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Zeitschrift der Landesverbände Berlin und Brandenburg im DAeC

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Otto Lilienthals erfolgreichsten Flüge gewürdigt<br />

Foto: Dr. Joach<strong>im</strong> Grenzdörfer<br />

Vom damals unbewaldeten Gipfel des Stöllner<br />

Gollenberges startete Otto Lilienthal<br />

zwischen 1893 <strong>und</strong> 1896 seine erfolgreichsten<br />

Flüge.<br />

Dort erreichte er als erster Mensch Flugweiten<br />

von etwa 250 Metern, ebenso die erste<br />

180-Grad-Kehre, was den Übergang vom Gleitflug<br />

zum Segelflug in greifbare Nähe rückte.<br />

An den Ort, von dem aus Otto Lilienthal zu<br />

seinen bahnbrechenden Flügen Anlauf nahm,<br />

erinnerte bisher ein Kreis von Pflastersteinen -<br />

eingebettet in wucherndem Grasbewuchs. Dort<br />

steht seit dem 14. September 2007 die neue<br />

Das neue Lilienthal-Ehrenmal „WINDHARFE“<br />

auf dem Gipfel des Gollenberges. Idee <strong>und</strong><br />

Ausführung: Ernst Baumeister<br />

Lilienthal Stele.<br />

Immerhin lud bis dahin den k<strong>und</strong>igen Besucher<br />

eine grob gez<strong>im</strong>merte Bank zum Verweilen <strong>und</strong><br />

zur Rückbesinnung ein.<br />

Durch Baumwuchs verdecktem Blick ins Tal<br />

ist man an <strong>der</strong> Stelle, von <strong>der</strong> aus - nach Otto<br />

Lilienthals allerersten Menschenflug <strong>im</strong> August<br />

1891 am Derwitzer Mühlenberg - sich die Entwicklung<br />

<strong>der</strong> Flugtechnik ihren Weg bahnte,<br />

<strong>und</strong> <strong>der</strong> zielführenden Durchsetzung des Prinzips<br />

„Schwerer als Luft“ den Erfolg bescherte,<br />

von dem die Menschheit in bekannter Weise<br />

profitierte.<br />

Die Anwendung dieses Prinzips, zu <strong>der</strong>en Verwirklichung<br />

Otto Lilienthal seine wissenschaftlichen<br />

Kenntnisse, sein Ingenieurkönnen, seine<br />

dialektische Fliegenlern-Methode „Aus dem<br />

Stand zum Schritt, vom Schritt zum Sprung,<br />

vom Sprung zum Flug“ - ja seine sportliche<br />

Natur <strong>und</strong> selbst sein Leben einsetzte, führten<br />

als Ausgangspunkt zum heutigen Stand sowohl<br />

<strong>der</strong> zivilen- als auch <strong>der</strong> militärischen Luftfahrt.<br />

Weniger bekannt ist, dass Otto Lilienthal auch<br />

<strong>der</strong> erste Fluglehrer <strong>der</strong> Menschheitsgeschichte<br />

ist. Die heute dafür gebräuchliche Bezeichnung<br />

„Trainer“ war es damals nicht. Neben Hugo Eulitz<br />

<strong>und</strong> an<strong>der</strong>en war <strong>der</strong> spätere amerikanische<br />

Professor R.W. Wood einer seiner Flugschüler,<br />

sein letzter. Wood weilte am ersten August-<br />

Wochenende 1896 als Gast Otto Lilienthals in<br />

<strong>Berlin</strong> <strong>und</strong> Stölln: Am 1. August in Lilienthals<br />

Maschinenfabrik in <strong>der</strong> Köpenicker Straße in<br />

<strong>Berlin</strong>-Mitte <strong>und</strong> am 2. August am Stöllner<br />

Gollenberg, wo er Lilienthals Flüge beobachtete<br />

<strong>und</strong> fotografierte. Selbst absolvierte er unter<br />

Lilienthals Anleitung auch ein paar Flüge. Darüber<br />

veröffentlichte er die <strong>Zeitschrift</strong> BOSTON<br />

EVENINGS TRANSCRIPT vom 31.10.1896 einen<br />

Erlebnisbericht, aus dem zitiert wird: „Der<br />

furchtlose Flugpionier hatte mich gebeten, am<br />

Sonnabend vorher seine Maschinenfabrik in<br />

<strong>Berlin</strong> zu besuchen, <strong>und</strong> hier wurde ich zuerst<br />

