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Motocross Enduro-Februar 2015/ Klassik

Triumph der „SechsTage!“ -Ein Rückblick nach 50 Jahren- Vor nun schon über 50 Jahren, am 7. September 2014 war es, dass der Start der 39. Internationalen Sechstagefahrt (International Six Days Trial) des Jahres 1964 in Erfurt/DDR erfolgte. Es war schon etwas ganz besonderes, dass erstmals auf dem Staatsgebiet der DDR so eine Sechstagefahrt durchgeführt werden konnte. Dazu war es auch ein herausragendes Erlebnis für die vielen tausend Zuschauer, täglich entlang der Strecken und Sonderprüfungen. Bundesdeutsche Teilnehmer konnten aus politischen Gründen in Erfurt nicht teilnehmen. Hingegen zwei Silbervasenteams aus den USA...

Triumph der „SechsTage!“
-Ein Rückblick nach 50 Jahren-

Vor nun schon über 50 Jahren, am 7. September 2014 war es, dass der Start der 39. Internationalen Sechstagefahrt (International Six Days Trial) des Jahres 1964 in Erfurt/DDR erfolgte.

Es war schon etwas ganz besonderes, dass erstmals auf dem Staatsgebiet der DDR so eine Sechstagefahrt durchgeführt werden konnte. Dazu war es auch ein herausragendes Erlebnis für die vielen tausend Zuschauer, täglich entlang der Strecken und Sonderprüfungen. Bundesdeutsche Teilnehmer konnten aus politischen Gründen in Erfurt nicht teilnehmen. Hingegen zwei Silbervasenteams aus den USA...

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FEBRUAR<br />

2014<br />

KLASSIK-ENDURO SUPER-ENDURO-WM<br />

Triumph der „SechsTage!“<br />

Ein Rückblick nach 50 Jahren<br />

TEST-BIKES<br />

Husqvarna FC 350<br />

GasGas EC 250<br />

Taddy Blazusiak und Letti<br />

Junior rocken Riesa<br />

CROSS-COUNTRY<br />

Neuerungen <strong>2015</strong><br />

SUPERCROSS<br />

MX-TEST<br />

Honda CRF 450<br />

Der neue King<br />

München + Dortmund<br />

<strong>Klassik</strong><br />

Triumph der „6 Tage“


ENDURO<br />

Die Simson-Jungs hinter der Silbervasen-Maschine von Ewald Schneidewind (2ter v.l.), rechts neben ihm Lothar Schünemann, Gottfried Pohlan und Siegfried Rauhut.<br />

Eingerahmt sind sie von Dieter Salevsky li. und Rudi Gilbert re. (auch Simson Werksfahrer aber nicht im Silbervasenteam).<br />

