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Der Weihnachtsmann aus dem Glockenturm

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<strong>Der</strong> <strong>Weihnachtsmann</strong> <strong>aus</strong> <strong>dem</strong> <strong>Glockenturm</strong><br />

Wolfgang Menzel<br />

<strong>Der</strong> <strong>Weihnachtsmann</strong> hatte sich eine Überraschung <strong>aus</strong>gedacht. Die<br />

drei Horstmann-Kinder wohnten mit ihren Eltern im Küsterh<strong>aus</strong>, das<br />

direkt an die Kirche Sankt Nikolai angebaut ist. Und der <strong>Weihnachtsmann</strong><br />

wollte, das sollte die Überraschung sein, in die Kirche hineingehen,<br />

dann innen den dunklen <strong>Glockenturm</strong> hinaufklettern und von<br />

oben durch die kleine Tür kommen, die die Wohnung der Horstmanns<br />

mit <strong>dem</strong> <strong>Glockenturm</strong> verbindet. Ein <strong>Weihnachtsmann</strong>, der <strong>aus</strong> <strong>dem</strong><br />

<strong>Glockenturm</strong> kommt: Das war mal was!<br />

<strong>Der</strong> <strong>Weihnachtsmann</strong> ging also in die Kirche hinein und stapfte an<br />

der Orgel vorbei, auf der gerade O du fröhliche gespielt wurde. Hinter<br />

der Orgel war der Gang zum <strong>Glockenturm</strong>. Er zwängte sich in den<br />

engen Gang hinein, und dann ging es im Dunkeln die steilen Steinstufen<br />

zum Turm hinauf.<br />

Vorsichtshalber hatte er sich eine Taschen lampe mitgebracht. Er<br />

ächzte die Wendeltreppe hoch. Er begann unter seinem dicken Mantel<br />

zu schwitzen. Vielleicht hätte er doch nicht den ganzen Bauernhof <strong>aus</strong><br />

Holz und die Puppenstube in den Sack packen sollen! Er leuchtete mit<br />

der Taschenlampe die Wände ab.<br />

Irgendwo musste der Durchgang sein, der zum Küsterh<strong>aus</strong> hin über,<br />

ging. Er wollte schon fluchen und irgendein unanständiges Wort wie<br />

Mist sagen. Aber ein <strong>Weihnachtsmann</strong> flucht nicht, und deswegen<br />

schluckte er das Wort herunter.<br />

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Es dauerte ziemlich lange, bis er die Tür am Ende<br />

des Gangs gefunden hatte. Er öffnete sie, ließ sie<br />

hinter sich wieder zuklappen und ging dann in<br />

einem anderen Gang auf die zweite Tür zu, die in<br />

die Wohnung der Horstmanns führte. Er fasste an<br />

die Klinke. Doch die Tür war verschlossen. Oder sie<br />

klemmte. Jedenfalls kriegte er sie nicht auf. Und mit<br />

Gewalt wollte er es auch nicht versuchen.<br />

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Was sollte er also tun Sollte er wieder hinuntergehen und wie ein<br />

ordentlicher <strong>Weihnachtsmann</strong> doch durch die H<strong>aus</strong>tür zu den Horstmanns<br />

kommen Er rüttelte noch einmal vorsichtig an der Tür. Doch<br />

sie blieb zu. Nach einigem Nachdenken ging er den Gang zurück zur<br />

Turmtür. Als er die Tür öffnen wollte, die vorhin hinter ihm zugeklappt<br />

war, merkte er, dass sie innen keine Klinke hatte. Die gab es<br />

wohl nur von außen. Und jetzt war die Tür zu, und der <strong>Weihnachtsmann</strong><br />

saß in der Falle: zwischen Sankt Nikolai und <strong>dem</strong> Küsterh<strong>aus</strong> in<br />

einem engen, dunklen Gang. Und da musste er doch fluchen: „So ein<br />

Mist!“, sagte er.<br />

Nun hat ja ein moderner <strong>Weihnachtsmann</strong> heute zum Glück ein<br />

Handy dabei. Er wählte also die Nummer von Horstmanns. Es dauerte<br />

eine Weile, ehe sich jemand meldete. „Hier Lena Horstmann!“, hörte er<br />

die kräftige Stimme der Achtjährigen.<br />

– Auch das noch!, dachte der <strong>Weihnachtsmann</strong>. Er sagte erst einmal<br />

gar nichts. „Wer ist denn da Machen Sie schon! Wir warten nämlich<br />

auf den <strong>Weihnachtsmann</strong>!“, rief Lena genervt. Er wollte schon sagen:<br />

