Mitteilungen und Nachrichten - Deutsche Gesellschaft für ...
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mit den Kirchen organisierte. Das führte<br />
dazu, dass in vielen Häusern den Patienten<br />
modernste medizinische Geräte <strong>und</strong> Instrumente<br />
zur Verfügung standen ( Abb. 3).<br />
Trotzdem haben die konfessionellen Krankenhäuser<br />
<strong>und</strong> Behinderteneinrichtungen<br />
zu keiner Zeit die Würdigung erfahren, die<br />
ihnen gerecht geworden wäre. In der Chronik<br />
des <strong>Deutsche</strong>n evangelischen Krankenhausverbandes<br />
liest sich das so: – „Zuletzt<br />
gab es in der DDR 46 evangelische <strong>und</strong> 31<br />
katholische Krankenhäuser. Sie stellten<br />
16,7 % der insgesamt 541 Krankenhäuser<br />
<strong>und</strong> 14,2 % aller Krankenhausbetten in der<br />
DDR. – Dennoch blieben sie Fremdkörper im<br />
staatlichen Ges<strong>und</strong>heitswesen – sie wurden<br />
geduldet, weil sie unentbehrlich waren, <strong>und</strong><br />
sie behielten ihre Selbständigkeit, weil eine<br />
Übernahme in staatliche Trägerschaft vor<br />
dem Hintergr<strong>und</strong> des in der Verfassung der<br />
DDR garantierten Gr<strong>und</strong>rechts auf freie Religionsausübung<br />
politisch brisant war.“ [1]<br />
Nach all dem, was sich daraus ergeben<br />
hat, ist es nur verständlich, dass sich auch<br />
die Traumatologie in den konfessionellen<br />
Krankenhäusern nur sehr ambivalent entwickeln<br />
konnte. Einerseits profitierte das<br />
Ges<strong>und</strong>heitswesen von der Möglichkeit<br />
hochqualifizierte operative Knochenbruchbehandlung<br />
in den Krankenhäusern vornehmen<br />
zu lassen, weil importierten Geräte<br />
<strong>und</strong> Instrumente dem international höchsten<br />
Standard genügten <strong>und</strong> weil sie nicht<br />
aus dem Devisenvolumen des Staates für<br />
das Ges<strong>und</strong>heitswesen finanziert werden<br />
mussten. Andererseits wurde den Häusern<br />
keinerlei Unterstützung für Forschung <strong>und</strong><br />
Weiterentwicklung gewährt. Kein konfessionelles<br />
Krankenhaus wurde für die Maximalversorgung<br />
zugelassen. Die Regel war<br />
die Einstufung in die Gr<strong>und</strong>versorgung,<br />
nur bei regionalen Besonderheiten wurde<br />
notgedrungen der Status für die Regelversorgung<br />
zuerkannt. Eine weitere Hürde war<br />
die zentrale Regelung der Patientenströme<br />
durch den Krankentransport, was im Rettungsdienst<br />
besonders deutlich zum Ausdruck<br />
kam. In den Ballungsgebieten erreichten<br />
deshalb nur geringfügig Verletzte das<br />
am Ort tätige konfessionelle Krankenhaus.<br />
Dass trotz dieser gr<strong>und</strong>sätzlichen Ignoranz,<br />
schwerer Verletzte in konfessionelle Häuser<br />
eingeliefert wurden, war dem guten Ruf<br />
<strong>und</strong> den Erfolgen von Spezialisten in deren<br />
chirurgischen Abteilungen zu danken. In<br />
der Bevölkerung <strong>und</strong> auch in Kreisen der<br />
Parteiführung gab es immer wieder Personen,<br />
die darauf bestanden in ein Haus der<br />
Kirche eingewiesen zu werden, auch wenn<br />
das eigentlich für sie nicht vorgesehen war.<br />
So konnten die Fachkenntnisse der Ärzte,<br />
die auch im „nichtsozialistischen Ausland“<br />
Tagungen besuchten, auf dem modernsten<br />
Wissensstand gebracht werden.<br />
Der o. a. kirchliche Finanztransfer war für<br />
die beste Behandlung der Patienten vorgesehen.<br />
Diese Mittel aber für die Forschung<br />
einzusetzen, verbot sich gegenüber den<br />
Spendern <strong>und</strong> Organisationen, die sie ausschließlich<br />