Triumph der „Sechs Tage“<br />

Ein Rückblick nach 50 Jahren<br />

Vor nun schon über 50 Jahren, am 7. September<br />

1964, war es, dass der Start der 39. Internationalen<br />

Sechstagefahrt (International Six<br />

Days Trial) des Jahres 1964 in Erfurt/DDR erfolgte.<br />

2<br />

MCE<br />

<strong>Februar</strong> '15<br />

Es war schon etwas ganz besonderes, dass erstmals<br />

auf dem Staatsgebiet der DDR so eine Sechstagefahrt<br />

durchgeführt werden konnte. Dazu war es<br />

auch ein herausragendes Erlebnis für die vielen tausend<br />

Zuschauer, darunter viele Schulklassen, täglich<br />

entlang der Strecken und Sonderprüfungen.<br />

Bundesdeutsche Teilnehmer konnten aus politischen<br />

Gründen in Erfurt nicht teilnehmen. Hingegen<br />

zwei Silbervasenteams aus den USA.<br />

Die Internationalen Sechstagefahrt, kurz ISDT, ist<br />

„der Mannschaftswettbewerb“ im Motorradgeländesport<br />

schlechthin, welcher seit 1913 von der Internationalen<br />

Motorsportbehörde (FIM) als Kampf um<br />

die Trophy ausgeschrieben wird. Ursprünglich nur<br />

gedacht für Nationen mit Motorrädern aus eigener<br />

Produktion. Für Nationen ohne eigene Motorradfertigung<br />

wurde ab 1924 dann mit der Silbervasen-<br />

Wertung ein zusätzlicher Wettbewerb hinzugefügt.<br />

Erst im Jahr 1980 wurde dieses Reglement grundlegend<br />

überarbeitet und modernisiert.<br />

Mit der Ausrichtung des Bewerbs für 1964 hatte die<br />

FIM den Motorsportverband der DDR (ADMV) beauftragt,<br />

nachdem die DDR Nationalmannschaft 1963<br />

im tschechoslowakischen Spindlermühle gegen<br />

starke Konkurrenz bravourös den Trophy-Sieg errungen<br />

hatte.<br />

Auf ihren MZ ETS/G Motorrädern hießen die Sieger<br />

1963 – Horst Lohr, Peter Uhlig, Hans Weber, Werner<br />

Salevsky, Günter Baumann und Bernd Uhlmann.<br />

Als Austragungsortes entschied man sich für die Region<br />

Suhl und Oberhof im Thüringer Wald, mit der<br />

damaligen Bezirksstadt Erfurt als Start- und Zielort.<br />

226 Fahrer aus 14 Nationen waren es, die in den frühen<br />

Morgenstunden des 7. September 1964, nach<br />

dem Fallen der Startflagge die mit 400 Kilometer<br />

doch sehr lange Etappe des ersten Fahrtages unter<br />

die Räder nahmen. Darunter auch zwei weibliche<br />

Teilnehmerinnen aus Großbritannien, welche allerdings<br />

bereits am ersten Tag mit technischen Problemen<br />

die Segel streichen mussten. Auch an den folgenden<br />

fünf Tagen galt es täglich ab 5.30 Uhr im<br />

Minutentakt auf die Strecken zu gehen, um bei einer<br />

Fahrzeit von jeweils neun bis zehn Stunden, die<br />

schwierigen Feld- und Waldwege durch den Thürin-<br />

ger Wald zu bewältigen.<br />

Natürlich war diese Sechstagefahrt für „DDR-Politik“<br />

ein willkommener Anlass, um das politische<br />

System des Arbeiter- und Bauernstaates in den von<br />

Berlin gesteuerten Medien lobend hervorzuheben.<br />

Heute, mit 50 Jahren Abstand, schreibt der Verfasser<br />

einer Broschüre des Zweiradmuseums in Suhl<br />

hierzu: „….dass sich in der eingemauerten DDR<br />

sämtliche Spitzenfahrer der kapitalistischen Länder<br />

trafen!“<br />

Dass eine reibungslose Organisation erwartet wurde,<br />

versteht sich aus diesem Blickwinkel natürlich<br />

von selbst. Die gesamte Motorradsport-Welt blickte


schließlich nach Erfurt. Alle Teilnehmer wurden im<br />

Hochhaus der Pädagogischen Hochschule, mitunter<br />

auch als Bezirksparteischule bezeichnet, untergebracht<br />

und verpflegt. Es waren dann auch die vielen<br />

freiwilligen Helfer, vor allem der örtlichen<br />

Motorsportclubs, die den Durchführungserfolg der<br />

Sechstagefahrt sicherstellten. Bereits Wochen vorher<br />

