale Leistungsbeschreibung sei bereits der EU-<br />

Vergabebekanntmachung vom 02.08.2008 zu entnehmen gewesen. Insoweit verhalte sich <strong>die</strong><br />

Antragstellerin widersprüchlich, wenn sie einerseits erkennen lasse, dass sie <strong>die</strong> angebliche<br />

Abweichung vom ausgeschriebenen Ausschreibungsgegenstand sowie <strong>die</strong> angeblich fehlende<br />

Vergabereife bereits mit Übersendung <strong>des</strong> Fragenkataloges für das Bietergespräch am<br />

23.01.2009 nach dem 17.12.2008 bemerkt habe, andererseits jedoch auch behaupte, dass sie<br />

angeblich erst später das vollständige Ausmaß der Änderungen erkannt habe <strong>und</strong> <strong>die</strong>s erst am<br />

03.03.2009 beanstandet habe. Diese Einlassung lasse erkennen, dass <strong>die</strong> Bereitschaft zur Beanstandung<br />

<strong>die</strong>ser Gesichtspunkte von ihrer Positionierung im Wertungsverfahren abhängig<br />

war. Unter Verweis auf eine Entscheidung der Vergabekammer Berlin (VK Berlin, B. v.<br />

31.05.2000, VK B 2/15/00) vertrat der Auftraggeber <strong>die</strong> Auffassung, dass <strong>die</strong> Antragstellerin<br />

<strong>die</strong> monierten vergaberechtswidrigen Abweichungen spätestens im Zuge der Bietergespräche<br />

hätte rügen müssen. Speziell seien <strong>des</strong>halb sowohl <strong>die</strong> angeblich unzulässige Änderung im<br />

Personalkonzept als auch erst recht <strong>die</strong>jenigen Gesichtspunkte, <strong>die</strong> erstmals vertiefend in der<br />

Begründung zum Nachprüfungsantrag vom 20.03.2009 beanstandet wurden, namentlich <strong>die</strong><br />

angebliche Änderung <strong>des</strong> generellen Auftragsgegenstan<strong>des</strong>, der angebliche Verzicht auf<br />

Leistungen nach XXXXXX-Prozessen, <strong>die</strong> angebliche Änderung der Bereitstellung der Soft<strong>und</strong><br />

Hardware, <strong>die</strong> Änderung der XXXXXX, <strong>die</strong> angebliche Änderung der Lizenz für das<br />

nutzereigene XXXXXX präklu<strong>die</strong>rt.<br />

Soweit <strong>die</strong> Antragstellerin <strong>die</strong> angeblich fehlerhafte Bewertungsformel rüge, so sei ihr <strong>die</strong>se<br />

bereits mit der Aufforderung zur Angebotsabgabe bekannt gegeben worden. Auch <strong>die</strong><br />

Struktur <strong>des</strong> Verhandlungsverfahrens sei bereits aus der EU-Bekanntmachung vom<br />

02.08.2008 bekannt gewesen, so dass bezüglich beider Punkte eine Präklusion eingreife.<br />

8


Ebenso sei der Vortrag präklu<strong>die</strong>rt, mit welchem sich <strong>die</strong> Antragstellerin gegen <strong>die</strong> Einbeziehung<br />

der Ergebnisse <strong>des</strong> Verhandlungsgespräches wende. Dies sei nämlich in den<br />

Verdingungsunterlagen klar geregelt gewesen.<br />

Ähnlich verhalte es sich mit dem Monitum der angeblich neuen Zuschlagskriterien. Auch hier<br />

sei der Sachverhalt der Antragstellerin lange bekannt gewesen. Im Übrigen hätten <strong>die</strong> von der<br />

Antragstellerin angeführten 29 Fragen <strong>die</strong> Zuschlagskriterien lediglich konkretisiert. Vor dem<br />

Hintergr<strong>und</strong>, dass von der Antragstellerin für <strong>die</strong> Verhandlungsr<strong>und</strong>e am 03.03.2009<br />

ausdrücklich eine Präsentation zu den Themen<br />

XXXXXX<br />

aufgefordert wurde, sei das entsprechende jetzige Vorbringen präklu<strong>die</strong>rt sei <strong>und</strong> dar<strong>über</strong><br />

hinaus auch rechtlich verwirkt.<br />

Weiter führte der Auftraggeber an, <strong>die</strong> Antragstellerin sei auch mit dem Vortrag einer<br />

angeblichen Änderung der ausgeschriebenen Leistungen präklu<strong>die</strong>rt, dass das Personalkonzept<br />

im Zuge der Verhandlung vom Auftraggeber vorgegeben wurde. Dies sei der<br />

Antragstellerin seit längerem bekannt. Auch der Vortrag hinsichtlich der angeblich<br />

auftragsfremden Kriterien sei präklu<strong>die</strong>rt, ebenso der Vortrag, dass das Verfahren XXXXXX<br />

<strong>und</strong> das hier zu beurteilende Verfahren in Sachen Vergabe <strong>des</strong> Betriebes zusammenhänge <strong>und</strong><br />

der Vorwurf dass auf <strong>die</strong> Durchführung von Mitarbeiterinterviews verzichtet werde, was <strong>die</strong><br />

Antragstellerin erst im Beanstandungsschreiben vom 03.03.2009 moniert habe. Dieser<br />

Umstand sei insbesondere <strong>des</strong>halb präklu<strong>die</strong>rt, weil sich <strong>die</strong> Antragstellerin auf <strong>die</strong>sen<br />

Verzicht bereits beanstandungsfrei eingelassen habe. Aus dem Gesichtspunkt heraus, dass<br />

sich im Laufe <strong>des</strong> Verfahrens herausgestellt habe, dass <strong>die</strong> angebotenen Personalkonzepte für<br />

<strong>die</strong> funktional beschriebenen Leistungen wenig optimal seien, habe der Auftraggeber ein<br />

Personalkonzept vorgegeben, so dass <strong>die</strong> Mitarbeiterinterviews <strong>über</strong>flüssig geworden seien.<br />

Dieser Umstand bilde den sachlichen Gr<strong>und</strong> für <strong>die</strong> Modifikation, <strong>die</strong> im Übrigen alle Bieter<br />

gleichermaßen betroffen habe.<br />

Unter Verweis auf Entscheidungen der Vergabekammer Thüringen (VK Thüringen, B. v.<br />

18.12.2008, 250.4003.20-5944/2008-030) <strong>und</strong> Vergabekammer Düsseldorf, B. v. 21.01.2009<br />

(VK 43/08/L) wies der Auftraggeber daraufhin, dass infolge der dargelegten Präklusion das<br />

Vergabeverfahren unter Auslassung der präklu<strong>die</strong>rten Umstände weiterzuführen sei. Hinzu<br />

käme, dass sich <strong>die</strong> Antragstellerin im Verhandlungsverfahren auf <strong>die</strong> Ausschreibungsbedingungen<br />

eingelassen habe, welche sie zu spät gerügt habe, mit der Rechtsfolge, dass zusätzlich<br />

zur Präklusion der monierten Umstände auch eine Verwirkung <strong>die</strong>ser Tatbestände<br />

einträte. Speziell beträfe <strong>die</strong>s <strong>die</strong> Umstände<br />

a) angeblich fehlende Vergabereife<br />

b) angeblich fehlerhafte Bewertungsformel<br />

9


c) Handhabung <strong>des</strong> Verhandlungsverfahrens<br />

d) Einführung angeblich neuer Zuschlagskriterien<br />

e) angebliche Änderung der ausgeschriebenen Leistungen<br />

f) Verwendung angeblich auftragsfremder Kriterien<br />

g) Verzicht auf Mitarbeiterinterviews.<br />

Mit Schriftsatz vom 20.04.2009 beantragte der Auftraggeber,<br />

den im Nachprüfungsbegehren der Antragstellerin vom 20.03.2009 enthaltenen Antrag auf<br />

Akteneinsicht, auch in Unterlagen <strong>des</strong> <strong>Teil</strong>nahmewettbewerbes zurückzuweisen.<br />

Das Nachprüfungsbegehren sei unzulässig, weshalb eine Akteneinsicht ausscheide. Dar<strong>über</strong><br />

hinaus seien <strong>die</strong> Akten aufgr<strong>und</strong> <strong>des</strong> Geheimschutzes im Sinne <strong>des</strong> § 111 Abs. 2 1.<br />

Alternative <strong>GWB</strong> zu versagen. So sei bereits in den Verdingungsunterlagen unter Anlage 001<br />

Vertraulichkeitsvereinbarung VVB; Anlage 002 Merkblatt zur Behandlung von<br />

Verschlusssachen (VS) MBV sowie 0.09 <strong>und</strong> 0.10 <strong>und</strong> 016 darauf hingewiesen worden, dass<br />

es sich um geheimhaltungsbedürftige Unterlagen handelt, <strong>die</strong> Verschlusssachen darstellen<br />

würden. Die Bieter seien <strong>mithin</strong> verpflichtet, <strong>die</strong> Verschlusssachen im Sinne <strong>des</strong> § 4 SÜG als<br />

VS – Nur für den Dienstgebrauch - zu behandeln. Dar<strong>über</strong> hinaus sei in den<br />

Verdingungsunterlagen explizit unter Punkt 2.12 ausgeführt worden, dass <strong>die</strong> gesamte<br />

Ausschreibung als VS – NfD – eingestuft sei. Betriebs- <strong>und</strong> Geschäftsgeheimnis im Sinne <strong>des</strong><br />

§ 111 Abs. 2 zweite Alternative lägen sowohl für den Freistaat Sachsen vor, als auch für <strong>die</strong><br />

anderen öffentlichen Auftraggeber, welche <strong>die</strong> betreffenden Leistungen noch in naher Zukunft<br />

ausschreiben würden, sowie für <strong>die</strong> am Vergabeverfahren betroffenen Unternehmen. So sei<br />

mittlerweile durch <strong>die</strong> Rechtsprechung (VK Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 14.06.2005, VK<br />

16/05) entschieden worden, dass durch <strong>die</strong> Geheimschutzbestimmungen nicht nur der<br />

aktuelle, sondern auch der künftige gleichartige Wettbewerb durch <strong>die</strong> Versagung der<br />

Akteneinsicht geschützt werde.<br />

Die Bun<strong>des</strong>anstalt für den Digitalfunk (BDBOS) sei gemäß § 6a der<br />

Sicherheits<strong>über</strong>prüfungsfeststellungsverordnung als lebenswichtige Einrichtung eingestuft<br />

worden. XXXXXX.<br />

Mit Schriftsatz vom 28.04.2009 teilte der Auftraggeber mit, vorliegend sei <strong>die</strong> sogenannte<br />

Bereichsausnahme <strong>des</strong> § 100 Abs. 2 lit. d <strong>GWB</strong> 2005 anwendbar. Auf <strong>die</strong>se könne sich der<br />

Auftraggeber auch nachträglich berufen. Die Bestimmung sei auch in solchen Fällen<br />

anzuwenden <strong>und</strong> seitens der Vergabekammer als zwingen<strong>des</strong> Recht zu beachten, in denen<br />

tatsächlich eine formale Ausschreibung vorgenommen worden sei. Insoweit verwies der<br />

Auftraggeber auf <strong>die</strong> Entscheidung der Vergabekammer <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong> (B. v. 03.02.2006, VK 1-<br />

1/06) <strong>und</strong> nahm Bezug auf Artikel 14 der Vergabekoordinierungsrichtlinie 2004/18 EG.<br />

10


Damit unterliege <strong>die</strong> Bestimmung sowohl nach europäischem als auch nach deutschem Recht<br />

nicht der Disposition <strong>des</strong> öffentlichen Auftraggebers.<br />

Zwar sei eine offizielle Geheimerklärung <strong>des</strong> Beschaffungsvorganges im Sinne <strong>des</strong> § 100<br />

