11.01.2015 Aufrufe

GL 2/2008 - der Lorber-Gesellschaft eV

GL 2/2008 - der Lorber-Gesellschaft eV

GL 2/2008 - der Lorber-Gesellschaft eV

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

<strong>GL</strong> 2/<strong>2008</strong> Ruhen in Gott<br />

19<br />

Ruhen in Gott<br />

Jörg Zink<br />

Es gibt ein Ziel, das wir mit unserem inneren Menschen<br />

erreichen, in dem alles Fragen und Zweifeln zur Ruhe<br />

kommt, nicht erst in <strong>der</strong> größeren Welt, son<strong>der</strong>n mitten im<br />

Tag auf dieser Erde: die Stille <strong>der</strong> Gegenwart vor Gott, die<br />

Stille <strong>der</strong> Ruhe in Gott, die wir „Kontemplation“ nennen.<br />

„Kontemplation“, sagt <strong>der</strong> große spanische Mystiker<br />

Johannes vom Kreuz, „ist ein verborgenes, friedvolles und<br />

liebeerfülltes Einströmen Gottes.“ Es ist die von allem, was<br />

Dr. Jörg Zink<br />

Ev. Pfarrer und<br />

Schriftsteller<br />

uns beschäftigen o<strong>der</strong> umtreiben mag, gelöste Betrachtung <strong>der</strong> Nähe und<br />

<strong>der</strong> Fülle Gottes.<br />

In dem Wort Kontemplation steckt das Wort „Tempel“, das ja aus dem<br />

Lateinischen kommt. Das bedeutet ursprünglich nicht ein Bauwerk, das für<br />

Gottesdienste bestimmt ist. Es meinte zunächst einen abgegrenzten,<br />

ausgemessenen Bezirk am Himmel. Einen bestimmten Ausschnitt des<br />

Sternhimmels, aus dem noch die römischen Auguren ihre Deutungen des<br />

Menschenlebens ablasen und vor ihnen die Sterndeuter <strong>der</strong> ältesten Zeit.<br />

Sie gewannen in ihrer Schau am Himmel die Einsicht in die höhere, die<br />

göttliche Ordnung, die ihnen das Maß war für das, was auf <strong>der</strong> Erde gelten<br />

sollte. Und weil es auf <strong>der</strong> Erde gelten sollte, grenzten sie auf <strong>der</strong> Erde<br />

einen entsprechenden Bezirk ab, <strong>der</strong> sein Maß hatte von dem Ausschnitt<br />

am Himmel.<br />

„Tempel“ heißt danach auch „Beobachtungsplatz“, „Ort <strong>der</strong> Schau“,<br />

„Platz des Priesters“, <strong>der</strong> den Himmel betrachtet, und auch „Gesichtsfeld“.<br />

Und erst danach wurde das Wort zum Ausdruck für ein Gebäude, in dem<br />

gefeiert wurde, was am Himmel zu sehen war: nämlich <strong>der</strong><br />

Zusammenhang zwischen oben und unten, zwischen Himmel und Erde,<br />

die Zusammengehörigkeit von göttlicher und menschlicher Welt. Die<br />

Silbe, „kon“ bedeutet „zusammen“. Kontemplation ist also die Schau des<br />

Gemeinsamen, das <strong>der</strong> Welt, <strong>der</strong> Erde, dem Dasein und dem Menschen<br />

selbst eigen ist, die Schau <strong>der</strong> Ganzheit und <strong>der</strong> Sinnfülle, die Schau<br />

Gottes und des Menschen in ihrer dichten Verbindung. Die Welt ist eine in<br />

sich, ein Einvernehmen ist zwischen Gott und Mensch, und alles ist gut,<br />

wie es auch sei. Und alles führt zu dem Ziel, das Gott <strong>der</strong> Welt und uns<br />

Menschen gesetzt hat.<br />

Was geschieht aber dort, wo wir in den Raum <strong>der</strong> Kontemplation<br />

eintreten Wir können es beschreiben als „Gebet“. Aber was ist das<br />

Gebet

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!