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GL 2/2008 - der Lorber-Gesellschaft eV

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22 Ruhen in Gott<br />

<strong>GL</strong> 2/<strong>2008</strong><br />

Und dass die Freude am Dasein, die Freude an allem, was ist, aus <strong>der</strong><br />

Dankbarkeit erwächst. Denn im Dank fügt sich das Dasein von seinen<br />

beiden Polen her. Von Gott, dem Geber <strong>der</strong> Erfahrung, und mir, dem<br />

Erfahrenden, her wird es ganz, und wir entdecken, was <strong>der</strong> Epheserbrief<br />

die „vielfarbige Weisheit Gottes“ nennt. Die Fülle des Lebens. Den<br />

Reichtum, <strong>der</strong> uns mit unserem Leben in dieser Welt gegeben ist. Die<br />

Vielfarbigkeit auch jedes einzelnen Menschen, mit dem wir zu tun haben,<br />

die Vielfarbigkeit jedes Tages, den wir auf dieser Erde zubringen. Ich<br />

könnte auch sagen: die Vielsprachigkeit Gottes, <strong>der</strong> in allem zu uns<br />

spricht. Ich könnte auch sagen: die Musik, die in allem ist, die durch alles<br />

hindurch klingt von <strong>der</strong> harmonia mundi Keplers bis zu <strong>der</strong> Musik, die ich<br />

in mir selbst höre. Und ich könnte auch sagen: Das Leben ist ein Tanz, mit<br />

dem wir Geschöpfe auf die Musik antworten, die wir hören, die durch uns<br />

hindurchgeht. Und diese Musik will uns verbinden mit allen Menschen,<br />

auch den An<strong>der</strong>sdenkenden, den An<strong>der</strong>sglaubenden, den An<strong>der</strong>slebenden.<br />

Unser Tanz aber wird sich um die eine Mitte bewegen, die wir Gott<br />

nennen, von dem die Musik dieses Daseins ausgeht.<br />

Den Weg des schweigenden Gebets nennen die Mystiker die „unio<br />

mystica“, das innerste Einssein mit Gott. Dieses innerste Einssein ist nicht<br />

so sehr ein himmlisches Ziel, in ihm liegt vielmehr <strong>der</strong> Sinn unseres<br />

Weges auf dieser Erde. In diesem innersten Einssein rühmen wir Gott.<br />

„Mein Leib und Seele freuen sich in dem lebendigen Gott“, sagt <strong>der</strong> Psalm<br />

(84,3).<br />

Unser Auge ist offen, und wir schauen. Unser Auge aber und das, was<br />

es schaut, sind eins. „Wir schauen, und wir werden verwandelt in das, was<br />

wir schauen“, sagt Paulus (2. Korinther 3,18).<br />

Die Geistes- und Kunstgeschichte <strong>der</strong> Religionen haben immer wie<strong>der</strong><br />

versucht, für Gott ein Symbol zu finden, das zugleich zeigt, wie Gott die<br />

Mitte und zugleich das Umgreifende allen Seins sei. Sie zeigten sein<br />

Geheimnis als Kreis, als Rad, als Rose o<strong>der</strong> Rosette. Gemeinsam ist diesen<br />

Bil<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Gedanke, Gott sei ebenso im noch so kleinen Zentrum <strong>der</strong><br />

Dinge wie in <strong>der</strong> Peripherie <strong>der</strong> Welt gegenwärtig, er ruhe in sich und<br />

bewege doch alles, er sei fasslich und unfasslich zugleich. So stehen über<br />

den Portalen vor allem <strong>der</strong> französischen Kathedralen die großen Rosetten,<br />

oft so gestaltet, dass sie einer Blume mit zwölf Blütenblättern o<strong>der</strong> einem<br />

Stern mit zwölf Strahlen gleichen. Und wenn wir Dante auf seinem Weg in<br />

die obere Welt, in die Herrlichkeit Gottes begleiten, sehen wir mit ihm,<br />

wie Gott sich dem geistigen Auge öffnet wie eine riesige, leuchtende Rose<br />

mit unendlichen Blättern.<br />

Wenn das geschieht, schließt sich für uns endgültig <strong>der</strong> große, volle

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