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BEITRÄGE 125<br />
SCHUNGEN in Anlehnung an Theodor Fontane und ließ<br />
ganz zufällig die Suche nach einem Adeligen aus den Befreiungskriegen<br />
in Stolp/Hinterpommem fündig werden. Er<br />
gab mit Gerhard Wolf den MÄRKISCHEN DICHTERGAR-<br />
TEN heraus, der den Gebildeten in Ost und West Schriftsteller<br />
und Dichter aus des „Reiches Streusandbüchse” präsentierte.<br />
Ich erwähne: Friedrich de la Motte Fouque,<br />
Schmidt von Werneuchen, Rahel Varnhagen, Theodor Fontane,<br />
Heinrich Heine, F.A. Ludwig August v.d. Marwitz,<br />
E.T.A. Hoffmann, Ludwig Tieck und Chr. Fried. Nicolai:<br />
Dabei konnte man auch das ganze Preußen bis Königsberg<br />
in Ostpreußen einfließen lassen. In NEUE HERRLICH-<br />
KEIT (1986) läßt er die Schwestern, die ein christliches<br />
Altersheim leiten, aus Schlesien stammen und er bringt die<br />
Ergüsse des ehemaligen Königsberger Bürgermeisters<br />
Theodor Gottlieb Hippel über die Ehe neu kommentiert<br />
heraus, um „Kaliningrad” wieder als „Königsberg” in die<br />
DDR-Literatur einzuschmuggeln. Er schafft es sogar Jean<br />
Paul Friedrich Richter aus der bayrischen Oberpfalz in der<br />
DDR bekannt zu machen, in der Dichter aus dem Westen<br />
nur interessant waren, wenn sie sich als „Antifaschisten”,<br />
als nützliche „Anerkennungstrottel”, historische Revolutionäre<br />
oder Kritiker des westdeutschen Gesellschaftssystems<br />
gebrauchen ließen. Er holte J. P. F. Richter als historisches<br />
Beispiel für einen der wenigen deutschen Antimilitaristen<br />
während der Befreiungskriege (1813) aus den Archiven,<br />
um so versteckt gegen den aggressiven Militarismus der<br />
DDR zu zeugen!<br />
Gebildete Menschen in der DDR konnten zwischen den<br />
Zeilen lesen und waren auch für jedes unzensierte Buch<br />
dankbar, welches vom Westen durchgeschmuggelt wurde.<br />
Hundertfach wurde ein solches gelesen. Ich erinnere mich<br />
einer Taschenbuchausgabe „Vom Winde verweht”, die ich<br />
nach einem Jahr Dorflektüre wiedergesehen habe – vollkommen<br />
zerlesen.<br />
Arno Surminski war mit seinen ostpreußischen Romanen<br />
ein Geheimtipp. Vor allem POLNIKEN ODER EINE<br />
DEUTSCHE LIEBE, der zwei junge Ostpreußen aus Lübeck<br />
und Jena in ihrer Heimat Ostpreußen in Liebe verstrickt.<br />
Die tragische Lösung dieser Zuneigung führte dazu,<br />
daß Arno Surminski die letzten Jahre vor dem Fall des<br />
Eisernen Vorhangs nur mit der Fähre nach Danzig fahren<br />
konnte. Seine Romane, die die Einordnung der vertriebenen<br />
Ostpreußen in Westdeutschland beschrieben, waren<br />
„drüben” und vor allem in Mecklenburg immer ein gesuchteres<br />
Mitbringsel als Genussmittel und Textilien. Eben<br />
Nahrung für die Seele! Kein Zufall, dass Arno Surminski<br />
mit seinem Kurzgeschichtenband STRALSUND (1990)<br />
Themen aus der Zeit nach dem Mauerfall in der DDR aufgegriffen<br />
hat. Gern gelesen wurde von vertriebenen Sudetendeutschen<br />
in Sachsen Gudrun Pausewang und der Kinderbuchautor<br />
Ottfried Preußler, der das Riesengebirge von<br />
der böhmischen Seite her besang. 1983 schaffte es der Verlag<br />
der Nation (VdN) – er gehörte der NDPD – die Urlegenden<br />
vom Rübezahl von August Musäus mit Zeichnungen<br />
von Max Slevogt herauszubringen. In Leinen gebunden<br />
war das Buch (17.50 MDN) überwiegend für den<br />
Export in die Bundesrepublik gedacht – in der DDR blieb<br />
er für Schlesier „Bückware”. Der gleiche Verlag fühlte sich<br />
dem kulturellen Erbe verbunden und brachte auch den<br />
„Rheinischen Hausfreund” heraus oder die „Wunderbaren<br />
Reisen und Feldzüge und lustigen Abenteuer des Freiherrn<br />
von Münchhausen” wie auch Lieder von Joseph von Eichendorff,<br />
ohne natürlich auf seine schlesische Herkunft zu<br />
verweisen. Selbst der „Zupfgeigenhansel” der Wandervögel<br />
von 1912 wurde für ganze 12.50 MDN angeboten und<br />
war auch im Großformat für Klavierspieler zu haben. Ein<br />
kulturelles Angebot, das im Westen fehlte. Wie groß der<br />
Hunger nach Lesestoff über den Deutschen Osten war<br />
merkte man vor allem in Vorpommern und im deutschen<br />
Niederschlesien, wo sich die Verlage aus dem Westen 1990<br />
eine goldene Nase mit ihren Altbeständen verdienten.<br />
Fortsetzung in der folgenden Ausgabe. <br />
Buchempfehlung<br />
SEBASTIAN RIPPRICH<br />
Nein, eigentlich ist der Gottesfreund nicht der Ort, für Bücher<br />
dieser Art zu werben. Aber warum eigentlich nicht,<br />
zumal der Autor der Redakteur selbst ist.<br />
Er hält Rückblick und zwar einen der<br />
ganz besonderen Art: nämlich einen „karikativen”.<br />
Kostproben seines zeichnerischen<br />
Könnens hat Andreas Neumann-<br />
Nochten den Lesern des „Gottesfreundes”<br />
in den letzten mehr als acht Jahren<br />
schon häufiger zukommen lassen, dass<br />
er aber über Jahrzehnte hinweg Zeitgeschehen<br />
und Zeitgenossen mit spitzer<br />
Feder und nicht minder spitzem Humor<br />
begleitet hat, dürfte nur Wenigen bekannt<br />
sein. Ohne hier vollständig auf<br />
sein „karikatives” Spektrum eingehen zu<br />
können, darf eine grundsätzliche Wirkung beim Betrachten<br />
vieler Arbeiten nicht unerwähnt bleiben: Es ist die des selten<br />
abebbenden, vergnüglichen Staunens,<br />
auch und vor allem bei jenen Arbeiten,<br />
die sich vielleicht am besten<br />
unter dem Hilfsbegriff „Angewandte<br />
Karikatur” zusammenfassen lassen –<br />
Bildgeschichten, Illustrationen oder<br />
Parodien, bei denen er gelegentlich die<br />
Fähigkeit aufblitzen lässt, auch wortsprachlich<br />
mehr als solides Handwerkszeug<br />
zu besitzen.<br />
Bildband „karikativer Rückblick”;<br />
gaudeoSV; 132 Seiten; 2. erw. Aufl.;<br />
Görlitz 2013; ISBN 978-3-00-042594-3,<br />
19,90 Euro. Zu beziehen beim Autor.