Abs. 2 lit. d Alternative 1 <strong>GWB</strong> seitens <strong>des</strong> Auftraggebers noch nicht vorgenommen worden.<br />

Die Geheimhaltungsstufen „streng geheim“ oder „geheim“ gemäß § 4 Abs. 2 Nr. 1 <strong>und</strong> Nr. 2<br />

<strong>des</strong> Sächsischen SächsSÜG, das parallel zu dem Sicherheits<strong>über</strong>prüfungsgesetz <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong><br />

ausgestattet sei, lägen derzeit noch nicht vor. Dies schließe allerdings prinzipiell nicht aus,<br />

dass eine solche Geheimerklärung vorgenommen werde bzw. noch vorgenommen werden<br />

müsse. Insoweit seien auch Sachverhalte, <strong>die</strong> der zukünftigen Geheimerklärung unterlägen,<br />

auf <strong>die</strong>se Rechtssituation hin orientiert zu bewerten. Im vorliegenden Fall habe der<br />

Auftraggeber bereits im April 2008 unter Verweis auf XXXXXX festgelegt, dass für das<br />

Verfahren „Betrieb“ <strong>und</strong> das Verfahren „Leitstellen“ eine Höherstufung im Hinblick auf <strong>die</strong><br />

Geheimhaltung erforderlich sei bzw. zukünftig erforderlich werde. Jedenfalls seien <strong>die</strong><br />

Voraussetzungen <strong>des</strong> § 100 Abs. 2 lit. d, 2. Alternative <strong>GWB</strong> gegeben. Dies sei vorliegend<br />

bereits <strong>des</strong>halb einschlägig, da eine Sicherheits<strong>über</strong>prüfung nach dem<br />

Sicherheits<strong>über</strong>prüfungsgesetz (SÜG) vorzunehmen sei. Insoweit habe der Auftraggeber<br />

bereits in der Ausschreibung auf <strong>die</strong> Erforderlichkeit einer Sicherheits<strong>über</strong>prüfung<br />

hingewiesen. Zudem sei im Verfahren „Betrieb“ bereits in der Veröffentlichung zum<br />

<strong>Teil</strong>nahmewettbewerb unter Punkt III.2.1. als Bedingung eine Erklärung zur Zusicherung der<br />

erweiterten Sicherheits<strong>über</strong>prüfung für eingesetzte Mitarbeiter entsprechend § 9 SächsÜG<br />

gefordert worden.<br />

XXXXXX<br />

In prozessualer Konsequenz sei <strong>des</strong>halb der streitgegenständliche<br />

Vergabenachprüfungsantrag insgesamt mangels Anwendbarkeit der Vorschriften <strong>des</strong> 4. <strong>Teil</strong>s<br />

<strong>des</strong> <strong>GWB</strong> unzulässig <strong>und</strong> sei <strong>des</strong>halb als unstatthaft zu verwerfen.<br />

Mit Schriftsatz vom 04.05.2009 ergänzte <strong>und</strong> vertiefte <strong>die</strong> Antragstellerin ihr bisheriges<br />

Vorbringen. Sie wandte sich dagegen, dass der Auftraggeber ihrer Meinung nach durch <strong>die</strong><br />

Verwendung von Begriffen wie innovative Ausschreibung, Dynamik, etc. davon ablenke,<br />

dass vorliegend im Verlaufe <strong>des</strong> Verhandlungsverfahrens ein anderer Gegenstand beschafft<br />

werden solle. Ausgeschrieben sei der Betrieb eines Rechenzentrums. <strong>Der</strong> Umfang der<br />

eigentlich geschuldeten Leistung lasse sich der funktionalen Beschreibung <strong>des</strong> Projektes<br />

(Anlage II.1) <strong>und</strong> der Leistungsbeschreibung (Anlage II.2) entnehmen. Daraus ergebe sich,<br />

dass ein bereits bun<strong>des</strong>einheitlicher Standard <strong>und</strong> <strong>die</strong> Systemtechnik durch <strong>die</strong> XXXXXX<br />

GmbH geliefert würden, sodass es vorliegend nicht um <strong>die</strong> neue Entwicklung einer<br />

11


innovativen Lösung gehe, sondern lediglich um <strong>die</strong> Umsetzung bereits bestehender Standards.<br />

Die Bieter sollten entsprechend der Ausschreibung vier verschiedene Leistungen erbringen:<br />

XXXXXX<br />

Im Weiteren vertiefte <strong>die</strong> Antragstellerin ihren bisherigen Vortrag hinsichtlich der geltend<br />

gemachten Rügen <strong>und</strong> der ihrer Meinung nach zu gewährenden Akteneinsicht. Die<br />

Bereichsausnahme <strong>des</strong> § 100 Abs. 2 greife nicht ein.<br />

Bisher sei keine Geheimhaltungserklärung erfolgt. Die Voraussetzungen der<br />

Bereichsausnahme nach § 100 Abs. 2 lit. d <strong>GWB</strong> lägen nicht vor. <strong>Der</strong> Auftraggeber habe alle<br />

Umstände bereits vor Einleitung <strong>des</strong> Vergabeverfahrens gewusst. Sofern man tatsächlich dazu<br />

käme, dass sich nachträglich <strong>die</strong> Sicherheitsanforderungen geändert hätten, könne der<br />

Auftraggeber nicht das Verfahren weiterführen wie bisher. Es müsse daher eine Aufhebung<br />

nach § 26 Nr. 1 lit. b VOL/A erfolgen.<br />

Mit Schreiben vom 07.05.2009 erteilte <strong>die</strong> Vergabekammer den Beteiligten einen rechtlichen<br />

Hinweis. Nach vorläufiger, nicht abschließender Rechtsauffassung erscheine der<br />

Vergabenachprüfungsantrag nicht statthaft weshalb <strong>die</strong> Vergabekammer erwäge, <strong>die</strong>sen ohne<br />

mündliche Verhandlung als unzulässig zu verwerfen. Die Zuständigkeit der Vergabekammer<br />

scheine nach § 100 Abs. 1 <strong>GWB</strong> i.V.m. § 100 Abs. 2 d) <strong>GWB</strong> nicht gegeben zu sein. Die<br />

Befugnis zur Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ergäbe sich insoweit aus § 112<br />

Absatz 1 Satz 2 <strong>GWB</strong>.<br />

Mit Schriftsatz vom 12.05.2009 äußerte <strong>die</strong> Antragstellerin mit, sie teile nicht <strong>die</strong> vorläufige<br />

Rechtsauffassung der Vergabekammer. Unabhängig davon stehe der Antragstellerin auch im<br />

Namen der Auseinandersetzung um <strong>die</strong> Reichweite eines Ausnahmetatbestan<strong>des</strong> ein<br />

Akteneinsichtsrecht zu, da sie anderenfalls <strong>die</strong> Voraussetzungen eines Ausnahmetatbestan<strong>des</strong><br />

nicht prüfen könne. Es dürfe auch nicht auf eine mündliche Verhandlung verzichtet werden,<br />

da komplexe <strong>und</strong> weitgehend ungeklärte Sachverhalte der Entscheidung der Vergabekammer<br />

zu Gr<strong>und</strong>e gelegt werden sollten. Bei ihrer Rechtseinschätzung lasse <strong>die</strong> Vergabekammer <strong>die</strong><br />

aktuellen Entscheidungen <strong>des</strong> EuGH (08.04.2008, RS.C-337/05 <strong>und</strong> vom 02.10.2008 RS.C-<br />

157/06,) unberücksichtigt. Hierin betrachte der EuGH den Anwendungsbereich der<br />

Ausnahmetatbestände eindeutig als ultima ratio. Die Vergabekammer gehe unzutreffend<br />

davon aus, dass Beschaffungsgegenstand Aufbau <strong>und</strong> Betrieb <strong>des</strong> BOS-Digitalfunk seien. Die<br />

Antragstellerin bewerbe sich um XXXXXX. Insoweit verwies <strong>die</strong> Antragstellerin auch auf <strong>die</strong><br />

Entscheidung der VK Mecklenburg-Vorpommern vom 11.01.2007 (2-VK-11/06). Hierbei<br />

ginge es um <strong>die</strong> Modernisierung der Leitstellen der Polizei vor dem G8-Gipfel in Heiligendamm.<br />

Zu keinem Zeitpunkt <strong>des</strong> Vergabeverfahrens habe der Auftraggeber <strong>die</strong> Absicht einer<br />

12


Geheimerklärung <strong>und</strong> das Vorliegen von Sicherheitserfordernissen geäußert. Hierzu werde<br />

erst <strong>über</strong> einen Monat nach Einreichen <strong>des</strong> Nachprüfungsantrages vorgetragen. Auch<br />

vergleichbare Ausschreibungen habe der Auftraggeber ohne Hinweis auf Geheimhaltung<br />

vergaberechtlich ausgeschrieben. Dem Schriftsatz <strong>des</strong> Auftraggebers vom 28.04.2009 sei zu<br />

entnehmen, dass keine vollständige Vergabeakte vorgelegt worden sei, da nunmehr ein<br />

Protokoll vom 19.04.2008 vorgelegt würde, das nicht in den Vergabeakten enthalten gewesen<br />

sei.<br />

Die Antragstellerin vertiefte ihre Begründung zur Gewährung der Akteneinsicht.<br />

Des Weiteren sei nach § 112 <strong>GWB</strong> eine mündliche Verhandlung durchzuführen. Vorliegend<br />

sei selbst nach Ansicht der Vergabekammer der Antrag lediglich unstatthaft, für einen solchen<br />

Fall sehe aber § 112 <strong>GWB</strong> kein Absehen von der mündlichen Verhandlung vor.<br />

Es handele sich bei den vorliegenden Ausschreibungen um XXXXXX<br />

Die genannte Bereichsausnahme läge nicht vor. Insoweit verwies <strong>die</strong> Antragstellerin auf<br />

Artikel 14 der Richtlinie 2004/18/EG vom 31.03.2004 sowie auf den Erwägungsgr<strong>und</strong> 22 der<br />

Vergabekoordinierungsrichtlinie (2004/18/EG). Die Bezugnahme sei auf <strong>die</strong> entsprechenden<br />

Sicherheitsinteressen kein Automatismus <strong>und</strong> müsse jeweils fallweise begründet werden. Die<br />

Inanspruchnahme solcher nationaler Ausnahmeregelungen sei nur dann gerechtfertigt, wenn<br />

<strong>die</strong>se notwendig seien, um das Ziel, nämlich den Schutz von geltend gemachten wesentlichen<br />

Sicherheitsinteressen, zu erreichen. Die Beweislast liege hier bei jeweils dem Mitgliedsstaat,<br />

der sich auf <strong>die</strong> Ausnahmeregel berufe. Insoweit könne <strong>die</strong> Regelung <strong>des</strong> § 100 Abs. 2 lit. d<br />

<strong>GWB</strong> nicht losgelöst von seiner europäischen Zielsetzung betrachtet werden. Diesbezüglich<br />

verwies <strong>die</strong> Antragstellerin im Weiteren auf <strong>die</strong> bereits zitierte Rechtsprechung <strong>des</strong> EuGH<br />

vom 08.04.2008. Die Notwendigkeit, eine Geheimhaltungspflicht vorzusehen hindere danach<br />

keineswegs an einer Auftragsvergabe im Ausschreibungsverfahren. In dem genannten Fall sei<br />

damit <strong>die</strong> Ausnahme vom Gemeinschaftsrecht unverhältnismäßig gewesen. Damit sei <strong>die</strong><br />

Sicherheits- <strong>und</strong> Geheimhaltungsausnahme ultima ratio. Die Vergabestelle habe den<br />

Gr<strong>und</strong>satz der Verhältnismäßigkeit zu beachten <strong>und</strong> <strong>des</strong>halb <strong>die</strong>jenige Art der Vergabe zu<br />

wählen, welche <strong>die</strong> geringstmögliche Einschränkung für <strong>die</strong> Bieter mit sich bringe. Vor der<br />

