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Analgesie, Sedierung und Delirmanagement in der ... - Amazon S3

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AWMF onl<strong>in</strong>e - <strong>S3</strong>-Leitl<strong>in</strong>ie Anästhesiologie: <strong>Analgesie</strong>, <strong>Sedierung</strong> <strong>und</strong> <strong>Delirmanagement</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Intensiv...<br />

durchgeführt werden. Neben dem analgetischen Effekt ist vor allem die Sympathikolyse <strong>und</strong> die Möglichkeit <strong>der</strong> früheren<br />

postoperativen Ernährung von Bedeutung [80]. Der E<strong>in</strong>satz adjuvanter Substanzen wie Clonid<strong>in</strong>, Ketam<strong>in</strong> sowie die<br />

Anwendung von Nicht-Opioid-Analgetika sollte <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e unter dem Aspekt <strong>der</strong> positiven Effekte e<strong>in</strong>er<br />

Opioide<strong>in</strong>sparung Berücksichtigung f<strong>in</strong>den.<br />

Insbeson<strong>der</strong>e bei den im Rahmen <strong>der</strong> Langzeittherapie e<strong>in</strong>gesetzten Opioiden müssen auch therapiebed<strong>in</strong>gte<br />

Nebenwirkungen (z.B. Obstipationen) überwacht <strong>und</strong> ggf. behandelt werden [78]. Zur Senkung <strong>der</strong> Ileus<strong>in</strong>zidenz kann, falls<br />

e<strong>in</strong>e opioidsparende Therapie nicht möglich ist, gegenwärtig die enterale Applikation von Naloxon (4 x 8 mg) empfohlen<br />

werden [79]<br />

B.II.3.2 Sedierende Therapie im Rahmen <strong>der</strong> Intensivmediz<strong>in</strong> bei Erwachsenen<br />

Mehr als 75 Prozent aller kontrolliert o<strong>der</strong> assistiert beatmeten Patienten erhalten e<strong>in</strong>e sedierende <strong>und</strong>/o<strong>der</strong> analgetische Therapie [60].<br />

In den meisten Fällen sollte als <strong>Sedierung</strong>sziel e<strong>in</strong> wacher, kooperativer Patient, <strong>der</strong> die <strong>in</strong>tensivmediz<strong>in</strong>isch erfor<strong>der</strong>lichen Maßnahmen<br />

gut toleriert (RASS 0/-1), angestrebt se<strong>in</strong>. E<strong>in</strong>e mo<strong>der</strong>ate <strong>Sedierung</strong> bewirkt e<strong>in</strong> hohes Maß an Patientenzufriedenheit <strong>und</strong> e<strong>in</strong> niedriges<br />

Risiko für schwere Nebenwirkungen ([94] LoE 1a). E<strong>in</strong>e sehr tiefe <strong>Sedierung</strong> dagegen sollte nur noch wenigen speziellen Indikationen<br />

vorbehalten se<strong>in</strong> [14], [15], (z.B. Schwierigkeiten bei <strong>der</strong> masch<strong>in</strong>eller Beatmung, chirurgische Indikationen, wie freie Lappen,<br />

Spalthauttransplantate, Zelltransplantation, o<strong>der</strong> Hirndrucksymptomatik mit drohen<strong>der</strong> E<strong>in</strong>klemmung, zur Reduktion des<br />

Sauerstoffverbrauchs bei drohen<strong>der</strong> Hypoxie). Durch e<strong>in</strong>e effiziente <strong>Analgesie</strong> <strong>und</strong> <strong>Sedierung</strong> werden e<strong>in</strong>e Toleranz <strong>der</strong><br />

<strong>in</strong>tensivmediz<strong>in</strong>ischen Behandlung erreicht, vegetative Stressreaktionen des Patienten wie Angst- <strong>und</strong> Unruhezustände gedämpft <strong>und</strong><br />

<strong>der</strong>en negative Auswirkungen auf den Organismus begrenzt. Neben den mediz<strong>in</strong>isch begründeten Erfor<strong>der</strong>nissen e<strong>in</strong>er adäquaten<br />

<strong>Analgesie</strong> <strong>und</strong> <strong>Sedierung</strong> ergibt sich für Ärzte <strong>und</strong> Pflegepersonal die ethische Verpflichtung, dass Bewusstse<strong>in</strong> des Patienten vor<br />

möglicherweise schädigenden <strong>und</strong> schmerzhaften diagnostischen, therapeutischen <strong>und</strong> pflegerischen Maßnahmen zu schützen.<br />