waren viele von ihren Arbeitgebern freigestellt<br />

worden, um alles perfekt vorzubereiten.<br />

Fahrer der Bundesrepublik Deutschland konnten<br />

nicht dabei sein. Die Sportdiplomatie hatte sich<br />

über den Status von Teilnehmern aus West-Berlin<br />

nicht einigen können. Monatelange Verhandlungen<br />

wurden schließlich ohne Ergebnis abgebrochen<br />

und wenige Wochen vor dem Ereignis sagte die OMK<br />

in Frankfurt/Main endgültig die Teilnahme von<br />

westdeutschen Sportlern ab. Die Vorbereitungen<br />

der Sportler und der Werke im Westen waren umsonst<br />

gewesen.<br />

Und dann war da auch noch die Sache mit den Vereinigten<br />

Staaten von Amerika. Die USA hatten zwei<br />

Silbervasenteams in die DDR entsandt. Team A mit<br />

dem Hollywoodstar Steve McQueen. Gerade jenem<br />

Schauspieler, dessen Kinofilm „Die glorreichen<br />

Sieben“, ein Jahr vorher aus den DDR Kinos verbannt<br />

wurde. Natürlich konnte man nicht verhindern,<br />

dass sein Name im offiziellen Programmheft<br />

stand. In den Presseorganen des Landes wurde die<br />

Tatsache seiner Anwesenheit und Teilnahme jedoch<br />

so gut als möglich verheimlicht. Steve McQueen<br />

schied am dritten Veranstaltungstag auf einer 750er<br />

Triumph TR 6, nach mehreren Stürzen aus. In den offiziellen<br />

DDR-Sportberichterstattungen fand auch<br />

dies anschließend nur eine ganz kurze Erwähnung.<br />

Bilder von ihm hat man so gut wie nicht veröffentlicht.<br />

Trotzdem richteten sich viele Augen auf ihn,<br />

zumindest die seiner weiblichen Fans, aber auch jene<br />

der Staatssicherheit.<br />

Ein Zeitzeuge: „..man darf sich nicht täuschen lassen.<br />

Die Stasi hatte schon immer ein Auge drauf,<br />

was da in seinem Umfeld so passiert ist!“<br />

Die eigentliche Sportgeschichte dieser Sechstagefahrt<br />

wurde hingegen von anderen Fahrern geschrieben.<br />

Einen lupenreinen Start-Ziel Sieg vollbrachte<br />

das Trophy-Team der DDR, welches in der<br />

gleichen Besetzung wie im Jahr 1963 auf den Erfolgsmotorrädern<br />

des VEB Motorradwerk Zschopau<br />

antrat.<br />

Vom ersten Tag an übernahmen sie die Führung im<br />

Klassement der Trophy-Wertung. Der Vorsprung in<br />

der Gutpunktewertung wurde täglich ausgebaut.<br />

Nach sechs Tagen waren es nur noch die Fahrer aus<br />

Großbritannien, die ebenfalls frei von Strecken-<br />

Steve MCQueen und sein Freund Bud Erins im Hintergrund<br />

strafpunkten blieben. In der Gutpunktewertung lagen<br />

sie jedoch deutlich zurück. Schließlich lagen<br />

die DDR Fahrer in den Klassen 175, 250 und 350 ccm<br />

mit ihren schnellen und leichten MZ Maschinen jeweils<br />

in Führung. Die Mitfavoriten aus der CSSR waren<br />

schon früh mit technischen Problemen an den<br />

CZ Motorrädern zurückgeworfen worden. Die Briten<br />

hingegen traten mit ihren schweren Viertaktern nur<br />

in den beiden ganz großen Hubraumklassen an. Dabei<br />

bekamen sie es mit dem DDR Moto-Cross Meister<br />

Fred Willamowski auf einer aufgebohrten 350er<br />

MZ zu tun. In der Klasse bis 500 ccm fuhr er den Briten<br />

in den täglichen Sonderprüfungen kräftig um<br />

die Ohren. Am Ende errang er den Klassensieg. Damit<br />

hatte er den Mitfavoriten aus England ganz<br />

wichtige Punkte abgenommen.<br />

Nach fast 2000 Kilometern und fünf schweren Geländetagen<br />

mit Sonne, Regen und Nebel stand für<br />

den sechsten Tag noch eine kurze Geländeetappe<br />

auf dem Programm, ehe die 39. ISDT auf der Flugplatzpiste<br />

in Bindersleben mit einem Schlussrennen<br />

endete. Die Mitglieder des DDR Trophy-Teams<br />

mussten nicht mehr alles geben. Sie mussten ihre<br />

MZ-Maschinen nur noch sicher ins Ziel zu bringen.<br />

