Hans Joachim Iwand, Das Bild Jesu Christi nach ausgewählten ...

Wir finden hier eine deutliche Linie: Auferstehung : Schriftverständnis
– Messias als Leidender – Jes 53 – Bezeichnung Jesu als
ἀρνίον, ἀμνός , παίς, ἐν μορφῆ δούλου ὤν.
Aber diese formalen Beobachtungen sollten nur zeigen, wie
sich das neue Schriftverständnis concret auswirkt. Jes. 53 tritt als bestimmender
Faktor in die Christologie ein. Ist das aber einmal gesehen,
dann brauchen wir nicht mehr lange zu suchen, was der Zusatz
κατὰ τὰς γραφάς Χ. ὑπὲρ τῶν ἁμαρτιῶν ἀπέθανεν – bedeutet.
Er bedeutet, daß Christus nach dem Zeugnis von Jes. 53 für unsere
Sünden starb. Die Lehre von dem Sühnetod Christi wird – abgesehen
von Herrenworten – mit Jes. 53 begründet. Denn da ist das Leiden des
Gottesknechtes stellvertretendes Leiden. |95|
Αὐτὸς ἐτραυματίσθη διὰ τὰς ἁμαρτίας ἡμῶν, καὶ
μεμαλάκισται διὰ τὰς ἀνομίας ἡμῶν, παιδεία εἰρήνης ἡμῶν
ἐπ᾿ αὐτὸν, τῷ μώλωπι αὐτοῦ ἡμεῖς ἰάθημεν. (Jes 53, 5)
Es will mir jedoch scheinen,als ob auch hier noch ein letzter, abschließender
Gedanke fehlte. Denn es bleibt der Sühnegedanke sehr
theoretisch, trotz allem. Mit aller Vorsicht möchte ich noch eine Vermutung
hinzufügen: Ihnen allen wird in Erinnerung sein, daß Petrus
zu Jesus sagt: „Herr, gehe hinaus von mir, denn ich bin ein sündiger
Mensch“. Die Geschichte spielt am See Genezareth. Es ist die Geschichte
der Jüngerberufung. Aber sie ist von der Berufungsgeschichte
des Mc. [Markus] ebenso verschieden, als sie einer andren wichtigen
Geschichte ähnlich ist, Joh 21. Dies ist eine Auferstehungsgeschichte.
Wenn uns Lukas in V, 1 ff. eine alte Tradition der Erscheinungen des
Herrn am See Genezareth mitteilt, dann würden wir hier in dem Worte
eine neuen |96| Anknüpfung finden: Danach wäre für Petrus die Begegnung
mit dem Auferstandenen verbunden gewesen mit einem elementaren
Bekenntnis seiner Sünde, und wir hätten in dem Satz: Christus
ist für unsere Sünden gestorben – wirklich das Evangelium des
Petrus vor uns, das er aus innerstem Erleben in der Begegnung mit
dem Auferstandenen erfaßt hatte. Zumal da dann erklärlich würde,
warum die Verleugnung des Petrus in allen Evangelien eine solche
Betonung erfuhr. 53
53 Vgl. Thesen III 15.
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