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Gerechtigkeit für die Opfer - Justitia et Pax

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Verschiedentlich wird auch <strong>die</strong> Frage aufgeworfen, ob denn <strong>die</strong> Aufarbeitung der Vergangenheit<br />

Aufgabe des Gerichts sei oder ob <strong>die</strong>se nicht besser im Rahmen einer<br />

Wahrheitskommission geleist<strong>et</strong> werden könne. Eine Wahrheitskommission kann jedoch<br />

keine Alternative zur gerichtlichen Aufarbeitung sein, sondern nur deren Ergänzung.<br />

Das indonesische Ges<strong>et</strong>z über <strong>die</strong> Menschenrechtsgerichtshöfe sieht auch <strong>die</strong> Bildung<br />

einer Wahrheitskommission vor. Angesichts des während der Ad-hoc-Prozesse gepflegten<br />

Geschichtsbildes spricht allerdings wenig dafür, dass <strong>die</strong>se noch zu bildende<br />

Kommission ihrer Aufgabe gerecht werden kann. Menschenrechtler in Indonesien befürchten<br />

gar, dass hier lediglich an den guten Namen der Kommission in Südafrika<br />

angeknüpft wird, um damit international Anerkennung zu gewinnen. Möglicherweise<br />

solle mit der Wahrheitskommission ein Schlupfloch geschaffen werden, mit dem sich<br />

<strong>die</strong> Verurteilung von Tätern zu Gunsten eines„folgenlosen“Versöhnungsprozesses abwenden<br />

ließe 5 .<br />

Weder <strong>die</strong> Ad-hoc-Prozesse noch <strong>die</strong> Bildung einer Wahrheitskommission wären ohne<br />

internationalen Druck denkbar gewesen. Die Entsendung der internationalen Schutztruppe<br />

INTERFET nach Osttimor am 20. September 1999 hatte Indonesien zu verstehen<br />

gegeben, dass <strong>die</strong> Geduld der internationalen Staatengemeinschaft nicht unbegrenzt<br />

strapazierbar ist. Indonesien musste auf <strong>die</strong> Beschlüsse der eigens wegen der Osttimorkrise<br />

einberufenen vierten Sondersitzung der UN Menschenrechtskommission (UN-<br />

MRK) im September 1999 sowie auf <strong>die</strong> Resolution des UN Sicherheitsrates vom 25.<br />

Oktober 1999 reagieren, wollte es nicht Gefahr laufen weitere unangenehme Konsequenzen<br />

hinnehmen zu müssen. Im Wissen darum, dass der internationale Druck<br />

nachlassen würde, sobald Osttimor nicht mehr <strong>die</strong> Schlagzeilen bestimmen würde, s<strong>et</strong>zte<br />

Indonesien auf eine Strategie des Zeit Gewinnens einher gehend mit wohldosierten<br />

kleinen Schritte des Einlenkens, ohne jedoch jemals eine radikale Abkehr von der bisherigen<br />

politischen Linie in Erwägung zu ziehen. Diese Strategie war erfolgreich. Die<br />

Verabschiedung des Ges<strong>et</strong>zes Nr. 26/2000, das den Weg für <strong>die</strong> Errichtung des Ad-hoc-<br />

Gerichtshofes und einer Wahrheitskommission frei machte, genügte, um auf der 57.<br />

regulären Sitzung der UN-MRK im März 2001 einer Verurteilung zu entgehen 6 . Und<br />

genau vier Tage vor Beginn der 58. Sitzung, am 18. März 2002, wurden in Jakarta<br />

schließlich <strong>die</strong> ersten beiden Verfahren eröffn<strong>et</strong>, über deren Qualität zu urteilen der<br />

Kommission zu <strong>die</strong>sem frühen Zeitpunkt selbstverständlich unmöglich war. In buchstäblich<br />

l<strong>et</strong>zter Minute hatte Präsidentin Megawati einen Tag vor Prozessbeginn <strong>die</strong> l<strong>et</strong>zten<br />

beiden zur Verfahrenseröffnung notwendigen Verordnungen unterzeichn<strong>et</strong> 7 . Es steht zu<br />

erwarten, dass Indonesien bzw. Osttimor trotz der unbefriedigend verlaufenen Prozesse<br />

in Zukunft kaum noch auf der Tagesordnung der UN-MRK stehen werden.<br />

Dass <strong>die</strong> Errichtung des Ad-hoc-Gerichtshofes keine ganz freiwillige Leistung war, lässt<br />

sich auch an der politischen Debatte in Indonesien erkennen. Politiker zeigten sich zwischen<br />

nationalem Denken und dem Bewusstsein um <strong>die</strong> internationalen Erwartungen<br />

hin- und hergerissen. Nur kurze Zeit vor der Verabschiedung des Ges<strong>et</strong>zes Nr. 26/2000<br />

durch das Parlament (DPR) hatte <strong>die</strong> Beratende Volksversammlung (MPR) einen Verfassungszusatz<br />

beschlossen, der <strong>die</strong> Rückwirksamkeit von ges<strong>et</strong>zlichen Regelungen<br />

ausschloss 8 . Unter den 700 Abgeordn<strong>et</strong>en der MPR befinden sich sämtliche 500 Abge-<br />

5 Vgl. Alex Flor: „Sand in <strong>die</strong> Augen gestreut“, in: Indonesien-Information Nr. 3/2000, S. 16<br />

6 Chairman's Statement on East Timor, 57. Sitzung der UN-Menschenrechtskommission, 20.4.2001<br />

7 Peraturan Pemerintah (PP) No. 2/2002 (Zeugenschutzverordnung) und PP No. 3/2002 (Kompensationsverordnung)<br />

8 Vgl. Art. 28 I (1) der indonesischen Verfassung UUD 1945<br />

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