Phenolische Verbindungen im Wein
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3.7 Gesundheitliche Aspekte der Polyphenole [1, 17]<br />
Eigentlich handelt es sich nicht um Vitamine <strong>im</strong> herkömmlichen Sinn, trotzdem fasst man<br />
Substanzen, die beschädigte Blutgefäße normalisieren können, unter der Bezeichnung<br />
Vitamin P oder unter dem Begriff Bioflavonoid zusammen. Auch die Anthocyane des <strong>Wein</strong>es<br />
zählen zu dieser Substanzgruppe. Es konnte an Meerschweinchen gezeigt werden, dass die<br />
Anthocyane der <strong>Wein</strong>trauben eine starke Vitamin P-Aktivität aufweisen (Schutz kapillarer<br />
Blutgefäße, Erhalt des Vitamins C-Depots in der Leber).<br />
Die Wirkung phenolischer <strong>Verbindungen</strong> als Gegengift zu Alkohol ist seit langem bekannt.<br />
Flavonoide, welche chemisch eng mit den Anthocyanen verbunden sind, kommen in der<br />
Medizin ebenfalls gegen Gefäßbrüchigkeit zur Anwendung. Aufgrund ihrer biochemischen<br />
Eigenschaften wird der therapeutische Einsatz von Flavonoiden zur Krebsvorsorge, bei<br />
Bindegewebskrankheiten, Infektionen und angeborenen Fehlreaktionen des Körpers wie<br />
Diabetes mellitus und Bluthochdruck (Hypertonie) sowie zur Behebung nervöser Störungen<br />
diskutiert.<br />
Flavonoide <strong>Verbindungen</strong> inhibieren zum Beispiel das Enzym Arylhydroxylase und<br />
verhindern somit jene gefährliche Umwandlung aromatischer Verbindung in ein<br />
Nucleinsäurederivat, das eine "chemische Mutation" auslösen kann.<br />
Ein weiterer erwünschter Effekt der Flavonoide ist die Intensivierung der Immunreaktion der<br />
Zelle sowie die Stärkung des Bindegewebes. Während der Mechanismus der St<strong>im</strong>ulierung der<br />
Immunreaktion bislang unbekannt ist, scheint die Stärkung des Bindegewebes auf der<br />
Inhibierung(�) von Hydroxylasen und damit auf der Verhinderung des Abbaus von<br />
Muopolysacchariden (Kollagen) sowie auf dem Schutz von Vitamin C zu beruhen.<br />
Krankheiten, die zu einer Schwächung des Bindegewebes führen (z. B. Parodontose, Skorbut<br />
etc.) werden ebenfalls mit flavonoiden <strong>Verbindungen</strong> vorbeugend behandelt. Gewisse<br />
Flavone sind auch als Antiallergika bekannt.<br />
In der Medizin gewinnen die phenolischen Substanzen, die unter anderem die Gefahr innerer<br />
Blutung, ausgelöst durch erhöhten Druck auf die Gefäßinnenwand bei Diabetes und<br />
Hypertonie, verringern, <strong>im</strong>mer mehr an Bedeutung. Die Forschung konzentriert sich dabei<br />
neuerdings auf die Rotweinfarbstoffe, da sie die Risiken für Herzinfarkt drastisch herabsetzen.<br />
Einen wichtigen Aspekt der Polyphenole stellen ihre antioxidativen Eigenschaften gegenüber<br />
den "freien Radikalen" dar. Freie Radikale sind instabile, hochreaktive, während des<br />
Stoffwechsels gebildete Substanzen, die durch starke Oxidationsvorgänge einerseits<br />
antibakterielle und antivirale Wirkungen hervorrufen, andererseits Bestandteile menschlicher<br />
Zellen so verändern, dass die Zellen geschädigt oder sogar zerstört werden können. So wird<br />
die Grundlage für entzündliche degenerative und malgine Krankheiten geschaffen. Die<br />
Bildung von freien Radikalen wird durch von außen einwirkende Umweltgifte<br />
(Luftschadstoffe, Pestizide, Genussmittel, Chemoterapeutika, usw.), Strahlenbelastung sowie<br />
bei endogenen Stoffwechselprozessen, bei denen Sauerstoff beteiligt ist, begünstigt. Freie<br />
Radikale sind somit der pr<strong>im</strong>äre Auslöser für Krebs und Tumore. Antioxidantien schützen<br />
gesunde Zellen, jedoch können sie auch gesunde Zellen angreifen. Sie werden auch als<br />
Radikalfänger bezeichnet. Bislang gehörten nur das körpereigene Glutathion, die durch die<br />
Nahrung zugeführten Vitamine C und E sowie das Beta-Carotin und die Spurenelemente<br />
Selen und Zink zur Gruppe der Antioxidantien. Sekundäre Pflanzenstoffe und somit auch die<br />
Polyphenole wurden sogar als giftige Substanzen eingeschätzt.<br />
Heute haben die Polyphenole einen sehr hohen Stellenwert innerhalb der Radikalfänger, ist<br />
ihr antioxidativer Effekt (von aus Rotwein isolierten Polyphenolen) doch um ca. 40% höher<br />
als eine äqu<strong>im</strong>olare Menge von Vitamin E. Gemessen wird die Antioxidationsaktivität in<br />
TAA-Einheiten(�) (= total antioxidant activity) und der Polyphenolgehalt in mg GAE/l<br />
(GAE = Gallussäureäquivalente(�)). Aufmerksam wurde die Krebsforschung auf diese<br />
Edi TAUFRATZHOFER 2001/2002 - 45 -