Anwendung eines Ausnahmetatbestan<strong>des</strong> müsse <strong>die</strong> Vergabestelle, <strong>die</strong> ihr vergaberechtlich<br />

zur Verfügung stehenden Möglichkeiten nutzen, <strong>die</strong> Weitergabe sicherheitsrelevanter<br />

Informationen zu beschränken. Demnach habe <strong>die</strong> Vergabestelle im Einzelnen vorzutragen<br />

<strong>und</strong> zu begründen, welche Sicherheitsinteressen betroffen seien <strong>und</strong> aus welchen Gründen sie<br />

ihre Interessen nicht anders schützen könne als durch einen Verzicht auf <strong>die</strong> Durchführung<br />

eines Vergabeverfahrens. Im Weiteren sei auch keine Geheimerklärung nach § 100 Abs. 2 d,<br />

erste Alternative <strong>GWB</strong>, durch den Auftraggeber erfolgt.<br />

13


Durch <strong>die</strong> Einstufung als VS – nur für den Dienstgebrauch liege eine solche Geheimerklärung<br />

nicht vor. Auch wenn ggf. künftig eine höhere Geheimhaltungsstufe für <strong>die</strong> Ausführungen <strong>des</strong><br />

Auftrags vorgesehen sein sollte, so sei bislang in den Vergabeakten noch nichts <strong>die</strong>sbezüglich<br />

erfolgt. Soweit sich der Auftraggeber auf das Protokoll Anlage AG 2 zum Schriftsatz <strong>des</strong><br />

Auftraggebers vom 28.04.2009 beziehe, dass eine Einstufung VS – vertraulich oder geheim<br />

erwartet werde, so sei <strong>die</strong> Verwertung <strong>die</strong>ses Protokolls unzulässig, da <strong>die</strong>ses Protokoll nicht<br />

<strong>Teil</strong> der Vergabeakte sei <strong>und</strong> Dokumentationsmängel zu Lasten <strong>des</strong> Auftraggebers gingen.<br />

Dar<strong>über</strong> hinaus betreffe das Protokoll nur das Ausschreibungsverfahren XXXXXX. Das<br />

Nachprüfungsverfahren Betrieb werde davon nicht berührt. Des Weiteren sei <strong>die</strong> Forderung<br />

der Bereitschaft zur Sicherheits<strong>über</strong>prüfung kein Indiz für <strong>die</strong> Geheimhaltung, da bei vielen<br />

sicherheitsrelevanten Verfahren <strong>die</strong>ses in Betracht käme, in denen eine Ausschreibung<br />

erforderlich sei. Dar<strong>über</strong> hinaus hätte <strong>die</strong> Vergabekammer prüfen müssen, ob <strong>die</strong> von ihr<br />

angenommene Geheimerklärung mit den einschlägigen Rechts- <strong>und</strong> Verwaltungsvorschriften<br />

<strong>über</strong>einstimme. Insoweit verwies <strong>die</strong> Antragstellerin auf verschiedene Entscheidungen von<br />

Vergabekammern sowie <strong>des</strong> Oberlan<strong>des</strong>gerichtes Schleswig, <strong>die</strong> sich mit Ausschreibungen<br />

von Leitstellen, Notrufabfrage, Funkvermittlungssystemen sowie weiteren BOS-relevanten<br />

Kommunikationssystemen befassten. Hier seien <strong>die</strong> Beschlussgremien jeweils von der<br />

Anwendbarkeit <strong>des</strong> Vergaberechts ausgegangen. Dar<strong>über</strong> hinaus verwies <strong>die</strong> Antragstellerin<br />

auf <strong>die</strong> Entscheidung der Vergabekammer Mecklenburg-Vorpommern (B. v. 11.01.2007, 2<br />

VK 11/06). Dieser Fall sei mit den vorliegenden Konstellationen vergleichbar <strong>und</strong> dort sei<br />

man dazu gekommen, dass <strong>die</strong> Voraussetzungen der Bereichsausnahme nach § 100 Abs. 2 lit.<br />

d <strong>GWB</strong> nicht vorlägen. Gleiches gelte für <strong>die</strong> zweite Alternative. Das Vorliegen einer<br />

einfachen oder erweiterten Sicherheits<strong>über</strong>prüfung nach § 8 bzw. 9 SÜG lasse nicht den<br />

Schluss zu, dass damit der Auftrag automatisch dem Vergaberecht entzogen wäre. Insoweit<br />

bezog sich <strong>die</strong> Antragstellerin auf <strong>die</strong> Rechtsprechung <strong>des</strong> EuGH vom 08.04.2008 (RS.C-<br />

337/05). Des Weiteren sei auch ausgeschlossen, dass ein Auftraggeber im Laufe eines<br />

Vergabeverfahrens oder im Zuge eines Vergabenachprüfungsverfahrens nachträglich sich auf<br />

<strong>die</strong> Ausnahmebestimmungen <strong>des</strong> § 100 Abs. 2 lit. d <strong>GWB</strong> berufe. Dar<strong>über</strong> hinaus sei<br />

vorliegend nicht von einer Verhältnismäßigkeit auszugehen. Daher könne <strong>die</strong> von der<br />

Vergabekammer geäußerte Rechtsauffassung keinen Bestand haben.<br />

Mit Schriftsatz vom 19.05.2009 erwiderte der Auftraggeber auf den Schriftsatz der<br />

Antragstellerin vom 12.05.2009 <strong>und</strong> monierte, dass <strong>die</strong> Antragstellerin den<br />

Beschaffungsgegenstand nicht verstanden habe <strong>und</strong> erläuterte nachfolgend, was im Verfahren<br />

”Betrieb” wirklich beschafft werde.<br />

XXXXXX<br />

14


Die gesetzliche Gr<strong>und</strong>lage hierfür sei das SächsSÜG in Zusammenhang mit der<br />

Verschlusssachen-Anweisung der Sächsischen Staatsregierung (VSA) sowie der<br />

Sicherheitsleitlinie für Digitalfunk <strong>und</strong> Leitstellen der Behörden <strong>und</strong> Organisationen mit<br />

Sicherheitsaufgaben im Freistaat Sachsen.<br />

XXXXXX<br />

Von größter Wichtigkeit sei neben der Genauigkeit <strong>und</strong> Verfügbarkeit auch <strong>die</strong><br />

Vertraulichkeit von Informationen.<br />

XXXXXX<br />

XXXXXX<br />

Aus <strong>die</strong>sem Gr<strong>und</strong>e sei auch <strong>die</strong> Bereichsausnahme <strong>des</strong> § 100 Abs. 2 Lit. d <strong>GWB</strong> einschlägig.<br />

Dabei komme es, wie <strong>die</strong> Kammer ausgeführt habe, nicht auf ein Sich-Berufen <strong>des</strong><br />

Auftraggebers an, sondern das Vorliegen der Bereichsausnahme sei von Amtswegen zu<br />

beachten. Insoweit sei es auch irrelevant, dass der Auftraggeber sich erst ca. einen Monat<br />

nach Beginn <strong>des</strong> Vergabenachprüfungsverfahrens schriftsätzlich auf <strong>die</strong>se Bereichsausnahme<br />

berufen habe.<br />

Weiter wandte sich der Auftraggeber gegen den Vorwurf eines Dokumentationsmangels <strong>und</strong><br />

wies darauf hin, dass das als Anlage AG2 eingereichte Protokoll keine ”Verfahrensstufe” oder<br />

eine ”Maßnahme” darstelle, welche nach § 30 Nr. 1 VOLA zu protokollieren gewesen wäre.<br />

Desweiteren ging der Auftraggeber abermals sich vertiefend darauf ein, dass der<br />

Auftraggeberin <strong>die</strong> Akteneinsicht zu verweigern sei <strong>und</strong> eine mündliche Verhandlung zu<br />

unterbleiben habe <strong>und</strong> setzte sich abschließend dezi<strong>die</strong>rt mit denjenigen Entscheidungen<br />

auseinander, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Antragstellerin angezogen hatte, um zu begründen, dass das<br />

streitgegenständliche Vergabeverfahren nicht unter <strong>die</strong> Bereichsausnahme nach § 100 <strong>GWB</strong><br />

falle.<br />

<strong>Der</strong> Nachprüfungsantrag ist nicht statthaft.<br />

II.<br />

<strong>Der</strong> <strong>Vierte</strong> <strong>Teil</strong> <strong>des</strong> <strong>GWB</strong> <strong>und</strong> <strong>mithin</strong> <strong>die</strong> <strong>Bestimmungen</strong> <strong>über</strong> das Nachprüfungsverfahren<br />

gelten nach Auffassung der Vergabekammer nicht für den verfahrensgegenständlichen<br />

Auftrag, da <strong>die</strong>ser in den Anwendungsbereich <strong>des</strong> § 100 Abs. 2 lit. d) 2. Variante <strong>GWB</strong> fällt,<br />

15


der <strong>die</strong> Geltung der genannten Vorschriften ausschließt. Die Voraussetzungen <strong>des</strong> § 100 Abs.<br />

2 lit. d) 2. Variante <strong>GWB</strong>, wonach <strong>die</strong> Ausführung <strong>des</strong> fraglichen Auftrags nach<br />

innerstaatlichen Rechts- <strong>und</strong> Verwaltungsvorschriften besondere Sicherheitsmaßnahmen zu<br />

erfordern hat, sind im vorliegenden Fall gegeben. Im vorliegenden Fall erfordert Nr. 2.11. der<br />

Beschreibung <strong>des</strong> Ausschreibungsverfahrens <strong>die</strong> Ausführung <strong>des</strong> streitgegenständlichen<br />

Auftrags eine Zuverlässigkeits<strong>über</strong>prüfung nach § 9 SächsSÜG der mit der Ausführung<br />

betrauten Personen. Damit ist also eine besondere Sicherheitsmaßnahme im Sinne <strong>des</strong> § 100<br />

Abs. 2 lit. d) 2. Var. <strong>GWB</strong> gefordert.<br />

Die 1. Vergabekammer <strong>des</strong> Freistaates Sachsen ist <strong>mithin</strong> gemäß § 100 Abs. 2 lit. d 2. Alt.<br />

<strong>GWB</strong> für den Antrag nicht zuständig.<br />

1. Allgemeines<br />

Klarzustellen ist zunächst, dass es nach dem Wortlaut <strong>des</strong> § 100 Abs. 2 <strong>GWB</strong> auf <strong>die</strong><br />

benannten Voraussetzungen <strong>des</strong> Auftrags <strong>und</strong> nicht auf <strong>die</strong> Voraussetzungen <strong>des</strong> reinen<br />

Vergabeverfahrens ankommt. Danach sind Aufträge in folgenden drei Fällen von der<br />

Anwendung der §§97ff. <strong>GWB</strong> ausgenommen:<br />

1. Aufträge, <strong>die</strong> in Übereinstimmung mit den Rechts- <strong>und</strong> Verwaltungsvorschriften in<br />

der Bun<strong>des</strong>republik Deutschland für geheim erklärt werden<br />

2. Aufträge, deren Ausführung nach den Rechts- <strong>und</strong> Verwaltungsvorschriften in der<br />

Bun<strong>des</strong>republik Deutschland besondere Sicherheitsmaßnahmen erfordert<br />

3. der Schutz wesentlicher Interessen der Sicherheit <strong>des</strong> Staates gebietet <strong>die</strong><br />

Nichtanwendung <strong>des</strong> Vergaberechts.<br />

2. Von Amts wegen zu prüfender Ausnahmetatbestand <strong>des</strong> § 100 Abs. 2 <strong>GWB</strong><br />

Von Amts wegen (vgl. VK Schleswig-Holstein, B. v. 28.11.2006, VK-SH 25/06) war<br />

zunächst zu prüfen, ob eine der in § 100 Abs. 2 <strong>GWB</strong> bzw. den Art. 14 der Richtlinie<br />

