GL 2/2008 - der Lorber-Gesellschaft eV
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20 Ruhen in Gott<br />
<strong>GL</strong> 2/<strong>2008</strong><br />
Im Allgemeinen ist es für uns ein Reden des Herzens o<strong>der</strong> ein Reden<br />
des Mundes. Dass geredet wird, macht das Gebet aus. Und das ist gut. Wir<br />
treten, indem wir sprechen, aus uns selbst heraus und begegnen dem<br />
großen Du Gottes. Die Mühe, die wir damit haben, ist aber eben die, dass<br />
wir dabei immer etwas sagen müssen, etwas formulieren, etwas, wozu<br />
Worte fehlen, in Sprache zu fassen versuchen. Und manchmal werden die<br />
gesprochenen Gebete deshalb so leer und so formelhaft. Ich habe aber im<br />
Lauf meines Lebens mehr und mehr gefunden, dass ich auch vor Gott sein<br />
kann, ohne zu reden. Wenn ich glaube, dass Gott mein Wort hört, dann ist<br />
mein Wort im Grunde unnötig. Dann hört Gott auch, was ich denke, ohne<br />
es auszusprechen. Dann sieht Gott, was in mir ist, und nimmt mich an, wie<br />
ich, ohne Wort, vor ihm anwesend bin, mich vor ihm ausbreite, ohne mich<br />
o<strong>der</strong> irgendetwas in mir zu verbergen. Wenn Menschen um mich sind, die<br />
von mir Worte des Gebets brauchen, dann bete ich mit Worten; aber mein<br />
eigenes Gebet wurde im Lauf meines Lebens immer leiser, bis es fast nur<br />
noch in meiner wortlosen Gegenwart vor Gott besteht, einem wortlosen<br />
Hören auf das, was Gott redet, und einem wortlosen Nachsprechen dessen,<br />
was Gott mir sagt.<br />
Wir haben in unseren Betrachtungen unterschieden zwischen Gott, wie<br />
er uns als Person gegenübersteht, wie er uns hört und sieht, und Gott, wie<br />
er uns als Meer umgibt und durchdringt. Ist nun Gott uns gegenüber wie<br />
eine Person, so ist die angemessene Weise des Gebets das Hören und das<br />
Antworten, die Rede und das Gespräch. Der Ruf und <strong>der</strong> Dank. Ich nehme<br />
dann ein Wort, das von Gott kommt, auf und verlasse mich auf seine<br />
Gültigkeit. Ich verlasse mich „auf Gott“.<br />
Bin ich „in Gott“, so weiß ich mich von allen Seiten umgeben und<br />
umfangen. Ich bin an einem Ort unendlicher Ruhe und Geborgenheit. Ich<br />
verlasse mich selbst und finde mich in Gott. Ich wende mich im<br />
schweigenden Gebet von mir selbst weg in die Unendlichkeit Gottes. Ich<br />
werde weit und groß.<br />
Es gibt also ein schweigendes Gebet, das ich ein „Gebet <strong>der</strong> Weitung“<br />
nennen könnte, und ein an<strong>der</strong>es, das „Gebet <strong>der</strong> Einziehung“: Ich mache<br />
mich klein und suche das Wort, das in mir selbst ergeht, das Gott in mir<br />
selbst spricht. Und ich versinke dabei in Gott.<br />
Damit aber begegne ich Gott nicht nur in zweierlei, son<strong>der</strong>n in dreierlei<br />
Gestalt. Ich begegne ihm als dem Vater, und ich rede schlicht zu ihm mit<br />
meinen vielen o<strong>der</strong> wenigen Worten. Ich finde ihn in Jesus Christus, <strong>der</strong><br />
für Gott steht überall, wo ich seine Nähe und seine Unendlichkeit<br />
empfinde, und dehne mich in seine große Gestalt. Und ich finde ihn in<br />
dem Wehen des Geistes, das durch meine eigene Seele geht und das alles