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Analgesie, Sedierung und Delirmanagement in der ... - Amazon S3

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AWMF onl<strong>in</strong>e - <strong>S3</strong>-Leitl<strong>in</strong>ie Anästhesiologie: <strong>Analgesie</strong>, <strong>Sedierung</strong> <strong>und</strong> <strong>Delirmanagement</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Intensiv...<br />

Mit Hilfe dieser e<strong>in</strong>dimensionalen Skalen soll die Schmerz<strong>in</strong>tensität regelmäßig (m<strong>in</strong>destens alle 8 St<strong>und</strong>en) sowohl <strong>in</strong> Ruhe als<br />

auch bei Aktivitäten, wie tiefem E<strong>in</strong>atmen o<strong>der</strong> Husten gemessen werden. Die NRS zeigt e<strong>in</strong> hohes Maß an Übere<strong>in</strong>stimmung<br />

[52]; [53]; [54]; [55]; [56]. Die <strong>in</strong>sgesamt besten Ergebnisse bei <strong>der</strong> Schmerzerfassung liefert die NRS. Sie zeichnet sich durch e<strong>in</strong>e<br />

ger<strong>in</strong>ge Fehlerquote, hohe Akzeptanz, e<strong>in</strong>fache Handhabung <strong>und</strong> hohe Sensitivität aus [9]; [10]; [11] aus. Die Schmerzmessung<br />

sollte dementsprechend bevorzugt mit Hilfe <strong>der</strong> 11- stufigen NRS mit den Endpunkten 0 = ke<strong>in</strong>e Schmerzen <strong>und</strong> 10 = stärkste<br />

vorstellbare Schmerzen erfolgen [5]. Die VAS zeigt im Vergleich e<strong>in</strong>e höhere Fehlerquote, beson<strong>der</strong>s bei älteren Menschen [54],<br />

[11]. Die VRS ist e<strong>in</strong>fach anzuwenden <strong>und</strong> wird von den Patienten gut akzeptiert [10], [11].<br />

Serl<strong>in</strong> et al. stuften auf e<strong>in</strong>er NRS die Werte von 1 bis 4 als leichte, von 5 bis 6 als mittelstarke <strong>und</strong> von 7 bis 10 als starke<br />

Schmerzen e<strong>in</strong> [57]. Deutliche schmerzbed<strong>in</strong>gte Funktionse<strong>in</strong>schränkungen wurden bei Werten über 4 <strong>und</strong> über 6 festgestellt;<br />

[57]; [58]. Als Interventionsgrenze kann auf e<strong>in</strong>er NRS e<strong>in</strong> Wert von =4 festgelegt werden [5]. Die Interventionsgrenzen richten<br />

sich nach dem Wunsch des Patienten <strong>und</strong> dessen <strong>in</strong>dividueller Schmerzakzeptanz/ -toleranz [59]. So ist die Grenze, bei <strong>der</strong> <strong>der</strong><br />

Patient Analgetika wünscht <strong>in</strong>dividuell unterschiedlich <strong>und</strong> sollte bei <strong>der</strong> analgetischen Therapie Berücksichtigung f<strong>in</strong>den [59].<br />

Behavioral Pa<strong>in</strong> Scale (BPS)<br />

Der <strong>in</strong>dividuellen Selbste<strong>in</strong>schätzung durch die Patienten s<strong>in</strong>d jedoch im Rahmen <strong>der</strong> Intensivmediz<strong>in</strong> aus den unterschiedlichsten<br />

Gründen Grenzen gesetzt, da <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e die Kommunikationsmöglichkeiten <strong>der</strong> Patienten oft stark e<strong>in</strong>geschränkt s<strong>in</strong>d. Bei<br />