2004/18/EG normierten Bereichsausnahmen im Hinblick auf <strong>die</strong> Vergabe von Aufträgen für<br />

<strong>die</strong> hier in Rede stehenden Verträge einschlägig ist.<br />

Liegt nämlich ein Ausnahmetatbestand <strong>des</strong> § 100 Abs. 2 <strong>GWB</strong> vor, ist das Vergabeverfahren<br />

einem Primärrechtsschutz der am Verfahren beteiligten Bewerber insoweit - <strong>und</strong> dann auch<br />

insgesamt - entzogen, als es um <strong>die</strong> Einhaltung der <strong>Bestimmungen</strong> <strong>über</strong> das Vergabeverfahren<br />

geht. <strong>Der</strong> den Bietern eröffnete Rechtsschutz ist in solchen Fällen auf eine Kontrolle durch<br />

<strong>die</strong> Nachprüfungsinstanzen darauf beschränkt, ob <strong>die</strong> Voraussetzungen <strong>des</strong><br />

16


Ausnahmetatbestands von der Vergabebehörde zutreffend angenommen worden sind. <strong>Der</strong><br />

Ausnahmenkatalog in § 100 Abs. 2 <strong>GWB</strong> ist gr<strong>und</strong>sätzlich als abschließende Aufzählung zu<br />

verstehen (Bun<strong>des</strong>tagsdrucksache 13/9340 z. VgRÄG, S.15), es bleibt kein Raum, <strong>über</strong><br />

unterhalb <strong>des</strong> Europa- <strong>und</strong> Bun<strong>des</strong>rechts angesiedelte <strong>Bestimmungen</strong> weitere Ausnahmen von<br />

der Anwendung <strong>des</strong> Vergaberechts zu schaffen (EuGH, Urteil vom 13.01.2005, C-84/03;<br />

EuGH, Urteil v. 17.11.1993 - Rs. C-71/92 , OLG Düsseldorf, B. v. 19.12.2007, Verg 51/07<br />

(vgl. VK Sachsen, Beschlüsse vom 26.03.2008, 1/SVK/004-09 <strong>und</strong> 1/SVK/005-09). Bereits<br />

aus dem Wortlaut <strong>des</strong> Gesetzes („gilt nicht“) ergibt sich zudem, dass <strong>die</strong> Unterwerfung unter<br />

den Anwendungsbereich <strong>des</strong> § 100 Abs. 2 <strong>GWB</strong> nicht zur Disposition <strong>des</strong> öffentlichen<br />

Auftraggebers steht (1. VK B<strong>und</strong>, B. v. 30.05.2008, VK 1-48/08). Es kommt somit im<br />

vorliegenden Fall nicht darauf an, ob der Auftraggeber <strong>die</strong> streitgegenständliche Vergabe in<br />

Kenntnis oder Unkenntnis der Anwendbarkeit <strong>des</strong> <strong>GWB</strong> durchgeführt hat oder ob sich der<br />

Auftraggeber sogar – wie <strong>die</strong> Antragstellerin meint – willentlich für <strong>die</strong> Anwendbarkeit <strong>des</strong> 4.<br />

<strong>Teil</strong>s <strong>des</strong> <strong>GWB</strong> entschieden hat, da ihm ohne<strong>die</strong>s hinsichtlich der Anwendbarkeit der<br />

Bereichsausnahme kein „Ermessen“ zusteht ( so auch VK B<strong>und</strong>, B. v. 26.01.2006, VK 1, 01 /<br />

06; B. v. 03.02.2006 VK 1 - 01 / 06 sowie B. v. 12.12.2006, VK 1 - 136 / 06).<br />

3. Anwendbarkeit <strong>des</strong> § 100 Abs. 2 lit. d) 2. Alt. <strong>GWB</strong><br />

Vor dem Hintergr<strong>und</strong>, dass im zu entscheidenden Verfahren Geheimhaltungs- <strong>und</strong><br />

Sicherheitsinteressen <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong> als auch <strong>des</strong> Freistaates Sachsen zu schützen sind, ist <strong>die</strong><br />

Rechtsfolge, dass das Vergabeverfahren von der Geltung <strong>des</strong> vierten <strong>Teil</strong>s <strong>des</strong> <strong>GWB</strong><br />

ausgenommen ist, keinesfalls als unverhältnismäßig zu beanstanden.<br />

Nach § 100 Abs. 2 lit. d) 2. Alt. <strong>GWB</strong> gilt der 4. <strong>Teil</strong> <strong>des</strong> <strong>GWB</strong> nicht für Aufträge, deren<br />

Ausführung besondere Sicherheitsmaßnahmen erfordern, <strong>die</strong> auf innerstaatlichen Rechts<strong>und</strong><br />

Verwaltungsvorschriften basieren. Dabei obliegt <strong>die</strong> Entscheidung, ob <strong>die</strong> Ausführung<br />

eines Auftrags besonderen Sicherheitsanforderungen zu unterwerfen ist <strong>und</strong> <strong>die</strong> Bestimmung<br />

der konkret einzuhaltenden Sicherheitsanforderungen den national zuständigen staatlichen<br />

Stellen (vgl. EuGH, Urteil v. 16.10.2003 a.a.O.).<br />

<strong>Der</strong> Rechtsschutz ist in solchen Fällen auf eine Kontrolle durch <strong>die</strong> Nachprüfungsinstanzen<br />

beschränkt, ob <strong>die</strong> Voraussetzungen <strong>des</strong> Ausnahmetatbestands von der Vergabebehörde<br />

zutreffend angenommen worden sind <strong>und</strong> darauf, ob es sich es sich bei den Vorschriften, <strong>die</strong><br />

der Ausführung <strong>des</strong> Auftrags zugr<strong>und</strong>e liegen, um Sicherheitsvorschriften im Sinne von § 100<br />

Abs. 2 lit. d) 2. Alt. <strong>GWB</strong> handelt. Ist <strong>die</strong>s zu bejahen, ist das zu <strong>über</strong>prüfende Verfahren dem<br />

17


Zuständigkeitsbereich der Vergabekammer entzogen. Eine andere Auslegung lassen der<br />

Wortlaut von § 100 Abs. 2 <strong>GWB</strong> <strong>und</strong> der Normzweck nicht zu (OLG Düsseldorf, Beschluss<br />

vom 20.12.2004 - Verg 101/04).<br />

Eine differenzierende Lösung – voller Rechtsschutz in einer sog. „Vertragsanbahnungsphase“<br />

<strong>und</strong> kein Rechtsschutz lediglich in der „Beauftragungsphase“, <strong>die</strong> mit der Aufforderung zur<br />

Angebotsabgabe beginnt – ist weder durch den Wortlaut noch den Zweck der Norm<br />

gerechtfertigt oder geboten (vgl. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 30.3.2005,VII Verg 10 10/04).<br />

a) Nach geltenden Rechts- <strong>und</strong> Verwaltungsvorschriften erforderliche Sicherheitsmaßnahmen<br />

Die Anwendbarkeit von §100 Abs. 2 lit. d Var. 2 <strong>GWB</strong> setzt voraus, dass ein Auftrag<br />

vorliegt, <strong>des</strong>sen Ausführung nach den in Deutschland geltenden Rechts- <strong>und</strong><br />

Verwaltungsvorschriften besondere Sicherheitsmaßnahmen erfordert (vgl. Ziekow a.a.O.).<br />

Die Anwendung <strong>die</strong>ser Variante ist von einer Handlung <strong>des</strong> Auftraggebers unabhängig. Sie<br />

greift bereits dann ein, wenn <strong>die</strong> Tatbestandsmerkmale objektiv vorliegen, d.h. Rechts- <strong>und</strong><br />

Verwaltungsvorschriften besondere Sicherheitsmaßnahmen vorgeben.<br />

Dies gilt selbst in der Konstellation, dass der Auftraggeber auf <strong>die</strong> Sicherheitsmaßnahmen<br />

verzichten will <strong>und</strong> eine Ausschreibung vornimmt. Die besonderen Sicherheitsmaßnahmen<br />

müssen jedoch durch ein relevantes Sicherheitsinteresse legitimiert werden.<br />

Nach Auffassung der erkennenden Vergabekammer wäre der wiederholt vorgetragene <strong>und</strong><br />

antragstellerseits bestrittene Einwand <strong>des</strong> Auftraggebers, Vergaberecht sei wegen der<br />

Erforderlichkeit besonderer Sicherheitsmaßnahmen nicht einschlägig dann nicht<br />

vergabefehlerhaft, wenn sich <strong>die</strong>se Entscheidung auf Rechts- oder Verwaltungsvorschriften i.<br />

S. von §100 Abs. 2 lit. d Var. 2 <strong>GWB</strong> tatsächlich stützen lässt.<br />

Nach herrschender Rechtsprechung zählen zu <strong>die</strong>sen Vorschriften alle <strong>Bestimmungen</strong>, <strong>die</strong><br />

unmittelbar oder mittelbar dem Schutz staatlicher Sicherheitsinteressen <strong>die</strong>nen. Nach<br />

einschlägiger Rechtsprechung (vgl. bspw. OLG Düsseldorf, Beschluss v. 30.3.2005 – VII-<br />

Verg 101/04, VK B<strong>und</strong>, Beschluss v. 2.2.2006 – VK 2-02/06 –; Beschluss v. 3.2.2006 – VK<br />

1-01/0 VK B<strong>und</strong>, Beschluss v. 12.12.2006 – VK 1-136/06) sind Beispiele für solche<br />

Sicherheitsmaßnahmen insbesondere <strong>die</strong> Sicherheits<strong>über</strong>prüfung einzusetzenden Personals<br />

nach dem Sicherheits<strong>über</strong>prüfungsgesetz. So hat <strong>die</strong> VK B<strong>und</strong> bereits <strong>die</strong> Anordnung einer<br />

Sicherheits<strong>über</strong>prüfung nach SÜG bei einem sicherheitsrelevanten Auftrag als maßgeblich<br />

angesehen. Bereits als Folge der beurteilungsfehlerfreien Qualifizierung <strong>des</strong> Auftrags als<br />

geheim sei demnach gleichzeitig auch <strong>die</strong> zweite Alternative von § 100 Abs. 2 lit. d) <strong>GWB</strong><br />

gegeben, da <strong>die</strong> Ausführung geheimer Aufträge nach den Rechts- <strong>und</strong><br />

18


Verwaltungsvorschriften der Bun<strong>des</strong>republik Deutschland besondere Sicherheitsmaßnahmen<br />

erfordere, nämlich eine Sicherheits<strong>über</strong>prüfung nach §§ 7 ff SÜG für <strong>die</strong> mit der Ausführung<br />

<strong>des</strong> geheimen Auftrags befassten Personen. (VK B<strong>und</strong>, Beschluss vom 14.07.2005, VK 3 - 55<br />

/ 05).<br />

Vorliegend hat der Auftraggeber in der Vergabebekanntmachung eine Erklärung zur<br />

Zusicherung der erweiterten Sicherungsprüfung (Ü2) für eingesetzte Mitarbeiter entsprechend<br />

§ 9 SächsSÜG vorgesehen. Er hat damit bereits mit Beginn <strong>des</strong> Vergabeverfahrens deutlich<br />

gemacht, dass <strong>die</strong> Ausführung der ausgeschriebenen Leistung besondere<br />

Sicherheitsmaßnahmen erfordert. In den Verdingungsunterlagen zum Betrieb der Leitstellen<br />

BOS-Digitalfunk ist, wie eingangs erwähnt in Nr. 2.11. der Beschreibung <strong>des</strong><br />

Ausschreibungsverfahrens eine erweiterte Sicherheits<strong>über</strong>prüfung nach § 9 SÜG für <strong>die</strong> mit<br />

dem Auftrag betrauten Mitarbeiter vorgesehen.<br />

Ausweislich <strong>des</strong> §1 Abs. 1 SÜG erfolgt eine Sicherheits<strong>über</strong>prüfung von solchen Personen,<br />