„Das bin ich!“ Aber das ließ er lieber bleiben. Denn ein <strong>Weihnachtsmann</strong><br />

ruft doch nicht mit <strong>dem</strong> Telefon an! Stattdessen sagte er mit<br />

möglichst hoher Stimme, ob er nicht mal den Vater oder die Mutter<br />

sprechen könne. Er hörte die Kleine noch schimpfen: „Ausgerechnet<br />

jetzt, wo doch der <strong>Weihnachtsmann</strong> gleich kommt!“<br />

Doch dann war der Vater von Lena am Telefon. <strong>Der</strong> <strong>Weihnachtsmann</strong><br />

erklärte ihm seine Situation, in der er steckte, und der Vater<br />

sagte: „Tut mir echt leid! Vielleicht habe ich vergessen, die Durchgangstür<br />

aufzu schließen. Ich komme.“<br />

<strong>Der</strong> <strong>Weihnachtsmann</strong> stellte sich an die Tür und wartete. Plötzlich<br />

wurde die Tür mit einem solchen Ruck aufgeschoben, dass sie ihn<br />

umwarf. Er fiel längelang auf den Holzboden, es gab einen ordentlichen<br />

Rums. <strong>Der</strong> Vater half ihm wieder auf die Beine und sagte:<br />

„ Entschuldigung! Ich muss wieder zu den Kindern! Warte noch zwei<br />

Minuten, klopf dann an die Tür, und danach kommst du ins Wohnzimmer<br />

rein!“<br />

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<strong>Der</strong> <strong>Weihnachtsmann</strong> wartete also<br />

noch zwei Minuten. Dann pochte<br />

er laut an die Tür und stapfte von<br />

oben die Treppe hinunter ins Wohnzimmer,<br />

wo der Weihnachtsbaum<br />

strahlte und wo sie alle saßen und<br />

mit großen Augen zu ihm heraufschauten.<br />

Er runzelte seine Augenbrauen<br />

und wollte gerade sagen:<br />

„Von drauß vom Walde komm ich<br />

her“, da merkte er, dass das ja<br />

nicht stimmte. Er wollte etwas anderes<br />

sagen, da fing Lukas, der<br />

Fünfjährige, plötzlich zu kreischen<br />

an: „Wie der <strong>aus</strong>sieht! Du bist ja<br />

ganz dreckig!“ Und der Kleinste,<br />

der Joshi, schrie sein Echo hinterher:<br />

„Ja! Danz drettig!“<br />

Da bemerkte der <strong>Weihnachtsmann</strong>, dass sein schöner roter Mantel<br />

tatsächlich voller Kirchenstaub war. Er klopfte sich gegen den Bauch,<br />

und da wirbelte eine Wolke von Staub <strong>aus</strong> den Falten des Mantels<br />

hinunter in die gute Stube.<br />

Das war eine ziemlich unfeierliche Situation! Dann aber sagte Lena<br />

zum <strong>Weihnachtsmann</strong>: „Da oben liegt viel Dreck rum. Ich war auch<br />

schon mal dort. Aber cool, Mann, dass du dich da raufgetraut hast!<br />

Echt cool!“ Da musste sich der <strong>Weihnachtsmann</strong> das Lachen verbeißen;<br />

denn ein echter <strong>Weihnachtsmann</strong> darf natürlich nicht lachen.<br />

Als der <strong>Weihnachtsmann</strong> seine Geschenke <strong>aus</strong>gepackt hatte, machte<br />

er sich wieder auf den Weg. <strong>Der</strong> Vater von Lena, Lukas und Joshi ging<br />

ihm hinterher und sagte zu ihm: „Ein Glück, dass du dein Handy<br />

dabei hattest! Sonst wärst du <strong>aus</strong> <strong>dem</strong> dunklen Gang dort oben heute<br />

nicht mehr her<strong>aus</strong>gekommen.“ Da musste der <strong>Weihnachtsmann</strong> dann<br />

doch lachen.<br />

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l Texte sinnverstehend<br />

lesen<br />

Hör-CD2: Nr. 5

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