Herausforderung für die Lebensmittelindustrie - Verband der ...
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Health Claims<br />
Die EU-Claims-Verordnung – heiße Kartoffel und viel Lärm um wenig<br />
Darstellung <strong>der</strong> <strong>der</strong>zeitigen Rechtslage und Ausblick in <strong>die</strong> Zukunft<br />
Mag. Petra Lehner<br />
Die EU-Kommission hat im Sommer 2003 ein Gesetz vorschlagen,<br />
das Ernährungs- und Gesundheitswerbung über<br />
Lebensmittel regeln soll 1 . Derzeit geht jedes EU-Land an<strong>der</strong>s<br />
damit um – aufgrund des freien Marktes eine <strong>für</strong> Produzenten<br />
und Verbraucher unbefriedigende Situation. Daher<br />
ist eine explizite Regelung von nährwert- und gesundheitsbezogenen<br />
Angaben schon lange überfällig, vor allem auch<br />
im Lichte <strong>der</strong> Tatsache, dass einerseits „Health“ einer <strong>der</strong><br />
großen Zukunftstrends am Lebensmittelsektor ist und an<strong>der</strong>erseits<br />
Übergewicht eines <strong>der</strong> auf uns zukommenden<br />
großen Gesundheitsprobleme.<br />
Führung o<strong>der</strong> Verführung?<br />
Produkte als positiv <strong>für</strong> <strong>die</strong> Gesundheit darzustellen verspricht<br />
Marktanteile. Die Zahl <strong>der</strong> angebotenen „Health“- und<br />
„Wellness“-Produkte ist in den letzten Jahren auch entsprechend<br />
gewachsen. Und damit auch <strong>die</strong> Werbung, mit denen<br />
KonsumentInnen konfrontiert sind. „Mit wertvollen Vitaminen“<br />
prangt in Riesenlettern am Etikett gesüßter Limonaden,<br />
<strong>der</strong> Zuckergehalt ist – wenn überhaupt – nur im Kleingedruckten<br />
auf <strong>der</strong> Rückseite zu finden. Die meisten von<br />
uns haben aber keinen Vitaminmangel, zuviel Zucker essen<br />
wir aber fast alle. Ein Schokosnack schmückt sich mit „90 %<br />
fettfrei“, enthält aber 10 % Fett und das ist nicht wenig. Dennoch<br />
verkauft er sich besser als ein unauffälliger Müsliriegel,<br />
<strong>der</strong> auch noch Ballaststoffe enthält und damit viel „mehr“<br />
Gesundheit. Selbst wenn <strong>die</strong>se Angaben faktisch richtig sind,<br />
können sie leicht einen falschen Eindruck über den „wahren“<br />
Wert des Produktes erwecken.<br />
KonsumentInnen wenden im Schnitt lediglich knappe drei<br />
Sekunden auf, um Etiketten zu lesen. Sie entscheiden daher<br />
viel eher aufgrund von Werbung und Aufmachung als anhand<br />
von Zutatenlisten o<strong>der</strong> Nährwertangaben. Und damit<br />
landen <strong>der</strong> Schokosnack und <strong>die</strong> Wellnesslimo eher im Einkaufskorb<br />
– und damit auch mehr Kalorien, mehr Fett, mehr<br />
Zucker. Und das ist wie<strong>der</strong>um <strong>der</strong> Gesundheit nicht zuträglich.<br />
Eine Regelung von Gesundheitswerbung muss somit<br />
mehr Berücksichtigen als „nur“ <strong>die</strong> Richtigkeit einer Aussage<br />
bzw. das Irreführungsverbot, denn das gilt – eigentlich – jetzt<br />
schon.<br />
Was gilt <strong>der</strong>zeit?<br />
EU-weit normiert ist ein Verbot von krankheitsbezogenen<br />
Angaben. Dieses Verbot ist leicht kontrollierbar, weil klar erkennbar.<br />
Daneben gilt, dass Werbung und Kennzeichnung<br />
nicht irreführen dürfen. Letzteres klingt gut, bietet aber nur<br />
unbefriedigend und vor allem auch erst „nachträglichen“<br />
Schutz. Denn eine behördliche o<strong>der</strong> sonstig strukturierte<br />
Vorabkontrolle von gesundheitsbezogenen Angaben gibt es<br />
nicht (mehr) . Eine entsprechende Regelung im österreichischen<br />
Lebensmittelgesetz wurde im Februar 2004 vom EUGH<br />
als EU-rechtswidrig beurteilt. Für <strong>die</strong> Beurteilung einer Irre-<br />
4 Einblicke 1/2005<br />