Die Notwendigkeit e<strong>in</strong>er begleitenden analgosedierenden Therapie gilt mittlerweile als unumstrittener Konsens. Im Bezug auf Ziele <strong>und</strong><br />

Wege <strong>der</strong> sedativen Therapie existieren noch Unterschiede. Mo<strong>der</strong>ne Beatmungstechniken <strong>und</strong> neue Medikamente haben <strong>in</strong> den letzten<br />

Jahren e<strong>in</strong>en gr<strong>und</strong>sätzlichen konzeptionellen Wechsel ermöglicht. E<strong>in</strong>e Umfrage von Merriman HM aus dem Jahre 1981 ermittelte, dass<br />

zum damaligen Zeitpunkt nur 9 von 34 britischen Intensivstationen als Zielvorstellung den gut orientierten Patienten angaben, <strong>der</strong> die<br />

mediz<strong>in</strong>ischen Maßnahmen toleriert <strong>und</strong> Medikamente nur im Rahmen schmerzhafter Manipulationen benötigt. Weiter wurde <strong>in</strong> dieser<br />

Untersuchung gezeigt, dass 21 verschiedene Medikamente zur Analgosedierung e<strong>in</strong>gesetzt wurden. Die Zielstellung, Patienten so tief zu<br />

sedieren, dass sie während <strong>der</strong> gesamten Beatmungszeit <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em narkoseähnlichen Zustand s<strong>in</strong>d, wurde <strong>in</strong> den letzten Jahren<br />

zunehmend verlassen [14]. E<strong>in</strong>e tiefe <strong>Sedierung</strong> o<strong>der</strong> gar begleitende neuromuskuläre Blockade sollte nur noch wenigen speziellen<br />

Indikationen vorbehalten se<strong>in</strong> [95] [96] [97]. Mo<strong>der</strong>ne Analgosedierungskonzepte basieren auf e<strong>in</strong>er kontrollierten Dämpfung <strong>der</strong><br />

Bewusstse<strong>in</strong>slage <strong>und</strong> e<strong>in</strong>er effektiven Ausschaltung des Schmerzempf<strong>in</strong>dens mit e<strong>in</strong>em Ziel-RASS-Score von 0/-1 <strong>und</strong> stellen ke<strong>in</strong>e<br />

Fortsetzung e<strong>in</strong>er Allgeme<strong>in</strong>anästhesie dar. E<strong>in</strong>e tiefe <strong>Sedierung</strong> mit e<strong>in</strong>em Ziel-RASS von 72<br />

St<strong>und</strong>en e<strong>in</strong>gesetzte Medikament Midazolam ist [53], wird im Rahmen <strong>der</strong> amerikanischen Leitl<strong>in</strong>ie [50] Lorazepam zur<br />

Langzeitsedierung bevorzugt. Die bestehenden regionalen bzw. län<strong>der</strong>spezifischen Unterschiede zeigen, dass es e<strong>in</strong>erseits zum<br />

gegenwärtigen Zeitpunkt nicht möglich ist, allgeme<strong>in</strong>gültige Leitl<strong>in</strong>ien zu erstellen, zum an<strong>der</strong>en ke<strong>in</strong>e 1:1-Übernahme <strong>der</strong><br />

amerikanischen Leitl<strong>in</strong>ien für Europa erfolgen kann.<br />

Generelles Ziel <strong>der</strong> Analgosedierung sollte die für den Patienten optimale <strong>Sedierung</strong> <strong>und</strong> adäquate Schmerzbehandlung se<strong>in</strong>, die e<strong>in</strong><br />

<strong>in</strong>dividuell optimiertes Beatmungsmuster, e<strong>in</strong> problemloses Wean<strong>in</strong>g <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e möglichst programmierte Extubation gewährleistet sowie<br />

ke<strong>in</strong>e unerwünschten kardiopulmonalen Nebenwirkungen hervorruft ([98]). Zum Erreichen dieser Zielstellung ist e<strong>in</strong> <strong>in</strong>dividuelles<br />

patientenadaptiertes <strong>Sedierung</strong>skonzept erfor<strong>der</strong>lich ([99]; [100]). Um das jeweils für den Patienten optimale <strong>Sedierung</strong>s- <strong>und</strong><br />