für Wohltätigkeitszwecken zur<br />
Verfügung gestellt hatten. Es war deshalb<br />
kein W<strong>und</strong>er, dass wenn Ärzte in den konfessionellen<br />
Krankenhäusern Forschung betrieben<br />
haben, Fragen der täglichen Praxis <strong>und</strong><br />
Erfahrung mit einfachen Verletzungsbildern<br />
zu Themen gemacht wurden. Unblutige<br />
Knochenbruchheilungswege, in Sonderheit<br />
die Methoden der frühfunktionellen Knochenbruchbehandlung<br />
beispielsweise in<br />
Anlehnung an die Lehre von Sarmiento fanden<br />
eine Weiterentwicklung. Da die Dauer<br />
des Aufenthaltes im Krankenhaus nicht der<br />
staatlichen Reglementierung unterlag <strong>und</strong><br />
jeder Patient auch ambulant vom Krankenhausarzt<br />
zu Ende behandelt werden durfte,<br />
waren für solche klinischen Forschungen<br />
die Voraussetzungen nahezu ideal. Die<br />
Traumatologie wurde also in den einzelnen<br />
Häusern sehr unterschiedlich praktiziert.<br />
Sie zeichnete sich einerseits durch<br />
hohe Qualität der operativen Versorgung<br />
von Knochenbrüchen mit internationalem<br />
Standard der Technik der Osteosynthesen,<br />
andererseits aber auch durch einfache, oft<br />
unblutige Konzepte zur Knochenbruchbehandlung<br />
mit guten funktionellen Ergebnissen<br />
aus. Die zentrale Bedeutung einer den<br />
Mitmenschen achtenden <strong>und</strong> ihm zugewandten<br />
Betreuung als Kernmotivation von<br />
Caritas <strong>und</strong> Diakonie, ließ dem Patienten<br />
die Wahl, welchen therapeutischen Weg er<br />
bevorzugte. Keine finanziellen Erwägungen<br />
störten ihn <strong>und</strong> seinen Arzt in der Entscheidung<br />
über die angebotene Therapie. Die oft<br />
langen Krankenhausaufenthalte boten die<br />
notwendige Zeit, mit dem Patienten eine<br />
persönliche Beziehung einzugehen. Diese<br />
konnte die manchmal wenig komfortablen<br />
Unterbringungen kompensieren. Das entstandene<br />
Vertrauensverhältnis hat viele<br />
Patienten ermutigt, die erforderliche Akzeptanz<br />
für seine Verletzung aufzubauen.<br />
Schnelle <strong>und</strong> gute Wiederherstellung der<br />
Funktion verletzter Extremitäten waren der<br />
Erfolg. Zuletzt darf die bedeutende, in mancherlei<br />
Weise beispielgebende Rolle bei der<br />
Rehabilitation Verletzter in den orthopädisch<br />
geführten, konfessionellen Behinderteneinrichtungen<br />
nicht vergessen werden<br />
zu erwähnen.<br />
Nach dem 18. März 1978 hat es dann auch<br />
keine Hindernisse mehr gegeben, die finanziellen<br />
Mittel für die ausreichende Versorgung<br />
der Verletzten jeder Art in voller Höhe<br />
mit den Krankenkassen in einem vorauslaufenden<br />
Planungsprozess auszuhandeln.<br />
Diese Budgetverhandlungen hatten nur<br />
die konfessionellen Krankenhäuser mit der<br />
Krankenkasse des „Freien <strong>Deutsche</strong>n Gewerkschaftsb<strong>und</strong>es“<br />
der DDR zu führen. Ein<br />
Umstand, der sich nach der Wende auszahlte.<br />
Sie waren mit der prinzipiellen Problematik<br />
der Budgetverhandlungen vertraut<br />
<strong>und</strong> konnten ihre Erfahrungen auch an andere<br />
Krankenhäuser weitergeben.<br />
Literatur<br />
1 Helbig W. Evangelischer Krankenhauskongress 98,<br />
Dokumentation, Herne-Wanne 1999<br />
Prof. Dr. S. Grafe<br />
Lise-Meitner-Str. 13<br />
04178 Leipzig<br />
Abb. 3 Einsatz modernster Spitzentechnik im traumatologischen Operationssaal: „Bildverstärker<br />
letzter Generation“. Aus: Privatarchiv S. Grafe<br />
DGU <strong>Mitteilungen</strong> <strong>und</strong> <strong>Nachrichten</strong> | Supplement 1/2008 25