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3-2013

Fachzeitschrift für Elektronik-Produktion - Fertigungstechnik, Materialien und Qualitätsmanagement

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Beschichtungstechnik<br />

Die Zukunft der Elektronenstrahlhärtung<br />

Möglichkeiten und Vorteile für gehärtete Beschichtungen<br />

Die ersten Experimente mit<br />

Elektronenstrahlen reichen<br />

zurück bis in die 1920er Jahre in<br />

den USA. Doch die ersten Versuche,<br />

Lacke mit Elektronenstrahlhärtung<br />

(ESH) zu trocknen,<br />

wurden erst im Jahr 1960<br />

durchgeführt. Das Funktionsprinzip<br />

der ESH besteht darin,<br />

dass ein Elektronenbündel in<br />

einer Beschichtung eine Vernetzung<br />

induziert, die mit einer<br />

radikalischen Polymerisation<br />

verbunden ist, wie sie aus der<br />

organischen Chemie bekannt<br />

ist. Diese Vernetzung ist nur<br />

möglich, wenn der Lack Doppelbindungen,<br />

beispielsweise in<br />

Autor:<br />

David Helsby, Präsident von<br />

RadTech Europe<br />

Form von Äthylen-, Propylen-,<br />

Vinyl- oder Acrylgruppen, enthält.<br />

Die letzteren werden aufgrund<br />

der Kombination mehrerer<br />

vorteilhafter Eigenschaften<br />

bevorzugt.<br />

Elektronenbeschleunigung im<br />

elektrischen Feld<br />

Die Elektronen werden<br />

erzeugt, indem ein elektrischer<br />

Strom durch einen Wolframdraht<br />

geleitet und dann<br />

im Vakuum in einem elektrischen<br />

Feld beschleunigt<br />

wird. Die Elektronen verlassen<br />

den Beschleuniger durch<br />

ein Fenster aus Titanfolie, das<br />

für die Elektronen durchlässig<br />

ist. Dieses Verfahren bietet<br />

sich hauptsächlich für flache<br />

Produkte an, obwohl das Elektronenspektrum<br />

auch geeignet<br />

ist, um eine gewisse Profilhöhe<br />

zu härten.<br />

Jetzt wird das mit Lack oder<br />

Tinte beschichtete Produkt<br />

unter dem Titanfenster hindurchgeführt,<br />

so dass der Elektronenstrahl<br />

die Schicht härten<br />

kann. Hierzu wird eine Schutzgasatmosphäre<br />

benötigt, da<br />

der vorhandene Sauerstoff zu<br />

einer Reihe von ungewünschten<br />

reaktiven Bindungen in der<br />

Beschichtung führen würde. Für<br />

gewöhnlich kommt reiner Stickstoff<br />

(mind. 99,98 %) mit einem<br />

Sauerstoffanteil von weniger als<br />

200 ppm zum Einsatz.<br />

Dosierung und Energiedichte<br />

Die Elektronenstrahlhärtung<br />

ist vor allem von der Dosis und<br />

der Energiedichte der Elektronen<br />

abhängig. Die Dosis<br />

bezeichnet die Menge an Elektronen,<br />

die auf die Beschichtung<br />

auftreffen, und wird von der<br />

Temperatur des Wolframdrahts<br />

bzw. der Stromstärke und/oder<br />

der Spannung bestimmt. Sie<br />

definiert die Geschwindigkeit<br />

bzw. den Grad der Vernetzung,<br />

der in Verbindung mit einer<br />

bestimmten Vorschubgeschwindigkeit<br />

erreicht werden kann.<br />

Das angelegte elektrische<br />

Hochspannungsfeld gibt die<br />

Energie der Elektronen und<br />

daher vor, wie tief diese in die zu<br />

härtende Beschichtung eindringen.<br />

Im Allgemeinen wird bei<br />