<strong>die</strong> von der zuständigen Stelle mit einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit betraut werden<br />

sollen oder bereits betraut worden sind. Ziel, Sinn <strong>und</strong> Zweck der Sicherheits<strong>über</strong>prüfung<br />

werden deutlich, wenn man den Gr<strong>und</strong> für ihre Durchführung betrachtet. Staatsgeheimnisse<br />

oder Geheimnisse dürfen nur an Befugte weitergegeben werden.<br />

Die Sicherheits<strong>über</strong>prüfung ist das Mittel, um festzustellen, ob man einer Person <strong>die</strong> Befugnis<br />

zur Einsicht in Staatsgeheimnisse oder Geheimnisse geben kann. <strong>Der</strong> Staat braucht Personen,<br />

denen Staatsgeheimnisse oder Geheimnisse anvertraut werden, damit sie mit ihnen arbeiten<br />

können. <strong>Der</strong> Bedarf an Geheimnisträgern wird durch <strong>die</strong> Sicherheits<strong>über</strong>prüfung abgedeckt.<br />

Die Sicherheits<strong>über</strong>prüfung hat daher das Ziel <strong>und</strong> den Zweck, mit ihrer Hilfe Personen zur<br />

Verfügung zu stellen, <strong>die</strong> Zugang zu Staatsgeheimnissen oder Geheimnissen haben können<br />

(vgl. Denneborg, Kommentar zum Sicherheits<strong>über</strong>prüfungsrecht, Stand 24.11.2008,<br />

Einleitung zum SÜG, Rnr. 38.)<br />

Eine sicherheitsempfindliche Tätigkeit übt u.a. aus, wer Zugang zu Verschlusssachen hat oder<br />

ihn sich verschaffen kann, <strong>die</strong> STRENG GEHEIM, GEHEIM oder VS-VERTRAULICH<br />

eingestuft sind (§1 Abs. 2 Nr. 1 SÜG). Die Erforderlichkeit einer Sicherheits<strong>über</strong>prüfung bei<br />

VS-VERTRAULICH eingestuften Informationen ist im Rahmen der Entwurfsarbeiten zum<br />

SÜG diskutiert worden. Eine Meinung votierte zunächst für <strong>die</strong> Abschaffung der<br />

Sicherheits<strong>über</strong>prüfung in <strong>die</strong>sen Fällen. <strong>Der</strong> Gesetzgeber hat sich jedoch im Hinblick auf <strong>die</strong><br />

völkerrechtlich verbindlichen Vorgaben aus dem Geheimschutzabkommen der NATO, C-M<br />

(55) 15 (Final) zur Beibehaltung der Sicherheits<strong>über</strong>prüfung beim Zugang zu VS-<br />

VERTRAULICH eingestuften Verschlusssachen entschlossen (vgl. Denneborg; § 8 SÜG Rnr.<br />

1).<br />

19


Des Weiteren sind nach Vorschrift <strong>des</strong> § 3 Abs. 3 Satz 3 SÜG - ihrem Zweck entsprechend -<br />

<strong>die</strong> <strong>Bestimmungen</strong> <strong>des</strong> Gesetzes anzuwenden, wenn <strong>die</strong> Behörde einer Person<br />

sicherheitsempfindliche Tätigkeiten zuweisen oder <strong>über</strong>tragen (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 SÜG) oder<br />

wenn sie eine Verschlusssache an eine nicht-öffentliche Stelle weitergeben will (§ 3 Abs. 1<br />

Nr. 4 SÜG).<br />

<strong>Der</strong> Einwand <strong>des</strong> Auftraggebers, Vergaberecht sei nicht anwendbar, ließe sich also bereits auf<br />

erste Sicht auf <strong>die</strong> angeordnete erweiterte Sicherheits<strong>über</strong>prüfung nach § 9 SÜG stützen.<br />

Eine etwaige Einschränkung beim Merkmal der besonderen Sicherheitsmaßnahmen ergibt<br />

sich aus § 100 Abs. 2 lit. d) <strong>GWB</strong> nicht, <strong>und</strong> zwar weder aus dem Wortlaut der Norm noch<br />

aus dem Normzweck. Im Ergebnis ist nach Auffassung der Vergabekammer B<strong>und</strong> (VK B<strong>und</strong>,<br />

B. v. 3.2.2006 – VK 1-01/06 ) noch nicht einmal erforderlich, dass <strong>die</strong> bei dem<br />

Auftragnehmer beschäftigten Personen <strong>die</strong>nstlich auf <strong>die</strong> Verschlusssachen Zugriff haben<br />

werden. Es reicht danach sogar aus, dass sie sich ggf. auf illegale Weise einen Zugang<br />

verschaffen können. Die Erforderlichkeit der besonderen Sicherheitsmaßnahmen muss sich<br />

nach dem Wortlaut der Vorschrift auf <strong>die</strong> Ausführung <strong>des</strong> Auftrags beziehen, was vorliegend<br />

laut den Verdingungsunterlagen (Nr. 9 bzw. Nr. 2.11 der Auftragsbeschreibung) durchaus<br />

auch geschehen, da für den Betrieb der Leitstelle auf jeden Fall eine erweiterte (§ 9 SÜG)<br />

Sicherheits<strong>über</strong>prüfung vorgesehen ist.<br />

Nach § 9 SächsSÜG ist eine erweiterte Sicherheits<strong>über</strong>prüfung für Personen durchzuführen,<br />

<strong>die</strong><br />

1. Zugang zu GEHEIM eingestuften Verschlusssachen erhalten sollen oder ihn sich<br />

verschaffen können,<br />

2. Zugang zu einer hohen Anzahl VS-VERTRAULICH eingestuften Verschlusssachen erhalten<br />

sollen oder ihn sich verschaffen können, soweit nicht <strong>die</strong> zuständige Stelle im Einzelfall nach<br />

Art <strong>und</strong> Dauer der Tätigkeit eine Sicherheits<strong>über</strong>prüfung nach § 8 für ausreichend hält.<br />

Nr. 2 trägt dabei dem Gedanken Rechnung, dass sich bei Personen, <strong>die</strong> eine hohe Anzahl von<br />

VS-VERTRAULICH eingestuften Informationen einsehen sollen oder sich Kenntnis davon<br />

verschaffen können, in der Summe ein Wissen ansammelt, das den Geheimhaltungsgrad<br />

GEHEIM erreicht. Eine hohe Anzahl kann sich bereits anlässlich einer einmaligen Befassung<br />

mit vielen VS-VERTRAULICH eingestuften Verschlusssachen ergeben, z.B. im Rahmen<br />

eines Prüfungs- oder Untersuchungsverfahrens oder durch eine auf Dauer angelegte Tätigkeit,<br />

20


ei der immer wieder entsprechend eingestufte Verschlusssachen bearbeitet werden sollen<br />

(vgl. Denneborg, zu § 9 SÜG Rnr. 3.).<br />

Zudem sind neben dem SÜG auch <strong>die</strong> Regelungen <strong>des</strong> SächsSÜG sowie <strong>die</strong> weiteren<br />

Ausführungsbestimmungen zu beachten. Nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 <strong>und</strong> 4 SächsSÜG übt eine<br />

sicherheitsempfindliche Tätigkeit aus, wer<br />

1. Zugang zu Verschlusssachen hat oder ihn sich verschaffen kann, <strong>die</strong> STRENG GEHEIM;<br />

GEHEIM ODER VS-VERTRAULICH eingestuft sind<br />

…<br />

4. an einer sicherheitsempfindlichen Stelle in einer durch Rechtsverordnung der<br />

Staatsregierung gemäß § 34 bestimmten lebens- oder verteidigungswichtigen Einrichtung<br />

tätig ist oder werden soll. Lebenswichtig sind Einrichtungen,<br />

a) deren Beeinträchtigung aufgr<strong>und</strong> ihrer kurzfristig nicht ersetzbaren Produktion oder<br />

Dienstleistung <strong>die</strong> Versorgung großer <strong>Teil</strong>e der Bevölkerung ernsthaft <strong>und</strong> nachhaltig<br />

gefährden kann,<br />

b) deren Beeinträchtigung sich aufgr<strong>und</strong> der ihnen anhaftenden betrieblichen Eigengefahr <strong>die</strong><br />

Ges<strong>und</strong>heit oder das Leben großer <strong>Teil</strong>e der Bevölkerung erheblich gefährden kann oder<br />

c) <strong>die</strong> für das Funktionieren <strong>des</strong> Gemeinwesens unverzichtbar sind <strong>und</strong> deren<br />

Beeinträchtigung erhebliche Unruhe in großen <strong>Teil</strong>en der Bevölkerung <strong>und</strong> somit Gefahren<br />

für <strong>die</strong> öffentliche Sicherheit <strong>und</strong> Ordnung entstehen lassen würde.<br />

Nach Absatz 3 Satz 4 ist eine sicherheitsempfindliche Stelle <strong>die</strong> kleinste selbstständig handelnde<br />

Organisationseinheit innerhalb einer Lebens- oder verteidigungswichtigen<br />

Einrichtung, <strong>die</strong> vor unberechtigtem Zugang geschützt ist <strong>und</strong> von der im Falle der<br />

Beeinträchtigung eine erhebliche Gefahr für <strong>die</strong> oben in Satz 2 <strong>und</strong> 3 genannten Schutzgüter<br />

ausgeht. Darunter können solche <strong>Teil</strong>e von Anlagen oder Funktionen verstanden werden, <strong>die</strong><br />

für <strong>die</strong> Betriebsläufe oder <strong>die</strong> Weiterführung <strong>des</strong> Gesamtbetriebs von erheblicher Bedeutung<br />

sind, so dass im Sabotagefall <strong>Teil</strong>- oder Totalausfälle mit Folgen für <strong>die</strong> geschützten Güter<br />

drohen. Da bisher keine lebenswichtigen Einrichtungen festgelegt sind, können<br />

konsequenterweise auch keine sicherheitsempfindlichen Stellen <strong>die</strong>ser Einrichtungen benannt<br />

sein. Dar<strong>über</strong> hinaus enthält das Gesetz keine Bestimmung, durch wen<br />

sicherheitsempfindliche Stellen festzulegen sind (vgl. Denneborg, zu § 1 SächsSÜG, Rnr.<br />

13.).<br />

Insoweit ist <strong>des</strong> Weiteren <strong>die</strong> Verwaltungsvorschrift <strong>des</strong> Sächsischen Staatsministeriums <strong>des</strong><br />

Innern zur Ausführung <strong>des</strong> Sächsischen Sicherheits<strong>über</strong>prüfungsgesetzes heranzuziehen.<br />

21


Diese bestimmt unter Nr. 1: „Schließlich übt eine sicherheitsempfindliche Tätigkeit aus, wer<br />

an einer sicherheitsempfindlichen Stelle einer lebens- oder verteidigungswichtigen<br />

Einrichtung tätig ist (§ 1 Abs. 3 Nr. 4 SächsSÜG in Verbindung mit § 34 SächsSÜG);<br />

(VwVSächsSÜG vom 7. Juni 2004). Nach Nr. 2. sind im Sinne <strong>des</strong> § 2 Abs. 1 Satz 1<br />

SächsSÜG sind „betroffene Personen“, <strong>die</strong> mit einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit<br />

betraut werden sollen, oder bereits wurden, zum Beispiel:<br />

c) Personal in Sicherheitsbereichen (§ 1 Abs. 3 Nr. 3 SächsSÜG ),<br />

d) Mitarbeiter in Unternehmen der Wirtschaft mit VS-Aufträgen<br />

„Betraut werden soll“ bedeutet, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit damit zu rechnen ist, dass<br />

dem Betroffenen auch tatsächlich eine sicherheitsempfindliche Tätigkeit zugewiesen oder<br />

<strong>über</strong>tragen wird. Dies setzt in der Regel einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen dem<br />

