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POWER, POTENZIALE,<br />
PERSPEKTIVEN<br />
Der Nordwesten ist eine Autoregion – erfolgreich und vielseitig. Er steht aber (noch) im<br />
Schatten der süddeutschen Autoindustrie. Mehr Sichtbarkeit ist notwendig und ein politisches<br />
Signal: Automotive soll das vierte Innovationscluster, ein Mobilitäts-Cluster<br />
in Bremen werden.<br />
Von CHRISTINE BACKHAUS (Text)<br />
Foto Frank Pusch<br />
Auffallend ist, dass Bremens Automotive-Kompetenz sich aus<br />
vielen Kanälen speist. Es ist eine beachtliche Kombination<br />
aus Produktion und Logistik, Umschlag und Transport, aus<br />
Forschung und Entwicklung. Im Zentrum steht das große<br />
Mercedes-Benz Werk der Daimler AG in Bremen, in dem mehr<br />
als 300.000 Autos pro Jahr gebaut und mehr Menschen beschäftigt<br />
werden als in jedem anderen (Privat)Unternehmen<br />
der Stadt. Das Werk und mit ihm Werksleiter Andreas Kellermann<br />
trägt im weltweiten Mercedes-Verbund nicht nur die<br />
Verantwortung für die C-Klasse, das meistverkaufte Mercedes-Modell,<br />
sondern in dem brandneuen Organisationsmodell<br />
auch für die Heckantriebs-Architektur aller Modelle. Das<br />
Bremer Werk ist nach Stuttgart-Sindelfingen weltweit das<br />
zweitgrößte Produktionswerk von Mercedes und genießt einen<br />
Top-Ruf. Seit 1978 sind mehr als sechs Millionen Mercedes-Benz-Pkw<br />
in der Hansestadt gefertigt worden.<br />
Um diesen Primus herum gruppiert sich eine stattliche<br />
Reihe international renommierter und technologisch führens<br />
ist höchste Zeit. Höchste Zeit, dass Bremen Gas<br />
gibt. Drei Innovationscluster hat das Land: Windenergie,<br />
maritime Wirtschaft und Luft- und Raumfahrt.<br />
Diese drei Branchen prägen den Standort,<br />
haben ein hohes Renommee und ohne Zweifel<br />
auch ein beträchtliches Zukunftspotenzial. Dabei ist eine<br />
vierte Branche bisher etwas vernachlässigt worden, obwohl<br />
sie der Treibstoff der Industriestadt Bremen ist: Automotive.<br />
Bremen ist eine Autostadt, lautet allerorten das politische<br />
Credo, 1.000 Autos laufen hier täglich vom Band. Mehr politisches<br />
Gewicht, mehr Aufmerksamkeit und mehr Förderung<br />
aber erhielte die Branche, wenn sie offiziell zum Innovations -<br />
cluster, zu einem Mobility-Cluster, erklärt wird. Das ist die Forderung<br />
der Wirtschaft.<br />
Welche Substanz die Branche in Bremen und im Nordwesten<br />
hat, belegt eine neue Analyse der Jade Hochschule und<br />
des Automotive Nordwest e. V. Danach stellen rund 170 Betriebe<br />
in Nordwestdeutschland, in dem Dreieck Emden-Bremen-Osnabrück,<br />
mit knapp 45.000 Beschäftigten direkt<br />
Kraftwagen und Kraftwagenteile her. Hinzu kommen<br />
40.000 indirekt Beschäftigte. Meist arbeiten sie in kleinen<br />
und mittleren Unternehmen. „Der Gesamtumsatz lag 2012<br />
bei 20,76 Milliarden Euro, was einem Anteil von sechs Prozent<br />
des Bundesumsatzes entspricht“, heißt es in der Studie.<br />
„Er wurde zu zwei Dritteln im Auslandsgeschäft erwirtschaftet.<br />
Davon stammte wiederum gut ein Viertel aus der Eurozone<br />
und der Rest aus dem sonstigen Ausland.“<br />
Starker Beschäftigungseffekt<br />
Matthias Brucke, Clustermanager des Automotive-Nordwest-<br />
Netzwerkes, hat die Studie initiiert. Sie zeige erstmals wissenschaftlich<br />
untermauert den enormen Beschäftigungsbeitrag<br />
der Branche, sagt er. Für Bremen wurde ein Multiplikator von<br />
1,94 (bundesweit 1,79) ermittelt. „Das heißt, dass die rund<br />
21.000 Arbeitskräfte bei den Herstellern und direkten Zulieferern<br />
in der Stadt noch einmal zu fast genau so vielen Beschäftigten<br />
führen, die indirekt von der Automobilbranche leben“,<br />
sagt Brucke. Damit stehen bei der Automotive Branche<br />
rund 40.000 Menschen in Lohn und Brot.<br />
Die Hochschulanalyse bekräftigt, dass Fahrzeugbau der<br />
bedeutendste Wirtschaftsfaktor im produzierenden Gewerbe<br />
im Nordwesten ist: „13 Prozent der Betriebe machen mehr als<br />
70 Prozent des Umsatzes.“ Mehr als die Hälfte der Arbeitskräfte<br />
der vier betrachteten Wirtschaftszweige (Fahrzeugbau,<br />
Gummi- und Kunststoff, Chemie, Maschinenbau) ist im<br />
Fahrzeugbau tätig. Nimmt man das Bruttoinlandsprodukt in<br />
Gesamtdeutschland – im Jahr 2012 waren es 2,666 Billionen<br />
Euro –, so hat der Fahrzeugbau einen Anteil von 13,5 Prozent.<br />
Davon werden knapp 27 Prozent in den drei Bundesländern<br />
Bremen, Hamburg und Niedersachsen erwirtschaftet, das ist<br />
doppelt so viel wie im Durchschnitt aller Bundesländer.<br />
Drei wesentliche Standortvorteile kennzeichnen die Region:<br />
zum einen das verfügbare Personal (hoher Bildungsstand,<br />
enorme Flexibilität), zum zweiten die Anbindung an die Häfen<br />
und drittens schließlich die Verfügbarkeit freier Flächen<br />
für etwaige Expansionen, vor allem in Niedersachsen. Die<br />
größten Stärken der Branche sind laut Untersuchung die Innovationstätigkeit<br />
und das verfügbare Arbeitskräftepotenzial.<br />
Komplexe Automotive-Kompetenz<br />
12.2014 Wirtschaft in Bremen | 11