führung wird nicht nur eine isolierte Aussage, son<strong>der</strong>n <strong>die</strong><br />
gesamte Aufmachung eines Produktes herangezogen. Die<br />
oben erwähnten Aussagen wären also <strong>der</strong>zeit nicht irreführend,<br />
wenn sich am Etikett auch eine Nährwertkennzeichnung<br />
findet. Hinzu kommt, dass Hersteller Aussagen verwenden<br />
dürfen, von denen sie selbst glauben, dass sie nicht irreführend<br />
sind. Wollen Aufsichtsbehörden o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e nach dem<br />
Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb Klagsbefugte (Mitbewerber,<br />
Interessensvertretungen) eine vermutete Täuschung<br />
abstellen, müssen <strong>die</strong>se <strong>die</strong> Irreführung beweisen<br />
und nicht <strong>die</strong> Hersteller <strong>die</strong> Wahrheit und Zutrefflichkeit <strong>der</strong><br />
Aussage – oft ein zeitaufwendiges und schwieriges Unterfangen,<br />
speziell bei „schwammigen“ Behauptungen. Und in<br />
<strong>der</strong> Zwischenzeit wird <strong>die</strong> Angabe weiter verwendet. Stellt<br />
sich letztendlich im Verfahren heraus, dass eine Angabe irreführend<br />
ist, verbinden KonsumentInnen häufig <strong>die</strong> Aussage<br />
bereits mit dem Produkt und nehmen <strong>die</strong>ses - selbst wenn<br />
<strong>die</strong> Werbung dann eingestellt werden muss - weiterhin als<br />
„wertvolles“ Produkt wahr.<br />
Die <strong>der</strong>zeitige Rechtslage ist demnach aus KonsumetInnensicht<br />
und aus Sicht des präventiven Gesundheits- und<br />
Täuschungsschutzes unbefriedigend. Und auch <strong>für</strong> <strong>die</strong> Hersteller<br />
birgt <strong>die</strong> <strong>der</strong>zeitige Rechtslage einiges an Unsicherheiten.<br />
Liegen keine ausreichenden Beweise <strong>für</strong> getätigte<br />
(o<strong>der</strong> suggerierte) Behauptungen vor, ist ein Unterliegen in<br />
einem UWG-Verfahren zu be<strong>für</strong>chten und <strong>die</strong>se Verfahren<br />
sind teuer. Hinzu kommt im Falle eines Unterliegens auch<br />
ein nicht zu unterschätzen<strong>der</strong> Imageverlust.<br />
Claims-Verordnung bringt Sicherheit und<br />
erleichtert Kontrolle<br />
In <strong>der</strong> Claims-Verordnung wird künftig festgelegt, welche<br />
nährwertbezogenen Angaben verwendet werden dürfen (zB<br />
90% fettfrei wird’s dann nicht mehr geben). Weiters wird erstmals<br />
geregelt, was „light“, „reduziert“, „reich an xxx“ heisst.<br />
Für Stoff-Wirkungsbezogene Angaben, <strong>die</strong> bereits verwendet<br />
werden, sollen <strong>die</strong> Produzenten den Behörden ausreichende<br />
Beweise <strong>für</strong> <strong>die</strong>se Beziehung vorlegen. Diese Zusammenhänge<br />
werden dann von einem Wissenschaftsgremium<br />
geprüft (unter Mitsprache <strong>der</strong> EU-Mitgliedslän<strong>der</strong>).<br />
Jene Aussagen, <strong>für</strong> <strong>die</strong> <strong>die</strong> Beweislage als ausreichend<br />
bewertet wird, sollen in ein Register kommen und können<br />
dann von allen verwendet werden (zB „Ca ist gut <strong>für</strong> Knochen<br />
und Zähne“).<br />
Erstmals erlaubt <strong>die</strong> Claims-Verordnung auch Angaben, <strong>die</strong><br />
sich auf <strong>die</strong> Reduzierung eines Krankheitsrisikos beziehen<br />
(denkbar wäre zB „Phytosterine können den Cholesterinspiegel<br />
senken und somit das Risiko <strong>für</strong> Herz-Kreislaufkrankheiten<br />
verringern). Für solche Angaben wird es ein EU-<br />
Zulassungsverfahren geben. Die entsprechenden Beweise<br />
(„Dossier“) müssen bei <strong>der</strong> EFSA (Europäische Lebensmittelbehörde)<br />
eingereicht werden. Die EFSA beurteilt das<br />
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