Zeitpunkt der Sicherheits<strong>über</strong>prüfung <strong>und</strong> der Betrauung mit einer sicherheitsempfindlichen<br />

Tätigkeit voraus.<br />

Diesen skizzierten Rahmenbedingungen entspricht der Auftraggeber in den<br />

Verdingungsunterlagen beiliegenden Vertragsentwurfs zum Betrieb der BOS-Stelle <strong>und</strong> <strong>des</strong><br />

Leitstellennetzwerkes. So wird in dem genannten Vertragsentwurf unter 13.1.ausgeführt,<br />

XXXXXX.<br />

XXXXXX<br />

Nach herrschender Meinung kommt es nicht darauf an, ob bereits <strong>die</strong> Auftragsvergabe<br />

besonderen Sicherheitsmaßnahmen zu unterwerfen ist. Ist <strong>die</strong> Ausführung <strong>des</strong> Auftrags<br />

sicherungsbedürftig, so darf der Auftrag nicht ausgeschrieben werden. Dass im<br />

streitgegenständlichen Verfahren eine europaweite Ausschreibung dennoch erfolgt ist, ist<br />

dabei nach Auffassung der Vergabekammer unschädlich, denn maßgebend für <strong>die</strong><br />

Anwendbarkeit der §§ 97 ff. <strong>GWB</strong> <strong>und</strong> der Vergabeverordnung ist nach dem eindeutigen<br />

Wortlaut <strong>des</strong> § 100 Abs. 1 <strong>GWB</strong> <strong>und</strong> § 1 VgV, ob der geschätzte Auftragswert den<br />

Schwellenwert erreicht, nicht jedoch, ob eine (versehentlich oder absichtlich) eine<br />

europaweite Ausschreibung erfolgt ist (OLG Stuttgart, Beschluss vom 12.08.2002, 2 Verg 9 /<br />

02).<br />

22


In der Entscheidungspraxis ist insoweit nämlich anerkannt, dass Auftragsvergabe <strong>und</strong><br />

Auftragsausführung eine Einheit bilden. In Anbetracht <strong>die</strong>ser eindeutigen Rechtslage würde<br />

einer Auffassung, <strong>die</strong> unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten eine Ausschreibungspflicht<br />

annimmt, da <strong>die</strong> Sicherungsbedürftigkeit erst in der Phase der Auftragsausführung, nicht aber<br />

bereits bei der Auftragsvergabe eintrete, jede rechtliche Gr<strong>und</strong>lage fehlen. Die ratio <strong>des</strong> §100<br />

Abs. 2 lit. d <strong>GWB</strong> steht einer solchen Aufspaltung entgegen.<br />

b) Erfordernis von Sicherheitsmaßnahmen<br />

<strong>Der</strong> Vortrag <strong>des</strong> Auftraggebers, dass besondere Sicherheitsmaßnahmen tatsächlich<br />

erforderlich sind, ist für <strong>die</strong> Vergabekammer nachvollziehbar <strong>und</strong> im Ergebnis tragfähig,<br />

darauf <strong>die</strong> Anwendbarkeit einer Bereichsausnahme zu stützen.<br />

Bereits aus den Verdingungsunterlagen ergibt sich, dass es sich bei der Leitstellenstruktur <strong>und</strong><br />

damit auch bei dem Betrieb derselben um eine sicherheitskritische Infrastruktur handelt. Es<br />

werden sensible Daten verarbeitet. Es handelt sich Leitstellen u. a. für Notrufe aus den<br />

Bereichen Polizei, Katastrophenschutz, Feuerwehr <strong>und</strong> Rettungs<strong>die</strong>nst. Neben der<br />

Verarbeitung sensibler Daten, ist hier auch von einer erhöhten Sicherheitsrelevanz<br />

auszugehen. Die Sicherheitsrelevanz ist sowohl für XXXXXX als auch für den Betrieb der<br />

Leitstelle nicht abzusprechen. Im Hinblick auf <strong>die</strong> Bedeutung <strong>des</strong> Betriebs der Leitstelle für<br />

sicherheitsrelevante Interessen wird vorliegend XXXXXX. Aus <strong>die</strong>sem Gr<strong>und</strong>e hat <strong>die</strong><br />

Vergabekammer anhand der Leistungsverzeichnisse der Ausschreibungen beider<br />

Leistungsanteile zunächst festgestellt, welche BOS (Behörden <strong>und</strong> Organisationen mit<br />

Sicherheitsaufgaben) vorliegend leitstellentechnisch vernetzt <strong>und</strong> vertreten werden sollen. Zur<br />

Sicherstellung der Digitalfunkanschaltung der im Freistaat Sachsen regional verteilten<br />

Leitstellen der Polizei <strong>und</strong> der Feuerwehren/Rettungskräfte wird dann XXXXXX in<br />

XXXXXX <strong>und</strong> XXXXXX errichtet. Hier erfolgt jeweils <strong>die</strong> Anbindung an XXXXXX. Im<br />

Einzelnen sind <strong>die</strong>s XXXXXX. Dar<strong>über</strong> hinaus erfolgt <strong>die</strong> Anbindung an XXXXXX. Im<br />

Einzelnen sind <strong>die</strong>s XXXXXX Stellen im Bereich XXXXXX. Entscheidend ist, dass das<br />

XXXXXX an den XXXXXX. Über XXXXXX werden zudem <strong>die</strong> BOS-Leistellen XXXXXX<br />

angeschaltet. Insoweit zeigt sich das herausragende Sicherheitsinteresse, das <strong>die</strong> XXXXXX.<br />

XXXXXX:<br />

23


Insbesondere hat insoweit auch der Bieter, der sich um <strong>die</strong> Einrichtung <strong>des</strong> XXXXXX<br />

bewirbt, Nachweise XXXXXX zum BOS-Net vorzulegen. Zudem werden <strong>die</strong> relevanten<br />

örtlichen Notrufverbindungen (110/112) vollständig angeschaltet. Zu betrachten sind in<br />

<strong>die</strong>sem Zusammenhang auch <strong>die</strong> XXXXXX.<br />

<strong>Der</strong> reine Betrieb muss gr<strong>und</strong>sätzliche XXXXXX erfüllen Als Beispiel seien XXXXXX<br />

genannt. Vernetzt ist damit XXXXXX <strong>und</strong> Organisationen mit Sicherheitsaufgaben<br />

(BDBOS). XXXXXX Die Interessen der Nutzer werden auf <strong>die</strong>se Weise durch <strong>die</strong> BDBOS<br />

gebündelt wahrgenommen. Insoweit sind auch durch <strong>die</strong> vorliegend ausgeschriebene Leistung<br />

in erheblichem maße Sicherheitsinteressen <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong> betroffen.<br />

Hinsichtlich <strong>des</strong> Aufbaus <strong>und</strong> der Funktionsweise sind bereits sicherheitsrelevante Bereiche<br />

im Bezug auf <strong>die</strong> Funktionsfähigkeit <strong>und</strong> Manipulation von außen betroffen. Gleiches muss<br />

auch für den Betrieb gelten. Bei einer Einschränkung der Funktionsweise kann den<br />

Sicherheitsbedürfnissen im Falle von Katastrophen, terroristischen Angriffen, Einsätzen<br />

beispielsweise bei Großereignissen oder Staatsbesuchen nicht mehr genüge getan werden.<br />

c) Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne<br />

Dem Gr<strong>und</strong>satz der Verhältnismäßigkeit im Sinne einer Abwägung zwischen dem Grad <strong>und</strong><br />

dem Gewicht der Sicherheitsinteressen einerseits <strong>und</strong> den Interessen der Bewerber<br />

andererseits (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 30. April 2003, Verg 61/02) hat der<br />

Auftraggeber im vorliegenden Fall Genüge getan. Vorliegend ist hinsichtlich der<br />

Verhältnismäßigkeit auf <strong>die</strong> Handlung <strong>des</strong> Auftraggebers zur Durchführung von<br />

sicherheitsrelevanten Maßnahmen, nämlich der vorgesehenen Sicherheits<strong>über</strong>prüfung im<br />

Rahmen der Durchführung <strong>des</strong> Auftrags abzustellen, denn § 100 Abs. 2 lit. d 2. Alt. <strong>GWB</strong><br />

knüpft gerade hieran. Zur Erforderlichkeit wurde bereits unter c) vorgetragen.<br />

XXXXXX<br />

. Es ist auch nicht erkennbar, dass der Auftraggeber hierbei nicht von seinem Ermessen, das<br />

mil<strong>des</strong>te Mittel auszuwählen, fehlerhaft gebrauch gemacht hätte.<br />

24


Die Sicherheits<strong>über</strong>prüfung soll demnach erst bei nach Auftragserteilung stattfinden, während<br />

in der „Wettbewerbsphase“ zunächst <strong>die</strong> Vertraulichkeit der Ausschreibungsunterlagen<br />

gesichert werden sollte <strong>und</strong> Vertraulichkeitserklärungen abzugeben waren.<br />

Insofern hat der Auftraggeber <strong>die</strong> Sicherheitsrelevanz gestuft. Auch, wenn der Auftraggeber<br />

im Sinne <strong>des</strong> § 100 Abs. 2 d <strong>GWB</strong> nach Ansicht der Vergabekammer nicht hätte ausschreiben<br />

müssen, so hat er <strong>die</strong>s –ggf. aus Unkenntnis- heraus getan. Hierbei ist dem Auftraggeber<br />

offenk<strong>und</strong>ig <strong>die</strong> Sicherheitsproblematik bereits bewusst gewesen. So ist das Verfahren bereits<br />

auf eine frühe Beschränkung der <strong>Teil</strong>nehmerzahl im Wege <strong>des</strong> <strong>Teil</strong>nahmewettbewerbs<br />

ausgelegt gewesen. Auch war nach Auswahl der Bieter ein gleichartiges Bietergespräch<br />

vorgesehen, nach dem (Phase 4 der Verdingungsunterlagen) nur noch mit einem Bieter<br />

verhandelt werden sollte. In dem Sinne war zudem von einer funktionalen Ausschreibung<br />

auszugehen. Damit werden bereits nach Ansicht der Vergabekammer <strong>die</strong> Probleme, <strong>die</strong> eine<br />

Ausschreibung mit sicherheitsrelevanten Erfordernissen mit sich bringt, deutlich. Letztlich hat<br />

der Auftraggeber von Anbeginn <strong>des</strong> Vergabenachprüfungsverfahrens auf <strong>die</strong> unbedingte<br />

Geheimhaltungsbedürftigkeit sämtlicher Vergabeunterlagen konsequent hingewiesen.<br />

Zu den BOS gehören neben öffentlichen Organisationen auch gemeinnützige Vereine <strong>und</strong> im<br />

Rettungs<strong>die</strong>nst auch private Unternehmen. BOS sind neben den Polizeien, dem Zoll, dem<br />

Technischen Hilfswerk (THW) sowie den Feuerwehren auch <strong>die</strong> Organisationen <strong>des</strong><br />

Rettungs<strong>die</strong>nstes <strong>und</strong> Katastrophenschutzes. Damit liegt es auf der Hand, dass bei Aufbau <strong>und</strong><br />

Betrieb der mit dem BOS-Digitalfunk verknüpften Leitstellen entscheidende<br />

Sicherheitsinteressen betroffen sind. Insbesondere ist es verhältnismäßig, sowohl <strong>die</strong><br />

technischen Voraussetzungen, als auch den konkreten Betrieb als sicherheitsrelevant <strong>und</strong><br />

geheimhaltungsbedürftig einzustufen. Die Sicherheitsmaßnahmen sind verhältnismäßig.<br />

d) Rechtsprechung <strong>des</strong> EuGH<br />

Auch bei Betrachtung der durch <strong>die</strong> Antragstellerin zitierten Entscheidungen <strong>des</strong> EuGH<br />

