AlltAg im RheinlAnd - Institut für Landeskunde und ...
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essen<br />
Fragestellung<br />
Ein <strong>im</strong> Vorfeld der Befragung erstellter Interviewleitfaden<br />
umfasste Fragen zur Aufrechterhaltung<br />
erlernter Ernährungsmuster<br />
<strong>und</strong> zur subjektiven Einschätzung der „neuen“<br />
Esskultur. In meinen Ausführungen<br />
werde ich mich <strong>im</strong> Wesentlichen auf die<br />
Antworten auf folgende Frage konzentrieren:<br />
Welche Bedeutung bekommt das Küchensystem<br />
der He<strong>im</strong>at in einer fremden<br />
Umgebung?<br />
Gewährsgruppen<br />
Für die Untersuchung habe ich zwei Gruppen<br />
von Gewährspersonen mit einer expliziten<br />
kulturellen Zugehörigkeit befragt. Die<br />
Entscheidung zunächst mit Gruppen <strong>und</strong><br />
dann erst mit Einzelpersonen zu sprechen<br />
ist in diesem Zusammenhang wichtig, da<br />
die Beibehaltung von Ernährungsmustern<br />
der He<strong>im</strong>at <strong>im</strong> neuen Alltag stark davon abhängig<br />
ist, dass sie gemeinsam mit anderen<br />
begangen werden kann. Zum einen habe<br />
ich Frauen aus einem lockeren Netzwerk<br />
von Ostpreußinnen befragt, die einmal <strong>im</strong><br />
Monat in einer Kaffeer<strong>und</strong>e ihr Andenken<br />
sowohl an die gemeinsame Herkunftsregion<br />
als auch an Flucht <strong>und</strong> Vertreibung lebendig<br />
halten. Zum anderen sprach ich mit einer<br />
Reihe von so genannten Stadtteilmüttern,<br />
Teilnehmerinnen einer sozialen Initiative,<br />
bei der Migrantinnen Frauen mit vergleichbaren<br />
Biografien in Fragen des Alltags beratend<br />
zur Seite stehen. Für diese beiden Gewährsgruppen<br />
habe ich mich aus verschiedenen,<br />
teils auch journalistischen Gründen<br />
entschieden. Es handelt sich sowohl bei den<br />
Ostpreußinnen als auch bei den Stadtteilmüttern<br />
um Frauen, deren Biografien in<br />
mehrfacher Hinsicht vergleichbar sind. Alle<br />
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haben ihre He<strong>im</strong>at unfreiwillig <strong>und</strong> dauerhaft<br />
verlassen, empfinden diesen Bruch in<br />
der eigenen Lebensgeschichte nach wie vor<br />
als sehr schmerzhaft <strong>und</strong> begeben sich mehr<br />
oder weniger regelmäßig in die Gesellschaft<br />
von Menschen mit vergleichbaren Erfahrungen,<br />
um das Erlebte zu reflektieren <strong>und</strong><br />
sich der eigenen Identität zu versichern. Die<br />
individuelle Erfahrung von Verlust <strong>und</strong> Entwurzelung<br />
dient innerhalb des Gruppenverbands<br />
als verbindendes Element. Darüber<br />
hinaus verfügten alle Gewährsfrauen durch<br />
die ihnen zugewiesene Geschlechterrolle<br />
über ein hohes Maß an Expertise in Sachen<br />
Ernährung.<br />
Die Kontaktaufnahme erfolgte ohne vorherige<br />
Kenntnis der Akteurinnen nach einer<br />
kurzen Recherche in der Presse <strong>und</strong> dem<br />
Internet über die öffentlich zugänglichen<br />
Kontaktwege. Im Falle der Stadtteilmütter<br />
anlässlich eines Zeitungsberichts in einer<br />
kostenlosen Wochenzeitung über eine<br />
dort angegebenen Kontaktadresse, <strong>im</strong> Falle<br />
der Ostpreußinnen durch Vermittlung<br />
des in Hamburg ansässigen Vorstands der<br />
Landsmannschaft. In beiden Fällen verlief<br />
die Interviewanbahnung problemlos <strong>und</strong><br />
wurde die Projektidee – eine umfassende<br />
Darstellung der Berliner Esskultur – interessiert<br />
aufgenommen. Der Themenkomplex<br />
Esskultur wurde bei den Ostpreußinnen<br />
schnell auf ein Interesse an Kochen <strong>und</strong><br />
Rezepten reduziert, was zu mehrfachen Angeboten<br />
der Ausleihe von entsprechenden<br />
Sammlungen <strong>und</strong> Anleitung führte. Auch<br />
die Tatsache, dass ein Mann Mitte 30 sich<br />
mit diesen Themen auseinandersetzt, führte<br />
bei den Seniorinnen lediglich zu anfänglicher<br />
Verw<strong>und</strong>erung. In beiden Gruppen<br />
wurde ich, nach einer kurzen Kennenlernphase,<br />
herzlich aufgenommen, bereitwillig<br />
mit Informationen versorgt <strong>und</strong> nach dem<br />
Ende des Termins zur Rückkehr aufgefordert.<br />
Während ich von den Ostpreußinnen