Lediglich Bernd Uhlmann ließ es sich nicht nehmen,<br />

sich mit den schnellen britischen Fahrern anzulegen.<br />

Rundenlang jagt er zur Freude der Zuschauer<br />

mit der 350er MZ den Briten Peplow auf einer 750er<br />

Triumph um den Kurs, ehe er dann doch ein wenig<br />

Gas wegnahm und sicher über die Ziellinie fuhr.<br />

Eine kleine Randnotiz hierzu. Nach dem Schlussrennen<br />

tauschen Uhlmann und Peplow ihre Motorräder<br />

und jagten sich nochmals um die Rennstrecke<br />

in Bindersleben. Ein nachdenklicher Peplow meinte<br />

im Anschluss daran:<br />

„MZ fantasic, very good und very fast!”<br />

Das Kompliment eines Konkurrenten, dem man eigentlich<br />

nicht hinzufügen muss.<br />

Günter Baumann und Bernd Uhlmann auf den<br />

350ern, Werner Salevsky und Hans Weber mit den<br />

250ern sowie Horst Lohr und Peter Uhlig, jeweils<br />

ausgestattet mit einer 175er MZ, wiederholten ihren<br />

Erfolg von 1963 und gewannen zum zweiten Mal in<br />

Folge die Trophy-Wertung für die Deutsche Demokratische<br />

Republik. Und was damals noch keiner<br />

ahnen konnte. Es sollte noch Jahre dauern, bis diese<br />

Vorherrschaft der „Männer von MZ“ gebrochen<br />

werden konnte. Genauer gesagt erst 1968.<br />

Um den Erfolg der DDR Motorradgeländefahrer zu<br />

komplettieren, wurde auch noch die Silbervasenwertung<br />

von der Mannschaft des VEB Simson Suhl<br />

gewonnen. Es hatte zuvor etliche Skeptiker gegeben,<br />

als ein Silbervasen B-Team mit hubraumschwachen<br />

Simson Motorrädern nominiert wurde.<br />

Doch Siegfried Rauhut mit der 50er und Gottfried<br />

Pohlan, Lothar Schünemann und Ewald Schneidewind<br />

auf den 75igern erledigten ihren Job genauso<br />

bravourös wie ihre Sportkameraden des Trophy-<br />

Team`s. Zuverlässig und schnell brachten die vier<br />

„Simsöner“ aus Suhl, bei ihrem Heimrennen direkt<br />

vor den Werkstoren, die kleinen „Moped`s“ nach<br />

sechs harten Tagen siegreich ins Ziel.<br />

„Fahrzeuge von bewundernswerter Zuverlässigkeit.<br />

Meisterstücke unserer volkseigenen Industrie…!“<br />

und ähnlich, lauteten hinterher Schlagzeilen<br />

zur Vermarktung der tollen sportlichen Erfolge.<br />

Leider haben nur ganz wenige Exemplare dieser<br />

ehemals sehr erfolgreichen Werksmotorräder bis<br />

heute überlebt. In der Sammlung von Schloss Augustusburg<br />

kann man noch zwei der Zschopauer<br />

„Siegermaschinen“ aus jener Epoche bewundern<br />

und im Zweiradmuseum Suhl befindet sich ein<br />

schön restauriertes Stück der filigranen 50er Simson<br />

GS, in einer kleinen, aber feinen – ISDT Erfurt<br />

1964 – Sonderausstellung. Zwei durchaus lohnenswerte<br />

Besuchsziele für interessierte Geländesportenthusiasten.<br />

Text: Bernd Loist, Fotos: Ottinger<br />

PS: Einen sehr umfangreichen Bericht zu dieser<br />

39. ISDT gibt es im Jahrbuch von enduro-klassik.de.<br />

Trophywertung: 1. DDR; 2. England; 3. UdSSR; 4.<br />

Schweden; 5. CSSR.<br />

Silbervasenwertung: 1. DDR-B; 2. DDR-A; 3.<br />

CSSR-A; 4. CSSR-B.<br />

Klassensieger:<br />

50 ccm: Siegfried Rauhut, Simson<br />

(zugleich punktbester Teilnehmer)<br />

75 ccm: Gottfried Pohlan, Simson<br />

125 ccm: O.Chasak (CSSR), CZ<br />

175 ccm: Peter Uhlig, MZ<br />

250 ccm: Werner Salevsky, MZ<br />

350 ccm: Bernd Uhlmann, MZ<br />

500 ccm: Fred Willamowski, MZ<br />

750 ccm: J.Giles (GB), Triumph<br />

Das MZ-Trophy-Team der DDR: Günter Baumann (230), Bernd Uhlmann (225), Hans Weber (150),<br />

Werner Salevsky (147), Peter Uhlig (75) - die überragende Mannschaft aus jenen Tagen<br />

3<br />

MCE<br />

<strong>Februar</strong> '15

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