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Spezial<br />
Blu-ray<br />
Wenn sein Name fällt, erstarren viele<br />
Fans und Filmschaffende in Ehrfurcht.<br />
Regisseur Stanley Kubrick gehörte zu den<br />
bedeutendsten Vertretern seiner Zunft, obwohl<br />
oder gerade weil er eine manische Bessenheit<br />
bei der Realisierung seiner Projekte an den<br />
Tag legte. Fast jedes der fertiggestellten Werke<br />
rechtfertigt aber im Nachhinein die investierte<br />
Akribie. Kubrick forderte von Darstellern und<br />
Crew das Äußerste an Engagement, ließ Szenen<br />
bis zur Perfektion wiederholen. Beispielhaft<br />
sind die 127 Versuche, die er benötigte,<br />
um Jack Nicholsons berühmten Axt-durch-die-<br />
Tür-Auftritt („Here Is Johnny“) zu inszenieren.<br />
Bereits Jahre vorher, nach seinem Hollywood-<br />
Debüt „Spartacus“ (1960), verließ der Regie-<br />
Exzentriker das amerikanische Studiosystem.<br />
Ihm fehlte die uneingeschränkte künstlerische<br />
Freiheit bei Produktion und Endschnitt.<br />
Nachfolgend schuf er zahlreiche Klassiker,<br />
darunter das wohl ultimative Science-Fiction-<br />
Opus der Filmgeschichte. Basierend auf einer<br />
Kurzgeschichte von Arthur C. Clarke entwickelte<br />
Kubrick gemeinsam mit dem Autor „2001:<br />
Odyssee im Weltraum“ (Originaltitel: „2001:<br />
A Space Odyssey“). Über die Interpretation des<br />
Werks lässt sich bis heute endlos debattieren.<br />
Menschwerdung in vier Akten<br />
Ausgangspunkt des Hauchs an Handlung ist<br />
der „Anbeginn der Menschheit“ („The Dawn<br />
Of Man“). Irgendwo in der afrikanischen Savanne<br />
kämpft eine Gruppe von Vormenschen<br />
um ihr tägliches Dasein, bis sie eines Morgens<br />
neben einem schwarzen Monolithen aufwachen.<br />
Schwarz, glänzend, präzise geformt. Die<br />
Berührung des Blocks verändert das Bewusstsein<br />
der Wesen. Zum Klang der sinfonischen<br />
Dichtung „Also sprach Zarathustra“ von Richard<br />
Strauss entdecken sie Knochen als Werkzeuge.<br />
In der fi nalen Szene des ersten Akts erschlägt<br />
der entstandene Homo Faber einen fremden<br />
Urmenschen mit dem Gebein. Triumphierend<br />
wird die primitive Waffe gen Himmel geschleudert.<br />
Es folgt der wohl berühmteste Schnitt:<br />
Ein ähnlich aussehender Satellit ersetzt optisch<br />
den fl iegenden Knochen. Äonen sind vergangen.<br />
Die Menschheit ist ins All aufgebrochen.<br />
Im Mondkrater Tycho fi nden Wissenschaftler<br />
einen Monolithen, der dem Exemplar aus der<br />
Eröffnungssequenz gleicht. Der nächste Entwicklungsschritt<br />
steht bevor. Beim Kontakt mit<br />
Sonnenlicht sendet die Säule ein Signal. Ende<br />
des zweiten Akts. 18 Monate weiter in der<br />
Zukunft beginnt die Jupitermission (der dritte<br />
Akt), die den Empfänger ausfi ndig machen<br />
soll. Was folgt, ist eine kosmische Reise, die in<br />
einer Katastrophe sowie der Wiedergeburt des<br />
Menschen (vierter Akt) endet.<br />
Pure visuelle Stimulanz<br />
„2001“ überschreitet viele Grenzen. Fast 25<br />
Minuten lang spricht niemand ein Wort, lediglich<br />
klassische Musik untermalt das Geschehen<br />
und selbst danach wird an Dialogen gespart.<br />
Nur wer sich auf das pure visuelle Erlebnis<br />
einlässt, fi ndet einen persönlichen, gänzlich<br />
subjektiven Zugang. Kubrick stößt durch teilweise<br />
verstörend langsame Bilder eine emotionale<br />
