Gerechtigkeit für die Opfer - Justitia et Pax
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E i n l e i t u n g<br />
<strong>Gerechtigkeit</strong> für <strong>die</strong> <strong>Opfer</strong><br />
Osttimor, der jüngste Staat der Erde, erlangte am 20. Mai 2002 seine Unabhängigkeit.<br />
Vorangegangen waren fünf Jahrhunderte portugiesischer Kolonialherrschaft, eine nur<br />
wenige Tage währende Unabhängigkeit im Jahre 1975 und darauf folgend fast 25 Jahre<br />
Besatzung durch den mächtigen Nachbarn Indonesien, der sich <strong>die</strong> Inselhälfte nach einer<br />
Militärinvasion als 27. Provinz einverleibt hatte. Von September 1999 bis zum 20.<br />
Mai 2002 stand Osttimor unter Übergangsverwaltung der Vereinten Nationen (UN).<br />
Die nach Ende des Kalten Krieges veränderten internationalen Kräfteverhältnisse und der<br />
im Mai 1998 erfolgte politische Wechsel in Indonesien hatten <strong>die</strong> Möglichkeit des Referendums<br />
eröffn<strong>et</strong>, bei dem sich <strong>die</strong> Bevölkerung am 30. August 1999 mit überwältigender<br />
Mehrheit für <strong>die</strong> Loslösung von Indonesien entschied. Der Sieg war jedoch<br />
teuer erkauft. Bereits Monate zuvor hatten pro-indonesische Milizen eine Terrorkampagne<br />
gegen <strong>die</strong> Zivilbevölkerung begonnen. Die Milizen agierten als Handlanger des<br />
indonesischen Militärs, von dem sie aufgestellt und ausgerüst<strong>et</strong> worden waren. In Liquiça,<br />
Dili, Los Palos, Suai und Oecussi verübten sie Massaker, <strong>die</strong> international<br />
Aufsehen erregten. Daneben gab es unzählige Fälle von Morden, Vergewaltigungen,<br />
Einschüchterungen und anderen Grausamkeiten mehr. Nachdem <strong>die</strong> pro-indonesische<br />
Seite ihre Niederlage erkennen musste, erreichte <strong>die</strong> Gewalt ihren Höhepunkt. Die Indonesier<br />
verließen fluchtartig <strong>die</strong> Inselhälfte, während <strong>die</strong> Milizen ganze Landstriche in<br />
Schutt und Asche legten und Hunderttausende zur Flucht ins benachbarte Westtimor<br />
zwangen. Mindestens tausend Menschen wurden in <strong>die</strong>sen Tagen g<strong>et</strong>öt<strong>et</strong>.<br />
„Die <strong>Opfer</strong> solen <strong>Gerechtigkeit</strong> erfahren“, so laut<strong>et</strong> <strong>die</strong> Formel, unter der sich <strong>die</strong> Forderungen<br />
nach einer juristischen Aufarbeitung der begangenen Gräueltaten auf einen<br />
Nenner bringen lassen. Menschenrechtsorganisationen, Kirchen, Hilfswerke und andere<br />
gesellschaftliche Gruppen in vielen Ländern der Welt, Indonesien und Osttimor eingeschlossen,<br />
drängten darauf, <strong>die</strong> Verantwortlichen vor Gericht zu stellen. Die Vielfalt<br />
ihrer Konzepte und Strategien traf sich in der gemeinsamen Auffassung, dass nur ein<br />
internationaler Menschenrechtsgerichtshof ein faires Verfahren gewährleisten würde.<br />
Zur selben Auffassung gelangte auch eine fünfköpfige Untersuchungskommission, <strong>die</strong><br />
im Auftrag der UN im November und Dezember 1999 Osttimor besuchte. Diese Kommission<br />
unter Leitung von Sonia Picado, an der auch <strong>die</strong> ehemalige Bundesjustizministerin<br />
Dr. Sabine Leutheusser-Schnarrenberger teilnahm, empfahl in ihrem<br />
Abschlussbericht <strong>die</strong> Einrichtung eines internationalen Menschenrechtsgerichthofes in<br />
der Region. 1<br />
Der Widerstand seitens der indonesischen Regierung und <strong>die</strong> mangelnde Unterstützung<br />
der internationalen Gemeinschaft ließen <strong>die</strong> Errichtung eines internationalen Gerichtshofes<br />
jedoch in weite Ferne rücken, wenngleich sich <strong>die</strong> UN <strong>die</strong>se Option bis zum<br />
1 United Nations, OHCHR, Report of the International Commission of Inquiry on East Timor to the Secr<strong>et</strong>ary General, UN Doc.<br />
A/54/726 or S/2000/59, January, 2000; http://www.unhchr.ch/huridocda/huridoca.nsf/ (Symbol)/A.54.726,+S.2000.59.En<br />
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