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Mitteilungen und Nachrichten - Deutsche Gesellschaft für ...

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Unfallchirurgische Aktivitäten <strong>und</strong><br />

Erfahrungen in Mosambik <strong>und</strong> Uganda<br />

D. Paul, K. Paul<br />

Diese Mitteilung beruht überwiegend auf<br />

eigenen Erfahrungen, die wir als Chirurg<br />

<strong>und</strong> Krankenschwester während eines<br />

2-jährigen Aufenthaltes in Mosambik 1983<br />

bis 1985 <strong>und</strong> einem weiteren 6-monatigen<br />

Einsatzes als Chirurg in Uganda 1989 sammeln<br />

konnten. Die in diesem Bericht enthaltenen<br />

politischen Schlussfolgerungen sind<br />

letztlich als persönliche <strong>und</strong> damit unverbindliche<br />

Einschätzungen anzusehen.<br />

Die DDR unterhielt während ihres Bestehens<br />

enge Beziehungen zu den Staaten<br />

der dritten Welt, die ihr besonders in der<br />

Anerkennungsfrage wohl gesonnen waren<br />

<strong>und</strong> zu erkennen gaben, dass sie zumindest<br />

tendenziell eine sozialistische Entwicklung<br />

einschlagen wollten. Im Rahmen dieser Beziehungen<br />

wurde auch die Gewährung medizinischer<br />

Hilfeleistungen vereinbart. Da<br />

die Haltung mancher dieser „befre<strong>und</strong>eten“<br />

Staaten im Laufe der Zeit wechselte, wurde<br />

die medizinische Hilfeleistung der DDR unterschiedlichen<br />

Staaten zuteil: Wurden anfangs<br />

Ärzte z. B. nach Algerien, Ghana <strong>und</strong><br />

Ägypten entsandt, betraf das später mehr<br />

Angola, Mosambik, Nikaragua, Kambotscha<br />

<strong>und</strong> Äthiopien. Dabei ist nicht zu übersehen,<br />

dass es sich oft um innenpolitisch außerordentlich<br />

instabile Länder handelte, in denen<br />

Bürgerkrieg oder zumindest bürgerkriegsähnliche<br />

Zustände herrschten.<br />

Die medizinischen Hilfeleistungen beruhten<br />

auf zwischenstaatlichen Verträgen<br />

zwischen der DDR <strong>und</strong> dem jeweiligen Entwicklungsland<br />

<strong>und</strong> wurde prinzipiell von<br />

staatlichen Stellen der DDR organisiert:<br />

Das Ministe rium für Ges<strong>und</strong>heitswesen<br />

war zuständig für Ärzte aus Bezirks- <strong>und</strong><br />

Kreiskrankenhäusern, das Ministerium für<br />

Hochschulwesen für Ärzte aus Universitätskliniken.<br />

Seltener wurden Außenhandelsbetriebe<br />

wie BIEG u. a. aktiv. Für die Abwicklung<br />

vor Ort waren die Botschaften der DDR<br />

zuständig, die wiederum von verschiedenen<br />

untergeordneten Strukturen (z. B. INTER-<br />

COOP) unterstützt wurden.<br />

Die Auswahl geeigneter Ärzte oblag in der<br />

Regel der Abteilung Ges<strong>und</strong>heitswesen bei<br />

den Räten der Bezirke. Die Anregung zu<br />

einer Tätigkeit im Ausland ging fast ausschließlich<br />

von dieser Behörde aus, während<br />

persönliche Bewerbungen <strong>und</strong> Initiativen<br />

eher Ausnahmen darstellten. Dabei war die<br />

DDR schon aus Imagegründen an der Entsendung<br />

erfahrener kompetenter Fachärzte<br />

interessiert. Die Zugehörigkeit zu einer Partei<br />

stellte dagegen kein Kriterium für einen<br />

derartigen Einsatz dar. Ehepaare konnten<br />

gemeinsam reisen, wenn eine geeignete<br />

berufliche Tätigkeit für den Ehepartner am<br />

Einsatzort vorhanden war <strong>und</strong> Kinder in der<br />

DDR zurückblieben.<br />

In unserem Fall konfrontierte uns völlig<br />

überraschend <strong>und</strong> ohne jede Vorankündigung<br />

eine Mitarbeiterin des Rates des Bezirkes<br />

mit der Frage, ob wir bereit wären,<br />

2 Jahre lang als Chirurg <strong>und</strong> Krankenschwester<br />

in einem Provinzkrankenhaus in Mosambik<br />

zu arbeiten. Die Entscheidung darüber<br />

lag ausschließlich bei uns; Druck wurde<br />

nicht ausgeübt.<br />

Die Motivation für die Übernahme einer<br />

solchen Aufgabe dürfte bei den einzelnen<br />

Kandidaten sicher unterschiedlich gewesen<br />

sein. Bei uns überwog eindeutig der<br />