richtig mit ihm bekannt. Eine Ecke in <strong>der</strong> Fabrikhalle<br />

war dem <strong>im</strong> Bau befindlichen neuen<br />

Flugapparat eingeräumt.....<br />

Auf diese Maschine setzte Lilienthal große<br />

Hoffnungen ..., ohne zu ahnen, dass es ihm<br />

nicht best<strong>im</strong>mt war, sie zu erproben.<br />

se Vögel nannte er seine Lehrmeister <strong>und</strong> beobachtete<br />

sie mit lobhaftem Interesse, indem<br />

er meine Aufmerksamkeit auf ihre verschiedenen<br />

Methoden lenkte, wie sie ihr Gleichgewicht<br />

be<strong>im</strong> Fliegen <strong>und</strong> Landen bewahrten...<br />

Dann holten wir den Flugapparat aus <strong>der</strong><br />

Scheune, luden ihn auf den Wagen <strong>und</strong> fuhren<br />

zu den nahe gelegenen Bergen. Es war<br />

ein Platz zum Fliegen, wie man ihn sich nicht<br />

besser denken konnte. Unmittelbar aus <strong>der</strong><br />

Ebene aufsteigend lag vor uns eine Reihe von<br />

Hügeln, etwa 30 bis 90 m hoch <strong>und</strong> dicht bewachsen<br />

mit Gras <strong>und</strong> Moos. Die verschieden<br />

geneigten Abhänge erstreckten sich nach allen<br />

H<strong>im</strong>melsrichtungen, so dass man <strong>im</strong>mer<br />

einen geeigneten Platz zum Abflug gegen den<br />

Wind finden kann....<br />

Wir trugen den Apparat den Hügel hinauf;<br />

Lilienthal stellte sich hinein <strong>und</strong> hob ihn empor.<br />

Ich nahm wohlüberlegt meinen Platz unterhalb<br />

von ihm mit meiner Kamera ein <strong>und</strong><br />

wartete gespannt auf den Abflug. Lilienthal<br />

bot dem Wind die Stirn <strong>und</strong> stand da wie ein<br />

Sportsmann, <strong>der</strong> auf den Startschuss wartet.<br />

Plötzlich frischte <strong>der</strong> Wind etwas auf, Lilienthal<br />

machte drei schnelle Schritte vorwärts<br />

<strong>und</strong> wurde sofort emporgehoben, wobei er in<br />

fast waagerechter Linie vom Gipfel absegelte.<br />

Mit beängstigen<strong>der</strong> Geschwindigkeit flog er<br />

in einer Höhe von etwa 15 m über mich hinweg,<br />

wobei <strong>der</strong> Wind wilde Melodien in den<br />

Spanndrähten <strong>der</strong> Maschine spielte,“ (was<br />

wohl auch den Künstler Ernst Baumeister zum<br />

Entwurf seiner „Windharfe“, dem neuen Gollenberg-Denkmal,<br />

inspirierte. D.A.)<br />

„...<strong>und</strong> war an mir vorbei, bevor ich Zeit hatte,<br />

die Kamera auf ihn zu richten. Als <strong>der</strong> Flugapparat<br />

mit seinen riesigen schneeweißen Flügeln<br />

<strong>im</strong> hellen Sonnenschein vor mir lag, da<br />

hatte ich das Gefühl, als beginne jetzt wirklich<br />

das Zeitalter des Fliegens.“<br />

So weit <strong>der</strong> Wood‘sche Bericht, <strong>der</strong> auch die<br />

Brü<strong>der</strong> Wright beflügelte. Ihnen gelang <strong>im</strong> De-<br />

Am Sonntagmorgen traf ich Lilienthal auf dem<br />

Lehrter Bahnhof; sein vierzehnjähriger Sohn<br />

<strong>und</strong> ein Gehilfe begleiteten ihn. Gerade als die<br />

Sonne aufging, verließ <strong>der</strong> Zug die Stadt. Nach<br />

mehrstündiger Fahrt stiegen wir in Neustadt an<br />

<strong>der</strong> Dosse aus, wo uns ein bequemer Wagen<br />

Die Absprungstelle auf dem Gipfel des Gollenberges<br />

(Der tieferliegende Pflastersteinring ist<br />

gekennzeichnet<br />

erwartete, <strong>der</strong> uns die 15 km bis Rhinow brachte.<br />

Es blies ein frischer Wind, <strong>und</strong> zahlreiche<br />

Störche segelten über Wiesen <strong>und</strong> Fel<strong>der</strong>. Die-<br />

14<br />

De r Li l i e n t h a l e r 3/2007

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