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Mitteilungen und Nachrichten - Deutsche Gesellschaft für ...

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Abb. 2 Zusammenarbeit mit spanischer Nonne auf der neu eingerichteten „Mini-Wachstation“. Aus:<br />

Privatarchiv D. <strong>und</strong> K. Paul<br />

Abb. 3 Abszedierende Myositis. Aus: Privatarchiv<br />

D. <strong>und</strong> K. Paul<br />

dort tätigen spanischen Nonnen geleitet<br />

wurden, deren fachliche Kenntnisse <strong>und</strong><br />

vor allem deren Engagement über jeden<br />

Zweifel erhaben waren. Die Freude über die<br />

vertrauensvolle Zusammenarbeit war auf<br />

beiden Seiten groß. Mit ihrer Hilfe wurde es<br />

z. B. meiner Frau ermöglicht, ein Zimmer für<br />

Frischoperierte als „Mini-Wachstation“ einzurichten<br />

( Abb. 2).<br />

Die Versorgung der Patienten wurde erschwert<br />

durch<br />

– eine insuffiziente Röntgentechnik: Die<br />

zur Verfügung stehenden Röntgenfilme<br />

brachten bei dem klimabedingt enorm<br />

hohen Entwicklertemperaturen oft kaum<br />

verwertbare Ergebnisse, trotz aller Bemühungen<br />

eines durchaus gut geschulten<br />

Röntgenassistenten;<br />

– das Fehlen einer Bakteriologie vor Ort: Es<br />

konnten zwar Blut-, Urin- <strong>und</strong> Stuhlproben<br />

auf Malaria <strong>und</strong> Wurmeier untersucht<br />

werden, Keim- <strong>und</strong> Resistenzbestimmungen<br />

mussten jedoch per Flugzeug in<br />

die Hauptstadt gebracht werden, so dass<br />

die Ergebnisse oft erst nach 3 Wochen<br />

zur Verfügung standen. Somit war eine<br />

gezielte Antibiotikagabe praktisch nicht<br />

möglich. Gleiches galt für histologische<br />

Untersuchungen;<br />

– ein sehr „buntes“ Angebot an aus internationalen<br />

Hilfslieferungen stammenden<br />

Medikamenten, weil z. B. deren Zusammensetzung<br />

bei Beschriftungen in Chinesisch<br />

oder Japanisch kaum zu entziffern<br />

war;<br />

– eine nur sehr eingeschränkte Verwendbarkeit<br />

von Geräten <strong>und</strong> Instrumenten, die<br />

entweder inkomplett oder defekt waren<br />

<strong>und</strong> kein Service zur Verfügung stand;<br />

– den häufigen Ausfall der Wasser- <strong>und</strong><br />

Stromversorgung mit entsprechenden<br />

Auswirkungen auf Wäscheaufbereitung,<br />

Sterilisation usw., wobei ein Notstromaggregat<br />

nur für den Operationssaal existierte;<br />

– den Ausfall von Geräten durch Mangel an<br />

technischen Gasen;<br />

– den Mangel an Blutkonserven, da unter<br />

den beschriebenen Lebensbedingungen<br />

kaum Spender zu finden waren, falls sich<br />

nicht ein Familienmitglied zu einer Spende<br />

bereit erklärte;<br />

– die ungenügende Hygiene auf den Stationen<br />

<strong>und</strong><br />

– den herabgesetzten Allgemeinzu stand<br />

der Patienten <strong>und</strong> auch der Mitarbeiter<br />

durch Hunger, Malaria, Tbc, Bilharziose<br />

<strong>und</strong> Durchfallerkrankungen, möglicherweise<br />

auch durch AIDS, wobei uns damals<br />

diesbezüglich sowohl medizinische Erfahrungen<br />

als auch diagnostische Möglichkeiten<br />

fehlten.<br />

Wir Chirurgen wurden mit völlig ungewohnten<br />

Krankheitsbildern konfrontiert,<br />

über die wir vorher nicht aufgeklärt worden<br />

<strong>und</strong> somit auch nicht entsprechend vorbereitet<br />

waren.<br />

In der Allgemeinchirurgie traf das u. a. auf<br />

die Operation unförmiger Inguinalhernien<br />

zu, deren Beseitigung oft an die Grenze der<br />

technischen Möglichkeiten führte.<br />

Eine weitere Besonderheit stellte die Exstirpation<br />

riesiger Splenomegalien als Folge<br />

chronischer Malariaerkrankung dar, wobei<br />

das Risiko hauptsächlich darin bestand,<br />

dass meistens nur 500 bis maximal 1000 ml<br />

Blut bereitgestellt werden konnte.<br />

Während Appendizitiden praktisch nie<br />

vorkamen, musste bei lokalisierten Peritonitiden<br />

im rechten Unterbauch deshalb<br />

primär stets an entzündliche Konglomerattumoren<br />

im Ileozökalbereich infolge Spulwurmbefalls<br />

oder Bilharziose gedacht<br />

werden. Der Mut des Zuwartens mit Durchführung<br />

einer konservativen Behandlung<br />

wurde damit belohnt, dass eine risikoreiche<br />

Laparotomie mit eventueller rechtsseitiger<br />

Hemikolektomie vermieden werden konnte.<br />

Völlig überraschend entdeckten wir bei<br />

einigen Probelaparotomien junger Männer,<br />

die völlig unklare Peritonitissymptome boten,<br />

Dünndarmperforationen infolge eines<br />

Typhus abdominalis. Die Dünndarmresektion<br />

führte in Verbindung mit Antibiotikagaben<br />

zu überraschend günstigen Heilverläufen.<br />

Ein junger mosambikanischer<br />

Armeearzt, der gern bei uns hospitierte,<br />

stellte uns ein Lehrbuch über „Chirurgie in<br />

den Tropen“ zur Verfügung, welches für uns<br />

bei der Erkennung <strong>und</strong> Behandlung derartig<br />

exotischer Krankheitsbilder von unschätzbarem<br />

Wert war.<br />

Völlig unbekannt waren uns auch riesige<br />

Abszessbildungen an den Extremitäten,<br />

auffälligerweise ohne schwerere Allgemeinsymptome.<br />

Bei der Spaltung entleerten sich<br />

dann Eitermengen von oft über 1000 ml in<br />

Verbindung mit ausgedehnten Muskelnekrosen<br />

(abszedierende Myositis) ( Abb. 3).<br />

Für den Unfallchirurgen stellte die Versorgung<br />

der häufigen Schussverletzungen aller<br />

Art die größte Herausforderung dar. Diese<br />

betrafen seltener die Körperhöhlen, da diese<br />

Verletzten wahrscheinlich in der Mehrzahl<br />

der Fälle das Hospital nicht lebend erreichten,<br />

sondern überwiegend die<br />

DGU <strong>Mitteilungen</strong> <strong>und</strong> <strong>Nachrichten</strong> | Supplement 1/2008 45

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