Patienten, die nicht o<strong>der</strong> nicht adäquat kommunizieren können, müssen subjektive Parameter zur Ermittlung des Schmerzniveaus<br />

wie Bewegung <strong>und</strong> Mimik <strong>und</strong> physiologische Parameter wie Herzfrequenz, Atemfrequenz <strong>und</strong> Blutdruck sowie <strong>der</strong>en Än<strong>der</strong>ung<br />

nach analgetischer Therapie herangezogen werden [13](LoE 2b), [12](1b). Der E<strong>in</strong>schätzung von Ärzten <strong>und</strong> Pflegepersonal<br />

kommt im Bezug auf die analgetische Therapie e<strong>in</strong>e entscheidende Bedeutung zu. Insbeson<strong>der</strong>e den Pflegenden obliegt durch<br />

ihre Nähe zum Patienten die Erstellung e<strong>in</strong>er Schmerzdiagnose. Dies umfasst die regelmäßige <strong>und</strong> systematische Beobachtung<br />

des Patienten auf Schmerz<strong>in</strong>dikatoren, die Bewertung mittels adäquater Schmerzmess<strong>in</strong>strumente <strong>und</strong> die Dokumentation <strong>der</strong><br />

Ergebnisse. Hilfestellung hierbei bietet die von Payen et al. [13] publizierte Behavioral Pa<strong>in</strong> Scale (BPS), die es ermöglichen soll,<br />

auch bei tiefer sedierten Patienten e<strong>in</strong>e Quantifizierung <strong>der</strong> Schmerz<strong>in</strong>tensität vorzunehmen. Diese wird bewertet an Hand <strong>der</strong><br />

Kriterien Gesichtsausdruck, Bewegung <strong>der</strong> oberen Extremität <strong>und</strong> Adaptation an das Beatmungsgerät.<br />

BESD<br />

Bei Patienten mit bereits vorbestehenden kognitiven E<strong>in</strong>schränkungen konnte <strong>der</strong> BESD zur Verbesserung <strong>der</strong> erfor<strong>der</strong>lichen<br />

<strong>Analgesie</strong> auf chirurgischen Stationen beitragen [14, 57].<br />

Apparative Messverfahren zur Beurteilung <strong>der</strong> <strong>Analgesie</strong><br />

Apparative Messverfahren wie z.B. Messung des Hautwi<strong>der</strong>standes o<strong>der</strong> BIS Monitor<strong>in</strong>g bei schmerzhaften Manipulationen<br />

können Hilfestellung bei <strong>der</strong> E<strong>in</strong>schätzung des Schmerzniveaus bieten [60](2b, [61]. Diese Messverfahren unterliegen jedoch<br />

vielen Störfaktoren (Alpha-2-Agonisten, Vasokonstriktiva, ggfl. Relaxierung) [62], so dass e<strong>in</strong>e Empfehlung zur Anwendung<br />

apparativer Messmethoden zur Beurteilung <strong>der</strong> <strong>Analgesie</strong> nicht gegeben werden kann.<br />

B.I.3.2 <strong>Sedierung</strong>smonitor<strong>in</strong>g<br />

Das <strong>Sedierung</strong>sziel muss für den <strong>in</strong>dividuellen Patienten klar def<strong>in</strong>iert se<strong>in</strong> <strong>und</strong> bedarf e<strong>in</strong>er regelmäßigen Adaptation an die sich<br />

verän<strong>der</strong>nde kl<strong>in</strong>ische Situation [16]. Zur Erreichung dieses Ziels wird <strong>der</strong> E<strong>in</strong>satz von <strong>Sedierung</strong>s- <strong>und</strong> Beatmungsprotokollen mit<br />

spezifischen Sicherheitschecks bei kritisch kranken Patienten empfohlen [63]. E<strong>in</strong>e protokollgesteuerte <strong>Sedierung</strong> mit täglicher<br />

Unterbrechung <strong>der</strong> sedierenden Therapie mit Aufwach- (SAT) <strong>und</strong> Spontanatmungsversuch (SBT), ist dem alle<strong>in</strong>igen täglichen<br />