<strong>Analgesie</strong>niveau zu erreichen, ist e<strong>in</strong>e regelmäßige Reevaluierung erfor<strong>der</strong>lich. Neben <strong>der</strong> geeigneten Medikamentenauswahl<br />

bee<strong>in</strong>flussen zahlreiche Faktoren die <strong>Sedierung</strong>spraxis. Dazu zählen die mediz<strong>in</strong>technische Ausrüstung, Motivation ([101]; [102]; [97];<br />

[103],) <strong>und</strong> das Vorhandense<strong>in</strong> von Ressourcen, wie effektives Zeitmanagement <strong>und</strong> die personelle Besetzung <strong>der</strong> Intensivstation mit<br />

Fachpersonal ([101]; [102] [104]; [105].<br />

E<strong>in</strong>e niedrigere Anzahl von pro Pflegeperson zu versorgenden Patienten begünstigt e<strong>in</strong>e ger<strong>in</strong>gere <strong>Sedierung</strong>stiefe [102] [104]. Des<br />

Weiteren wird das <strong>Sedierung</strong>sniveau von <strong>der</strong> Arztverfügbarkeit <strong>und</strong> <strong>der</strong> Kommunikation zwischen ärztlichem <strong>und</strong> pflegerischem Personal<br />

bee<strong>in</strong>flusst [102] [104], aber auch durch die E<strong>in</strong>flussnahme von Familienangehörigen auf das mediz<strong>in</strong>ische Personal [104]. Im Rahmen<br />

ihrer fokussierten Gruppenbefragung zur Erkennung <strong>und</strong> Beschreibung von Motivation, E<strong>in</strong>fluss- <strong>und</strong> Kontrollfaktoren zur Praxis <strong>der</strong><br />

Analgosedierung durch das Pflegepersonal stellten We<strong>in</strong>ert CR et al. [104] das für sie unakzeptable Ergebnis fest, dass soziale Faktoren<br />

die <strong>Sedierung</strong>spraxis auf <strong>der</strong> Intensivstation bee<strong>in</strong>flussen, <strong>und</strong> for<strong>der</strong>ten die regelmäßige Diskussion <strong>der</strong> <strong>Sedierung</strong>sziele mit allen<br />

Beteiligten, d.h. Arzt, Pflegepersonal, wenn möglich Patient bzw. dessen Angehörigen, auch im H<strong>in</strong>blick auf die Verbesserung <strong>der</strong><br />

Patientensicherheit. Sie verwiesen auf die Notwendigkeit weiterer Forschungen, um den E<strong>in</strong>fluss <strong>der</strong> patientenunabhängigen Faktoren<br />

auf die <strong>Sedierung</strong>sregime zu m<strong>in</strong>imieren.<br />

Die <strong>Sedierung</strong> kritisch kranker Patienten erfolgt zum gegenwärtigen Zeitpunkt auf unterschiedlichste Art <strong>und</strong> Weise. Ebenso wenig, wie<br />

es e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>ziges ideales Medikament zur <strong>Analgesie</strong> o<strong>der</strong> e<strong>in</strong> allumfassendes <strong>Analgesie</strong>- o<strong>der</strong> Monitor<strong>in</strong>gkonzept gibt, gibt es das ideale<br />

<strong>Sedierung</strong>skonzept. E<strong>in</strong> ideales Sedativum müßte folgenden Anfor<strong>der</strong>ungen genügen:<br />

Effektive <strong>Sedierung</strong> mit schnellem Wirkungse<strong>in</strong>tritt <strong>und</strong> kurzer Wirkdauer<br />

Ke<strong>in</strong>e Akkumulation o<strong>der</strong> aktive Metabolite<br />

E<strong>in</strong>fache Anwendung <strong>und</strong> Titration möglich<br />

Ke<strong>in</strong>e schwerwiegende kardiopulmonale Depression<br />

Metabolisierung durch Organ<strong>in</strong>suffizienzen nicht bee<strong>in</strong>trächtigt<br />

Ke<strong>in</strong>e Toleranz- <strong>und</strong> Suchtentwicklung [48].<br />

<strong>Sedierung</strong>srichtl<strong>in</strong>ien mit wenigen Standardmedikamenten gewähren e<strong>in</strong>en sicheren Umgang <strong>und</strong> vermeiden Polypragmasie [54].<br />