Lacken und Tinten eine Spannung<br />

von 70 kV bis 300 kV angewendet.<br />

Damit wird eine Eindringtiefe<br />

von etwa 15 µm bis<br />

500 µm erreicht, obwohl dieser<br />

Wert natürlich auch von der<br />

Dichte des Beschichtungsmaterials<br />

abhängig ist. Hier kommt<br />

es darauf an, diese Parameter<br />

genau aufeinander abzustimmen,<br />

denn eine zu niedrigere<br />

Spannung härtet nicht bis in<br />

die vorgesehene Tiefe, während<br />

bei einer zu hohen Spannung<br />

das Trägermaterial unnötig<br />

beeinflusst werden könnte.<br />

Neben dem unnötigen Energieverbrauch<br />

kann auch eine Verfärbung<br />

die Folge sein.<br />

Geringer Energieverbrauch und<br />

keine Abfallprodukte<br />

Im Vergleich zu Pulver- und<br />

Nasslacken bietet die Elektronenstrahlhärtung<br />

zahlreiche<br />

Vorteile. Vor allem kommen<br />

keine organischen oder sonstigen<br />

Lösungsmittel zum Einsatz,<br />

so dass dieses Verfahren<br />

umweltfreundlich ist, da es<br />

zudem kein Kohlendioxid an<br />

die Atmosphäre abgibt. Um die<br />

Materialien für Beschichtungsprozesse<br />

verwenden zu können,<br />

werden lediglich niedermolekulare<br />

Polyethylenglucole (PEG),<br />

Propylenglycolacryle (PGA)<br />

oder andere multifunktionale<br />

Verbindungen als „Lösungsmittel“<br />

hinzugesetzt.<br />

Ein weiterer Vorteil ist der<br />

geringe Energieverbrauch. Wenn<br />

man jetzt noch die Kühlung und<br />

andere Prozesse in die Berechnung<br />

mit einbezieht, wird der<br />

Vorsprung der ESH noch deutlicher.<br />

Auch die CO 2 -Emissionen<br />

sind um ein Vielfaches geringer.<br />

Zudem laufen die Vernetzungsreaktionen<br />

bei der Elektronenstrahlhärtung<br />

schnell<br />

und vollständig ab. Eine hohe<br />

Kratzfestigkeit, Chemikalienund<br />

Farbbeständigkeit sind weitere<br />

Vorteile.<br />

ESH-Umstieg und Anfangskosten<br />

Die hohen Anfangskosten stellen<br />

eine wesentliche Hürde für<br />

den Umstieg auf die Elektronenstrahlhärtung<br />

dar. Diese sind<br />

durch die benötigte Vakuumkammer,<br />

die Hochspannungsversorgung<br />

sowie die Schutzgasatmosphäre<br />

begründet. Aufgrund<br />

der beispiellos vorteilhaften<br />

Eigenschaften der resultierenden<br />

Beschichtung und<br />

der Umweltfreundlichkeit werden<br />

solche Fragestellungen, wie<br />

der Energieverbrauch und das<br />

Vermeiden von Abwasser und<br />

Abgasen, in Zukunft jedoch<br />

eine immer größere Rolle spielen.<br />

Das Verfahren ist einsatzbereit<br />

und Rad Tech Europe<br />

sieht es als eine seiner vordringlichsten<br />

Aufgaben an, die Industrie<br />

über die Qualität und den<br />

Wert der Elektronenstrahlhärtung<br />

zu informieren. Eine wichtige<br />

Plattform, um dieses Ziel<br />

zu erreichen, ist die alle zwei<br />

Jahre ausgerichtete Konferenz<br />

und Ausstellung von RadTech<br />

Europe, die in diesem Jahr<br />

vom 15. – 17. Oktober in Basel,<br />

Schweiz, stattfindet.<br />

RadTech Europe<br />

mail@radtech-europe.com<br />

www.radtech-europe.com<br />

32 3/<strong>2013</strong>

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