Ebene im Zuschauer an und stellt ihm<br />
frei, die philosophische Bedeutung der Sci-Fi-<br />
Offenbarung zu deuten. Das ist anstrengend,<br />
aber ohne Zweifel brillant. Die Inszenierung<br />
entspricht natürlich dem Zeitgeist der 1960er<br />
Jahre, wirkt jedoch immer noch realistisch. Ein<br />
Meisterwerk. Beim Einlegen der Blu-ray Disc<br />
sollte sich übrigens niemand wundern, wenn<br />
der Bildschirm drei Minuten völlig schwarz<br />
bleibt. Im Hintergrund läuft nur Musik aus<br />
György Ligetis „Atmosphères“, bevor die vier<br />
Akte beginnen. Auf diese absichtliche Ouvertüre<br />
verzichten die meisten Fernsehausstrahlungen.<br />
Ein paar Worte zur Technik: Abgesehen<br />
von winzigen Kratzern gelingt ein solides, kontraststarkes<br />
Bild, dessen Schwarzwert ebenfalls<br />
überzeugt. Die Farbwiedergabe ist ausgesprochen<br />
kräftig. Insgesamt eine sehr scharfe Optik,<br />
die nur geringe Detailverluste zeigt. Für das<br />
Alter des Ausgangsmaterials sind wir mit der<br />
Restauration mehr als zufrieden. Akustisch hält<br />
der Dolby-Digital-5.1-Mix indes weniger Bombastisches<br />
bereit: kaum Surround-Ton, wenige<br />
Effekte, selten ein Wow-Moment. Lediglich die<br />
klassische Musik berauscht die Sinne. Gemeinsam<br />
mit den glasklaren Dialogen sollte das<br />
dem Fan aber reichen. Insbesondere deshalb,<br />
da der Blu-ray mehr als zwei Stunden Bonusmaterial<br />
beiliegen – reines Audiomaterial<br />
eingerechnet. Verschiedene Videodokumentationen<br />
erlauben einen Blick auf die „Erschaffung<br />
eines Mythos“ (kommentiert von James<br />
Cameron, „Titanic“) oder die „Visionen einer<br />
vergangenen Zukunft: Die Prophezeiungen<br />
von 2001“ (21,5 Minuten). Empfehlenswert<br />
ist das Feature „Auf Kubricks Schultern“, das<br />
den Einfl uss des Werks auf spätere Filmemacher<br />
nachvollzieht. Spielberg und Co. lassen<br />
grüßen. Abschließend gibt es ein äußerst offen<br />
geführtes Interview mit Kubrick aus dem Jahr<br />
1966 (76 Minuten, ohne Video). Der Zuhörer<br />
erfährt etliche Hintergründe über den Antrieb<br />
des späteren Regie-Genies.<br />
Im Sand verlaufen<br />
Während Kubrick noch vor der ersten Mondlandung<br />
eine Form realistischer Science-Fiction<br />
etablierte, versuchte sich ein anderes Enfant<br />
terrible der Kinolandschaft rund 20 Jahre später<br />
an einem reinen Zukunftsmythos. 1984<br />
übernahm der damals 38-jährige Autorenfi l-<br />
mer David Lynch („Lost Highway“) die Regie<br />
von „Dune – Der Wüstenplanet“. Wie sich herausstellte<br />
ein Mammutprojekt, an dem sich<br />
bis dahin bereits mehrere Personen die Zähne<br />
ausgebissen hatten. Kein Wunder bei der fast<br />
900 Seiten starken, hochkomplexen Vorlage<br />
des Schriftstellers Frank Herbert. In den Augen<br />
vieler ein unverfi lmbarer Roman. Mitte der<br />
1970er Jahre scheiterte Alejandro Jodorowsky<br />
(„El Topo“) vor allem aus fi nanziellen Gründen.<br />
Seine surrealistische Vision, die neben<br />
Gestaltungsstudien des Schweizer Künstlers<br />
H. R. Giger („Alien“) auch die Mitwirkung<br />
des extrovertierten Malers Salvador Dalí (für<br />
100 000 Dollar pro Stunde!) vorsah, versandete<br />
sprichwörtlich. Einige Entwürfe von Giger<br />
Bilder: Stock.xchng, Sunfilm Entertainment, Warner<br />
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