Idealerweise sollte e<strong>in</strong>e bestimmte Dosis e<strong>in</strong>es Medikamentes dabei das gewünschte <strong>Sedierung</strong>sniveau ohne Toxizität o<strong>der</strong><br />

Überdosierung erreichen. Meist ist dies jedoch nicht mit e<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>zigen Substanz erreichbar. Bei ITS-Patienten werden Metabolismus <strong>und</strong><br />

Elim<strong>in</strong>ation <strong>der</strong> Medikamente oft durch zahlreiche Zusatzfaktoren, wie Verän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Leber- <strong>und</strong> Nierenfunktion <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e Vielzahl<br />

gleichzeitig verabreichter Medikamente, reduziert ([48]). Bei jüngeren Patienten stehen pharmakodynamische Effekte im Vor<strong>der</strong>gr<strong>und</strong>,<br />

d.h. trotz steigen<strong>der</strong> Plasmaspiegel treten reduzierte Wirkungen auf; bei älteren Patienten ist die Wirkdauer <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelnen Medikamente<br />

häufig verlängert [106]; [107], [108]. Um Über- o<strong>der</strong> Unterdosierungen <strong>der</strong> sedierenden Medikamente zu vermeiden, ist das Monitor<strong>in</strong>g<br />

<strong>der</strong> <strong>Sedierung</strong>tiefe unerlässlich (vgl. Kapitel Monitor<strong>in</strong>g). Die Nachteile e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e zu tiefen Analgosedierung bestehen <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

kardiorespiratorischen Depression mit unnötiger Verlängerung <strong>der</strong> Beatmungsdauer <strong>und</strong> daraus resultieren<strong>der</strong> steigen<strong>der</strong><br />

Infektionsgefährdung sowie Immobilisierung des Patienten, dem erhöhten Risiko <strong>der</strong> Entwicklung e<strong>in</strong>er venösen Thrombose <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />

Störung <strong>der</strong> Darmmotilität. Hauptsächliche Probleme e<strong>in</strong>er Untersedierung s<strong>in</strong>d Hypertension, Tachykardieentwicklung <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e weitere<br />

Steigerung des <strong>in</strong>trakraniellen Druckes bei bereits vorbestehen<strong>der</strong> Hirndruckproblematik. Des Weiteren kann Untersedierung zur<br />

Eigengefährdung des Patienten führen, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e wenn sich Angst- <strong>und</strong> Unruhezustände entwickeln, <strong>und</strong> bedeutet e<strong>in</strong>en erheblichen<br />

Diskomfort für den Patienten [97]. Sowohl Untersuchungen von Kollef MH et al [109] als auch von Kress [14] zeigten, dass e<strong>in</strong>e<br />

bedarfsadaptierte <strong>Sedierung</strong> die Beatmungsdauer <strong>und</strong> die <strong>in</strong>tensivstationäre Behandlungsdauer verm<strong>in</strong><strong>der</strong>n konnte. Basierend auf<br />

diesen Untersuchungen, stellten Girard TD et al. 2008 e<strong>in</strong> weiterentwickeltes, protokollgesteuertes <strong>Sedierung</strong>skonzept vor, dass neben<br />

e<strong>in</strong>er täglichen Unterbrechung <strong>der</strong> sedativen Therapie e<strong>in</strong>en Aufwach- (SAT) <strong>und</strong> Spontanatmungsversuch (SBT) nach spezifischen<br />

Sicherheitschecks enthielt. Er konnte zeigen, dass sowohl die Beatmungsdauer als auch die ITS- <strong>und</strong> Krankenhausverweildauer, sowie<br />

die Mortalität im Vergleich zur Kontrollgruppe gesenkt wurden, die ohne Aufwachversuch mit e<strong>in</strong>em RASS von -4 bis -2,5 geführt wurde<br />

[15].<br />

Schwierig gestaltet sich die Frage nach dem geeignetsten Medikament, um e<strong>in</strong> adäquates <strong>Sedierung</strong>sniveau zu erreichen. Gr<strong>und</strong>sätzlich<br />

werden dafür langfristige, qualitativ hochwertige, randomisierte, kontrollierte Studien benötigt, um die Effektivität verschiedener<br />

Substanzen für die Kurz- o<strong>der</strong> Langzeitsedierung zu rechtfertigen. Trotz e<strong>in</strong>er Vielzahl zu e<strong>in</strong>zelnen Medikamenten existieren<strong>der</strong> Studien<br />

27<br />

12.01.2010

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