(EuGH, Urteil vom 08.04.2008 - Rs. C-337/05; EuGH, Urteil vom 02.10.2008 - Rs. C-<br />

157/06) ergibt sich keine andere Sichtweise der Dinge.<br />

So führt der EuGH in der Entscheidung EuGH, Urteil vom 08.04.2008 - Rs. C-337/05 aus:<br />

25


„Vorab ist daran zu erinnern, dass <strong>die</strong> Maßnahmen, <strong>die</strong> von den Mitgliedstaaten im<br />

Rahmen der berechtigten Belange von nationalem Interesse getroffen werden, nicht<br />

schon <strong>des</strong>halb in ihrer Gesamtheit der Anwendung <strong>des</strong> Gemeinschaftsrechts entzogen<br />

sind, weil sie im Interesse der öffentlichen Sicherheit oder der Lan<strong>des</strong>verteidigung<br />

ergehen (vgl. in <strong>die</strong>sem Sinne Urteil vom 11. März 2003, Dory, C-186/01, Slg. 2003, I-<br />

2479, Randnr. 30). <strong>Der</strong> Vertrag sieht nämlich, wie der Gerichtshof bereits festgestellt<br />

hat, Ausnahmen aus Gründen der öffentlichen Sicherheit namentlich in den Artikeln<br />

30 EG, 39 EG, 46 EG, 58 EG, 64 EG, 296 EG <strong>und</strong> 297 EG vor, <strong>die</strong> ganz bestimmte<br />

außergewöhnliche Fälle betreffen. Aus ihnen lässt sich kein allgemeiner, dem Vertrag<br />

immanenter Vorbehalt ableiten, der jede Maßnahme, <strong>die</strong> im Interesse der öffentlichen<br />

Sicherheit getroffen wird, vom Anwendungsbereich <strong>des</strong> Gemeinschaftsrechts<br />

ausnähme. Würde ein solcher Vorbehalt unabhängig von den besonderen<br />

Tatbestandsmerkmalen der <strong>Bestimmungen</strong> <strong>des</strong> Vertrags anerkannt, so könnte das <strong>die</strong><br />

Verbindlichkeit <strong>und</strong> <strong>die</strong> einheitliche Anwendung <strong>des</strong> Gemeinschaftsrechts<br />

beeinträchtigen (vgl. in <strong>die</strong>sem Sinne Urteile vom 15. Mai 1986, Johnston, 222/84,<br />

Slg. 1986, 1651, Randnr. 26, vom 26. Oktober 1999, Sirdar, C-273/97, Slg. 1999, I-<br />

7403, Randnr. 16, vom 11. Januar 2000, Kreil, C-285/98, Slg. 2000, I-69, Randnr. 16,<br />

<strong>und</strong> Dory, Randnr. 31). Insoweit muss der Mitgliedstaat, der <strong>die</strong>se Ausnahmen in<br />

Anspruch nehmen möchte, nachweisen, dass <strong>die</strong> betreffenden Befreiungen nicht <strong>die</strong><br />

Grenzen der genannten außergewöhnlichen Fälle <strong>über</strong>schreiten (vgl. in <strong>die</strong>sem Sinne<br />

Urteil vom 16. September 1999, Kommission/Spanien, C-414/97, Slg. 1999, I-5585,<br />

Randnr. 22).“… „Die Notwendigkeit, eine Geheimhaltungspflicht vorzusehen, hindert<br />

insoweit keineswegs an einer Auftragsvergabe im Ausschreibungsverfahren.“<br />

Nach Ansicht der Vergabekammer ist unter Beachtung <strong>die</strong>ser Entscheidung zunächst der<br />

Antragstellerin insoweit zuzustimmen, dass nicht jede Maßnahme, <strong>die</strong> im Interesse der<br />

öffentlichen Sicherheit getroffen wird oder, sofern <strong>die</strong> Notwendigkeit, eine<br />

Geheimhaltungspflicht vorzusehen, gesehen wird, vom Anwendungsbereich <strong>des</strong><br />

Gemeinschaftsrechts auszunehmen ist.<br />

Die der Entscheidung <strong>des</strong> EuGH vom 08.04.2008 zu entnehmenden Gr<strong>und</strong>sätze sind jedoch<br />

auf den hier zu entscheidenden Fall aus drei Gründen nicht <strong>über</strong>tragbar. Im vom EuGH zu<br />

entscheidenden Fall ging es zum einen (1) um den Erwerb eines isolierten<br />

Beschaffungsgegenstan<strong>des</strong> im Verhandlungsverfahren. Missbilligt wurde (2) zweitens <strong>die</strong><br />

26


„langjährige <strong>und</strong> anhaltende Praxis ohne je<strong>des</strong> Ausschreibungsverfahren <strong>und</strong> insbesondere<br />

ohne Befolgung der in den Richtlinien 93/36 <strong>und</strong> 77/62 vorgesehenen Verfahren „ den Erwerb<br />

abzuwickeln. Und (3) drittens hatte der italienische Staat es offensichtlich versäumt, darzutun,<br />

dass ohne <strong>die</strong> Geheimhaltung das Beschaffungsziel nicht hätte erreicht werden könne. So<br />

führt der EuGH aus: „Die Rechtfertigung <strong>des</strong> Erwerbs der fraglichen Hubschrauber im<br />

Verhandlungsverfahren mit Art. 2 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 93/36 ist <strong>des</strong>halb gemessen<br />

an dem Ziel, das Bekanntwerden vertraulicher Informationen im Zusammenhang mit der<br />

Hubschrauberherstellung zu verhindern, unverhältnismäßig. Die Italienische Republik hat<br />

nämlich nicht dargetan, dass <strong>die</strong>ses Ziel bei einer Ausschreibung, wie sie nach der Richtlinie<br />

93/36 vorgesehen ist, nicht hätte erreicht werden können.“<br />

„Außerdem ist daran zu erinnern, dass nach ständiger Rechtsprechung jede Ausnahme von<br />

den Vorschriften, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Wirksamkeit der im EG-Vertrag niedergelegten Rechte im Bereich<br />

der öffentlichen Aufträge gewährleisten sollen, eng auszulegen ist (vgl. in <strong>die</strong>sem Sinne Urteil<br />

vom 17. November 1993, Kommission/Spanien, C-71/92, Slg. 1993, I-5923, Randnr. 36) <strong>und</strong><br />

dass <strong>die</strong> Beweislast für das tatsächliche Vorliegen der eine Ausnahme rechtfertigenden<br />

außergewöhnlichen Umstände derjenige trägt, der sich auf <strong>die</strong>se Ausnahme berufen will (vgl.<br />

in <strong>die</strong>sem Sinne Urteile vom 3. Mai 1994, Kommission/Spanien, C-328/92, Slg. 1994, I-1569,<br />

Randnrn. 15 <strong>und</strong> 16, sowie Kommission/Italien, Randnrn. 57 <strong>und</strong> 58)…. Daher kann im<br />

vorliegenden Fall für <strong>die</strong> bloße Behauptung, dass <strong>die</strong> in Rede stehenden Lieferungen für<br />

geheim erklärt worden seien, dass bei ihnen besondere Sicherheitsmaßnahmen zu ergreifen<br />

seien oder dass eine Ausnahme von den Gemeinschaftsvorschriften notwendig sei, um<br />

wesentliche Sicherheitsinteressen <strong>des</strong> Staates zu schützen, nicht für den Nachweis genügen,<br />

dass <strong>die</strong> außergewöhnlichen Umstände, <strong>die</strong> <strong>die</strong> in Art. 2 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 93/36<br />

vorgesehenen Ausnahmen rechtfertigten, tatsächlich vorliegen.“<br />

Hier ist der Fall jedoch anders zu beurteilen, denn <strong>die</strong> Rechtfertigung der<br />

streitgegenständlichen Sicherheitsmaßnahmen ist vorliegend gemessen an dem Ziel, das<br />

Bekanntwerden vertraulicher Informationen zu verhindern, im Gegensatz zur zitierten<br />

Entscheidung <strong>des</strong> EuGH verhältnismäßig: (1) Zum einen geht es bei dem Betrieb der BOS-<br />

Stelle Digitalfunk um <strong>die</strong> sicherheitskritische Infrastruktur als solche. Es werden sensible<br />

Daten aus allen, für <strong>die</strong> innere Sicherheit <strong>des</strong> Staates relevanten Bereichen wie Polizei,<br />

Katastrophenschutz, Feuerwehr <strong>und</strong> Rettungs<strong>die</strong>nst tangiert. Mithin ist der Kernbereich der<br />

27


Staatlichen Sicherheit als solcher insgesamt betroffen, was durch <strong>die</strong> spätere Einbindung in<br />

das bun<strong>des</strong>weite Netz noch bedeutsamer wird.<br />

XXXXXX<br />

(2) Zudem hat der Auftraggeber vorliegend den Beschaffungsgegenstand europaweit<br />

ausgeschrieben <strong>und</strong> sich insoweit richtlinienkonform verhalten. Zudem hat er (3) bereits in<br />

der Vergabebekanntmachung <strong>und</strong> den Verdingungsunterlagen dezi<strong>die</strong>rt <strong>die</strong> Bedingungen der<br />

Sicherheitsrelevanz <strong>und</strong> der zu fordernden Sicherheits<strong>über</strong>prüfung dargetan. Insoweit wird<br />

auf <strong>die</strong> Ausführungen unter 2 c) verwiesen. Dort hat sich <strong>die</strong> Vergabekammer umfassend mit<br />

der Berührung der Sicherheitsinteressen befasst <strong>und</strong> festgestellt, dass <strong>die</strong>se in erheblichem<br />

Maße berührt sind. Die Sicherheitsrelevanz eines Leitstellennetzwerkes für Notrufe der BOS<br />

liegt auf der Hand. Insoweit unterscheiden sich <strong>die</strong> jeweils zu beurteilenden Sachverhalte<br />

maßgeblich, so dass dem Auftraggeber dahingehend zuzustimmen ist, dass <strong>die</strong> Entscheidung<br />

<strong>des</strong> EuGH auf den hier zu beurteilenden Fall nicht <strong>über</strong>tragbar ist.<br />

e) Entscheidung der VK Mecklenburg-Vorpommern vom 11.01.2007, 2 VK 11/06<br />

Auch unter Berücksichtigung der Entscheidung der Vergabekammer Mecklenburg-<br />

Vorpommern ergibt sich keine andere Sichtweise. Hinsichtlich § 100 Abs. 2 d 2. Alt. <strong>GWB</strong><br />

stellt auch <strong>die</strong> Vergabekammer Mecklenburg-Vorpommern auf das Erfordernis einer<br />

Sicherheits<strong>über</strong>prüfung ab. Das mit dem SächsSÜG <strong>und</strong> dem SÜG <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong> in <strong>die</strong>ser<br />

Hinsicht gleichlautende SÜG-MV verweist in § 34 darauf, dass durch Rechtsverordnung<br />

festgelegt wird, welche Stellen sicherheitsempfindlich sind. In Mecklenburg-Vorpommern<br />

gab es seinerzeit keine derartige Rechtsverordnung. In Sachsen liegt der Fall - wie bereits<br />

dargestellt- anders.<br />

Durch Kenntnisse Unbefugter oder durch das Eindringen Unbefugter in <strong>die</strong> Systeme, <strong>die</strong><br />

verschiedentlich motiviert sein könnten, könnte <strong>die</strong> Kommunikation zu den mit Sicherheit<br />

<strong>und</strong> Gefahrenabwehr betrauten Behörden <strong>und</strong> Organisationen lahmgelegt werden, was<br />

unabsehbare Folgen nach sich zöge.<br />

Soweit <strong>die</strong> Antragstellerin auf Entscheidungen anderer Vergabekammern oder<br />

Oberlan<strong>des</strong>gerichte verweist (so OLG Düsseldorf, B. v. 17.07.2002 - Verg 30/02 oder VK<br />