Gedanke, der Eintönigkeit des täglichen Lebens<br />

in der Enge der DDR für eine gewisse<br />

Zeit zu entfliehen <strong>und</strong> etwas völlig Neues,<br />

einschließlich des Erlernens einer Fremdsprache<br />

(bei uns portugiesisch) kennen zu<br />

lernen. Weiter war für uns, wie sicher auch<br />

für viele andere Kollegen, der Wunsch sehr<br />

wesentlich, sinnvolle Hilfe in einem Entwicklungsland<br />

zu leisten. Finanzielle Erwägungen<br />

dürften demgegenüber von untergeordneter<br />

Bedeutung gewesen sein. Eine<br />

entsprechende Absicherung war gegeben,<br />

da die Planstelle während der Abwesenheit<br />

nicht anderweitig vergeben werden durfte<br />

<strong>und</strong> somit die Rückkehr auf den alten Arbeitsplatz<br />

gewährleistet war. Das Gehalt<br />

wurde während des Einsatzes weiter gezahlt,<br />

hinzu kam vor Ort eine zusätzliche relativ<br />

geringe Auslösung in der Landeswährung.<br />

Eine größere Rolle, was allerdings für<br />

uns nicht zutraf, dürften dagegen nicht selten<br />

Absprachen über einen Karrieresprung<br />

nach Beendigung des Einsatzes gespielt<br />

haben.<br />

Die unmittelbare Vorbereitung bestand in<br />

der Teilnahme an einem intensiven Sprachkurs<br />

<strong>und</strong> der aufwändigen Beschaffung mitzunehmender<br />

persönlicher Ausrüstungsgegenstände<br />

<strong>und</strong> Nahrungsmittel. Es mussten<br />

u. a. Kleidung, Waschmittel, Kosmetika <strong>und</strong><br />

persönliche Medikamente für 2 Jahre <strong>und</strong><br />

Nahrungsmittel für 3 Monate, dazu zahlreiche<br />

Ausrüstungsgegenstände wie Tauchsieder,<br />

Elektrokocher, Backform usw. besorgt<br />

<strong>und</strong> verpackt werden. Dazu standen neben<br />

dem üblichen Fluggepäck insgesamt 100 kg<br />

„Vorausgepäck“ <strong>und</strong> eine Seekiste für weitere<br />

100 kg zur Verfügung. Diese Vorbereitungen<br />

waren speziell für Mosambik wegen<br />

der dort herrschenden extremen Notsituation<br />

(es waren weder Nahrungsmittel noch<br />

andere Gegenstände käuflich zu erwerben)<br />

erforderlich; der „Nachschub“ wurde dann<br />

direkt aus der DDR in einem 3-Monate-<br />

Rhythmus realisiert. Brot musste von den<br />

Frauen selbst gebacken, das gesamte Trinkwasser<br />

musste gefiltert, abgekocht <strong>und</strong> anschließend<br />

gekühlt werden.<br />

Eigene Erfahrungen in Mosambik<br />

Aufgr<strong>und</strong> der genannten Verträge versorgten<br />

Fachärzte aus der DDR die Provinzkrankenhäuser<br />

in Chimoio <strong>und</strong> Tete, wobei<br />

wir in Tete, ca. 800 km landeinwärts von der<br />

Hauptstadt Maputo entfernt am Sambesi<br />

gelegen, zum Einsatz kamen. Dieser einzigen<br />

stationären Einrichtung in der gleichnamigen<br />

Provinz oblag die Versorgung der<br />

ca. 1 Million Einwohner in einem Gebiet von<br />

der Größe etwa eines Viertels von Deutschland.<br />

Die Gesamtsituation wurde damals bestimmt<br />

durch einen seit ca. 10 Jahren tobenden<br />

Bürgerkrieg, wobei das regierungstreue<br />

Militär die großen Städte besetzt<br />

hielt <strong>und</strong> dort auch für Sicherheit sorgte,<br />

während das gesamt flache Land de facto<br />

von den „Rebellen“ beherrscht wurde. Daraus<br />

ergaben sich besonders für die weit<br />

von der Hauptstadt entfernten Provinzen<br />

wie Tete außerordentliche Schwierigkeiten<br />

durch den vollständigen Zusammenbruch<br />

der gesamten Infrastruktur <strong>und</strong> die damit<br />

verb<strong>und</strong>ene Unterbrechung der Straßenverbindungen<br />

<strong>und</strong> damit der Nachschubwege<br />

für Nahrungsmittel <strong>und</strong> sonstige Hilfsmaßnahmen.<br />

Die einzige Verbindung zur Hauptstadt<br />

bestand in einer einzigen Flugverbindung<br />

pro Woche. Dieses Flugzeug wurde<br />

stets sehnlichst erwartet, da es möglicher-<br />

DGU <strong>Mitteilungen</strong> <strong>und</strong> <strong>Nachrichten</strong> | Supplement 1/2008 43

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