Spontanatmungsversuch h<strong>in</strong>sichtlich Beatmungsdauer, ITS- <strong>und</strong> Krankenhausverweildauer <strong>und</strong> <strong>der</strong> Mortalität überlegen [16, 63].<br />

[64] stellten fest, dass mittels protokollgestützter <strong>Sedierung</strong> das Outcome von Patienten mit akutem Lungenversagen verbessert<br />

werden konnten <strong>und</strong> <strong>in</strong>tensivmediz<strong>in</strong>isches Pflegepersonal <strong>in</strong> <strong>der</strong> Lage war, protokollgestützt sicher Sedativa zu titrieren.<br />

Als Goldstandard zum Monitor<strong>in</strong>g <strong>der</strong> <strong>Sedierung</strong>stiefe ist <strong>der</strong> Richmond Agitation-Sedation-Scale (RASS) anzusehen. Der RASS<br />

ist valide <strong>und</strong> reliabel bei ITS-Patienten, zeigt e<strong>in</strong>e hohe Interrater-Reliabilität <strong>und</strong> valide Messungen von Än<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong><br />

<strong>Sedierung</strong>stiefe im Verlauf [2].<br />

Alternative Scor<strong>in</strong>gsysteme zur Ermittlung des <strong>Sedierung</strong>sniveaus können se<strong>in</strong>:<br />

RAMSAY-Sedation-Scale (RSS):<br />

Am weitesten verbreitet; im Rahmen se<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>führung zum Vergleich zweier Medikamente nie wissenschaftlich getestet im<br />

Bezug auf Validität <strong>und</strong> Reliabilität; zeigt im Vergleich mit dem SAS e<strong>in</strong>e akzeptable Interraterreliabilität; bietet<br />

Schwierigkeiten <strong>in</strong> <strong>der</strong> Diskrim<strong>in</strong>ierung unterschiedlicher Agitations- <strong>und</strong> Unruhezustände mit für den Patienten<br />

unterschiedlichen Gefährdungsmöglichkeiten bei RAMSAY 1 [65]; [66]; [67]; [68]<br />

Sedation-Agitation-Scale (SAS):<br />

Erster Score, <strong>der</strong> im Bezug auf Reliabiltität <strong>und</strong> Validität bei Intensivpatienten getestet wurde (Vergleich mit RAMSAY-<br />

Sedation-Scale <strong>und</strong> HARRIS-Score); für die <strong>Sedierung</strong> vergleichbar dem RSS; beschreibt aber differenzierter die<br />

Agitationsstadien [67]; [69].<br />

Motor Activity Assessment Scale (MAAS):<br />

Adaptiert vom SAS; valide <strong>und</strong> reliable <strong>Sedierung</strong>sskala zur E<strong>in</strong>schätzung beatmeter Patienten; Überlegenheit gegenüber<br />

<strong>der</strong> subjektiven Visuellen Analogskala zur Schmerze<strong>in</strong>schätzung [70]; [67]<br />

Vancouver Interaction and Calmness Scale (VICS):<br />

Reliable, valide <strong>und</strong> wie<strong>der</strong>holbar im Bezug auf die Messung <strong>der</strong> <strong>Sedierung</strong>squalität bei erwachsenen Intensivpatienten<br />

[47]; [67]<br />

Apparative Messmethoden für die <strong>Sedierung</strong><br />

Beson<strong>der</strong>s schwierig gestaltet sich die E<strong>in</strong>schätzung von <strong>Sedierung</strong>s- <strong>und</strong> <strong>Analgesie</strong>grad bei sehr tief sedierten Patienten <strong>und</strong><br />

Patienten, die im Rahmen e<strong>in</strong>er Analgosedierung zusätzlich neuromuskulär blockierende Substanzen erhalten haben. Wie im<br />