28


Baden-Württemberg, B. v. 15.08.2005 - 1 VK 47/05, VK Hessen, Beschluss vom 02.06.2004<br />

- 69d-VK-24/2004) in denen es bspw. um <strong>die</strong> Lieferung <strong>und</strong> Einrichtung von polizeilichen<br />

Einsatz-, Leit <strong>und</strong> Unterstützungssystemen für Dienststellen <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>grenzschutzes oder<br />

um <strong>die</strong> Errichtung einer integrierten Notruf-Leitstelle für eine Polizeidirektion oder einen<br />

Landkreis ging, <strong>und</strong> daraus abzuleiten versucht, dass dort bei vergleichbarer „technischer“<br />

Ausgangslage der jeweilige Beschaffungsvorgang auch nicht dem Vergaberecht entzogen<br />

war, so ist dem entgegen zu halten, dass weder <strong>die</strong> Komplexität der hier angestrebten<br />

interdisziplinären Vernetzung, noch <strong>die</strong> späterhin vorgesehene bun<strong>des</strong>land<strong>über</strong>greifende<br />

Vernetzung, welche hier gerade <strong>die</strong> besonderen Sicherheitsmaßnahmen begründen <strong>und</strong><br />

legitimieren in den zitierten Fällen vergleichbar war.<br />

Im Ergebnis war festzustellen, dass der von der Vergabekammer zu beurteilende Sachverhalt<br />

aufgr<strong>und</strong> der Komplexität der hier angestrebten interdisziplinären Vernetzung von Polizei,<br />

Feuerwehr <strong>und</strong> Rettungs<strong>die</strong>nst eine Ausnahme aus dem Vergaberecht rechtfertigte, weshalb<br />

in letzter Konsquenz eine Unzuständigkeit der Vergabekammer zu bejahen war.<br />

3. Akteneinsicht<br />

<strong>Der</strong> Antrag auf Gewährung von Akteneinsicht war abzulehnen. Aus den genannten Gründen<br />

war auch, unabhängig von den auftraggeberseits dargelegten Gründen der Geheimhaltung, der<br />

Antragstellerin eine Akteneinsicht nach § 111 <strong>GWB</strong> zu verweigern. Ein Akteneinsichtsrecht<br />

nach § 111 <strong>GWB</strong> setzt gr<strong>und</strong>sätzlich voraus, dass <strong>über</strong>haupt ein<br />

Vergabenachprüfungsverfahren eröffnet <strong>und</strong> damit zulässig ist (u.a. OLG Naumburg, B. v.<br />

15.07.2008 - Az.: 1 Verg 5/08). Eine Entscheidung der Vergabekammer <strong>über</strong> <strong>die</strong><br />

Beschränkung oder Nichtgewährung der Akteneinsicht ist nicht isoliert anfechtbar, § 111<br />

Abs. 4 <strong>GWB</strong>. Vielmehr ist sie zunächst hinzunehmen (vgl auch OLG Düsseldorf, Beschluss<br />

vom 28.12.2007 - Verg 40/07).<br />

4. Entscheidung der Vergabekammer<br />

<strong>Der</strong> Vergabenachprüfungsantrag war damit als unzulässig zu verwerfen. Die erkennende<br />

Vergabekammer konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden. Nach § 112 Abs. 1 Satz<br />

2 <strong>GWB</strong> kann bei Unzulässigkeit <strong>des</strong> Antrags nach Lage der Akten entschieden werden. § 112<br />

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Abs. 1 Satz 3 <strong>GWB</strong> gestattet eine Entscheidung nach Lage der Akten bei Unzulässigkeit <strong>des</strong><br />

Antrags. Die Vergabekammer kann auch dann ohne mündliche Verhandlung entscheiden,<br />

wenn sie den Antrag nach § 110 Abs. 2 Satz 1 <strong>GWB</strong> zugestellt - also eine offensichtliche<br />

Unzulässigkeit verneint - hat <strong>und</strong> später nach vertiefter Prüfung der Sach- <strong>und</strong> Rechtslage,<br />

unter Umständen auch erst nach weiteren Ermittlungen, zur Überzeugung von der<br />

Unzulässigkeit <strong>des</strong> Antrags gelangt (BayObLG, B. v. 20.8.2001, Verg 11/01; VK Hamburg,<br />

B. v. 6.10.2003, VKBB-3/03; 2. VK Sachsen-Anhalt, B. v. 15.01.2008, VK 2 LVwA LSA -<br />

28/07; VK Schleswig-Holstein, B. v. 05.10.2005, VK-SH 23/05).<br />

III.<br />

Als unterliegende Partei trägt <strong>die</strong> Antragstellerin <strong>die</strong> Kosten <strong>des</strong> Verfahrens (§ 128 Abs.<br />

3 Satz 1 <strong>GWB</strong>) einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen<br />

Aufwendungen <strong>des</strong> Auftraggebers (§ 128 Abs. 4 Satz 2 <strong>GWB</strong>). Die Höhe der Gebühr<br />

bestimmt sich nach dem personellen <strong>und</strong> sachlichen Aufwand der erkennenden<br />

Vergabekammer unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Bedeutung <strong>des</strong> Gegenstan<strong>des</strong><br />

<strong>des</strong> Nachprüfungsverfahrens (§ 128 Abs. 2 <strong>GWB</strong>). <strong>Der</strong> Gesetzgeber hat mit <strong>die</strong>ser an § 80<br />

Abs. 2 <strong>GWB</strong> angelehnten Regelung klargestellt, dass - wie im Kartellverwaltungsverfahren -<br />

vorrangig auf <strong>die</strong> wirtschaftliche Bedeutung <strong>des</strong> Verfahrens abzustellen ist (Kollmorgen in<br />

Langen/Bunte <strong>GWB</strong>, 8. Auflage 1998, § 80 Rdnr. 18). Die Vergabekammern <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong><br />

haben eine zum 01.01.2003 <strong>über</strong>arbeitete Gebührenstaffel erarbeitet, <strong>die</strong> <strong>die</strong> erkennende<br />

Vergabekammer im Interesse einer bun<strong>des</strong>einheitlichen Handhabung <strong>über</strong>nimmt. Diese<br />

Staffel sieht in Abhängigkeit vom wirtschaftlichen Hintergr<strong>und</strong> der Antragstellerin (eigene<br />

Bruttoangebotssumme) eine Gebühr in Höhe von XXXXXX € vor. Dieser Betrag kann<br />

entsprechend § 128 Abs. 2 Satz 2 ermäßigt werden, ggf. bis auf ein Zehntel.<br />

Als Gründe einer Ermäßigung sind dabei nur solche Gesichtspunkte zu berücksichtigen, <strong>die</strong><br />

im Zusammenhang mit der wirtschaftlichen Bedeutung sowie dem erforderlichen<br />

Verwaltungsaufwand stehen (vgl. Boesen, a.a.O., Rn. 16 ff. zu § 128). Vorliegend wurde<br />

ohne Beiladung <strong>und</strong> mündliche Verhandlung entschieden. Daher wird <strong>die</strong> zu zahlende<br />

Gebühr auf XXXXXX € festgesetzt.<br />

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Den Betrag von XXXXXX Euro hat <strong>die</strong> Antragstellerin unter Verwendung beigefügten<br />

Zahlungsformulars binnen zweier Wochen nach Zugang <strong>die</strong>ser Entscheidung zum<br />

Buchungskennzeichen XXXXXX bei der Hauptkasse Sachsen, Außenstelle Chemnitz, auf das<br />

Konto-Nr. 31 53 01 13 70 bei der Ostsächsischen Sparkasse Dresden, BLZ 850 50 300<br />

(IBAN: DE82850503003153011370; BIC: OSDDDE81) einzuzahlen.<br />

Die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten auf Seiten <strong>des</strong> Auftraggebers war<br />

gemäß § 128 Abs. 4 S. 2 <strong>GWB</strong> i. V. m. § 80 VwVfG notwendig. Beim Vergaberecht handelt<br />

es sich auch aufgr<strong>und</strong> vielfältiger europarechtlicher Überlagerung um eine wenig<br />

<strong>über</strong>sichtliche <strong>und</strong> zudem stetigen Veränderungen unterworfene Rechtsmaterie, <strong>die</strong> wegen <strong>des</strong><br />

gerichtsähnlich ausgestalteten Verfahrens bei der Vergabekammer bereits prozessrechtliche<br />

Kenntnisse verlangt. Die Notwendigkeit der Hinzuziehung einer anwaltlichen<br />

Bevollmächtigten ist dabei nach den individuellen Umständen <strong>des</strong> einzelnen<br />

Nachprüfungsverfahrens zu beurteilen. Vorliegend war eine erhöhte rechtliche Schwierigkeit<br />

dahingehend gegeben, dass Abgrenzungsschwierigkeiten einer Bereichsausnahme nach § 100<br />

Abs. d <strong>GWB</strong> mit Bezugnahme zur Rechtsprechung <strong>des</strong> EuGH Gegenstand <strong>des</strong><br />

Vergabenachprüfungsantrages waren, wozu <strong>die</strong> Rechtsprechung bisher noch wenige<br />

allgemeine Gr<strong>und</strong>sätze entwickelt hat. Insoweit konnte vom Auftraggeber <strong>die</strong> Bewältigung<br />

<strong>die</strong>ser Rechtsfragen ohne Hinzuziehung eines vergaberechtlich versierten Spezialisten nicht<br />

bewältigt werden<br />

IV.<br />

Gegen <strong>die</strong> Entscheidungen der 1. Vergabekammer <strong>des</strong> Freistaates Sachsen ist gem. § 116<br />

Abs. 1 <strong>GWB</strong> <strong>die</strong> sofortige Beschwerde zulässig. Sie ist binnen einer Notfrist von zwei<br />

Wochen, <strong>die</strong> mit der Zustellung der Entscheidung beginnt (§ 117 Abs. 1 <strong>GWB</strong>), schriftlich<br />

beim Beschwerdegericht einzulegen. Beschwerdegericht für <strong>die</strong> 1. Vergabekammer <strong>des</strong><br />

Freistaates ist das OLG Dresden, Vergabesenat, Schlossplatz 1, 01067 Dresden. Die<br />

Beschwerde muss zugleich mit ihrer Einlegung begründet werden (§ 117 Abs. 2 <strong>GWB</strong>. Die<br />

Beschwerdebegründung muss enthalten: <strong>die</strong> Erklärung, inwieweit <strong>die</strong> Entscheidung der<br />

Kammer angefochten wird <strong>und</strong> eine abweichende Entscheidung beantragt wird, <strong>die</strong> Angabe<br />

der Tatsachen <strong>und</strong> Beweismittel, auf <strong>die</strong> sich <strong>die</strong> Beschwerde stützt.<br />

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Die Beschwer<strong>des</strong>chrift muss durch einen Rechtsanwalt unterzeichnet sein. Dies gilt nicht für<br />

Beschwerden von juristischen Personen <strong>des</strong> öffentlichen Rechts.<br />

Mit der Einlegung der Beschwerde sind <strong>die</strong> anderen Beteiligten <strong>des</strong> Verfahrens vom<br />

Beschwerdeführer durch Übermittlung einer Ausfertigung der Beschwer<strong>des</strong>chrift zu<br />

unterrichten. Die sofortige Beschwerde hat aufschiebende Wirkung gegen<strong>über</strong> der<br />

Entscheidung der Vergabekammer. Die aufschiebende Wirkung entfällt zwei Wochen nach<br />

Ablauf der Beschwerdefrist.<br />

Kadenbach Kühne Dr. Gutsfeld<br />

<strong>Der</strong> ehrenamtliche Beisitzer hat nach<br />

Beschlussfassung auf eine Unterschrift verzichtet.<br />

Diese ist nach § 5 Nr. 1 der Geschäftsordnung der<br />

1. Vergabekammer <strong>des</strong> Freistaates Sachsen nicht<br />

notwendig.<br />

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