GL 2/2008 - der Lorber-Gesellschaft eV
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<strong>GL</strong> 2/<strong>2008</strong> Aus meines Herzens Grunde<br />
35<br />
anschauenden Übung, das wir von Ignatius von Loyola („Exercitia<br />
Spiritualia“) her kennen, konnte <strong>der</strong> Dichter bei Arndt finden:<br />
Denn was ist's, dass du an das heilige Leiden deines Herrn gedenkest in<br />
einer erloschenen, blinden Liebe, bringst aber Christi Leiden nicht in die<br />
Übung ... So wirst du Christum nimmermehr recht sehen können, noch<br />
seine Wirkungen in dir empfinden.<br />
Um eine erfahrende Teilnahme ging es also, weil <strong>der</strong> Weg des mystisch<br />
verstandenen Christus mit dem Weg des Menschen aufs innigste<br />
korrespondiert:<br />
Dein Kampf ist unser Sieg,<br />
dein Tod ist unser Leben.<br />
Der Gerhardt-Biograph Christian Bunners deutet in die gleiche<br />
Richtung: „Aus dem meditativen Schauen lässt Gerhardt den Glaubenden<br />
ein wahres Bild seiner selbst gewinnen. Wirklicher Bewusstseinswandel<br />
hat ein Erschrecken über das eigene Ich zur Voraussetzung: Ich bins, ich<br />
sollte büßen... Doch wer sich dem Leiden Christi singend verbindet, dem<br />
vermittelt sich auch die Lebensgemeinschaft mit Christus“:<br />
Ich bin, mein Heil, verbunden<br />
all Augenblick und Stunden<br />
dir überhoch und sehr.<br />
Eine solche, „mein Lebetage“ andauernde Verbundenheit mit dem<br />
inneren Christus ist es also, und nicht etwa nur hie und da auftretende<br />
ekstatische Seelenaufschwünge, Visionen o<strong>der</strong> Auditionen, die die<br />
christliche Mystik ausmachen. Der konkrete Lebensvollzug im Alltag mit<br />
allem, was das Menschsein in seinen Höhen und Tiefen bestimmt, gehört<br />
immer dazu. Blickt man nach Halle und zu dem hallschen Pietismus, dann<br />
findet man auch dort vielfältige Beispiele einer nach innen gerichteten<br />
Frömmigkeit. August Hermann Francke (1663-1727), <strong>der</strong> vielseitig Tätige,<br />
hat als <strong>der</strong> Begrün<strong>der</strong> dieser Richtung zu gelten. In seinem geistlichen Lied<br />
Gottlob, ein Schritt zur Ewigkeit / ist abermals vollendet bringt er Motive<br />
<strong>der</strong> Brautmystik zum erklingen. Besungen wird <strong>der</strong> ersehnte Bräutigam<br />
und die Vermählung mit ihm. Naturgemäß ergeht dieser Ruf angesichts <strong>der</strong><br />
Spannung, unter <strong>der</strong> <strong>der</strong> immer noch allhier lebende, auf dem Pilgerweg<br />
befindliche Mensch ausharren muss.<br />
Vom Feuer deiner Liebe glüht<br />
mein Herz, das sich entzündet,<br />
was in mir ist und mein Gemüt<br />
sich so mit dir verbindet,