Kapitel "Neuromuskuläre Blockade im Rahmen <strong>der</strong> Intensivmediz<strong>in</strong>" dargestellt, dient <strong>der</strong> E<strong>in</strong>satz von Muskelrelaxantien<br />

ausschließlich <strong>der</strong> Therapieeskalation, wenn auch durch sehr tiefe Analgosedierung e<strong>in</strong>e Adaptation zwischen Patient <strong>und</strong><br />

masch<strong>in</strong>eller Ventilation nicht möglich ist, bei steigendem <strong>in</strong>trakraniellen Druck <strong>und</strong> bei Muskelspasmen, wenn an<strong>der</strong>e<br />

Therapiemöglichkeiten ausgeschöpft s<strong>in</strong>d. Die neuromuskuläre Blockade sollte auf den kürzest möglichen Zeitraum begrenzt<br />

werden. Patienten, die Muskelrelaxantien erhalten, müssen sowohl kl<strong>in</strong>isch im H<strong>in</strong>blick auf die <strong>Sedierung</strong>stiefe <strong>und</strong> den<br />

Relaxationsgrad als auch obligat mittels Messung <strong>der</strong> Relaxierung durch Nervenstimulation (TOF - Blockade bei 1-2 Reaktionen<br />

ausreichend) <strong>in</strong> regelmäßigen Abständen kontrolliert werden [71]. Bei sehr tief sedierten (RASS -4 <strong>und</strong> -5) <strong>und</strong>/o<strong>der</strong><br />

neuromuskulär blockierten Patienten liefern zum Teil das Monitor<strong>in</strong>g <strong>der</strong> <strong>Sedierung</strong>stiefe mittels Scor<strong>in</strong>gsystemen <strong>und</strong> kl<strong>in</strong>ischer<br />

E<strong>in</strong>schätzung nur <strong>in</strong>suffiziente Informationen. Zahlreiche Studien beschäftigen sich daher mit <strong>der</strong> besseren Objektivierbarkeit des<br />

Monitor<strong>in</strong>gs [72]; [73]; [74];[75]; [76]; [77]. [74] verweist darauf, dass neurophysiologisches Monitor<strong>in</strong>g zwar <strong>in</strong> neurochirurgischen<br />

Zentren üblich ist, sich jedoch ke<strong>in</strong>e verbreitete Praxis <strong>der</strong> Nutzung e<strong>in</strong>es kont<strong>in</strong>uierlichen neurophysiologischen Monitor<strong>in</strong>gs bei<br />

sedierten o<strong>der</strong> komatösen Patienten auf allgeme<strong>in</strong>en Intensivstationen f<strong>in</strong>det. Untersuchungen aus dem anästhesiologischen<br />

Bereich haben mittlerweile elektrophysiologische Korrelationen mit allen Stadien <strong>der</strong> Narkosetiefe gezeigt. Hierfür stehen<br />

zahlreiche kommerzielle Monitor<strong>in</strong>gverfahren zur Verfügung, die aus Datenreduktionen bzw. -selektion des Verlaufs-EEGs<br />

bestehen z.B. EEG-Medianfrequenz, pEEG, Bispektraler Index (BIS) <strong>und</strong> Akustisch Evozierte Potentiale (AEPs). Das<br />

gegenwärtige Problem besteht <strong>in</strong> <strong>der</strong> Übertragung <strong>der</strong> Ergebnisse aus dem anästhesiologischen <strong>in</strong> den <strong>in</strong>tensivmediz<strong>in</strong>ischen<br />

Bereich <strong>und</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Notwendigkeit weiterer Untersuchungen zur Validierung von Monitortechniken bei gleichzeitig bestehen<strong>der</strong><br />

ZNS-Depression aus an<strong>der</strong>er Ursache. Gr<strong>und</strong>sätzlich ist die Entwicklung e<strong>in</strong>es ZNS-Monitor<strong>in</strong>gs für den generellen Gebrauch auf<br />

Intensivstationen s<strong>in</strong>nvoll, um e<strong>in</strong>erseits Übersedierung <strong>und</strong> an<strong>der</strong>erseits Wachheitsphasen bei relaxierten Patienten zu vermeiden<br />

8<br />

12.01.2010

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